Bestand
Central-Ausschuss, Referat Apologetische Centrale (Bestand)
Die Apologetische Centrale des
Central-Ausschusses diente der Auseinandersetzung mit konkurrierenden
Weltanschauungen am Anfang des 20 Jahrhunderts.
Index bis 12
Vorwort: Die apologetische Arbeit
des Central-Ausschusses für die Innere Mission der deutschen
evangelischen Kirche (CA) begann im Jahre 1904, als er in seiner Sitzung
am 8. Februar beschloß, "einen Instruktionskursus einzurichten, in
welchem dazu befähigte und geeignete Persönlichkeiten ausgerüstet werden
sollten, um apologetische Vorträge halten zu können", und zu seiner
Vorbereitung eine Kommission bestehend aus seinem Präsidenten Otto Gaebel
und vier Mitgliedern, darunter Reinhold Seeberg, einsetzte (CA 94
Druckprotokolle; soweit nichts anderes bemerkt, gilt diese Fundstelle für
alle Zitate, bei denen nichts anderes angegeben ist). Er entsprach damit
einer Aufforderung des 32. Kongresses für Innere Mission (21. - 24.
September 1903 in Braunschweig) zur Bekämpfung der modernen
antichristlichen Geistesströmungen. Bis zum 1. Weltkrieg fanden fünf
Kurse und 1916 und 1917 zwei Kriegslehrgänge statt. Gleichzeitig wurde
versucht, das Vortragswesen innerhalb der verschiedenen Gemeinden
einheitlich zu organisieren. Diese "Kommission für Apologetik und
Vortragswesen" trat dann regelmäßig einmal im Jahr bis 1931 unter der
engagierten Leitung von Seeberg in dessen Privatwohnung zusammen (vgl. AC
12).
Im Jahre 1917 setzte eine lebhafte Diskussion
über die Aufnahme des Arbeitsfeldes der Evangelisation im CA ein; in
seiner Sitzung am 15. Mai 1917 wurde eine Kommission zur Bearbeitung
dieser Aufgabe gewählt und in der Sitzung am 18. Dezember 1917 der
Beschluß gefaßt, die Volksmission in das Arbeitsprogramm des CA
aufzunehmen und P. Gerhard Füllkrug mit ihrer Leitung zu
beauftragen.
Die Arbeit der Abteilung Volksmission
weitete sich schnell aus, und der Bedarf an ausgebildeten Rednern für
Evangelisation und Apologetik wurde so groß, daß Seeberg bereits in der
CA-Sitzung am 15. April 1919 feststellte, "daß der CA eine Persönlichkeit
finden müsse, die die Organisation der apologetischen Arbeit in die Hand
nehme". In der Sitzung am 8. Juli 1919 schlug dann Füllkrug im Auftrag
der Kommission für Apologetik und Vortragswesen vor, einen geeigneten
Theologen als apologetischen Mitarbeiter im Nebenamt einzustellen, und
begründete eingehend die Notwendigkeit einer solchen "apologetischen
Zentrale"; der CA bewilligte die Mittel für diese apologetische Arbeit im
Nebenamt für zunächst drei Jahre. Für diese Tätigkeit wurde Professor D.
Girgensohn - Greifswald gewonnen, der seine Vorstellungen dem CA in der
Sitzung am 9. Dezember 1919 ausführlich darlegte.
Es zeigte sich aber, daß diese Arbeit von einem nebenamtlich tätigen
Mitarbeiter nicht wirksam genug geleistet werden konnte, weshalb Seeberg
in der Sitzung am 11. Januar 1921 die Anstellung eines hauptamtlichen
apologetischen Berufsarbeiters forderte. In der Niederschrift über die
CA-Sitzung am 13. Dezember 1921 heißt es dann: "Geh(eimrat) Seeberg
berichtet über die Notwendigkeit, eine apologetische Zentrale
einzurichten und einen apologetischen Berufsarbeiter im Hauptamt
einzustellen. Der CA sei auf dem Gebiet der Apologetik immer noch im
Stadium des Säens, aber nicht des Erntens. Der Versuch, einen
Hilfsarbeiter für diese ganze Arbeit einzustellen, hat sich nicht
bewährt. Er schlägt deshalb Dr. Schweitzer vor, den er genau kennt und
dessen Vorbereitungen und Anlagen er eingehend schildert. Durch die
heutige Darstellung des Schatzmeisters sei er aber selber zu sehr ernsten
Bedenken gekommen, ob die Anstellung aus pekuniären Gründen sich würde
ermöglichen lassen. ..." (CA 94, Aktenniederschrift). Der CA beschloß
trotzdem, Pastor Dr. Schweitzer, der bereits seit 1. Juli informatorisch
im CA arbeitete, ab 1. Januar 1922 für die Dauer eines Jahres
einzustellen. Nach Überwindung der finanziellen Schwierigkeiten und einer
weiteren einjährigen Verlängerung wurde er zum 1. Januar 1924 "als
Berufsarbeiter für Apologetik mit dem Titel Direktor" fest angestellt
(Schreiben des CA vom 18. Januar 1924, CA 1354). Die Abteilung
Volksmission setzte sich nun aus der Apologetischen Centrale (AC) unter
Schweitzers und der Evangelistischen Abteilung unter Füllkrugs Leitung
zusammen.
1926 stellte das Kuratorium des
Evangelischen Johannesstiftes aus Rentabilitätsgründen beim CA den
Antrag, die AC dorthin zu verlegen. Der CA erklärte sich in seiner
Sitzung am 9. Februar 1926 damit einverstanden und bildete eine
Kommission, die einen entsprechenden Vertrag ausarbeiten sollte. Dieser
Vertrag, der auf Richtlinien beruhte, die von Brunstäd, dem Leiter der
Evangelisch-sozialen Schule im Johannesstift, stammten, wurde vom CA am
9. März 1926 gebilligt (CA-Druckniederschrift und AC 57).
Am 15. Januar 1925 war als wissenschaftlicher Assistent
Dr. Heinz-Dietrich Wendland zur Unterstützung Schweitzers angestellt
worden. Als er aus der AC am 31. März 1927 ausschied, wurde die bisherige
Assistentenstelle in die eines Berufsarbeiters des CA umgewandelt und
Lic. Dr. Walter Künneth - zunächst probeweise für ein halbes Jahr - zum
1. Mai 1927 berufen (Schreiben Seebergs vom 14. April 1927: AC 22). Als
infolge des Zusammenbruchs der Deutschen Evangelischen
Heimstättengesellschaft mbH (Devaheim) sämtliche Direktoren des CA, also
auch Schweitzer, zurücktreten mußten, wurde Künneth Leiter der beiden
volksmissionarischen Abteilungen im CA (Schreiben vom 22. Juni 1932 in:
CA 1424) und die AC aus Kostengründen im Juli 1932 in das Gebäude des CA
in Dahlem zurückverlegt. Die Existenz der AC war aber gefährdet, den
Mitarbeitern und Künneth wurde vorsorglich gekündigt. Nach langen
Verhandlungen, die bis hin zu Plänen der Ausgliederung aus dem CA gingen,
konnte eine finanzielle Grundlage geschaffen werden, die die Weiterarbeit
der AC und ihre Rückkehr ins Johannesstift im April 1934 ermöglichte
(vgl. hierzu AC 4 und 26), wo sie bis zur Schließung und Beschlagnahmung
des gesamten Aktenmaterials, der Sammlung und der Bibliothek durch die
Gestapo am 10. Dezember 1937 blieb.
Über den
Verbleib des beschlagnahmten Materials war lange Zeit hindurch nichts
bekannt, und es mußte angenommen werden, daß es verloren war. Im Oktober
1987 erhielt jedoch Professor Dr. Hans-Hinrich Jenssen, Praktischer
Theologe an der Humboldt-Universität Berlin, auf eine entsprechende
Anfrage vom Zentralen Staatsarchiv der DDR in Potsdam die Antwort, dort
würden Unterlagen der Apologetischen Centrale aufbewahrt, deren
Bearbeitungs- und Erhaltungszustand jedoch für längere Zeit eine
Benutzung nicht zuließen. Im Februar 1988 hat dann der Justitiar der
Geschäftsstelle des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirchen in der
DDR den Staatssekretär für Kirchenfragen gebeten, die zuständigen
Staatsorgane zu veranlassen, dieses Material an das Diakonische Werk als
den Rechtsnachfolger des Central-Ausschusses herauszugeben. Dieses
Schreiben ist unbeantwortet geblieben. Als die Änderung der politischen
Verhältnisse einen erneuten Versuch angezeigt scheinen ließ, bat das
Archiv des Diakonischen Werkes der EKD am 23. August 1990 das Zentrale
Staatsarchiv in Potsdam ebenfalls um Übergabe des Materials; jetzt
erfolgte schon mit Schreiben vom 31. August 1990 eine grundsätzlich
zustimmende Antwort. Da jedoch noch einige inzwischen aufgetauchte Fragen
geklärt werden mußten, konnte die Übergabe erst am 17. Januar 1991 durch
die Abteilung Potsdam des Bundesarchivs geschehen.
Das Archiv des Diakonischen Werkes der EKD erhielt dabei jedoch nur
die Akten und die Sammlung der AC; über das Schicksal der Bibliothek ist
auch jetzt nichts bekannt. Selbst Akten und Sammlung sind nicht ganz
vollständig erhalten. Während letztere bereits 1928 700 Mappen umfaßte
(Schreiben vom 2. April 1928: AC 125), gibt es jetzt nur noch deren 366,
und ein Vergleich des Aktenbestandes mit einer vom CA angefertigten
Übersicht läßt erkennen, daß etwa Akten betreffend die
Arbeitsgemeinschaft Arzt und Seelsorger, über Gutstöchterlehrgänge und
die Evangelische Landkonferenz nicht vollständig sind oder fehlen.
Zugleich mit den Akten und der Sammlung wurden
Bearbeitungsnotizen übergeben, aus denen hervorgeht, daß erstere 1959 im
Rahmen einer umfangreichen Aktenrückgabe der UdSSR vom damaligen
Deutschen Zentralarchiv übernommen und dort 1960 provisorisch erschlossen
worden sind. Danach sei ein Teil des Bestandes von der Staatlichen
Archivverwaltung übernommen worden. Ordnung und Verzeichnung des im
Archiv verbliebenen Teiles seien 1980 überarbeitet und der bei der
Staatlichen Archivverwaltung befindliche Teil 1990 an das Archiv
zurückgegeben und in den Bestand eingefügt worden.
Auf der Grundlage dieser Bearbeitungen wurden 1991 im Archiv des
Diakonischen Werkes der EKD von Annerose Schwittlinsky Akten und Sammlung
neu verzeichnet und geordnet und dieses Findbuch geschrieben.
Literatur in Auswahl:
Gerhardt, Martin: Ein Jahrhundert Innere Mission, Bd. 2
(1948) v.a. S. 275 ff, 402 ff.
Handbuch der
Inneren Mission, hg. vom Central-Ausschuß für Innere Mission,
Bd. 1 (1929) S. 7 f., 333 f.
Iber, Harald:
Christlicher Glaube oder rassischer Mythus: die Auseinandersetzung
der Bekennenden Kirche mit Alfred Rosenbergs "Der Mythus des 20.
Jahrhunderts",
Europ. Hochschulschriften, Reihe 23, Bd. 286
(1987).
Ders.: Die Apologetische Centrale und der
Centralausschuß für die Innere Misssion, in:
Diakonie im
"Dritten Reich" = Veröffentlichungen des Diakoniewissenschaftlichen
Instituts an der Universität Heidelberg, Bd. 3 (1990), S. 108 -
124.
Künneth, Walter: Lebensführungen. Der
Wahrheit verpflichtet (1979).
Mahling, Friedrich:
Die Innere Mission, Bd. 1 (1935) S. 506 ff.
Pöhlmann, Matthias: Kampf der Geister. Die Publizistik der
"Apologetischen Centrale" (1921-1937). Konfession und Gesellschaft, Bd.
16. Stuttgart, 1998.
Steinweg, Johannes: Die
Innere Mission der evangelischen Kirche (1928) S. 458 ff, 501.
Wendland, Heinz-Dietrich: Wege und Umwege. 50 Jahre
erlebter Theologie 1919 - 1970
(1977) S. 93 ff.
Biographische Angaben zu Schweitzer bei
Wischnath, Johannes Michael, Kirche in Aktion.
Das
Evangelische Hilfswerk 1945 - 1957 und sein Verhältnis zu Kirche und
Innere Mission
(1986), S. 470.
Biographische Angaben zu Wendland in: Evangelisches Kirchenlexikon,
Bd. 4 (1961), S. 894.
Weitere Quellen:
ADW, CA 416 - 418; 837 III
Nr. 16 - 18;
ADW, CA, PD 65 - 69;
ADW, BP 1689 -
1699;
ADW, KSB 117.
Reisetagebücher
Schweitzers 1922 - 1930 und 1930 - 1936 im Evangelischen
Zentralarchiv
in Berlin.
Kai von
Jena/Wilhelm Lentz: Die deutschen Bestände im Sonderarchiv in Moskau,
in:
Der Archivar 45. Jg. 1992 Heft 3 Spalte 457 - 468 (am
Schluß).
Im Sonderarchiv befinden sich als Fonds
695 27 Akteneinheiten der Apologetischen Centrale.
Pfarrer Matthias Pöhlmann - vgl. Benutzervorgang 52/1094 - hat im
Oktober 1994 das von der Apologetischen Centrale herrührende Material,
welches sich in dem Sonderarchiv in Moskau befindet, dort eingesehen. Es
sind 26 Mappen mit Sammlungsgut; inhaltlich handelt es sich um
Pressematerial Kommunistischer Provenienz und um solches, welches die
kirchliche Gegenwehr belegt.
Berlin, 13. Oktober
1994
Dr. Helmut Talazko
Abkürzungsverzeichnis:
AG Arbeitsgemeinschaft
BK Bekennende Kirche
BP
Provinzial-Ausschuß für Innere Mission in der Provinz Brandenburg
CA Central-Ausschuß für die Innere Mission in der deutschen
evangelischen Kirche
DCSV Deutsche Christliche
Studentenvereinigung
DEK Deutsche Evangelische Kirche
Deuzag Deutsche Entschuldungs- und
Zwecksparr-Aktiengesellschaft
Devaheim Deutsche Evangelische
Heimstättengesellschaft mbH
EKapU Evangelische Kirche der
altpreußischen Union
EPD Evangelischer Pressedienst
HA Handakte
hs. handschriftlich
IM Innere
Mission
Ms. Manuskript
Ns. Niederschrift
o.D. ohne Datum
o.V. ohne Verfasser
PD
Cental-Ausschuß, Propagandedienst
RMI Reichsministerium des
Innern
Rs. Rundschreiben
Schrw.
Schriftwechsel
VKL Vorläufige Kirchenleitung
VM
Volksmission
- Bestandssignatur
-
CA / AC
- Kontext
-
Archiv für Diakonie und Entwicklung (Archivtektonik) >> Zentrale und übergeordnete Organisationen >> Central-Ausschuss für Innere Mission
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1921-1937
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- Letzte Aktualisierung
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22.04.2025, 11:01 MESZ
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1921-1937