Archivale
Inquisition über Hans alt Tochtermann, Rotgerber
Regest: 1665 Juni 6
Anwesend:
Herr Lt. Johann Jacob Curz.
Herr Bürgermeister Conrad Felchlen.
Herr Bürgermeister Johann Philipp Laubenberger
Herr Johann Bihler
Herr Schultheiß Zendel
Herr Peter Bihler.
Ratschreiber Johann Hess.
Er ist graviert
1) durch das gemeine Geschrei in der Stadt,
2) dadurch, daß bereits seine leibliche Mutter und 2 Schwestern wegen Hexerei hingerichtet wurden,
3) dadurch, daß sein Haus und insonderheit das hintere Stöble nach Aussag verschiedener Hexen ihr gemein receptaculum (= Schlupfwinkel, Versammlungsort) ist, worin sie sich lustig machen (= ermuntern), ehe sie ausfahren,
4) dadurch, daß er sowohl hier in der Stadt als auch auf dem Land ziemlich epicurisch (= ausschweifend) lebt,
5) daß er unlängst vom Weib des Johann Schelling und vom Weib des Hans Blanckh angegeben wurde, er trage den Wein auf in seinem hinteren Stüble und sitze immer zwischen die Apothekerin und Hans Jacob Engels Weib hinein.
6) Er hat ein stuprum (= Hurerei) mit seiner jetzigen Hausfrau begangen, Es ist stadtkundig. Er wollte es hernach andern ledigen Gesellen anhängen, ist von der Obrigkeit abgestraft worden.
Folgende Zeugen sollen verhört werden:
1.) Anna, Hausfrau des Apsolon alt Gretzinger, um 50 Jahr alt.
2. Ursula, Witib des Niclas Wismer selig, 25 Jahr.
3. Sohn des Jacob Hipp.
4. Sohn des Johann Lobmüller.
5. Sara Ditzinger, 77 Jahr alt.
6. Martin Digel von Betzingen.
7. Georg Launer, 48 Jahr.
8. Anna Maria, Georg Launers Weib, 50 Jahr
Sie wurden über folgende Punkte verhört.
1) Wie lang es sei, daß Nicolas Wismer starb.
2. Zeugin: heut seien es gerad 13 Wochen, daß man ihn begraben habe.
2) Was eigentlich seine Krankheit war und warum er sich beklagte.
2. Zeugin: vor 5 Jahren sei er dem Hans Jacob Tochtermann ins Salz (= zum Salzholen) in das Bayerland gefahren, wobei Jacob Rösch und Ulrich Fassnachts Knecht mitwaren. Da habe er im Bayerland einen solchen Trunk getan, daß er nach der Heimkehr 4 Wochen bettlägerig war. Damals habe er um das Herz geklagt, sei aber wieder gesund worden. Doch jeden Frühling habe er diese Krankheit gespürt.
1. Zeugin bestätigt diese Angabe der 2. Zeugin.
3) Ob er nicht angab, daß er an einem Ort einen Trunk bekam und ihm daher diese Krankheit kam.
2. Zeugin: schon beim vorigen Punkt beantwortet. Auf vielmaliges Befragen habe er gegen niemand einen Argwohn geäußert.
1. Zeugin: von der letzten Krankheit habe er nicht gesagt, woher sie kam.
4) Ob er in Zeit seiner Krankheit keine Arzneien gebraucht und ob selbige sich angelassen haben.
2. Zeugin: er habe den Dr. Efferen und die Arzneien aus der Apothek gebraucht, die aber gar nicht anschlagen wollten.
1. Zeugin: zuerst den Dr. Efferen, dann den Dr. Wuecherer, schließlich aber die Seckhelerin (?), aber kein Mittel habe anschlagen wollen.
5) Ob er lang habe liegen und leiden müssen.
2. Zeugin und 1. Zeugin: Hinweis auf Punkt 2.
6) Ob Zeuge könne dafür halten, daß seine Krankheit natürlich war oder ob es nicht richtig zuging.
2. Zeugin: die Krankheit sei natürlich gewesen, doch haben keine Mittel anschlagen wollen.
1. Zeugin: er habe ihr angegeben, er habe sich verderbt mit einem Trunk.
7) Ob er nach seinem Tod nicht aufgeloffen, schwarz oder braun worden und wie er ausgesehen.
2. Zeugin: nein, er habe kein Mäsle (= keinen Flecken) gehabt, auf eine Stund oder zwei sei er lummelet (= schlaff), hernach starret (= steif) gewesen.
1. Zeugin: sie habe nichts an ihm gesehen.
8) Ob ihr nicht etliche Kinder gestorben seien; wohin sie den Argwohn gehabt habe.
2. Zeugin: es seien ihr etliche Kinder elend gestorben. Sie habe aber keinen Argwohn gehabt.
1. Zeugin: ihrer Tochter seien etliche Kinder gestorben, das erste an den Kindsblattern (= Masern), das andere, das wegen des Köpfles klagte. Sie habe keinen Argwohn gehabt.
9) Wie lang es her sei, daß sie in Hans Jacob Tochtermanns Haus Korn gefaßt und gezehrt haben.
10) Was der Tochtermann zu ihnen gesprochen habe.
(Zu Punkt 9 und 10 keine Zeugenaussagen).
11) Wie lang er krank sei.
6. Zeuge: seit man die 3 Weibspersonen justifizierte (= hinrichtete)
12) Wem er die Ursach seiner Krankheit zuschreibe.
6. Zeuge: nachdem man die 3 Weibspersonen justifizierte, sei er einer Verrichtung halben zu Reutlingen gewesen. Wie er nachmittags um 5 Uhr wieder heimgehen wollte, sei er die Metmannsgasse herab und bei Faul Engels Haus vorbeigegangen. Da habe der Tochtermann, welcher im Haus des Johann Hammlelin und zwar trunken war, zu dem Fenster herausgesehen und ihm gleich zugerufen, er solle um einen Trunk heraufkommen. Als er in die Stube kam, habe der Tochtermann, bei welchem der Hamlelin und seine beiden Brüder waren, ihn gefragt, ob seine Els fröhlich gestorben sei. Dann habe er ihm einen Trunk gegeben. Zeuge habe sich aber nicht lang aufgehalten, sondern sei gleich wieder fortgegangen. Er habe gleich im Bauch empfunden, daß er einen bösen Trunk getan. Am folgenden Tag sei es ihm gleich in die Glieder gefahren, daß er sehr lahm wurde. Dieser Zustand habe von Tag zu Tag zugenommen, daß ihm nicht nur die Händ und die Füß schwollen, sondern er auch bei 8 Wochen nichts von sich wußte, jetzt aber ganz lahm sei, und es ziehe ihm jetzt im Kopf. Er sei vorher gar nicht krank gewesen, könne also seine Krankheit nur diesem Trunk zuschreiben, den ihm der Tochtermann gab. Sonst sei der Tochtermann lustig und guter Dinge gewesen und habe unter anderem gesagt, es sei einer ein schlechter Handwerksmann, der nicht 1000 oder 2000 Taler zum besten habe (= guthabe?).
13) Was er für Dr. und Arzneien brauche.
6. Zeuge: er habe nur den Schmied von Lustnau gebraucht, welcher ihm Kräuter überzuschlagen (= Kräuterumschläge) verordnete. Wie nun dieser Schmied ihn krank gesehen, habe er gleich gesagt, er sei angeblasen worden. Wenn der Blos (= Hauch) ihm in den Mund gegangen wäre, hätte er ihn nicht mehr lebendig gefunden. Weil es aber nicht in den Mund gegangen, stecke es zwischen Haut und Fleisch. Er, Digel, wolle darauf leben und sterben, daß ihm sein Zustand von dem Trunk, den ihm der Tochtermann gegeben, herkomme.
14) Was sie auf den Hans Jacob Tochtermann Ungleiches (= Ungünstiges) zu sagen wisse.
5. Zeugin: sie könne eben nicht viel Gutes sagen. Denn der Boldt (= ungeschlachte Mensch) sei nichts Gutes. Besonders sei sein Ahn in Grund des Bodens nichts Gutes gewesen. Sie wisse aber eigentlich nichts Unrechtes von dem Tochtermann zu sagen.
15) Ob Zeuge nicht wisse, daß Tochtermann einmal mit seinem Weib Ehebruch treiben wollte. Wie lang es her sei und wie es dabei zugegangen sei.
7. Zeuge: er habe einmal dem Tochtermann Wein, welchen er im Keller der Gerberstube liegen hatte, ausgeschenkt und ihm vom Eimer 30 Kr (?) auszuschenken gegeben. Wenn Zeuge allemal 20 oder 30 fl hatte, habe er ihm diese abgeliefert. Einmal habe ihm der Tochtermann entboten, das erlöste Geld, es sei wenig oder viel, in sein Haus zu liefern. Wie nun des Zeugen Hausfrau mit dem Geld, 12 fl und etlichen Pfennigen, hinabkam und Tochtermann beim Mittagessen saß und eine Gerste aß, habe sie ihm das Geld dargezählt und abgeliefert. Dann habe der Tochtermann, Wie ihm seine Hausfrau erzählte, unversehens die Kleider aufgehebt und mit ihr Unzucht treiben wollen. Sie aber habe ihm nicht zu Willen sein wollen, um so weniger weil sie damals mit ihrer weiblichen Blödigkeit (= Menstruation) behaftet war. Tochtermann habe dann gesagt, er denke Tag und Nacht an sie und möchte nur einmal seinen Samen in sie ausschütten. Sie sei dann heimgegangen. 14 Tag hernach habe Tochtermann eine Metzelsuppe gegeben und nachts den Zeugen, als er die Nachtwacht hatte und bei seinem Haus vorbeiging, hinaufgerufen und ihm gleich gesagt, sein Weib habe ihm das Geld nicht geliefert, sondern einen Pelz darum gekauft. Zeuge sei darauf weinend heimgegangen und habe sein Weib deswegen gefragt. Aber sie habe beteuert, das Geld abgeliefert zu haben, und gesagt, weil er Unzucht mit ihr treiben wollte und es nicht vollbrachte, werde er gewiß wegen seiner Mummerei das Geld vergessen haben. Darauf sagte Zeuge, er wolle dem Tochtermann einen rechten Ausputzer geben, und schickte ihm einen Boten. Er habe dann dem Tochtermann, was sein Weib erzählt hatte, gesagt und ihn auf der Stege rechtschaffen erwäschen (= ihm die Meinung gesagt). Tochtermann hab's nicht auf sich sitzen lassen, sondern in Apsolon Gretzingers Haus ein Gericht zusammenkommen lassen. Da habe man den Zeugen um 1 1/2 Imi Wein und 10 ß in die Lade gestraft. Weil nachmals die Reden gingen, ob (= als ob) der Tochtermann ins Zunftmeisteramt gezogen werden sollte, und daher der Zeuge von seinen Zünftigern vexiert (= gefoppt) wurde, daß er von der Stube verstoßen werden möchte, habe er gesagt, es werde nicht geschehen, und wenn es schon geschehe, so müsse der Tochtermann ihm doch ein Angeld an einem Haus geben. Der Tochtermann habe auch zu seinem Weib gesagt, wie sie so keck gewesen sei, ihrem Mann solch Ding zu sagen. Sein Weib habe geantwortet, warum er so keck gewesen sei und sagen dürfe, daß sie ihm das Geld nicht abgeliefert habe. Darauf habe der Tochtermann gesagt, wenn sie dazu geschwiegen hätte, wollte er sie in sein unteres Stüblein ohne Hauszins gesetzt haben.
16) Ob nicht Tochtermann einmal mit ihr Ehebruch treiben wollte.
8. Zeugin erzählt den Hergang übereinstimmend mit dem Bericht ihres Mannes Georg Launer. Sie fährt dann fort: als sie dem Tochtermann Wein ausgeschenkt habe, habe er 2mal wirklich mit ihr Ehebruch getrieben, das einemal in ihrem Stüblein, das andremal in der Küche. Er habe sie dazu gezwungen, habe sie auch im Keller hernehmen (= beschlafen) wollen. Der Tochtermann habe gesagt, wenn sie etwas sage, wolle er sie ab der Stube bringen. Weil Zeugin nicht wußte, wohin sie ziehen solle, habe sie eben geschwiegen. Bei Tag sei es geschehen. Der Tochtermann sei ihr bisher feind gewesen.
1665 Juli 26
Anwesend:
Herr Lt. Curz.
Herr Bürgermeister Felchlen.
Herr Joh. Bihler
Herr Stefan Grieninger
Herr Schulth. Zendel.
Herr Zunftmeister Peter Bihler
Johann Hess.
1) Er (Tochtermann) wird gefragt, warum er auf den Turm geführt wurde.
Antwort: er sei unschuldig hergebracht worden.
2) Ob er nicht mit der Englerin Ehebruch getrieben.
Nein, er wolle darauf leben und sterben.
3) Ob er leiden möge, daß sie ihm konfrontiert werde.
Ja, er wolle ihr unter das Angesicht stehen. Der Böse könnte ihr etwas Böses vorgestellt haben.
Wenn etwas, so groß wie eine Linse, auf ihn komme, solle man ihn in Öl sieden. Er getröste sich aber seines guten Gewissens. Er wisse wohl, daß er in ziemlichem Geschrei sei. Wenn er sich schuldig gewußt hätte, wollte er nicht hier geblieben sein.
4) Ob er nicht im bösen Geschrei wegen des Bauern von Betzingen sei.
Ja, das wisse er wohl. Er sei selbst bei ihm gewesen. Der Mann sei selbigen Tags schon am Vormittag krank gewesen.
5. Ob er nicht dem Bauern von Betzingen hinaufgerufen und dann ein Glas, das schon eingeschenkt war und auf dem Tisch stand, genommen und ihm das zu trinken gegeben habe.
Ja, er habe ihn darum hinaufgerufen, um zu fragen, weil er früher als Knecht in seinem Haus war, ob er jemals wegen des verschreiten (= verschrienen, verrufener Stübleins etwas Unrechtes gesehen oder gehört habe. Aber wegen des Glases voll Weins wisse er nicht, ob es eingeschenkt war oder eingeschenkt wurde. Wenn etwas auf ihn komme, solle man ihm einen Tod antun, wie nie einem geschehen sei.
1665 Juli 31
Anwesend:
Herr Bürgermeister Conrad Felchlin.
Herr Johann Bihler.
Herr Stefan Grieninger.
Herr Schultheiß Zendel.
Herr Zunftmeister Peter Bihler
Auf Befehl des Herrn Bürgermeister und der Ratsgeheimen ist Hans Jacob Tochtermann über die Kundschaften (= Zeugenaussagen) des Georg Launer und seines Weibs wegen adulterii (= Ehebruchs) gütlich verhört worden.
Er sagt, daß er mit Jerg Launers Weib 3 oder 4mal Ehebruch getrieben habe, das erstemal im Keller, wie sie ihm Wein ausgeschenkt hatte, das zweitemal in seinem Haus, das drittemal in seiner Scheuer, das viertemal auf der Zunftstub im hintern Stüble. Wegen der Hexerei sei es nichts. Gott habe ihn vor solchem Laster behütet.
Ob er nicht mit der Englerin Ehebruch getrieben.
Antwort: Nein, in Ewigkeit werde sich nichts finden. Der Teufel könne sie in seiner Gestald blindt (= getäuscht) haben. Wenn es wahr wäre, so wollte er's, so wahr Gott lebt, bekennen.
1665 August 1
Anwesend die vorgenannten Commissare.
1) Ob er nicht einmal mit der Englerin Ehebruch in seinem Haus getrieben.
Antwort: er wolle Tod und Marter darauf leiden, daß es nicht geschehen.
2) Ob er dergleichen nicht mit der Eva, Hausfrau des Georg Mauerhan auf der Gerberstub und in seinem Haus verübte.
Antwort: er wolle auch Tod und Marter darauf leiden, daß es, so wahr Christus lebt, nicht geschehen sei. Er wolle sich eher alle Glieder voneinander reißen lassen, als etwas sagen, wenn es nicht wahr sei. Ob man denn den Hexen Glauben schenken wolle. Was die Herren Commissare sagen, komme ihm vor, als wenn man ihm ein Märlein sagte. Er begehrt, ihn vor die Weiber zu stellen. Er wolle sich selbst verantworten.
1665 August 4
Anwesend die vorgenannten Herren Commissarii.
Wenn er mit einer andern als mit der Stubenmagd Ehebruch getrieben habe, solle man ihm den Kopf auf öffentlichem Markt abhauen. Er solle in Ewigkeit verloren sein, wenn er die Eva und die Englerin im geringsten in Unehren angerührt habe.
1665 August 7
Anwesend:
Herr Johann Bihler.
Herr Stefan Grieninger.
Herr Schulth. Zendel.
Herr Peter Bihler
Johann Hess
Er (Tochtermann) sagt, daß er Launers Weib dreimal etwa 5 Batzen oder 1/2 fl zu Lohn gegeben habe. Die Launerin habe ihm mit Rupfen und Stupfen etwa an den Zehen guten Anlaß (= Anstoß) gegeben. Ihrem Mann habe er 8 fl gegeben, daß er dazu schwieg. Er habe ihn nicht aus der Stube lassen wollen, bis er's ihm versprach.
1665 August 12
Anwesend:
Herr Lt. Johann Jacob Curz.
Herr Johann Bihler.
Herr Stefan Grieninger
Herr Schulth. Johann Zendel.
Herr Zunftmeister Peter Bihler.
Ratschreiber Johann Hess.
1) Auf Befehl des Rats haben die Commissare den Tochtermann in der Güte befragt und ermahnt, es nicht zur scharfen Frag kommen zu lassen.
Antwort: man möge mit ihm machen, was man wolle, es werde nichts auf ihn kommen.
2) Er sei von verschiedenen teils bereits hingerichteten teils noch lebenden Personen angegeben, daß sie ihn nicht allein auf der Hexenzusammenkunft gesehen, sondern er ihnen auch in seinem hintern Stüble den Wein aufgetragen habe.
Antwort: Es geschehe ihm damit Gewalt und Unrecht.
3) Ob er nicht, nachdem er in die Gefangenschaft (= Haft) gegangen, bei der Rathausstege gesagt habe: "Jetzt ist's aus", was 3 Personen attestierten. (Auf dem Rand werden als die Zeugen Hans Mayer, Samuel Werenwag und Derren Ludin (Ludin Derr) angegeben.
Antwort: wenn es wahr sei, solle er ewig dasitzen, er sei ein Christenmensch und habe ein gut Gewissen.
4) Ob er nicht dem Martin von Betzingen in seines Schwagers Haus etlichen Trunk, der schon auf dem Tisch stand, gegeben habe.
Antwort: er könne nicht Nein und nicht Ja sagen.
5) Ob er nicht zu Lustnau war und dem Schmied 100 Taler geben wollte.
Antwort: er sei dort gewesen, wolle aber sein Leben verloren haben, wenn er einen geben wollte. Aber er habe zu dem Schmied gesagt, er wollte 100 fl geben, wenn er nur wüßte, woher dem Martin der Zustand kam, damit er aus dem Argwohn wäre.
6) Ob er nicht ein auf dem Sembsen (= Simsen) gestandenes Gläslein mit Wein, welches er dem Hans Rommel und Rudolf Veit geben, diese aber nicht annehmen wollten, in das Essigglas schüttete, welches hernach zersprang.
Antwort: er wisse wohl, daß er mit ihnen zehrte. Daß aber sein Essigglas zersprang, nachdem der Wein hineingeschüttet worden, davon wisse er nichts.
Ehe er gebunden wurde sagte er, man solle ihm als einem ehrlichen Mann Glauben schenken. Er sei in seinem Gewissen versichert, ihm geschehe Gewalt und Unrecht. Gott werde ein Zeichen tun. Man solle ihn in Öl sieden, wenn ein Hexenstück auf ihn komme. Weil dann alles gütliche Zusprechen nichts verfangen wollte, ist er gebunden und ihm zugleich der Stiefel angelegt, eine gute Weil angelassen und wieder herabgelassen, von ihm aber nichts bekannt worden.
1665 August 15
Die Zeugen Hans Mayer und Samuel Werenwag bezeugen, Tochtermann habe, als er vom Rathaus ins Gefängnis geführt wurde, gesagt: "Jetzt ist's aus."
1665 August 21
Von diesem Ausspruch wisse er nichts. Er sei ängstig gewesen.
Ob er nicht mit des Geigers Weib zu Ohmenhausen unehrlich gelebt habe, das einemal bei Ohmenhausen hinterm Flecken, das andremal in seinem Haus.
Antwort: der Teufel könne in seiner Gestalt den Hexen erschienen sein.
1665 August 28
Anwesend:
Herr Amtsbürgermeister und die vorgenannten Herren Commissare.
Wegen der Hexerei ist er nicht geständig. Er habe auch weder mit der Englerin noch mit der von Ohmenhausen Ehebruch getrieben.
Hierauf wurden weitere Zeugen verhört.
Hans Helb, Gerber, um 40 Jahr alt.
Ob nicht dem Zeugen von Hans Jacob Tochtermann einmal ein Trunk gegeben wurde, wovon er sich übel befunden habe.
Zeuge sagt aus, an der vergangenen Herrenfastnacht (= Estomihi, 7. Sonntag vor Ostern) habe er 3 fl auf Lohmehl (= gemahlene Gerberlohe) bei Tochtermann geholt. Dieser habe den Zeugen gefragt, ob er Durst habe. Zeuge antwortete: Nein. Trotzdem habe Tochtermann ein Spitzkelchlein voll eingeschenkt und ihm zu trinken gegeben. Er wisse aber nicht, ob er es ganz austrank. Hierauf habe Tochtermann ihm das Geld dargezählt. Zeuge habe gleich etwas im Bauch, am Morgen aber recht gespürt. Am 3. Tag habe er sich zu Bett legen müssen und sei ihm sein menschlicher Sinn genommen worden, so daß er niemand mehr kannte. 3 Wochen habe es gewährt. In dieser Zeit sei ihm der Tochtermann, als wäre er persönlich zugegen, vor die Augen gekommen. Zeuge habe gemeint, er habe den Tochtermann totgeschlagen und ihm 600 fl genommen. Er habe den Bader Georg Beckh gebraucht. Der habe ihm viel Leinöl eingegeben, wovon er sich jämmerlich übergeben mußte, so daß er schließlcih wieder zurecht gebracht und gesund wurde. Daher habe er einen Argwohn auf den Tochtermann gehabt, besonders weil er sonst niemals krank gewesen. Wenn Zeuge ein Messer gehabt hätte, wollte er seinen Bauch ratione (= wegen) großer Schmerzen aufgeschnitten haben.
1665 September 8
Anwesend:
die vorgenannten Herren Commissare.
Tochtermann: er habe viel 100 Menschen in seinem Haus zu trinken gegeben, aber weiß Gott niemand etwas angetan.
Wegen des Hammlelins und des Helblings Buben wisse er gar nichts. Wenn er wegen der Hexerei etwas auf sich gewußt hätte, wollte er Geld genommen haben und davongezogen sein.
1665 September 9
Anwesend:
Herr Johann Bihler.
Herr Stefan Grieninger.
Herr Schultheiß Johann Zendel.
Herr Zunftmeister Peter Bihler
Ratschreiber Johann Hess.
Weil er in der Güte nichts bekennen wollte, wird er auf Befehl des Rats und Anraten des Herrn Consiliarius Lt. Curz an die Tortur geschlagen, etwas angezogen, aber nicht aufgezogen. Er bittet, ihn zu erlassen, er wolle bekennen. Obwohl man ihn erließ, wollte er nichts bekennen, viel weniger von der Hexerei etwas wissen. Er sagt nur, im Alter von 15 Jahren sei er in der Kirch gewesen, habe eifrig gebetet. Nachdem er aber heimgekommen, habe er gemeint, seine Mutter habe ihm etwas gegeben. Denn er sei gleich sehr buhlsüchtig gewesen. Es sei ihm auch immer im Schlaf vorgekommen, wie wenn er mit jemand buhle. Aber wenn er erwachte, sei nichts dagewesen. Bei Gott sei er mit der Hexerei behaftet.
Sein Vater habe ein Kälblein gehabt; mit dem habe er, als er 10 oder 12 Jahr alt war, Sodomiterei (= Unzucht) treiben wollen. Er hab's aber nicht vollbringen können. Es sei nicht Gottes Will gewesen. Das Kälblein wäre still gestanden.
Hierauf wurde ihm sein Vetterlein Christof Hammlelin konfrontiert. Der sagt ihm rund unter das Gesicht, daß er ihn auf der Scheibe sah. Er sei bei seiner Tauf sein Döte (= Pate) gewesen. Die Schmer Ursul, seine Mutter, das Knorren Mariele (Mariele Knorr), das Weib des Georg Meulin seien auch dabei gewesen. 3mal habe er ihn gesehen, das Weib des Jögelin Weinmann auch.
Tochtermann: du Schelm, weisst's wohl.
Hammlelin: er habe Gott absagen müssen und daß er dem Bösen folgen solle.
Tochtermann: er wisse, Gott soll ihn strafen, nichts davon.
Da er nicht weiter mit der Sprach herauswollte, wird er wieder an die Tortur geschlagen.
Sagt, wenn er verführt sei, müsse er nur von seiner Mutter verführt worden sein. Im Kindswesen (= In der Kindheit) habe ihn seine Mutter auf die Hexenzusammenkunft auf die Scheibe und das Rangelbergle genommen. Bei dem Kappeltanz sei er gewesen und andere, nämlich der Schillhans, Bertschen Jerglin (Jerg Bertsch), die Cron, Schmehr Ursul, Georg Jauch.
1665 September 11
In Beisein vorgenannter Herrn Commissare.
In der Güte ist er zwar geständig, was er vorher bekannt hat, aber er variiert (= wechselt) in seinen Reden. Es sei kein Geist, der ihn zu etwas Bösem verleitete. Seine Mutter habe ihm seine Gedanken genommen, daß er nicht mehr recht beten konnte. Vom bösen Geist habe er kein Pulver und Salbe empfangen.
Seine Mutter habe ihn verführt, als er ungefähr 10 Jahr alt war. Sie habe ihn auf die Hexenzusammenkunft genommen, daselbst wie andere getanzt.
Die Apothekerin und die Schmehr-Ursul seien seine Buhlen gewesen. Mit denen habe er Unzucht getrieben auf dem Hexenplatz.
Der böse Geist habe ihm 2mal auf der Scheibe schwarzes Pulver gegeben. Auf einem Gäbele sei er ausgefahren.
Lang nachdem er von seiner Mutter verführt worden, sei er getauft worden in seines Vaters Stub in der Gerbergasse, in welchem Haus sein Bruder Bastin seßhaft sei.
Er sagt gleich, in seinem Haus im hintern Stühle sei er getauft worden. Hans Jerg sei er genannt worden. Am rechten Arm habe ihm der Böse Blut herausgelassen. Bei der Tauf sei der Urbis (Urban) Alber sein Döttin (= Pate), die Apothekerin und das Aferle seine Gevatterinnen gewesen. Vor 15 oder 20 Jahren möchte die Tauf geschehen sein. In Teufels Namen sei er getauft worden. Er habe ihm Pulver und gelbe Salbe gegeben. Mit dem Pulver habe er keinen Schaden getan. Gott und der heil. Dreifaltigkeit habe er absagen müssen.
Vor 8 Jahren habe er 2 Rossen, welche ihm gehörten, Pulver gegeben, wovon sie abgingen ...
Wie sein Vetter Christof Hammlelin auf der Scheib getauft wurde, sei er auch dabei gewesen. (Widerruft's am 20. September)
Gott solle ihm nicht gnädig sein, wenn er des Weiblins Kind etwas angetan habe. Es sei ein Blendwesen mit der Hexerei. Man könne es nicht genügend glauben. Auf der Hexenzusammenkunft seien die hingerichteten und die vorhin angezeigten Personen gewesen. Das Pulver habe er ins Wasser geworfen.
Sein Geist habe Anna Maria geheißen. Er habe gemeint, es sei das Weib des Engel gewesen.
Bei dem Cappeltanz seien weiter gewesen: der Zunftmeister Schreieckh samt seinem Weib, Jacob Ensslin der Knaupp, Georg Jauch und sein Weib, Georg Bertsch und sein Weib; der Schill Jerg habe mit seiner Schwieger getanzt, man tanze nicht mit einer allein. (Auf dem Rand zu diesen Angaben: Revociert's den 3. November und gibt vor, weil man vorher von dem Cappeltanz geredet und diese heut in Verdacht gehabt, habe er sie eben auch angezeigt.)
1665 September 12
Anwesend die vorgenannten Herrn Commissare.
Dem Sohn des Mathes Geiger, Schneiders, habe er von seinem Pulver auf Käs und Brot gegeben, wovon er krank wurde und starb. Er hab's ihm gegeben, als er bei ihm schaffte.
Dem Büble des Schneiders Jacob Weiblin, als er vergangene Weihnachten bei ihm Opferheller holte, habe er einen Apfel und darein Pulver gegeben, wovon er in 8 Tagen starb.
Sein Geist habe ihn nicht getrieben, viel Menschen zu vergiften. Bei dem Cappeltanz seien noch weitere Personen gewesen: die Adlerwirtin, Weib des Johann Dengeler; das Mareile Knorr - er, Tochtermann, habe mit ihr getanzt, auch Unzucht mit ihr getrieben; Maria, Weib des Jacob Zeilin, die Fitzlerin. Vor 5 oder 6 Jahren.
Den 2 Kindern des Johannes Schauweckher habe er in seinem Haus ein Süpplein gegeben, worin er von seinem Pulver getan. Sie seien hernach gestorben. Das eine habe lang gesochet (= gesiecht, gekränkelt).
Des Knauppen Jacob Ensslin Weib sei auch beim Cappeltanz gewesen.
Mit Alexander Schreieckhs Weib, als sie noch auf der Papiermühle und er ein Witwer war, habe er in ihrer Kammer Ehebruch getrieben. (Auf dem Rand: revociert's den 13. September)
1665 September 13
Im Beisein der verordneten Herrn Commissare.
Er habe mit der Papiererin keinen Ehebruch getrieben.
Den Bantlin und den Apotheker habe er auf dem Hexenplatz auf der Scheib gesehen. Sie seien obenan gesessen. Es seien fürnehme Leut und deren viel von Tübingen auf die Hexenzusammenkunft hergekommen.
Der Bantlin und der Apotheker seien eben auch wie andere mit Wollust auf der Scheibe umgegangen. Der Bantlin habe mit der Apothekerin, der Apotheker mit Fremden getanzt. (Auf dem Rand: hat's revociert).
Die Apothekerin, ehe sie ausgefahren, sei auch in sein hinter Stüblein gekommen. Er bittet um Gottes willen um ein gnädig Urteil. Seine begangenen Sünden reuen ihn. Er wolle Gott bitten, sie ihm zu verzeihen.
Seine Mutter habe ihm in einer Milch etwas zu essen gegeben, daß er nicht mehr recht und eifrig beten konnte. Es sei ihm gleich in seinem Herzen und Gedanken anderster geworden.
1665 September 14
Er bleibt bei vorigem Bekenntnis.
1665 September 20
Anwesend:
Herr Lt. Georg Friedrich Jung, Syndicus.
Herr Stefan Grieninger.
Herr Schultheiß Johann Zendel
Ratschreiber Johann Hess.
Nachdem im Französischen Krieg zwei bei ihm gelegene ... (?) ihn sehr geplagt hätten und ihm das Haus anzünden wollten, habe er von seinem Pulver ihnen in einer Kanne mit Wein zu trinken gegeben, wovon sie krank wurden. Ob sie aber starben, wisse er nicht ... (Wiederholung von früheren Geständnissen).
1665 September 22
Anwesend:
Herr Stefan Grieninger.
Herr Schulth.
Johann Zendel.
Ratschreiber Johann Hess.
Testament.
Pfleger (der Kinder): Herr Bürgermeister Laubenberger, Herr Georg alt Hummel, Herr Johann Hamlelin, Johann M. Hummel.
Seinen Kindern 20 Eimer neuen Wein und 10 Eimer ferndigen (=vorjährigen) Wein, wozu ihnen die Fässer- und Ligerstatt (= Lagerstätte) im Keller gegeben werden soll.
Ferner 100 Scheffel heuriges Korn.
26 eingelegte Häute, welche im künftigen Frühling von den eingesetzten 52 genommen und ihnen versilbert (= zu Geld gemacht) werden sollen.
Das Geld soll auf Haus-Zieler verwendet werden. Ein Kind soll das andre erben (= beerben).
Thomas Hummel, seinem Knecht, wenn er sich verheiratet, 50 fl Johannes jung H...el die 20 fl, welche ihm von seiner Magd geliehen wurden. Seine Hausfrau soll's der Magd wieder bezahlen.
Seiner Magd Anna Maria auf den Frühling 10 fl, dazu die 20 fl, also zusammen 30 fl.
Bastin, dem Sohn seines Bruders Bastin Tochtermann 10 fl auf den Frühling.
Seinem Bauernknecht 3 fl.
Seinem Kleinmädlin Anna Katharina 7 fl.
Herrn Stefan Grieninger, Herrn Schultheiß Zendel und dem Ratschreiber 15 fl.
Dem Stadtknecht 1 fl 30 Kr.
Dem Scharfrichter 2 fl.
Dem Turmweib 1 fl 30 Kr.
Der .antlins Anna 30 Kr.
Der Spitalmeisterin 2 fl.
Mit der angefügten Condition (= Bedingung): wenn seine Kinder mit Tod abgehen sollten, soll das, was ihnen verschafft (= vermacht) und verpflegt worden ist, auf seine Schwester- und Bruders-Kinder 2 Teile, der 3. Teil auf die Mutter, samt dem Nutzen kommen.
1665 Oktober 11
Anwesend:
Herr Lt. Georg Friedrich Jung
Herr Stefan Grieninger.
Herr Zunftmeister Peter Bihler.
Ratschreiber Johann Hess.
Gütliche Examination.
1) Er ist geständig, daß er im 10. Jahr seines Lebens von seiner eigenen Mutter verführt und später in seinem hintern Stüblein getauft wurde.
2) Bei dieser seiner Teufelstauf sei der Urbis Alber sein Döte, das Aferle aber seine Dot gewesen.
3) Die Personen, die zu Doten und Gevattern gebraucht werden, seien beim Teufel am allerliebsten dran, weil sie dem Teufel Leut zubringen und viel Schaden tun.
4) Als sein Vetter Christof Hamlelin von dem Teufel getauft wurde, sei er auch dabei gewesen. Er sei Hans Jacob genannt worden. (Revociert es später).
5) Er habe vor 3 oder 4 Jahren mit der Englerin und der Apothekerin Ehebruch in seinem hintern Stüble getrieben. Das Aferle sei dabei gewesen.
Bei den Hexen-Compagnien (= Gesellschaften) seien 5 und 7 beisammen. Mit der Apothekerin und der Schmehr Ursel habe er auf der Hexenzusammenkunft Unzucht getrieben. Mit der Schmehr-Ursel auch in seinem hintern Stüble vor 2 Jahren. Die Apothekerin, die Englerin und das Aferle seien dabei gewesen. Es sei bei Nacht geschehen. Die Schmehr Ursel sei auf einem Stecken in sein hinter Stüble gefahren.
Beim Cappel-Tanz habe er mit dem Knorren Mareile (Marie Knorr) ungefähr vor 1/2 Jahr Unzucht getrieben.
1665 Oktober 12
Anwesend die vorgenannten Herrn Commissare.
Er wird in der Güte erinnert, das, was etwa bei ihm noch verborgen sei, vollends an den Tag zu geben.
Er bekennt, vor 20 Jahren habe er einem Schmied zu Waldstetten im Wirtshaus, als er mit ihm zu Nacht aß, einen Trunk gegeben, worin er von seinem Pulver getan hatte. Davon habe er gesochet (= gekränkelt) und sei ein Jahr hernach gestorben.
Vor 16 Jahren, als er zu Hayingen war, sei ein Mann von Dingelfeld namens Jacob zu ihm gekommen und habe mit ihm zu Nacht gegessen. Er habe ihm von seinem schwarzen Pulver im roten Wein gegeben. Ob er aber starb, wisse er nicht.
Mit dem Weib des Bernhard Kalbfehl habe er 2mal Ehebruch getrieben im Sommer in seinem hintern Stüble auf dem Lotterbett. Er habe ihr ein Paar Schuh zu Lohn gegeben.
Mit der Schmehr Ursel habe er vor ungefähr 6 Jahren unehrlich beigewohnt.
Vor 10 Jahren, als er mit der, die bei Conrad Schaweckher häuslich wohnt, allein nach Urach ging, habe er unterwegs im Neuhauser Wald mit ihr Unzucht getrieben. Sie habe Schneller (= Garn) getragen. Sie habe ihn dazu verursacht (= veranlaßt).
Bei dem Cappeltanz seien noch weiter gewesen: die Schmehr Ursel, des Knorren Mareile, die justifizierte (= hingerichtete) Englerin, Aferlin, alt Bertschin.
Als unlängst Rudolf Veit und Hans Rommel von Metzingen bei ihm waren, habe er in ein Glas Rotwein von seinem schwarzen Pulver getan. Weil sie den Wein nicht annehmen wollten, habe er ihn in sein Essigglas geschüttet, welches hernach einen Knall gelassen und Spälte (= Risse) bekommen habe.
Das Weib des Georg Jauch sei auch beim Cappel-Tanz gewesen.
1665 Oktober 13, Freitag
Anwesend die vorgenannten Herrn Commissare.
Zu Schönberg (Schömberg) bei Balingen habe er ungefähr vor 19 Jahren mit einer Wirtin, seines Wissens zum Weißen Rössle, in Unehren zugehalten. Sie habe ihn selber angeredet.
Bei dem Capell-Tanz seien weitere Personen gewesen: die Traubenwirtin, Hausfrau des Simon Lang; die Prokuratorin; die Tochter des Georg Lockh, ein gelb Mensch; der Bantlin in seinem Chorhemd, der mit der Englerin tanzte. (Auf dem Rand: revociert am 3. November).
1665 Oktober 20
Anwesend:
Herr Lt. Jung, Syndicus.
Herr Zunftmeister Bihler.
Ratschreiber.
Auf Anlaß des Wächters, daß in der vergangenen Nacht ein großer Tumult auf dem Turm entstand und besonders gegen Morgen, so daß man meinte, jemand werde über (= durch) die geschlossene Tür gegangen sein, wird er erinnert, was sowohl in der vergangenen als auch in anderen Nächten auf dem Turm war, anzuzeigen. Besonders wird ihm bedeutet, warum er sich beständig mit Worten ausgelassen habe, daß Gott ein Zeichen tun und all das, was er Gutes ... (?) getan, an den Tag geben solle.
Antwort: Er habe nichts gehört von dem vermeintlichen Tumult.
Hierauf wurden der Wächter Georg Gerstenekher und sein Weib ihm konfrontiert.
Sie wiederholen ihre Aussage. Auch die Nachbarschaft habe es gehört.
Tochtermann: er wisse von nichts.
Zu dem andern Punkt sagt er, er habe inständig gebeten, daß Gott ein Zeichen tue, damit alles, was er Gutes und Böses getan, an den Tag komme und die Obrigkeit wisse, wie sein Herz beschaffen sei. Er habe seine Übeltaten bereits bekannt. Trotzdem wolle man nicht genug daran haben. Man solle ihm doch glauben. Wenn er der Obrigkeit etwas hinterhalte, solle Gott ihn strafen. Gott solle ihn in sein Reich nicht kommen lassen, wenn er, solang er auf dem Turm in Haft gelegen, vom Teufel, seinem Geist und andern Gespenstern etwas gehört habe.
Donatio inter vivos (= Schenkung unter Lebenden):
Dem Martin Digel zu Betzingen wolle er um des ihm zugefügten Schadens willen von seinem halbteilig reservierten Gut 50 Reichstaler schenken, auf Lichteness 25 fl, auf Georgii 25 fl und 25 fl auf Jacobi 1666.
Dem Jacob Weiblin 2 Scheffel Dinkel, auf künftig Dreschen zu liefern.
(Auf dem Rand: Dieses hat er wieder revociert mit Vorwand, daß er mit dem Kopf bezahlen und also sein Leben darum hergeben müsse).
Attestiert mit eigenhändiger Unterschrift.
Und weil die Herren Commissare und der Herr Syndicus ziemlich mit ihm bemüht gewesen, will er von seinem reservierten Gut jedem von ihnen und dem Ratschreiber einen Dukaten schenken. Weiter dem Stadtknecht Caspar Luibinger 2 fl.
Eigenhändige Unterschrift.
1665 November 1
Der verhaftete Tochtermann hat begehrt, daß der Herr Amtsbürgermeister zu ihm zu kommen geruhen und das, was er ihm anzubringen habe, vernehmen wolle. Der Amtsbürgermeister geht mit dem Ratschreiber auf den Turm. Tochtermann revociert das von ihm in Güte und peinlicher Examination Bekannte unter dem Vorwand, daß er solches aus Pein gesagt habe. Daher wolle er, ehe man zur Exekution schreite, solches ihm als seinem Gevatter eröffnen. Wegen (= Hinsichtlich) der Hexerei sei er so rein wie ein Kind in der Wiege.
1665 November 3
Anwesend:
Herr Lt. Johann Jacob Curz.
Herr Lt. Jung, Syndicus.
Herr Schultheiß Zendel.
Herr Schultheiß Hohloch.
Tochtermann wird gefragt, warum er seine Geständnisse bei der gütlichen Examination zu der Zeit leugnete, als er meinte, die Exekution werde vorgehen.
Antwort: von seiner Mutter sei er in seinem 10. Jahr nicht verführt worden. Von der Hexerei wisse er nichts. Er sei von dem Teufel in seinem hintern Stüble nicht getauft worden.
Ob er nicht Hans Jerg in solcher Tauf genannt wurde.
Antwort: er könne nicht Ja sagen, will aber auch nicht Nein sagen.
Ob er Gott und der heil. Dreifaltigkeit absagen mußte.
Antwort: er sage auf alle Punkte nein.
Ob er sich dem Teufel damals ergab.
Antwort: er ... (?) auf alle Punkte ... (?). Man habe ihn dazu gezwungen.
Ob der Teufel ihm Pulver und Salbe gab.
Antwort: ... (?)
Ob nicht der Teufel in Gestalt von des Engels Weib zu ihm kam und in Gestalt des Weibsbilds ihn taufte.
Antwort: nein, er wisse nichts darum.
Ob nicht der Urban Fassnacht, die Apothekerin und das Aferle dabei waren.
Antwort: nein.
Ob der Teufel ihm Blut aus dem Arm gelassen habe.
Antwort: nein. Er aber hab's müssen sagen und an dem rechten Arm es gezeigt. Es sei ihm nichts geschehen.
Ob er nicht dem Hans Helb vergangene Fasnacht, als er bei ihm Geld auf Lohmehl holte, einen Trunk gab.
Antwort: ja, er habe ihm aus seiner Kanne, woraus er und sein Weib tranken, in ein Spitzkelchlein geschenkt und zu trinken gegeben.
Ob er ihm nicht klagte, daß er davon krank wurde.
Antwort: nein. Er wolle darauf leben und sterben, daß er ihm nichts in das Glas getan habe.
Ob er nicht dem Martin Digel von Betzingen, als seine Els justifiziert worden, in seines Schwagers ... (?) Hamlelins Haus einen Trunk gab, wovon jener sich übel befand.
Antwort: er sei vorher krank gewesen. Sein Weib werde wissen, wenn er's gesagt habe. Dazu auf dem Rand: Am 7. November 1665 sagt Jacob Gänsslen, Schultheiss zu Betzingen, aus, Martin Digel sei zwar vor vielen Jahren krank gewesen wegen eines Schenkels, aber wieder gesund worden. Daß er aber siech gewesen sein soll, davon könne er nichts sagen. Er habe seinen Feldgeschäften fleißig obgewartet und also nichts gespürt. -
Ob er von selbst hinaufgegangen sei.
Antwort: Er habe ihn hinaufgerufen, weil er hievor in seinem Haus gedient habe, ob er etwas Verdächtiges darin gesehen habe.
Ob er ihm nicht etliche Gläser mit Wein zu trinken gegeben habe.
Antwort: er könne nicht Nein und auch nicht Ja sagen.
Ob man ihm eingeschenkt habe oder schon eingeschenkt gewesen sei.
Antwort: Das könne er nicht sagen. Er wolle Tod und Marter leiden, daß er ihm nichts angetan habe.
Ob er nicht nach seinem Bekenntnis im Französischen Krieg 2 Dienern, die ihm einlogiert worden waren, eine Kanne mit Wein und Pulver darein gab, wovon sie erkrankten.
Antwort: nein, er habe ihnen nichts gegeben.
Woran der Schneider Mathes Geiger gestorben sei und ob er ihnen nichts gegeben habe.
Antwort: er hab's müssen sagen, man habe ihn dazu genötigt. Diese Leut seien immer Siechlinge (= kränklich) gewesen. Er habe ihnen nichts gegeben.
Ob Geigers Weib auch hinkam.
Antwort: ja.
Wann er ihnen Brot und Käs gab.
Antwort: um 3 Uhr habe er gemeiniglich das Abendbrot gegeben, aber nichts hinein getan.
Ob nicht die Kinder des Johann jung Schauweckher vor 5 oder 6 Jahren in sein Haus kamen, denen er eine Suppe aus einer absonderlichen Schüssel gab.
Antwort: nur das Büblein sei hingekommen. Er habe mit ihm gegessen, aber ihm nichts getan. Man habe ihm aus der Schüssel in ein Zinnlein (= Zinnteller) gegeben. Seine Hausfrau selig habe die Supp herausgelangt. Das Büble sei lang hernach gestorben.
Wie das Büblein hieß.
Antwort: Hans Jerg
Ob Jacob Weiblins Kind vergangene Weihnachten, Opferheller zu holen in sein Haus kam. Wer ihm das (!) Opferheller (= Weihnachtsgeschenk für Kinder) und ob nicht er ihm einen Apfel gab.
Antwort: seine Hausfrau habe das Opferheller ausgeteilt. Er habe ihm auch keinen Apfel gegeben.
Ob er nicht nach seinem Geständnis im 10. Lebensjahr mit einem Kälble seines Vaters habe Sodomiterei (= widernatürliche Unzucht) treiben wollen.
Antwort: nein, er habe nichts ins Werk setzen wollen, weder vor noch nach.
Ob nicht Rosse ihm abgingen, deren eines, ein blindes, dem Veit Bihler, das andere dem Schultheissen zu Ohmenhausen gehört habe.
Antwort: Das eine sei lungenrotzig gewesen, das andere habe ein Füllen getragen.
Ob er nicht bei seines Vetters des jungen Hammlelin Teufelstauf war.
Antwort: er habe es zwar bekannt, es sei aber nicht wahr. Der Teufel könnte in seiner Gestalt dabei gewesen sein.
Ob er nicht bekannt habe, daß er mit verschiedenen Weibern, besonders auch mit der Apothekerin und der Englerin, Unzucht trieb.
Antwort: er habe sein Lebtag keine Unzucht mit ihnen getrieben.
Ob er nicht bei den Hexen in seinem hintern Stüble war.
Antwort: nein.
Ob er nicht bekannt habe, daß er vor 20 Jahren dem Schmied zu Waldstetten, der ein Schultheiss war, einen Trunk und darin von seinem Pulver gab.
Antwort: dieser Schmied sei nicht zu ihm gekommen. Er habe ihm auch nichts gegeben.
Ob nicht vor 16 Jahren ein Mann von Digelfeld namens Jacob zu Hayingen zu ihm kam, mit dem er zu Nacht aß. Der Mann war seiner bereits getanen Anzeig nach mittelmäßig (= von mittlerer Größe) und alt und hatte einen schwarzen Bart. Dem habe er im roten Wein von seinem Pulver gegeben.
Antwort: er habe ihm nichts gegeben.
Ob er nicht bekannt habe, daß er, als Hans Rommel und Rudolf Veit zu ihm kamen, ihnen ein Glas mit Wein zu trinken gab und weil sie ihn nicht nehmen wollten, den Wein in sein Essigglas schüttete, worauf das Glas zersprang und Spält (= Risse) bekam.
Antwort: wenn er ja den Wein in das Essigglas geschüttet habe, so habe er doch nichts darein getan. Viel weniger wisse er, daß das Essigglas zersprungen sei. Sonst habe er ein gut Gewissen und sein Lebtag keinen Schaden getan. Was er ausgesagt, sei aus Pein geschehen. Er wollte sein Hab und Gut mangeln (= entbehren, missen), daß nur die christliche Obrigkeit sein Herz wüßte. Gott werde ein Zeichen tun, daß, was in seinem Herzen stecke, offenbar werde. In Ewigkeit werde kein Mensch mit Wahrheit sagen, daß er mit der Hexerei behaftet sei, werde auch kein Mensch erleben, daß ein Hexenstück auf ihn komme.
1665 November 3
Auf dem Bürgerhaus.
Anwesend:
Herren Bürgermeister und Ratsgeheime.
4. November
Auf dem Rathaus
Auf Anraten der beiden Syndici wird beschlossen, gegen Tochtermann weiter nach der Peinlichen Halsgerichtsordnung zu verfahren.
Tochtermann gibt dann einen Teil der von ihm widerrufenen Verbrechen zu.
1665 November 6
Wegen der von Tochtermann immer noch geleugneten Verbrechen werden wieder Zeugen verhört, nämlich
1. Jacob Weiblin.
2. Hans Helb.
3. Johannes Schauweckher.
4. Martin Digel zu Betzingen.
Die Zeugen wiederholen ihre den Tochtermann belastenden Aussagen.
1665 November 7
Tochtermann beteuert, daß er dem Martin Digel zu Betzingen, dem Hans Helb und denen von Metzingen nichts gegeben habe ... Die übrigen Punkte hat er nochmals bejaht, ist auf die Knie niedergefallen und hat um ein gnädig Urteil gebeten.
1665 November 9
Auf dem Bürgerhaus.
Herr Pfarrer Mr. Christof Ensslen hat berichtet, daß der verhaftete Tochtermann die Hexerei und besonders seine Mordtaten nicht mehr gestehen wolle, jedoch bekannt habe, daß er in puncto adulterii (= des Ehebruchs) sich vergriffen und hiedurch sein Leben verwirkt habe. Obwohl er ihn, den Herrn Pfarrer, gebeten habe, dieses, was er ihm als seinem Beichtvater eröffnet habe, bei sich zu behalten, weil er besorge, daß man wieder von neuem an ihn gehen möchte, so habe er es doch schuldigermaßen eröffnen wollen.
1665 November 9
Auf dem Peinturm.
Anwesend:
Herr Pfarrer Mr. Ensslen.
Herr Subdiaconus Bernhard Zwiseler.
Herr Syndicus Georg Friedrich Jung.
Herr Stefan Grieningerr.
Herr Schultheiss Johann Zendel.
Herr Schultheiss Josua Hohloch.
Der Ratschreiber
Tochtermann gibt das früher Gestandene zu. Nur habe er dem Martin Digel zu Betzingen, dem Hans Helb und denen zu Metzingen nicht das geringste angetan und sei nicht bei der Teufelstauf seines Vetters, des jungen Hamlelin, gewesen.
1665 November 10
Auf Befehl der Herren Bürgermeister und Ratsgeheimen haben die Herren Commissare in Anwesenheit der Herren Geistlichen die peinlich verhafteten Personen nochmals und zu allem Überfluß befragt, ob sie bei ihren Geständnissen verbleiben, worauf sie das einstimmig bejahten. Nur Tochtermann verblieb bei seiner Revocation.
- Reference number
-
A 2 f (Hexenprozesse) Nr. A 2 f (Hexenprozesse) Nr. 7852
- Extent
-
68 S.
- Formal description
-
Beschreibstoff: Pap.
- Further information
-
Genetisches Stadium: Or.
- Context
-
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25) >> Bd. 24 Hexenprozesse
- Holding
-
A 2 f (Hexenprozesse) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25)
- Date of creation
-
1665 Juni 6 - 1665 November 10
- Other object pages
- Last update
-
20.03.2025, 11:14 AM CET
Data provider
Stadtarchiv Reutlingen. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Archivale
Time of origin
- 1665 Juni 6 - 1665 November 10