Baudenkmal
Selters, Brunnenstraße 26
Wohnhaus des 18. JahrhundertsRäumliche und historische VerortungBis heute wird die Ortslage von Niederselters durch ihre originäre Rundlingsform bestimmt. Im Westen umschließt die mit dem Beginn des 18. Jahrhunderts ausgebaute Brunnenstraße den als Gesamtanlage gemäß § 2 Abs. 3 Hessisches Denkmalschutzgesetz (HDSchG) ausgewiesenen historischen Ortskern. Das Wohnhaus Brunnenstraße Nr. 26 befindet sich im Südwesten des ausgewiesenen Areals und zählt damit zur Randbebauung des im späten 17. und 18. Jahrhunderts ausgebauten Zentrums. Seine Entstehung ist verknüpft mit der Prosperität des Ortes im Zuge der Erschließung der Mineralquelle südlich des Emsbaches. Neben zahlreichen für den ab diesem Zeitpunkt zunehmenden Kurbetrieb errichteten Gasthäusern, Hotels und Pensionen, erfolgte die Modernisierung des alten Ortes und es entstanden zusätzliche stattliche neue Wohnhäuser, deren hochaufragende Mansardwalmdächer die Straßenzüge bestimmten. Durch eine Reihe verheerender Brände in der Mitte des 19. Jahrhunderts wurde diese barocke Bausubstanz jedoch deutlich in Mitleidenschaft gezogen und zeigt sich heute im Ortsbild von Niederselters nur noch punktuell. Das Wohnhaus Brunnenstr. 26 zählt in diesem Zusammenhang zu einem der am besten erhaltenen Gebäude dieses Zeitabschnittes. Seine strukturell weitestgehend ungestörte Fassade bildet noch immer einen markanten stadträumlichen Blickpunkt im Verlauf der Brunnenstraße, die seit ihrem Ausbau zu den wichtigsten Verkehrswegen des Ortes gehört.GebäudeDas Wohnhaus Brunnenstraße 26 besteht aus zwei Baukörpern von etwa gleichem Raumumfang, von denen der nordöstliche Kernbau traufständig zur Straße orientiert ist, während der zeitlich später hergestellte Erweiterungsbau mit um 90° gedrehter Firstlinie seinen Giebel nach Südwesten richtet. Der Kernbau ist Anfang des 18. Jahrhunderts partiell auf einem nicht datierten Vorgängerbau mit nahezu quadratischem Grundriss entstanden und zeigt noch heute sein bauzeitliches Mansardwalmdach. Vermutlich zunächst fachwerksichtig erstellt, erfolgte mit der Errichtung des Erweiterungsbaus der helle Verputz der Fassaden sowie die Vergrößerung einiger Fenster. Der als eigenständige Putzfachwerkkonstruktion errichtete Erweiterungsbau erhielt ein flach geneigtes Mansarddach. Die Erschließung beider Bauteile erfolgt über die Straßenfassade des Kernbaus im Nordosten.Das Innere beider Bauteile war bereits bauzeitlich für eine Wohnnutzung konzipiert und zeigt sich bis heute weitgehend in seiner Struktur in einem Zustand, der neben dem Originalbestand vornehmlich aus Ausbauten zu Beginn des 19. Jahrhunderts besteht. Spätere Eingriffe, die bis in die frühe Nachkriegszeit reichen, sind nur von geringem Umfang und weitgehend reversibel.Lediglich der Kernbau ist unterkellert. Die Kellerräume aus Natursteinmauerwerk werden von einer Holzbalkendecke mit Unterzug und (jüngerer) Stütze abgeschlossen. Das Erdgeschoss zeigt sich heute in symmetrischer Aufteilung, die beide Bauteile umfasst. Der zweizonige Grundriss des Kernbaus mit mittig angeordneter Diele wurde hierfür auch im Erweiterungsbau übernommen, wobei die schlichte Treppe zur Erschließung der Obergeschosse in einen seitlich angeordneten Nebenflur verlegt worden ist. Das zweistöckige Dachgeschoss mit teils liegendem Stuhl zeigt sich mit einer Spannweite von rund 9,50 m ungewöhnlich groß, weshalb die Einbringung zusätzlicher Sicherungsstützen notwendig wurde. Die oberste Geschossebene des Dachstuhls im Erweiterungsbau überragt den Kernbau um rund einen Meter.Im gesamten Baubestand haben sich zahlreiche wertige historische Oberflächen erhalten. Die Diele im Erdgeschoss etwa weist Zementfliesen der 1930er Jahre auf, während sich in den übrigen Räumen vornehmlich Dielenböden des 19. Jahrhunderts finden. Besonders schmuckvoll zeigt sich die Deckengestaltung der Stube des Kernbaus, die eine Kölner Decke aufweist, deren Mittelunterzug unterseitig mit Profilbrettern aufgedoppelt ist. Auch in drei weiteren Kammern der noch sichtbar zu Wohnzwecken ausgestalteten Mansarde finden sich aufwendige Kölner Decken, z.T. mit gedoppelten halbrunden Abschlüssen an den Deckenfeldern. Die südöstliche Kammer weist dazu eine florale Schablonenmalerei mit tapezierter Bordüre auf. Im Obergeschoss zeigen sich im Bereich des Erweiterungsbaus dekorative Jugendstilfliesen an den Wänden der ehemaligen Küche. Die benachbarte südwestliche Kammer weist eine noch nahezu vollständig erhaltene Wandfassung in Walztechnik auf. Hier haben sich außerdem noch sämtliche bauzeitlichen Fenster und Türen erhalten. Insgesamt finden sich im gesamten Gebäude ein nennenswerter Bestand an bauzeitlichen Türen, ebenso wie an Türen und Fenster des frühen 19. Jahrhunderts.Das Wohnhaus Brunnenstraße 26 besticht durch seinen umfangreichen historischen Baubestand, der strukturell weitestgehend noch seiner ursprünglichen Konzeption entspricht. Damit überliefert es ein bemerkenswert stimmiges Bild der barocken Wohnbebauung, die den Ort Niederselters während seiner wirtschaftlichen Blütezeit bestimmt hatte. Bis heute straßenraumprägend gehört es damit zu den wenigen besonders wertigen Bauten dieser Epoche. Seine qualitätvolle wandfeste historische Innenausstattung (insbesondere bemerkenswert die Kölner Decken) wie die überkommene bauzeitliche Raumstruktur sind von künstlerischem und architekturhistorischem Wert. Das Wohnhaus Brunnenstraße 26 ist demnach aus (orts-)geschichtlichen und künstlerischen Gründen als Kulturdenkmal gemäß § 2 Abs. 1 sowie als Bestandteil der Gesamtanlage des historische Ortskerns gemäß § 2 Abs. 3 Hessisches Denkmalschutzgesetz in das Denkmalverzeichnis des Landes Hessen eingetragen.
- Standort
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Brunnenstraße 26, Selters (Niederselters), Hessen
- Klassifikation
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Baudenkmal
- Letzte Aktualisierung
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26.02.2025, 09:25 MEZ
Datenpartner
Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Baudenkmal