Archivalie
LHM, Ihr Eingangssatz im Letzten hat mich etwas beruhigt...
Transkription: 1923 LHM, Ihr Eingangssatz im Letzten hat mich etwas beruhigt in dem Gefühl das meine Briefe so confus waren wie die lage in Deutschland und der Geister, was ja dennoch sein könnte und sie Ihnen gerade auch desßhalb interessant wären. Schreiben wir also immer mutig drauf los so lang es des Schreibenswerten gibt - und das giebt es. Dank für die klingende Einlage, gegen die vielleicht zu sagen wäre dass die [...] immer noch im Verhältnis zu andrem niedrig sind nur dem Anstand nur hoch scheinen; daß Schweizer Silberlinge hier schwer wechselbar und viel niedriger eingewechselt werden als Papier; sie einen Brief vielleicht doppelt schwer machen und der Gefahr des Verschwindens aus- setzen da etwas Gewichtiges vermutet wird das in: - Wir gaben sie zum guten Kurs einem pfiffigen Bauern für Holz, der sie vermutlich in den bekannten Strumpf näht - bis bessere Zeiten kommend. Für das Urteil Hubers bin ich Ihnen dankbar und - verschwiegen. die 0° Celsius beziehen sich vermutlich auf einen Saal mit Plastik, jener weiß gestrichen dies vorwiegend Gibs und weiß. Ferner waren auf Wunsch von oben u. der Aust.komission ,,naturalistisch" und akademisch (gilt hier als gleichbedeutend - bedeutungslos) Plastiken vermieden und alle ,,architektonischen", also kantigen u geradlinigen versammelt: ein weiterer Kältegrad. Wenn nun Architektur ,,gefrorene Musik" ist, wie sie genannt wurde, so sind architektonisch. Plastiken bestenfalls lauwarm. - Aber auch meine persönliche Arbeit, das Werkstattgebäude mit Malereien u Reliefs scheint dieserart kalt zu wirken. Doch sind auch jene Abwandlungen auf großen Wänden, die allerdings ihre frühen abstrakten Arbeiten zum Vater haben. Nicht ausschließlich, es sind wol verschiedene Vatterschaften und ich weiß nicht inwieweit ich selbst beteiligt bin. Hier wollte ich allerdings in großem Stile demonstrieren und - wie ich für mich sagen ,,loswerden" was mich die letze Zeit bedrängt und bedrückt hat und mir die Be- griffe verwirrte. Wie ich überhaupt bei Gelegenheit der Austellung ins Volle griff um dadurch zu Klarheit zu ggelangen, indem ich fast die gesamten Kunstgebiete zugleich zu schaffen suchte - was ganz natürlich vermessen war und über die Kraft gehen musste. Ich wollte nicht nur den Bauhäuslern die Fülle der Probleme aufrollen, sondern mir selbst zur Erkenntnis verhelfen, was zu lassen und was zu tun wäre in Zukunft. - die Meinungen waren sehr geteilt, speciell über diese Arbeit. Gänzliche Ab- lehnung andererseits ,,die überzeugendste Leistung dieses Bauhaus Sommers." Es werden im Kunstblatt Reproduktionen kommen, ich kann es Ihnen vielleicht schicken. - " Hubers Meinung macht wiederum mich ,,erschrocken u traurig" dass ,,die Folgen so sein können," Zwar nehmen Sie mich vorweg liebend in Schutz, doch will ich einiges zu meiner Verteidigung sagen. Sie wissen welchen starken Eindruck Ihre abstr, Sachen auf mich gemacht haben so sehr dass ich lange nichts andres gelten lassen wollte, tief bedauerte ich dass Sie nicht fortsetzten was mir der Fortzetzung u großen Auswirkung so wert erschien. Ich sah die Möglich- keiten neuer großer lapidarer Malerei - ich war anhaltend im Bau nur werd so vielleicht zuletzt besessen ohne mehr genau zu wissen was ich ent- lehnte und was nicht selbst erworben war. Wo ist die Schuld? - Bei Ihnen oder mir? Meine Schuld ist jedenfalls: die scrupellose Anwendung, die vorschnelle übereifrige, dass ich nicht warten wollte, nicht reifen ließ bis es genügend eigenes Gewächs geworden wäre. ,,Wer kennt Meyer?" - Wer kennt nicht Renoir? - Ich glaube das dass Huber in Obigen etwas in Bausch u Bogen sah. Es ist vieles da wo Sie die Gevatterschaft ablehnen werden. z.B. die Reliefplastiken. Hier müßte ich noch andrer Seite - ich weiß nicht welcher. Die Hauptwand sollte allerdings zu Ihrer Huldigung sein. Es ist eine Figur in Art der Lithografie auf rosa Papier. - Seltsam, dass Huber sich für die kalten Doktrinen Kandinsky's erwärmt und
- Collection
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Archiv Oskar Schlemmer
- Inventory number
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AOS 2016/1595
- Material/Technique
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Papier; Tinte
- Event
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Herstellung
- (who)
- Provenance
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Abschrift vorhanden; Kasten 20 Mappe 2 und Ordner 1920-1926 (in diversen voneinander getrennten Varianten, von denen eine als separater Brief vom 20.03.1923 behandelt wird)
- Rights
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Staatsgalerie Stuttgart
- Last update
-
28.03.2025, 12:10 PM CET
Data provider
Staatsgalerie Stuttgart. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Archivalie
Associated
- Oskar Schlemmer (04.09.1888 - 13.04.1943)
- Otto Meyer-Amden (20.02.1885 - 15.01.1933)