Bestand
Nachlass Bernhard Kraushaar, Jurist (geb. 1938) (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Biographische Angaben
Dr. Bernhard Kraushaar wurde am 24.9.1938 in Kassel geboren und ist dort aufgewachsen. Ab 1959 studierte er Jura an den Universitäten Göttingen, Genf, Freiburg und Bonn. Nach Ablegung des Referendarexamens 1964 und des Assessorexamens 1968 arbeitete er von 1969 bis 1971 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bundesarbeitsgericht. Seit 21.4.1971 war er als Richter am Arbeitsgericht Reutlingen tätig, ab 1978 als dessen Leiter und ab 1987 als Direktor. 1999 wurde er vorzeitig pensioniert. 2003 promovierte er zum Thema Grundrechte und Arbeitsrecht. Seit Sommer 2003 ist er als Rechtsanwalt in Stuttgart tätig.
Neben zahlreichen Vortrags- und Lehrveranstaltungen bei Verbänden und Institutionen in Baden-Württemberg und Frankreich übernahm er lange Jahre für die Landgerichtsbezirke Tübingen, Hechingen und Rottweil im Rahmen der Referendarsausbildung Unterrichtsveranstaltungen im Fach Arbeitsrecht. Von Anfang der 1990er Jahre bis 2003 war er als Lehrbeauftragter der Fachhochschule für Wirtschaft und Technik in Reutlingen tätig. Seit 1972 leitete er mehr als 150 Einigungsstellen, je eine Tarifschlichtung und ein Tarifschiedsgericht.
Bestandsgeschichte
Bernhard Kraushaar übergab im Juli 1989 dem Staatsarchiv Ludwigsburg und im Mai 1997 dem Staatsarchiv Sigmaringen private Handakten, die in seiner Eigenschaft als Vorsitzender von Einigungsstellen entstanden waren. Diese Akten wurden nach Sitz der jeweiligen Firma bzw. Zweigstelle d.h. nach Sprengelzugehörigkeit an die Staatsarchive Freiburg, Ludwigsburg, Sigmaringen und das Generallandesarchiv Karlsruhe aufgeteilt. Aus den 36 ins Staatsarchiv Sigmaringen gelangten Akten bildete man den Bestand Wü 182/8 (Arbeitsgericht Reutlingen) T4. Die Erschließung des Bestandes erfolgte im September 1997 durch Holger Fleischer und Jürgen Treffeisen. Im Juli 2004 übergab Herr Kraushaar dem Staatsarchiv Sigmaringen nochmals 20 Akten über Einigungsverfahren (Acc. 2004/41). Dieses Schriftgut wurde aber nicht wieder nach dem obigen Verfahren aufgeteilt, sondern zusammen mit den Akten des Bestandes Wü 182/8 T 4 als Nachlass unter der Signatur N 1/77 in die Bestandstektonik eingeordnet.
Inhalt und Bewertung
Einigungsstellen werden nach § 76 Betriebsverfassungsgesetz zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat errichtet. Sie entscheiden über Regelungsstreitigkeiten, nicht über Rechtsstreitgkeiten. Unter bestimmten Voraussetzungen kann ihr Spruch eine fehlende Einigung der beiden Parteien ersetzen. Einigungsstellen sind paritätisch aus Vertretern der Firmenleitung und des Betriebsrats sowie einem unparteiischen Vorsitzenden zusammengesetzt. Sofern sich die strittigen Parteien nicht über die Person des Vorsitzenden einigen können, wird dieser vom Arbeitsgericht bestimmt. Die Beschlüsse der Einigungsstellen werden mit Stimmenmehrheit gefasst. Der Vorsitzende erhält ein Stimmrecht erst, wenn keine Mehrheit zustande kommt.
Schwerpunkt der Tätigkeit von Einigungsstellen sind Streitigkeiten bei Betriebsänderungen (Betriebseinschränkungen, Stilllegungen, Zusammenschlüsse, grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation) und bei der Aufstellung von Sozialplänen, daneben Fragen der Arbeitszeit- und Urlaubsregelung, der Mehrarbeit und Mitbestimmung.
Die Einigungsverfahren stehen häufig in enger Beziehung zu Konkursverfahren der Amtsgerichte und Arbeitsgerichtsprozessen. Sie bilden in diesen Bereichen wie auch bei Fragen der Sozial- und Betriebsgeschichte eine wichtige Ergänzung zur staatlichen Überlieferung.
Der vorliegende Bestand enthält Einigungsverfahren bei Firmen mit Sitz in den Regierungsbezirken Stuttgart, Freiburg und Tübingen sowie in Hamburg. Neben den Sitzungsprotokollen der Einigungsstelle sowie den ausgehandelten Betriebsvereinbarungen, Interessensausgleichen und Sozialplänen ist meist auch Schriftgut zur Betriebsstruktur und Vermögenslage der Firmen und ihrer Produktionsstandorte (Liquidität, Gewinn- und Verlustrechnungen, Bilanzen, Personallohnlisten) überliefert. Aber auch Firmenprospekte, Informationsschriften des Betriebsrates, Presseberichte über die Auseinandersetzungen zwischen Firmenleitung und Betriebsrat sowie Unterlagen zu Betriebsversammmlungen liegen immer wieder bei.
Die Unterlagen der Einigungsverfahren sind nun alphabetisch nach Firmennamen geordnet. Im aufgelösten Bestand Wü 182/8 T 4 war die Reihung nach der Dauer der Sperrfristen erfolgt.
Die Verzeichnung der Bestellnummmern 37 bis 57, die Eingabe des bisher vorliegenden Findbuchs in ScopeArchiv sowie die Endredaktion nahm die Bearbeiterin im März und April 2005 vor.
Der Bestand umfasst 57 Einheiten in 1,2 lfd. m.
- Bestandssignatur
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Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, N 1/77 T 1
- Kontext
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- Letzte Aktualisierung
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03.04.2025, 08:37 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand