Bestand
Fricke, Robert (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners: Karl Emmanuel Robert Fricke wurde am 24.09.1861 in Helmstedt geboren. Er war das zweite Kind des Landesöokonomie-Geometers Hennig Fricke (1823-1887) und seiner Frau Emma geb. Schack (geb. 1833). Der Vater war 1857 von Braunschweig nach Helmstedt versetzt worden und kehrte nach erneuter Versetzung 1862 wieder nach Braunschweig zurück. Hier besuchte Robert Fricke die Bürgerschule, dann das Gymnasium Martino-Katharineum, das er zu Michealis 1880 mit dem Reifezeugnis verließ. Hennig Fricke wurde 1884 Finanz-Sekretär und später Vorstand des technischen Büros des Herzoglichen Steuer-Kollegiums. Neben Robert hatte das Paar drei weitere Kinder: Alma (geb. 1859), Erich (geb. 1866) und Johannes (geb. 1871).
Mit der Matrikelnummer 58833 schrieb sich Robert Fricke am 15.10.1880 zum Studium der Mathematik an der Georg-Augusta-Universität zu Göttingen ein. Es folgten Studien, neben Mathematik auch Physik und Philosophie, in Zürich, Berlin, Straßburg und Leipzig. 1885 promovierte er bei Felix Klein in Leipzig mit einer Arbeit "Über Systeme elliptischer Modulfunktionen von niederer Stufenzahl". Das Oberlehrer-Zeugnis erhielt er im Sommersemester desselben Jahres. Das darauf folgende Probejahr absolvierte er bis Oktober 1886 am Martino-Katharineum, seiner alten Schule. Bis Ostern 1887 unterrichtete er dort und war zugleich Lehrer der preußischen Prinzensöhne Friedrich Heinrich (1874–1940), Joachim Albrecht (1876–1939) und Friedrich Wilhelm (1880–1925), deren Vater Prinz Albrecht von Preußen ab 1885 Regent des Herzogtums Braunschweig war.
Am 15.11.1887 trug Robert Fricke sich als Zuhörer für da Fach Allgemeine Wissenschaften an der TH Braunschweig in die Matrikel ein. 1890 war er als Gymnasiallehrer am Neuen Gymnasium tätig. Am 06.08.1891 beantragte er nach der Kündigung seiner Lehrerstellung bei Hofe die Beurlaubung unter Wegfall des Gehaltes. Der Unterricht der königlichen Prinzen hatte ihn nach eigener Aussage in diesem Antrag kaum beansprucht und so hatte er, wie er selbst betont, die Muße zur wissenschaftlichen Betätigung in engem Austausch mit Fachkollegen, vor allem seinem Mentor Felix Klein. Um den vielversprechenden Forschungen weiter nachgehen zu können und in der Absicht nach einer Professur zu streben, erhielt er einen längeren Urlaub. Kurz darauf habilitierte Fricke sich an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Ab Januar 1892 lehrte er als Privatdozent in Göttingen, bis er zum 01.04.1894 nach Braunschweig berufen und in Nachfolge von Richard Dedekind zum ordentlichen Professor für höhere Mathematik ernannt wurde. Mehrfach versah er das Amt des Vorstands der Abteilung für allgemein bildende Wissenschaften und Künste, war Mitglied des Senats, und zweimal Rektor und Prorektor. Neben weiteren Ehrungen erhielt er 1908 den Titel "Geheimer Hofrat".
Nach der Berufung in Braunschweig heiratete Robert Fricke am 04.08.1894 in Düsseldorf die von dort stammende Eleonore Flender, geb. am 02.03.1873, Tochter des Eisenfabrikanten August Flender und seiner Frau Aline geb. Klein. Aline war die ältere Schwester von Felix Klein, Eleonore also die Nichte von Frickes langjährigem Freund und Lehrer. Das Ehepaar Fricke bekamen zwei Kinder: Gertrud wurde am 23.06.1895 geboren, Paul am 14.11.1896 (er wurde Pastor und starb am 26.09.1961 in Berlin-Zehlendorf). Tochter Gertrud heiratete am 05.01.1921 den Braunschweiger Kaufmann Kurt Landauer. Ihr erster Sohn starb 1925 früh im Alter von nicht ganz drei Jahren, zwei weitere Kinder kamen 1925 und 1926 zur Welt. Kurt Landauer war jüdischen Glaubens und beging, bedroht von Deportation und KZ, am 16.03.1943 zwei Tage nach dem Selbstmord seiner Mutter Anna geb. Scheuer ebenfalls Selbstmord. Gertrud und die Kinder überlebten Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieg. Sie starb am 19.06.1975 in Bad Neuenahr-Ahrweiler.
Bis 1908 entstand in Bad Harzburg das Haus Lorenhöhe, in dem die Familie Fricke die Sommermonate verbrachte. Hier starb Eleonore Fricke am 28.08.1912, begraben wurde sie auf dem Braunschweiger Hauptfriedhof. Robert Fricke heiratete knapp 13 Jahre später, am 07.03.1925, in zweiter Ehe Emilie Lämmerhirt, geb. 1877 in Winterthur/Schweiz. In den 1920er Jahren beschäftigte sich Robert Fricke vermehrt mit Carl Friedrich Gauß und Richard Dedekind. Zur Gaußfeier 1927 würdigte er beide in der Festrede. Seit 1924 war seine Gesundheit allerdings stark angegriffen. Im Juli 1930 - bereits im Mai hatte er um Emeritierung zum Wintersemester gebeten - erlitt er einen Herzschlag. Obwohl er sich gut zu erholen schien und noch einige Vorlesungen hielt, starb er am 18.07.1930 und wurde an der Seite seiner ersten Gattin in Braunschweig beigesetzt.
Anlässlich seines 150. Geburtstages organisierten die TU und die Braunschweigische Wissenschaftliche Gesellschaft ein Festkolloquium mit Empfang am 28.10.2011.
Bestandsgeschichte: Der Nachlass, besonders die Briefsammlung, wurde von Dr.-Ing. Gerd Landauer, dem Enkel von Robert Fricke, verwahrt und betreut (vgl. G015 Nr. 19). In den 90er Jahren erfolgte die Übergabe an das Universitätsarchiv. Zuvor hatte sich Prof. Karl Gerke um den Kontakt bemüht, als er im Rahmen der Nachforschungen zur Richard Dedekind auf noch im Familienbesitz befindliche Briefe aufmerksam wurde.
Zunächst erhielt ein Teil des heutigen Bestandes mit dem Titel "Briefsammlung Robert Fricke" Signaturen der alten Bestandsgruppe O4 (O 4 : 2), die in bibliothekarischer Tradition die gesammelten Briefwechsel enthalten sollte. Später wurde der heutige Bestand G088 gebildet und im August 2021 auf Basis einer vorhandenen Erfassung in Arcinsys verzeichnet. Die Auflistung der Briefe und der jeweiligen KorrespondenzpartnerInnen wurde so dabei vollständig wie möglich übernommen. Mit der Zugangsnummer 2021/13 kamen durch Vermittlung von Prof. Harborth ein Gedichtband, gerahmte Fotos und Bücher hinzu, die ihm von den Erben Gerd Landauers übergeben worden waren.
Findmittel: Arcinsys
Kurzbeschreibung: Nachlass, bestehend aus Briefen, Karten, Fotos, Manuskripten, einigen Forschungsnotizen und Dokumenten, ein Gedichtband mit Notizen
- Bestandssignatur
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Universitätsarchiv der Technischen Universität Braunschweig, G088
- Kontext
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Universitätsarchiv der Technischen Universität Braunschweig (Archivtektonik) >> Gliederung >> 6 Vor- und Nachlässe >> 6.2 F - K
- Verwandte Bestände und Literatur
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Literatur: Gerke, Karl (1985): Dr. phil. Robert Fricke. Ordinarius an der Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig 1894-1930. Ein exemplarisches Universitätsleben im Dienste der höheren Mathematik. In: Mitteilungen der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig 20 (1), S. 7–14.
Literatur: Werke von Robert Fricke (https://publikationsserver.tu-braunschweig.de/servlets/solr/find?condQuery=116789417) auf dem Publikationsserver der Universitätsbibliothek Braunschweig.
- Bestandslaufzeit
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1870-1952
- Weitere Objektseiten
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- Letzte Aktualisierung
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28.09.2023, 11:32 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1870-1952