Feldpostbrief

Karl Linder an seine Eltern und Schwestern am 21.07.1918 (3.2009.0497)

Im Felde, 21. Juli 1918. Meine Lieben! Herzl. Dank für Euren lb. Brief vom 16. Dafür schreib ich Euch heut einen, bei dem schons' Papier 18 ₰ kostet. Meine Brieflein und Karten werdet Ihr wohl erhalten haben u. habt vielleicht aus ihnen schon das Rechte geschlossen. Mir geht es, Gott sei Dank, sehr gut, bloß wünscht' ich mir jetzt einige Wochen Ruhe u. Erholungszeit mit Urlaub. Schade, daß ich nicht alles erzählen kann; aber das eine ist die Hauptsache, daß ich ein Mordsschwein gehabt habe. Wäre ich mit meiner Kompagnie 2 Std später abgelöst worden (19. früh) so wär ich vielleicht jetzt in franz. Gefangenschaft. Drum hab ich mir aus lauter Freude gleich ein Kistchen Zigarren à 45 gekauft, die aber noch wirklich gut sind. Meine Sachen hab ich so ziemlich gut in Ordnung, nur meine Socken sind meist zerrissen und nicht zahlreich. Werde Euch gleich 2 od. 3 Paar schicken. Schickt Ihr aber mir sofort mindestens 2 Paar und gleich darauf 1 Paar. Wie habt Ihr Euren Doppel-Namenstag gefeiert? Ich hab ihn auch gefeiert in einem Föhrenwäldchen auf freiem Boden unter tropischer Sonne mit 2 l Bier mit Himbeerlimonade gemischt. Heute ist Nachfeier mit einem Glas guten Rotwein und einer der feinen Zigarren nach überstandener Mittagstafel, wo ich Nudelsuppe, Rindsbraten mit gerösteten Kartoffeln in Buttersauce bekam. Bewohne ein Holzbarackenzimmerchen mit Bruno, wo mich die Fliegen halb fressen u. der Wind durchpfeift, aber eine nette Klappe mit weichem Federsack ist drin. Lang werden wir hier nicht sein. „Vielleicht“ bekommen wirs noch besser. Hoffentlich wird bald der Urlaub für Offz. aufgemacht, es wäre bald Zeit. Lege ein Paar Photh. bei. Ltn. Moser, mein früherer Kompf. ist diesmal schwer verwundet worden durch Granatsplitter am Bein u. Arm. Der 15. war der schwerste Tag. Auch ein Leutn. meiner Komp. wurde verwundet u. 1 Vzfw; einer meiner besten Zugf. ist durch Herzschuß gefallen. Der Kompf. der 7. fiel durch Kopfschuß Ltn. Beck v. Kottern b. Kempten. Verwundete gab's viele, auch Gaskranke. Gesund bin ich jedenfalls, denn so viel Gas hab ich noch ein geschluckt und doch hat's nichts gemacht, es war ja auch nur Reizgas, wir mußten wohl 4 Std. nießen. Bin froh, daß ich wieder reine Luft atmen kann. Hoffentlich geht es Euch gut. Wünsche Kathi recht frohe Ferien, bis Mitte Sept. werd ich wohl auch mal heimkommen. Herzl. Gruß Euer Karl Herzl. Gruß an Tante Lilly! Gruß von Bruno.

Urheber*in: Linder, Karl / Rechtewahrnehmung: Museumsstiftung Post und Telekommunikation | Digitalisierung: Museumsstiftung Post und Telekommunikation

In copyright

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Location
Museumsstiftung Post und Telekommunikation
Inventory number
3.2009.0497
Material/Technique
Papier

Related object and literature
Online-Präsentation zum Schreiben in Kriegsgefangenschaft
Teil von Collection ID3.2009.0497: Karl Linder - 26 Briefe - Januar 1915 bis November 1918 - 3.2009.0497

Subject (what)
FELDPOST

Event
Herstellung
(who)
Karl Linder
(where)
Unbekannter Ort (Argonnen)
(when)
21.07.1918

Rights
Museumsstiftung Post und Telekommunikation
Last update
15.04.2025, 1:55 PM CEST

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  • Feldpostbrief

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  • Karl Linder

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  • 21.07.1918

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