Bestand

Nachlass Schühly, Alfred (Bestand)

Überlieferungsgeschichte

Geb. 14. Februar 1889 in Karlsruhe, gest. 9. März 1977 in Freiburg. Studium der Rechtswissenschaften in Freiburg, Leipzig und Heidelberg, Promotion (Dr. jur.) 1912. Anschließend an verschiedenen Dienstorten in der inneren Verwaltung Badens tätig, überwiegend beim Badischen Innenministerium in Karlsruhe (dort 1932 Ministerialrat, 1933 aus politischen Gründen zurückgestuft). 1945 Umzug nach Freiburg und Ministerialrat im Innenminmisterium des Landes (Süd-)Baden, gleichzeitig 1946-1947 Präsident und ab 1947 Vizepräsident des Badischen Verwaltungsgerichtshofs. 1946 (bis ca. 1970) Lehrbeauftragter an der Universität Freiburg (1951 Honorarprofessor). 1947-1952 Innenminister, dann bis zur Pensionierung 1955 erneut Präsident des Verwaltungsgerichtshofs in Freiburg. Anschließend bis 1961 Lehrbauftragter an der Verwaltungshochsachule Speyer.

Inhalt und Bewertung

Persönliche Unterlagen; Korrespondenz; Partei- (CDU), Verband- und Vereinsangelegenheiten; Unterlagen aus der Zeit als Innenminister; Lehrtätigkeit und Publikationen; Druckgut (Zeitungsausschnitte, Flugblätter, Schriften)

Biografischer Abriss: Alfred Egon Schühly wurde als zweiter Sohn des Ingenieurs Franz Schühly und seiner Ehefrau Karoline Mathilde, geb. Graf, am 14.2.1889 in Karlsruhe geboren. Er besuchte Vorschule und Gymnasium in Karlsruhe, legte 1907 die Reifeprüfung ab und nahm anschließend, wie sein älterer Bruder Franz (1887-1961), in Freiburg das Studium der Rechtswissenschaften auf. Er setzte es in Leipzig fort, wechselte dann an die Universität Heidelberg. Dort wurde er 1910 für seine akademische Preisschrift "Non ex regula ius, sed ex iure regula" ausgezeichnet und promovierte bei Professor v. Lilienthal 1912 über "Die Strafen und sichernden Maßnahmen des Vorentwurfs zu einem deutschen Strafgesetzbuch". 1911 bestand er die Erste, 1917 die Zweite juristische Staatsprüfung als jeweils Bester. Zwischenzeitlich hatte er die mit zahlreichen Versetzungen verbundene Ausbildung zum Verwaltungsbeamten begonnen, die ihn im Juli 1918 als Regierungsassessor in das Badische Innenministerium führte. Während des Krieges war er mit für das Rote Kreuz tätig, außerdem auch beim Schöffengericht in Karlsruhe. 1919 erwog er die Annahme einer Stellung beim Kultusministerium, dann den Wechsel in das Amt eines Stadtrechtsrates in Karlsruhe. Er blieb jedoch in der staatlichen Inneren Verwaltung und wurde im Oktober 1920 an das Bezirksamt Waldshut versetzt. Im Herbst 1920 ging er mit Maria Anna Halbich (1896-1989), Tochter des Kaufmanns Karl Halbich aus Karlsruhe, die Ehe ein. Da Alfred Schühly aus der Schicht der leitenden Staatsbeamten stammte - sein Vater war Baurat an der Badischen Wasser- und Straßendirektion -, galt diese Ehe damals als etwas ausgefallen. Der im katholischen Vereinsleben aktive Karl Halbich (gest. 1937), 1928-1930 Stadtverordneter in Karlsruhe, könnte das Interesse des Schwiegersohnes für kirchliche Belange bestärkt haben. Dessen weiterer Lebensweg ist dadurch gekennzeichnet, dass er nach jahrzehntelanger Berufsausübung in Behörden knapp fünf Jahre ein politisches Amt bekleidete und zweimal, 1933 und 1952, einen Karriereabbruch erlebte. In Waldshut, wo 1921 und 1924 die Söhne Alfred und Klaus geboren wurden, erwarb sich Alfred Schühly besonders Verdienste um Jugendfürsorge und Sozialwesen und wurde über den Landkreis hinaus hierfür bekannt. Er baute Kontakte zum Caritasverband der Erzdiözese Freiburg auf, vor allem wohl im Rahmen intensivierter Schulungsarbeit unter dem Druck der zunehmenden Politisierung sozialer Hilfe als Fachmann für Verbandsrecht und Fragen kirchlicher Selbstverwaltung. In Waldshut kam er offenbar auch in Kontakt zur Zentrumspartei, deren Mitglied er 1927 wurde. 1920 zum Regierungsrat ernannt, 1926 an das Innenministerium versetzt, trat er am 7.3.1927 den Dienst dort an und wurde 1929 Oberregierungsrat. Zunächst mit Wohlfahrtsangelegenheiten befasst, dann im weitesten Sinne mit Polizeiwesen, erhielt er im Dezember 1932 die Beförderung zum Ministerialrat mit Aussicht auf die Leitung der Landwirtschaftsabteilung zum 1.5.1933. Durch die Verordnung des Beauftragten des Reiches vom 28.3.1933, welche sämtliche noch nicht in Kraft getretenen Beförderungen, Ernennungen und Versetzungen der Regierung Schmitt aufhob, wurde auch Alfred Schühly zurückgestuft. Im Zuge der personellen Umgestaltung der "aktiven" Verwaltung wurde er mit Wirkung vom 2.11.1933 an den Badischen Verwaltungsgerichtshof Karlsruhe zunächst abgeordnet, später versetzt wie andere politisch unliebsame Beamte auch. Erst 1936 wurde er wieder befördert: zum Oberverwaltungsgerichtsrat. "Die neue Rechtssprechung des Badischen Verwaltungsgerichtshof" - sie konnte sich Kompromissen mit dem Zeitgeist nicht immer entziehen - würdigte er im Verwaltungsarchiv 45/46 (1940/41). Damals war er infolge des Krieges wieder dem Innenministerium zugeführt. Obwohl nie der NSDAP beigetreten, blieb er 1932-1944 dennoch stets an der Beamtenausbildung durch Referendarkurse und als Mitglied juristischer Prüfungskommissionen sowie des Justizprüfungsamtes beteiligt. Als beruflich von den Nationalsozialisten Benachteiligter gelangte er in Spitzenämter der Inneren Verwaltung, die von der französischen Besatzungsmacht am 28.5.1945 eingesetzt worden war. Zunächst an der Reorganisation des Ministeriums in Karlsruhe beteiligt, machte er dessen (Teil-) Umzug in das französische Besatzungsgebiet mit, nachdem die Franzosen ihr Hauptquartier in Karlsruhe den Amerikanern geräumt hatten und die Demarkationslinie festgelegt war (Juli 1945). In Freiburg war der ältere Bruder Dr. Franz Schühly vor 1945 beim Landeskommissär tätig und stand bald dem Staatsdienst als Landrat wieder zur Verfügung. Alfred Schühly, seit 13.8.1945 Ministerialrat, arbeitete offenbar ab September schon in Freiburg. Trotz Etablierung einer von Ministerialdirektoren geleiteten südbadischen Landesverwaltung, die ab August 1945 das Recht besaß sich zu versammeln und zu beraten, war aufgrund der Ausgangs- und Reisebeschränkungen, des Mangels an Kommunikationsmitteln, Akten, Mobiliar und Räumen geregelte Verwaltungsarbeit kaum möglich. Auch fehlten der deutschen Landesverwaltung Statut und klare Kompetenzabgrenzung zum Französischen Oberkommando, das in Baden-Baden unter General Koenig seit Juni 1945 mit Kabinett und Fachabteilungen die Arbeit aufgenommen hatte. Die französische Verwaltungsorganisation existierte seit August auf Landes-, Bezirks- und Kreisebene. Erst seit Anfang 1946 wagte die deutsche Landesverwaltung den Status einer Regierung anzustreben, den sie auf dem Umweg über "Direktorium" (bis November 1946) und "Staatssekretariat" nach Zulassung rein regionaler Parteien, erste Wahlen, Konstituierung der Beratenden Landesversammlung, Annahme einer Landesverfassung bis Juli 1947 schließlich erreichte. Schwerpunkt der Tätigkeit Alfred Schühlys in (Süd-)Baden waren unter solchen Umständen bald nicht mehr soziale Belange allein, sondern die Leitung der Rechtsabteilung des Innenressorts und die Vertretung des Behördenleiters außer in politischen Dingen. Ihm oblag die Reorganisation der deutschen Verwaltung und der Verwaltungsgerichtsbarkeit: Als Ministerialrat war er zugleich auch Präsident des dem Innenressort zugeordneten Verwaltungsgerichtshofs Freiburg (1.10.1946-15.1.1947), ab 1947 dessen Vizepräsident. Die Wiederaufnahme der Verwaltungsgerichtsbarkeit ging der Landesverordnung über ihren vorläufigen Aufbau (6.12.1946) und den Ausführungsverordnungen hierzu voran; Entwürfe und Änderungen beschäftigten Innenministerium und Kabinett unter persönlicher Beteiligung Schühlys bis zum Gesetzerlass am 17.9.1951. Staatspräsident Wohleb berief den der badischen Beamtentradition verpflichteten, rechtsstaatlich denkenden, auf Ausgleich bedachten Verwaltungsjuristen, der sich parteipolitisch in BCSV und CDU nicht allzusehr engagierte, aber maßgeblich am Verfassungsentwurf der Regierung beteiligt war, Ende Juli 1947 in sein Kabinett. Mit Wirkung vom 6.8.1947 war Alfred Schühly Innenminister von (Süd-)Baden, seit Februar 1952 zugleich Stellvertreter des Staatspräsidenten. Er vertrat aber auch Letzteren und den Justizminister in der Ministerpräsidentenkonferenz und im Parlamentarischen Rat - denjenigen Gremien der westlichen Besatzungszonen, die 1948-1949 über Konstituierung und Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland berieten. Den Gesetzentwurf über den Parlamentarischen Rat hatte er zuvor im Auftrag der Landesregierung vor dem (Süd-)Badischen Landtag verfochten. Ab September 1949 arbeitete er, z.T. ebenfalls vertretungsweise, in verschiedenen ständigen Ausschüssen des Bundesrates mit: Eine Liste vom 1.3.1952 nennt ihn als Mitglied der Ausschüsse für Flüchtlingsfragen, Gesamtdeutsche Fragen, Innere Angelegenheiten, Wiederaufbau und Wohnungswesen und im Rechtsausschuss, doch hatte er auch dem Ausschuss für den Lastenausgleich angehört. Ordentliches Mitglied des Bundesrates wurde er im Februar 1952. Die offizielle Verabschiedung fand, als Folge der Volksabstimmung über den Südweststaat vom 9.12.1951, schon am 16.5.1952 statt. Als Bevollmächtigter der Landesregierung (Süd-)Badens war er 1951 mit der Anfechtung der Neugliederungsgesetze und der Durchführung der Verfassungsklage befasst: Mit ihr sollte die Konstituierung des Südweststaates verhindert, die Wiederherstellung des Landes Baden durchgesetzt werden, nachdem sich (Süd-)Baden zunächst an Staatsvertragsentwürfen beteiligt hatte. Anders als Staatspräsident Wohleb, den Schühly stets loyal unterstützte, sah er jedoch nach Scheitern der Verfassungsklage keine Möglichkeit mehr, ein Bundesland Baden in die Zukunft hinüberzuretten. Das Amt als Innenminister wurde durch das Überleitungsgesetz vom 15.5.1952 beendet, als die Rahmenbedingungen für Regierungstätigkeit sich gerade normalisierte. Ab Juni 1952 war Schühly Leiter der Abwicklungsstelle des Innenministeriums und bald auch der Staatskanzlei. Am 1.10.1952 übernahm er erneut das vakant gewordene Amt des Verwaltungsgerichtshofspräsidenten, am 31.5.1955 trat er in den Ruhestand. Nebenamtlich war er seit 1946 zunächst als Lehrbeauftragter, seit 1951 als Honorarprofessor der Universität Freiburg wieder an der Heranbildung von Juristen mitbeteiligt, nahm seit 1946 auch wieder juristische Prüfungen ab. Er las über Verfassungs- und Verwaltungsrecht, lehrte Landes- und Bundesstaatsrecht und hielt vor allem Übungen, später vorwiegend Kolloquien ab, wobei Kommunalrecht ein weiterer Schwerpunkt war. Während sein Amt als Leiter von Referendarkursen beim Landgericht Freiburg 1963 endete, blieb er als Lehrender der Universität bis um 1970 verbunden. Von 1955-1961 bildete er auch, obwohl ursprünglich Gegner dieser von der französischen Besatzungsmacht als zentrale Ausbildungsstätte geplanten Institution, als Lehrbeauftragter an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer Referendare anderer Bundesländer mit aus. Maßgeblich hierfür war, dass in Speyer zeitlich begrenzte Kurse angeboten wurden und die Verlagerung der gesamten Referendarausbildung dorthin unterblieb. Eigene Publikationen standen wegen dieser Arbeitsbelastung zurück. Alfred Schühly verfasste 1936 Kommentare zu den badischen Polizeiverordnungen und 1940 zum Irrenfürsorgegesetz, befasste sich 1930 mit der Lebensmittelgesetzgebung, war um 1930-1935 Mitarbeiter am "Großen Herder", rezensierte für die Juristenzeitung und wirkte an der Deutschen Rechtszeitung mit. Auch beteiligte er sich an Gedenkschriften für Leo Wohleb und publizierte über badische Verwaltungsgeschichte und Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Mitgliedschaft in der Internationalen Juristenkommission ab etwa 1952 und die Zugehörigkeit zum Internationalen Institut für Verwaltungswissenschaften (1955-1975) erweisen reges Interesse für moderne Entwicklungen seiner Spezialgebiete. Auf dem Gebiet der Sozialversicherung und des Rentenrechts hielt er Vorträge und Fortbildungsseminare. Seine Arbeit wurde 1954 durch Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern und 1964 mit der Goldenen Verfassungsmedaille Baden-Württembergs gewürdigt. Die Universität Freiburg ernannte ihn 1957 zum Ehrensenator, er gehörte auch ihrem Beirat an. Am 9.3.1977 ist Alfred Schühly in Freiburg verstorben. [...] Freiburg, März 2000 Eva Gießler-Wirsig

Bestandsgeschichte: Der Bestand T 1 Nachlass Schühly, Alfred (Zugang 1979/0096) gelangte durch Übergaben der Witwe 1979 und des Sohnes Alfred F. Schühly 1980 und 1995 in das Staatsarchiv Freiburg. Diese Unterlagen bildeten den Bestand "Nachlass Schühly I". Im Oktober 2002 überbrachte Alfred F. Schühly weitere Unterlagen, die im Staatsarchiv Freiburg zum Bestand "Nachlass Schühly II" formiert wurden. Im April 2006 erhielt das Staatsarchiv Freiburg durch Herrn Alfred F. Schühly weitere Unterlagen. Um die im März 2000 von Eva Gießler-Wirsig für den Bestand Schühly I sowie im Mai 2003 von Klaus-Dieter Lange für den Bestand Schühly II fertig gestellten Findbücher auch einer Nutzung im Internet zugänglich zu machen, wurden beide im März und April 2006 von Helmut Weldle und Christof Strauß in das Archivierungsprogramm "scopeArchiv" übertragen. Bei dieser Gelegenheit wurde der Bestand Schühly II aufgelöst und mit dem Bestand Schühly I vereinigt. Die Unterlagen des ehemaligen Bestands Schühly II finden sich im vorliegenden Findbuch unter dem Gliederungspunkt "Nachträge I". Die im April 2006 übergebenen Unterlagen wurden ebenfalls integriert und finden sich unter dem Gliederungspunkt "Nachträge II". Dem Unterzeichneten oblag die Zusammenführung der beiden Bestände und der im Jahr 2006 übergebenen Unterlagen, die dadurch notwendig gewordene Redaktion bei den Titelaufnahmen und die Endredaktion. Auf die Übernahme der Fußnoten beim im Jahr 2000 verfassten biografischen Abriss wurde aus technischen Gründen verzichtet. Der nunmehr entstandene Bestand T 1 Nachlass Schühly, Alfred umfasst 687 Faszikel und misst 6,7 lfd.m Freiburg, April 2006 Dr. Christof Strauß

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg, T 1 (Zugang 1979/0096)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Freiburg (Archivtektonik) >> Nachlässe und Familienarchive >> Nachlässe und Vorlässe

Indexbegriff Person
Schühly, Alfred - Nachlass
Schühly, Alfred
Indexbegriff Sache
CDU; Schühly, Alfred

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Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
24.04.2024, 14:36 MESZ

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