Bestand
A Pr.Br.Rep. 031 Bezirksausschuss / Bezirksverwaltungsgericht Berlin (Bestand)
Vorwort: A Pr. Br. Rep. 031 Bezirksausschuss / Bezirksverwaltungsgericht Berlin
1. Behördengeschichte
Dem Ausbau der kommunalen Selbstverwaltung in Preußen eng verbunden war die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit. Sie ist einer der deutlichsten Ausdrücke des modernen Rechtsstaates. Die Haupt- und Residenzstadt Berlin schied 1875 aus dem Provinzial-verband Brandenburg aus und bildete gemäß der Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 mit den angrenzenden Gebieten einen Stadtkreis. Nachdem im Jahr 1872 Kreisausschüsse (Landrat und 6 Laienmitglieder) als untere und mittlere Instanz geschaffen waren, erhielt mit dem am 3. Juli 1875 und am 26. Juli 1876 veröffentlichten Verwaltungsgerichtsgesetz und dem Zuständigkeitsgesetz jeder Regierungsbezirk am Amtssitz des Regierungspräsidenten ein Bezirksverwaltungsgericht. Die Funktionen des Regierungspräsidenten waren in Berlin auf den Oberpräsidenten, den Regierungspräsidenten von Potsdam und den Polizeipräsidenten in Berlin verteilt. Das Verwaltungsgerichtsgesetz diente der schärferen Trennung zwischen Verwaltung und Gerichtsbarkeit. Der Kreisausschuss wurde als Kreisverwaltungs-gericht bezeichnet, um seine Funktion der Rechtsprechung stärker zu betonen. Die Aus-schüsse (Kreisausschüsse bzw. in kreisfreien Städten Stadtausschüsse genannt) waren Beschlussbehörden der allgemeinen Verwaltung. Beim Bezirksverwaltungsgericht wurde der zunächst gewahrte Zusammenhang mit der Bezirksregierung gelöst, der Vorsitz des Regierungspräsidenten beseitigt. Es blieben zwei ernannte Berufsbeamte neben drei vom Provinziallandtag gewählten Laienmitgliedern, die die Mehrheit im Kollegium bildeten, aus dem einer der Vorsitzende als Verwaltungsgerichtsdirektor wurde.
Das Verwaltungsbeschlussverfahren war ein Beschwerdeverfahren. Durch die Hinzuziehung von Laien wurde die Unabhängigkeit der Behörde verstärkt. Beschlussbehörden waren also besondere Verwaltungsbehörden, die nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entschieden im Gegensatz zum Verwaltungsgericht, das nur Recht zu sprechen und Zweckmäßigkeitserwägungen nicht anzustellen hatte.
Nach dem Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 wurden zur Vereinheitlichung der Mittelinstanzen Bezirksausschüsse eingerichtet, denen als Verwaltungs-behörden die Zuständigkeit für Beschlussverfahren und als Gerichten die Zuständigkeit für Verwaltungsgerichtsverfahren übertragen wurden. In Berlin war der Bezirksausschuss der Bau- und Finanzdirektion angeschlossen, behielt aber seine Selbständigkeit. Seinen Dienst-sitz hatte er in der Invalidenstraße 52. Organisatorisch bestand er aus zwei Abteilungen, wobei die Abteilung I die polizeilichen Angelegenheiten des Stadtkreises Berlin sowie der umliegenden Städte Charlottenburg, Lichtenberg, Neukölln und Wilmersdorf erledigte, die Abteilung II alle sonstigen Angelegenheiten. Die Zusammensetzung des Bezirksausschusses regelte das Landesverwaltungsgesetz von 1883.
Als höchste Instanz in streitigen Verwaltungssachen richtete man das Preußische Oberverwaltungsgericht ein. Es bestand nur aus berufsmäßigen Beamten, dem Präsidenten, den Senatspräsidenten und Oberverwaltungsgerichtsräten. Das Oberverwaltungsgericht war Gericht in dritter oder zweiter Instanz über den Bezirksausschüssen und erster und letzter Instanz in den ihm überwiesenen Angelegenheiten. Streitigkeiten der Armenverwaltung wurden jedoch daneben im 1870 errichteten Bundesamt für Heimatwesen verhandelt.
Das "Gesetz über die Anpassung der Landesverwaltung an die Grundsätze des nationalsozialistischen Staates" vom 15. Dezember 1933 beseitigte die Bezirksausschüsse. Das noch bestehende Verwaltungsgericht übernahm die Rechtsprechung in Verwaltungsstreitsachen und wurde der Bau- und Finanzdirektion angegliedert. Der Polizeipräsident in Berlin über-nahm die Zuständigkeit für Beschluss-Sachen.
2. Bestandsgeschichte
Der im Geheimen Staatsarchiv verwahrte Bestand wurde im Frühjahr 1945 bei einem Brand der Magazine vernichtet. Die nach Ende des Zweiten Weltkrieges in den Registraturen des Bezirksverwaltungsgerichts noch befindlichen Akten gelangten 1953 über das Bundesarchiv in das Landesarchiv Berlin. Sie wurden unter der Repositur Pr.Br.Rep. 31/ 1 - 4 verzeichnet. Ein weiterer Überlieferungssplitter wurde 2001 vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv (BLHA Pr.Br.Rep. 31c) an das Landesarchiv Berlin übergeben.
Die Überlieferung ist nach Einführung der neuen Tektonik des Landesarchivs im Jahr 1998 in drei Teilbestände gegliedert:
A Pr.Br.Rep. 031-01 Jüngere Streitverfahren (1920 - 1945)
A Pr.Br.Rep. 031-02 Gewerbeaufsicht
A Pr.Br.Rep. 031-03 Ältere Streitverfahren (1875 - 1920).
Die General- und Sammelakten sind im neueingerichteten Hauptbestand A Pr.Br.Rep. 031 eingearbeitet und umfassen 475 AE (10,5 lfm). Seine Laufzeit reicht von 1875 bis 1945, in Einzelfällen bis 1835 zurück.
Die Akten der alten Repositur Pr.Br.Rep. 31/4 Dienststrafkammer wurden entsprechend ihrer Provenienz in den Bestand A Pr.Br.Rep. 042-05 eingearbeitet.
Die Klassifikation des Bestandes orientierte sich an dem regulierenden Registraturprinzip bzw. Sachbetreffen. Ein Aktenplan ist nicht überliefert.
Der Bestand des Bezirksausschusses/Bezirksverwaltungsgericht Berlin ist wie folgt zu zitieren: Landesarchiv Berlin, A Pr.Br. Rep. 031, Nr. ...
3. Korrespondierende Bestände
LAB A Pr.Br.Rep. 030 Polizeipräsidium Berlin
LAB A Pr.Br.Rep. 031-01 Jüngere Streitverfahren (1920 - 1945)
LAB A Pr.Br.Rep. 031-02 Gewerbeaufsicht
LAB A Pr.Br.Rep. 031-03 Ältere Streitverfahren (1875 - 1920)
LAB A Pr.Br.Rep. 042 Preußische Bau- und Finanzdirektion
LAB A Pr.Br.Rep. 057 Stadtpräsident Berlin
LAB A Rep. 000-02-01 Stadtverordnetenversammlung Berlin
LAB Geheimes Staatsarchiv I. HA Rep. 184 Preußisches Oberverwaltungsgericht
4. Literatur
Berlin und die Provinz Brandenburg im 19. und 20. Jahrhundert, hrsg. von Hans Herzfeld, Berlin 1968
Handbuch der preußischen Geschichte, hrsg. von Otto Büsch und Wolfgang Neubauer, Berlin 1992
Handwörterbuch der preußischen Verwaltung, bearb. und hrsg. Von Rudolf von Bitter, 2 Bde, 3. überarb. Aufl., Leipzig 1928
Hefter, Heinrich, Die Deutsche Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert. Geschichte der Ideen und Institutionen, Stuttgart 1950
Berlin, im April 2006 Bianca Welzing
- Bestandssignatur
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A Pr.Br.Rep. 031
- Kontext
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Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> A Bestände vor 1945 >> A 4 Preußische und Reichsbehörden mit regionaler Zuständigkeit >> A 4.1 Preußische Behörden
- Verwandte Bestände und Literatur
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Verwandte Verzeichnungseinheiten: A Pr.Br.Rep. 030 Polizeipräsidium Berlin
A Pr.Br.Rep. 031-01 Jüngere Streitverfahren (1920 – 1945)
A Pr.Br.Rep. 031-02 Gewerbeaufsicht
A Pr.Br.Rep. 031-03 Ältere Streitverfahren (1875 – 1920)
A Pr.Br.Rep. 042 Preußische Bau- und Finanzdirektion
A Pr.Br.Rep. 057 Stadtpräsident Berlin
A Rep. 000-02-01 Stadtverordnetenversammlung Berlin
Geheimes Staatsarchiv
I. HA Rep. 184
Preußisches Oberverwaltungsgericht
- Bestandslaufzeit
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1835 - 1945
- Weitere Objektseiten
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- Letzte Aktualisierung
-
28.02.2025, 14:13 MEZ
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1835 - 1945