Plakat

La Bicicletta

Ende des 19. Jahrhunderts wurde heiß debattiert, was Frauen zum Radfahren tragen sollten. Praktisch, schick und schicklich zugleich – wie ließ sich das erreichen? Knielange Pumphosen, geschlitzte Hosenkleider und Raffröcke gehörten zu den modischen Lösungen, die das neue Fortbewegungsmittel begleiteten. Was genau davon die Frau auf diesem italienischen Plakat von 1896 trägt, ist schwer zu erkennen. Sicher ist jedoch, dass der kniefreie Look, kombiniert mit Hut, Handschuhen und Kniestrümpfen, ein revolutionäres Statement moderner Weiblichkeit war, das von nicht wenigen als unsittlich erachtet wurde.Während das Fahrrad um 1900 für Männer einen Fortbewegungsmodus unter vielen darstellte, war es für Frauen eine der ersten Möglichkeiten, weitere Strecken alleine und selbstständig zurückzulegen. In der patriarchal dominierten Gesellschaft waren Rad fahrende Frauen zunächst verpönt: Sie seien nicht zum selbst Radeln fähig und ihre Kleider würden sich verfangen; auch Gesundheitsrisiken und moralische Verwerflichkeit wurden dem Fahrrad nachgesagt. Das Gegenteil war schnell bewiesen. Das neue Verkehrsmittel veränderte die Mobilität ebenso wie die Bekleidung der Frauen, die zunehmend auf einengende Korsetts und bauschige Röcke verzichteten. In Werbemedien waren seit Erfindung des Automobils außerdem vermehrt Autofahrerinnen zu sehen – in der Realität jedoch eine Rarität, da das Auto im Gegensatz zum Fahrrad ein teures Privileg darstellte. Eigene Interessen zu verfolgen erlaubte nach und nach auch der Freizeitsport. Gemeinsam war diesen Neuerungen ein Ausbruch aus der häuslichen Sphäre: Wo es zuvor wenig Austausch oder Selbstverwirklichung gegeben hatte, erkämpften sich Frauen mittels neuer Mobilität zunehmend die Teilnahme am öffentlichen Leben.Ein gefördertes Projekt ermöglichte 2021/22 erstmals die digitale Bestandsaufnahme aller Plakate und Plakatentwürfe aus den Jahren 1840 bis 1914 in der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin. Aus einer ersten Auswertung der nun vollständig erfassten Werke entstand u. a. die Online-Ausstellung „Verklärt, begehrt, vergessen – Frauen in der frühen Plakatgestaltung“, in der auch dieses Werk vorkommt. Sie ist bei DDB Studio verfügbar. (Text: Christina Thomson / Christina Dembny) 

Fotograf*in: Dietmar Katz

Public Domain Mark 1.0 Universal

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Location
Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin, BerlinDeutschland, BerlinDeutschland
Collection
Plakat
Inventory number
1896,446
Measurements
Höhe x Breite: 205,8 x 99,8 cm
Inscription/Labeling
O.S. '96,446 (handschriftlich , unten links und Mitte links)
LA BICICLETTA / L. 6. Annue / VIA MERAVIGLI / No. 1 / MILANO
AVILLA (gedruckt, unten rechts, im Bildfeld)
LIT. A FLLI TENSI - MILANO (gedruckt, unten rechts, vertikal)

Classification
Plakat (RIA:Sachbegriff)
Subject (what)
Fahrrad, Zweirad
Verkehr auf dem Land
Verkehr und Transportwesen

Event
Entwurf
Event
Eigentumswechsel
(description)
1896 Schenkung von der Druckerei Fratelli Tensi, Mailand
Event
Herstellung
(who)
Stab. Lit. Fratelli TENSI-Milano (um 1867 - 1973), Drucker
(when)
1900

Sponsorship
Die Digitalisierung wurde gefördert durch die Deutsche Digitale Bibliothek aus Mitteln des Programms „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Rights
Kunstbibliothek, Staatliche Museen zu Berlin
Last update
25.03.2025, 8:39 AM CET

Data provider

This object is provided by:
Kunstbibliothek (museale Sammlung). If you have any questions about the object, please contact the data provider.

Object type

  • Plakat

Associated

Time of origin

  • 1900

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