Urkunden

1478 September 4 (off fritag nach sant Egidien tag)

Regest: Nachdem lange Irrungen und Zwietracht zwischen Herrn Ulrich, Komtur St. Johanns Ordens des Hauses zu Meysenheym, einerseits, Bürgermeistern, Kirchenmeistern, Kirchengeschworenen und der ganzen Gemeinde daselbst, andererseits, bestanden haben, haben auf Geheiß des Herzogs Ludwig Meister Emerich, Pfarrherr zu Sobernheym, Herr Peter, Pastor zu Mosseln, Symond Bohss von Waldeck und der Kanzler Johann Langwirt von Siemern als Schiedsleute die Parteien vor sich geladen, gehört und einhellig folgendermaßen entschieden, wie es von den genannten Parteien getreulich gehalten und vollzogen werden soll: Weil die Kirchenpfleger vorgebracht haben, daß einige graue Priester edlen und unedlen und auch sonst fremden Leuten für ihre letzten Verfügungen (Testament) in barem Geld oder an eigenen Gütern, die dem Orden vermacht sind, jedem nach Bestimmung des Seelbuches an dafür benannten Tagen ein Jahrgedächtnis mit Vigilien, Messen und Beleuchtung durch den Orden versprochen haben, was dann aber nicht geschehen ist, wird entschieden, daß die Jahrgedächtnisse, die im Seelbuch stehen und von denen der Orden etwas hat, von den Ordensherren zu Meysenheym jährlich nach Bestimmung des Seelbuches zu halten sind und die Geschworenen und die Kirchenpfleger den Ordensherren zu den Gülten und Zinsen dafür behilflich zu sein haben. Wenn und wann künftig in der Kirche zu Meysenheym Jahrgedächtnisse gehalten werden, soll immer eine Bahre mit 2 brennenden Kerzen vorn Komtur von Ordenswegen zum Zeichen eines Jahrgedächtnisses dazugestellt, und dieses immer so gehalten und nicht unterlassen werdend. Wenn künftig ein Jahrgedächtnis gestiftet wird, darf dieses nur zugelassen oder angenommen werden, wenn die Kirche darin bedacht und ein Viertel an solcher Stiftung zur Beschaffung von Beleuchtung und Weihrauch angeordnet und versichert wird, alles im Beisein eines Kirchmeisters zu beschließen und zu bestätigen. Die Gedächtnisse von Brüdern und Schwestern und allen Wohltätern der Kirche sollen der Komtur und die Ordensherren ohne Beeinträchtigung nach den Bestimmungen des Seelbuchs halten. Der Komtur und die Kirchenmeister sollen im Beisein des Landschreibers zu Meysenheym ein neues Seelbuch bedächtig, vorsichtig und gerecht anlegen. Wenn das geschehen ist, soll es in Gewahrsam bei den Kirchmeistern "in eyn beslosz" gelegt und dazu 3 Schlüssel angefertigt werden, von denen einen der Komtur, den anderen die Kirchenmeister und den dritten die Kirchengeschworenen haben sollen. Von diesem Buch wird dem Komtur eine Abschrift gegeben. Weil zu den besonderen Messen und Jahrgedächtnissen, die der Komtur und die Ordensherren angenommen haben, und auch zu den hohen Festtagen viel Beleuchtung und Kirchenzierrat, Meßgewänder und andere Ornamente gebraucht werden, womit die Kirche erheblich belastet wird und wozu sie keine Ausstattung oder Vermögen hat, dies ihrer Armut wegen zu tun, ist wegen der ersten Messe (prime messe) entschieden worden, daß es, nachdem die Stifter dieser Messe die Kirche merklich mit Kirchenzierrat und anderem bedacht haben, wodurch auch andere verstorbene Christen für die Beleuchtung gestiftet haben und die Messe damit bisher beleuchtet worden ist, dabei bleiben soll; zu Unser-Frauen Messe, die Herzog Ludwig in der Kirche zu Meysenheym gestiftet hat, wird entschieden, daß der Komtur jährlich 2 Pfund Wachs den Kirchmeistern für Kerzen auf den Altar geben soll; wenn der Herzog noch etwas dazutun will, steht das in seinem Ermessen. Wegen des Jahrgedächtnisses, das der verstorbene Graf Jorge von Veldendz, der erste Stifter des Johanniterhauses, auf einen Weingarten angewiesen hat und das deshalb nicht gehalten wird, weil die Ordensherren meinen, daß dieses Unterpfand die dafür bestimmte Gülte nicht erträgt, ist entschieden, daß man den zum Unterpfand gestellten Weingarten auf den Ertrag einer beständigen jährlichen Gülte schätzen soll, was er dann weniger erbringt, sollen Herzog Ludwig und seine Nachkommen auffüllen, so daß das Jahrgedächtnis immer nach dem Wortlaut des Seelbuchs geschieht und gehalten wird. Weil der Komtur oder Pfarrherr bisher am Karfreitag und an den Kirchweihtagen mit den Kirchenbriefen und Heiltümern den Ablaß verkündet und dafür das Geld allein eingenommen hat, ist gütlich entschieden worden, daß künftig an diesen Tagen der Komtur und die Kirchenpfleger gemeinsam einen Diener mit einem Stück Heiltum hinstellen sollen, was dem gegeben wird, soll zu zwei Teilen an die Kirche und zu einem Drittel dem Komtur zugeteilt werden. Was aber dem Komtur oder seinen Konventsbrüdern an den Tagen oder am Karfreitag, wenn das Kreuz auf der Erde liegt, geopfert wird, soll ihnen wie bisher allein verbleiben. Weil die Bürger jährlich in der Fastenzeit gerne ein Salve gesungen haben und dem Komtur dafür gebührend geben wollen, ist entschieden, daß sie, so oft sie ein Salve haben wollen, dem Komtur jährlich 3 Gulden geben, wofür er ihnen das Salve zu singen hat. Weil der Komtur jährlich 7 Malter Korn und 7 Gänse bekommt, die jedoch dem Spital durch Christin von Soltzbach mit ihrem Gelde gekauft und gerichtlich aufgetragen sind, ist entschieden, daß die Bürger und Kirchengeschworenen auf diese Forderung verzichten, und der Komtur und seine Nachkommen diese Gülte behalten, dafür soll aber der Komtur und seine Nachkommen zum Neubau des Chores und der Kirche "als geschee" 100 Gulden, 2 Fuder Wein und 20 Malter Korn beisteuern sowie der verstorbenen Christin von Soltzbach zu ihrem Seelenheil besonders gedenken und sie nicht vergessen. Weil der Komtur seine Schweine "sonder hertschafft" hält und die Gemeinde begehrt, daß er mit ihnen die Hütung hält, ist entschieden, daß der Komtur einen eigenen Hirten halten darf, doch in und nach der Ernte und "alslange ecker, birn und wilde obesz ist", soll eine "hertschafft" mit seinem Hirten gehalten werden. Bücher, Meßgewänder und anderer Zierrat der Kirche, die verdorben sind, sollen künftig nur mit Wissen und nach Weisung der Kirchengeschworenen erneuert und gekauft werden. Weil die vorgenannten Punkte vorgeschriebenermaßen von den 4 Schiedleuten mit Wissen und Willen vertragen sind und auch von den Parteien versprochen und zugesagt ist, sie zu halten, und beiderseits Entschiedsbriefe begehrt worden sind, haben die Schiedsleute jeder Partei einen Entschiedsbrief in gleichem Wortlaut gegeben. Siegler: Symon Boysz und Johann Langwirt für sich und für Emerich, Pfarrherrn zu Sobernheym, und Peter, Pastor zu Moscheln. Or. Perg., mit 2 anhängenden gut erhaltenen Siegeln. Auf der Rückseite: Betreffen die jargezeiten, Allerhandt, Item das seelbuch, prime und unser lieben frawen messe, die salve, item 7 malter Korn 6 genß, so Christin von Soltzbach in spital zu Meisenheim gekaufft, und dan den gemeinen viehetrifft der schwein zwischen dem comenthur und den burgeren, durch herren Ludtwig verglichen, anno 1478. Nr. 24. (16. Jh.).

Archivaliensignatur
4KG 003B Meisenheim, Altes Archiv U 6

Kontext
Meisenheim >> Altes Archiv >> I. Urkunden
Bestand
4KG 003B Meisenheim Meisenheim

Weitere Objektseiten
Geliefert über
Letzte Aktualisierung
30.04.2025, 15:16 MESZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Urkunde (vormodern)

Ähnliche Objekte (12)