Bestand

Verlag der Nation (Bestand)

Geschichte des Bestandsbildners: Als Verlag der National-Demokratischen Partei Deutschlands (NDPD) wurde im September 1948 die 'Verlag der Nation' GmbH gegründet. 1954 wurde der Verlag in einen Betrieb der Vereinigung organisationseigener Betriebe (VOB) 'National' umgewandelt, wodurch er den volkseigenen Betrieben mit allen Rechten und Pflichten gleichgestellt wurde (vgl. DY 17/3218). Der ebenfalls 1948 gegründete Verlag National-Zeitung (NZ) wurde 1950 vom Verlag der Nation übernommen. Ab Juli 1954 schied die National-Zeitung als selbständiger Zeitungsverlag aus dem Verlag aus. Damit trat der Verlag der Nation seit dieser Zeit als reiner Buchverlag in Erscheinung (vgl. DY 17/3071). Ein Betriebsteil des Verlages der Nation war die 'Deutsche Bücherstube', eine Buchhandlung der NDPD. Sie wurde 1951 als GmbH gegründet und 1969 unter Aufgabe der bisherigen juristischen Selbständigkeit dem Verlag der Nation angegliedert.

Die im Juli 1990 geplante Umwandlung des Verlages in eine GmbH i. A. (im Aufbau) wurde nicht vollzogen, da Sanierungsversuche fehlschlugen. Der Verlag der Nation musste Ende Juni 1991 seine Tätigkeit einstellen. Um die beschlossene Liquidation abzuwenden, übernahm Mitte 1992 Diethard H. Klein mit seiner Bücher-GmbH in Bayreuth den Verlag und führte ihn fort. Zum 1. 7. 1998 wurde er in die Verlagsgruppe Husum eingegeliedert und ist seitdem als eigenständiger Verlag unter der Bezeichnung Verlag der Nation Inh. Ingwert Paulsen jr. e.K. im Handelsregister eingetragen.

Der Verlag der Nation gab Publikationen der NDPD, aktuell-politische Literatur, Bild-Text-Bände, historische Romane, Übersetzungsliteratur aus den sozialistischen Ländern sowie bibliophile Ausgaben heraus. Er sah seine Aufgabe als Parteiverlag der NDPD v. a. in der Herausbildung und Festigung eines sozialistischen Bewusstseins unter den ehemaligen Angehörigen der NSDAP, den Offizieren und Berufssoldaten der Wehrmacht sowie im städtischen Mittelstand. Dementsprechend wurden in besonderem Maße historische Themen, die sich mit der jüngsten Vergangenheit auseinandersetzten, verlegt. Diese 'Wandlungsliteratur' nahm bis in die 60er/70er Jahre einen wesentlichen Platz im Verlagsprofil ein.

Als Schriftenreihen erschienen die Biographisch-autobiographische Reihe der Gegenwart, die Biographisch-autobiographische Reihe des Kulturellen Erbes, die Klassische Reisereihe und die Taschenbuchreihe 'Roman für alle'.

Die älteste ermittelte Struktur des Verlages geht aus einem Verteiler vom Januar 1950 hervor (vgl. DY 17/3936). Danach gehörten zur

Hauptabteilung Verlag

Referenten

Chefredaktion NATIONAL-Zeitung

Chefredaktion NZ. AM MONTAG

Chefredaktion DEUTSCHE WOCHE

Chefredaktion DEUTSCHE ILLUSTRIERTE

Cheflektorat ROMAN FÜR ALLE

Cheflektorat SCHÖNGEISTIGE LITERATUR

Cheflektorat POLITISCHE LITERATUR.

Nach mehreren Wechseln in der Zuständigkeit der Lektorate wurde der Verlag der Nation seit Mitte der 50er Jahre untergliedert in

Produzierende Abteilungen (für die Zeit ab 1963 vgl. DY 17/3027)

Cheflektor

Lektorat I: Politisches Lektorat, 1963 Politische Dokumentationsliteratur

Lektorat II: Gegenwartsliteratur, 1963 Schöngeistige Gegenwartsliteratur

Lektorat III: Klassisches Erbe und Taschenbuchreihe 'Roman für alle', 1963 Kulturelles Erbe

Herstellung, Korrektoren, künstlerische Gestaltung

Abteilungen zur Lenkung des Betriebes

Direktor

Personalabteilung

Planung

Kaufmännischer Leiter

Hauptbuchhaltung

Sonstige produktionsbedingte Abteilungen

Kaderausbildung

Absatzabteilungen

Expedition

Absatz

Werbung, Instrukteure.

Die Trennungslinie zwischen den Lektoraten II und III lag bei der Oktober- und Novemberrevolution und wurde in Zweifelsfällen gesondert bestimmt. 1972 wurden beide Lektorate zusammengelegt zum Lektorat II Belletristik.

Nach einem Strukturentwurf für die Lektorate von 1982 war die Zuständigkeit folgendermaßen festgelegt (vgl. DY 17/3353):

Cheflektor

Lektorat I:

Autobiographien/Biographien der Gegenwart; Politisch-populärwissenschaftliche Literatur; Bild- und Dokumentarbände

Lektorat II:

Gegenwartsbelletristik; DDR; Bürgerliche Humanisten des 20. Jahrhunderts

Erbe; Historischer Roman

Auslandsliteratur.

Als Verlagsleiter wirkten:

Günter Hofé (1948 bis 1982)

Hans-Otto Lecht (1982-1989, danach Geschäftsführer).

Die Funktion des Cheflektors war bis 1956 augenscheinlich an die Leitung des jeweiligen Lektorates gebunden. Aus den Akten konnten als Cheflektoren ermittelt werden:

Manfred C. Jann (Hauptabteilungsleiter und Cheflektor für Belletristik) (1950-)

Walter(?) Grimm (Stellv. HA-Leiter und Cheflektor Politische Schriften) (-1953)

Herwart Schumann (1953-?)

Hans Harnisch (Cheflektor Roman für alle) (ca 1953-1954)

Rudolf Freese (Cheflektor Lektorat II) (1954)

Dr Fritz Weiske (Cheflektor Lektorat II - Nationales Erbe) (1954-)

Dr Paul Olivier (Cheflektor Politisches Lektorat) (um 1954).

Für 1960 ist im Stellenplan ein Cheflektor (ohne Namen) aufgeführt; in den nächsten Jahren wurde er nicht mehr erwähnt. Erst ab 1964 ist diese Stelle durchgehend besetzt mit

Hartmut Menard (1964-1982)

Bruno Brandl (1982-1987)

Dr Otfried Keiler (1987-1990)

Otto Matthies (ab 01.10.1990 bis Juni 1991).

Die Bilanz von 40 Jahren Verlagstätigkeit waren 1216 Titel in 3262 Auflagen mit einer Auflagenhöhe von 61602000 Exemplaren. 255 Titel wurden als Lizenzen in 17 Ländern vergeben und in 18 Sprachen übersetzt. 41 Titel wurden in Koproduktion mit Verlagen in sozialistischen Ländern in einer Gesamtauflage von 906000 Exemplaren herausgegeben (vgl. DY 17/5042).

Bestandsbeschreibung: Im Juni 1992 wurden von der VERCON GmbH ca 174 lfm Verlagsschriftgut sowie Druckfahnen mit Manuskripten und Korrekturen und 57 Umzugskartons Bibliotheksgut (Belegexemplare und Broschüren) an das Bundesarchiv übergeben, das nach Gründung und Zuständigkeitsregelung an die SAPMO übertragen wurde. Das Schriftgut wurde aus dem Bestand National-Demokratische Partei Deutschlands (DY 16), dem es weitgehend zugeordnet worden war, im Jahre 2000 herausgelöst; es wurde ein eigenständiger Bestand DY 17 Verlag der Nation gebildet. Das Bibliotheksgut wurde an die Bibliothek der Stiftung weiter geleitet. Die Bestandsbearbeitung erfolgte von 2000-2005 in zwei Schritten.

Die Überlieferung besteht aus Archivgut aus den Strukturteilen (hier als Sachakten bezeichnet) sowie aus Manuskripten.

Die Unterlagen der Vertragsabteilung mit Titelrechten, Autorenverträgen, Honorarlisten und -konten wurden vom Käufer des Verlages übernommen. Bilanzen, Lohnkonten sowie Bank- und Kassenbücher wurden bei der VERCON GmbH belassen und nach ihrer Auflösung an die DISOS (jetzt Iron Mountain DISOS GmbH) abgegeben.Autorenverträge sind jedoch teilweise in den Objektmappen vorhanden.

Personalunterlagen liegen nicht vor; es existiert lediglich eine bei der BGL geführte Kartei mit Einstellungen und Entlassungen von Mitarbeitern aus den Jahren 1954-1956. In den Akten ermittelte Struktur- und Stellenpläne wurden daher mit Enthält-Vermerk erfaßt.

Leitungsunterlagen wie Vorlagen für die Verlagsleitung, Tagesordnungen und Sitzungsprotokolle sind ab 1950 überliefert. Neben innerdienstlichen Unterlagen sind die Kontakte zu übergeordneten Einrichtungen wie Ministerium für Kultur, NDPD und VOB National, die Vorbereitung und Auswertung von Buchmessen und Veranstaltungen mit den Autoren sowohl zur Anleitung als auch zu Werbezwecken bei der Leitung und bei den Lektoraten vorhanden. Auch Schriftgut zur Titel- und Materialplanung sowie Plankontrolle bzw. Berichterstattungen zu den Buchvorhaben sind vorhanden und beinhalten v.a. in den ersten Jahren sehr kurze Zeiträume.

Vom ersten Verlagsleiter Hofé sind mehrere Bände über Autorenlesungen und -gespräche aus den Jahren 1964-1968 zu seinem Romanzyklus 'Roter Schnee' überliefert. Diese zeigen sehr anschaulich, welchen Wert der Autor und damit auch der Verlag dem Gespräch mit den Lesern beimaß und wie groß das Interesse des Publikums an dieser als Wandlungsliteratur bezeichneten Thematik war.

Die v.a. chronologisch geordneten Gutachten geben einen guten Einblick in das Bemühen, v.a. für zeitgenössische Vorhaben jeweils anerkannte Historiker und Fachleute der in Betracht kommenden Forschungsgebiete zu Rate zu ziehen. Aus ihnen wird ersichtlich, dass eine Ablehnung einzelner Titel, abhängig vom Verlagsprofil und dem inhaltlichen Gehalt sowie dem schriftstellerischen Umsetzungsvermögen, in der Regel erst durch mehrfache Begutachtung von mehreren Seiten zustande kam. Entsprechende Entscheidungen übergeordneter Organe wie der NDPD und des Ministeriums für Kultur sind nur in Ausnahmefällen in den hier vorliegenden Akten überliefert.

Der Überlieferungsschwerpunkt der Lektorate liegt bei den Objektmappen, die mehr oder weniger umfangreich die Kontakte zwischen Verlag und Autor bei der Entstehung der Buchprojekte wiedergeben. Vorüberlegungen für neue Projekte wurden hier ebenfalls als Einzelvorhaben aufgenommen. Nicht jeder der hier aufgeführten Titel ist jedoch fertig gestellt worden.

Allgemeiner Schriftwechsel mit Autoren und Verlagen im In- und Ausland ist auch von der Leitung und den Lektoraten reichhaltig überliefert.

Bei der persönlichen Ablage des Cheflektors Menard handelt es sich v.a. um handschriftliche Redemanuskripte und Mitschriften, auch von Parteiveranstaltungen, die durch ihre schlechte Lesbarkeit und Undatierung häufig nur grob zugeordnet werden konnten.

Von der Abteilung Herstellung und künstlerische Gestaltung sind ebenfalls in größerem Umfang Objektmappen überliefert, darüber hinaus v.a. Druckgenehmigungen und Kalkulationsunterlagen.

Bei der Abteilung Vertrieb, Werbung, Export sind besonders Exportunterlagen ab Mitte der 60er Jahre vorhanden. Die relativ umfangreich überlieferten Pressereaktionen zu Autoren und Verlagstiteln ab Mitte der 60er Jahre bis 1990 wurden aufbewahrt, da diese ein Gegenstück zu den Objektmappen darstellen und gut die Wirkung des Verlagsprogramms in der Öffentlichkeit widerspiegeln. Die Kontakte zu Verlagsvertretern in der Wendezeit zeugen vom Bemühen, alte und neue Absatzmärkte zu erhalten und zu erschließen. Dazu wurden auch Verlagsveranstaltungen, v.a. mit Autoren, genutzt.

Die innerbetriebliche gesellschaftliche Arbeit kommt besonders durch die Unterlagen der BGL-Kommissionen sowie durch die Arbeit am Betriebskollektivvertrag aus den 50er und 60er Jahren zum Ausdruck.

Erschließungszustand: Online-Findbuch in ARGUS

Umfang, Erläuterung: 154 lfm

Zitierweise: BArch DY 17/...

Bestandssignatur
Bundesarchiv, BArch DY 17
Umfang
5479 Aufbewahrungseinheiten; 0,0 laufende Meter
Sprache der Unterlagen
deutsch

Kontext
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Deutsche Demokratische Republik mit sowjetischer Besatzungszone (1945-1990) >> Politische Parteien und Gruppierungen

Provenienz
Verlag der Nation (VdN), 1948-1992
Bestandslaufzeit
1948-1992

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Letzte Aktualisierung
16.01.2024, 08:43 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Beteiligte

  • Verlag der Nation (VdN), 1948-1992

Entstanden

  • 1948-1992

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