Bestand

Familien- und Herrschaftsarchiv von Waldkirch (Bestand)

Überlieferungsgeschichte

Die 1790 von Kurfürst Karl Theodor von Pfalzbayern in den Reichsgrafenstand erhobene Familie von Waldkirch entstammt einem im Kanton Schaffhausen ansässigen freiherrlichen Geschlecht. Der königliche Geheime Rat und Kämmerer, spätere großherzoglich badische Oberjägermeister Clemens August von Waldkirch kam durch seine Gemahlin Maria Anna Elisabeth Gräfin von Riaucourt, Tochter des kursächsischen Geheimen Rats und außerordentlichen Gesandten am kurpfälzischen Hof, Andreas Graf von Riaucourt, Ende des 18. Jahrhunderts in den Besitz der Grundherrschaft Binau mit den zugehörigen Orten Klein- und Großeicholzheim sowie Sindolsheim. Das Archiv überliefert vor allem die Geschichte dieser Herrschaft. Die unterschiedlichen Provenienzen des Bestandes spiegeln ihre geschichtliche Entwicklung; denn erst in den 50er und 60iger Jahren des 18. Jahrhunderts vereinigte der damalige Grundherr Andreas Graf von Riaucourt die Archive in den Schlössern Kleineicholzheim und Sindolsheim mit dem Binauer Schlossarchiv. Nach seinem Rückzug ins Privatleben, Ende der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts, gelangten auch einige Archivalien der Mannheimer Zentralverwaltung der von Riaucourt nach Binau. Wohl Anfang des 19. Jahrhunderts wurde auch das Mannheimer Familienarchiv der von Waldkirch nach Binau verbracht.
Einzelne Archivalien Binauer Provenienz schenkte ein Antiquitätenhändler 1962 dem Generallandesarchiv. 1968 wurde das Binauer Schlossarchiv durch den damaligen Besitzer, Wolfgang Dechow, im Generallandesarchiv hinterlegt, 1986 vom Land Baden-Württemberg gekauft.

Inhalt und Bewertung

Quellen zur Geschichte der Grafen von Riaucourt und von Waldkirch sind nur in geringem Umfang im Binauer Gesamtarchiv überliefert. Bemerkenswert sind einige private Kassenbücher des Grafen Maximilian von Waldkirch aus den 30er und 40er Jahren des 19. Jahrhunderts, die einen Einblick in den Lebensstil eines badischen Kammerherrn vermitteln.
Generalakten: Personalia, Vermögen und Korrespondenz der von Riaucourt und von Waldkirch.- Herrschaft und Grundherrschaft
Spezialakten: Gerichtsbarkeit, Abgaben und Dienste, Verwaltung der Wälder, Güter und Liegenschaften, Gebäude der Herrschaft und ihrer Untertanen, Kirche und Schule, Gemeinden, Gewerbe und Handel in Binau, Groß- und Kleineicholzheim, Oberschefflenz, Seckach, Sindolsheim
Amtsbücher: Geschäftsbücher, Protokolle, Rechnungen mit Beilagen der Rentämter Binau, Kleineicholzheim und Sindolsheim

Kurzer Abriss der Geschichte der Familie von Waldkirch: Die 1790 von Kurfürst Karl Theodor von Pfalzbayern in den Reichsgrafenstand erhobene Familie von Waldkirch entstammt einem im Kanton Schaffhausen ansässigen freiherrlichen Geschlecht. Der königliche Geheime Rat und Kämmerer, spätere großherzoglich badische Oberjägermeister Clemens August von Waldkirch kam durch seine Gemahlin Maria Anna Elisabeth Gräfin von Riaucourt, Tochter des kursächsischen Geheimen Rats und außerordentlichen Gesandten am kurpfälzischen Hof, Andreas Graf von Riaucourt, Ende des 18. Jahrhunderts in den Besitz der Grundherrschaft Binau mit den zugehörigen Orten Klein- und Großeicholzheim sowie Sindolsheim. Das Archiv überliefert vor allem die Geschichte dieser Herrschaft. Die unterschiedlichen Provenienzen des Bestandes spiegeln ihre geschichtliche Entwicklung; denn erst in den 50er und 60iger Jahren des 18. Jahrhunderts vereinigte der damalige Grundherr Andreas Graf von Riaucourt die Archive in den Schlössern Kleineicholzheim und Sindolsheim mit dem Binauer Schlossarchiv. Nach seinem Rückzug ins Privatleben, Ende der 80er Jahre des 18. Jahrhunderts, gelangten auch einige Archivalien der Mannheimer Zentralverwaltung der von Riaucourt nach Binau. Wohl Anfang des 19. Jahrhunderts wurde auch das Mannheimer Familienarchiv der von Waldkirch nach Binau verbracht.

Überlieferungs- und Bestandsgeschichte: Das Archiv der ehemaligen Herrschaft Waldkirch umfasst in erster Linie die lokale Überlieferung zur Geschichte der Dörfer Binau, Kleineicholzheim und Sindolsheim, dokumentiert aber zugleich die Wirtschaftsverwaltung der Herrschaft und stellt daneben für das 18. und die erster Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Abbild der politischen, sozialen und kulturellen, zum Teil auch der persönlich-privaten Lebenswelt der freien Reichsritterschaft des Odenwaldes und ihrer Untertanen dar. Dieses im Jahre 1986 durch das Land Baden-Württemberg käuflich erworbene Archiv gelangte nicht als geschlossener Archivkörper in das Generallandesarchiv Karlsruhe. Am 14. Juni 1968 schlossen der damalige Besitzer des Schlosses zu Binau, Herr Wolfgang Dechow, und das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Generallandesarchiv Karlsruhe, einen Vertrag über die Hinterlegung des Schlossarchivs Binau im Generallandesarchiv Karlsruhe. Wenige Wochen nach der erfolgten Überführung übergab Gewerbeschulrat Brauch aus Schwetzingen dem Generallandesarchiv Karlsruhe zwei Koffer Archivalien aus obigem Schlossarchiv, die ihm zur Abfassung einer Ortsgeschichte von Binau überlassen worden waren, und die er bisher bei sich zu Hause verwahrt hatte. Bereits sechs Jahre zuvor, 1962, wurden dem Generallandesarchiv von einem Antiquitätenhändler zwei Faszikel Akten geschenkt, die ebenfalls aus den Beständen des Schlossarchivs Binau stammten und offensichtlich keine Interessenten auf dem Kunst- und Antiquitätenmarkt gefunden hatten. Welchen Anteil dieser unveräußerbare Rest an den auf dem Markt angebotenen Archivalien des Schlossarchivs Binau eingenommen hat, lässt sich nicht mehr feststellen. Der ungeordnete Zustand der verschiedenen Einlieferungen des Schlossarchivs jedoch, vor allem aber der bei der Verzeichnung immer wieder festgestellte Umstand, dass zusammengehörige Aktenfaszikel, selbst solche in gebundener Form, auseinandergerissen und dabei offensichtlich nach "wertvollem" Material durchsucht worden sind - bei einigen Schreiben des 18. Jahrhunderts wurden so zum Beispiel die Unterschriften der Absender sowie erkennbar vorhandene Lack- und Oblatensiegel abgetrennt, bei Schreiben des 19. Jahrhunderts die Briefmarken und vorphiletalistischen Poststempel herausgeschnitten -, lassen den Schluss zu, dass größere Archivalienmengen dem herrschaftlichen Archiv Waldkirch entfremdet worden sind und über die Tische der verschiedenen Auktionshäuser wanderten. Diese Feststellung wird dadurch noch erhärtet, dass nach einem im Jahre 1826 erstellten Repertorium (Bestellnr.41 bzw. Ordnungsnr. 42) des Waldkirchschen Archivs gerade die Archivalien 1968 nicht mehr dem Bestand eingegliedert waren, denen - unbesehen - ein gewisser materieller Wert nicht abgesprochen werden kann. So fanden sich weder, um nur einige Beispiele zu nennen, die "uralte Kaufs- und Prozessurkunden von 1149" über Kleineicholzheim, die Beschreibung des Stammbaums der Grafen von Waldkirch aus dem Jahre 1787, noch die Pläne des Ortes und der Gemarkung Binau bzw. des Ritterguts Kleineicholzheim im vorliegenden Bestand wieder.

Inhalt: Die noch vorliegenden Akten und Amtsbücher betreffen vorwiegend die Herrschaftsverhältnisse der im ausgehenden 18. Jahrhundert im Erbgang an die Familie von Waldkirch gelangten Besitzungen Binau, Kleineicholzheim, Schloss Sindolsheim und den damit verbundenen Rechten zu Seckach, Altheim, Diedesheim, Oberschefflenz und Großeicholzheim. Dabei dominiert eindeutig das Schriftgut zur Wirtschaftsverwaltung, dessen Schwerpunkt im 18. und in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts liegt. Größere Komplexe innerhalb des Bestandes bilden die fortlaufenden Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Besitzern des Dorfers Kleineicholzheim und denen des Schlossbezirks Sindolsheim mit Kurmainz und Kurpfalz über die Ausübung der Hoheitsrechte in diesen Dörfern. Eigentliche Familienunterlagen sind in nur verschwindend geringem Maße erhalten. Von einigem Interesse sind dabei die privaten Kassenbücher des Grafen Maximilian von Waldkirch aus den 30er und 40er Jahren des 19. Jahrhunderts, in denen er akribisch seine monatlichen Ausgaben vermerkt hat und die Einblick gewähren in den Lebensstil eines adeligen badischen Kammerherrn. Generalakten: Personalia, Vermögen und Korrespondenz der von Riaucourt und von Waldkirch - Herrschaft und Grundherrschaft Spezialakten: Gerichtsbarkeit, Abgaben und Dienste, Verwaltung der Wälder, Güter und Liegenschaften, Gebäude der Herrschaft und ihrer Untertanen, Kirche und Schule, Gemeinden, Gewerbe und Handel in Binau, Groß- und Kleineicholzheim, Oberschefflenz, Seckach, Sindolsheim Amtsbücher: Geschäftsbücher, Protokolle, Rechnungen mit Beilagen der Rentämter Binau, Kleineicholzheim und Sindolsheim

Bearbeiterbericht: Die Notwendigkeit, das in mehrfacher Hinsicht bedeutende aber im bestehenden Zustand unbenutzbare Archiv der Forschung zugänglich zu machen, erforderte eine systematische Neuverzeichnung des Bestandes. Die Amtsbuchbestände - überwiegend Rechnungen der herrschaftlichen Wirtschaftsverwaltung -, die ca. 5 lfd. m umfassen, wurden im Laufe der 1970er Jahre von Hiflskräften verzeichnet. Diese Verzeichnungsarbeiten flossen in die nun neu vorgenommene Neuordnung ein. Was die Erschließung der Akten anging, erwies sich die ursprüngliche Absicht, fest komponierte Einheiten aus dem Bestand herauszuziehen, zu verzeichnen und den Rest der Einzelblätter im "Postmeisterverfahren" den Sachbetreffen der schon verzeichneten Aktenfaszikel zuzuweisen, letztendlich als undurchführbar. Der Grund lag schlichtweg darin, dass der überweigend aus Einzelblättern bestehende "Rest" ca. 50% des Aktenbestandes umfasst hätte, mit einer Vielzahl von Sachbetreffen, die durch die wenigen noch intakten Kompositionseinheiten nicht abgedeckt worden wären. Aus diesem Grunde wurde für diesen "Rest" zunächst zur langwierigeren, den Gesamtbestand jedoch umfassend erschließenden Methode der Einzelblattverzeichnung geschritten. Die beim ersten Verzeichnungsdurchgang gebildeten Titelaufnahmen wurden entsprechend dem 1826 verwendeten Ordnungssschema in Generalia und Spezialakten der betreffenden Orte zusammengefasst. Die Vorgabe, dem zukünftigen Benutzer den Zugang zu dem Bestand weitesgehend zu erleichtern, erforderte einen weiteren Ordnungs- und Verzeichnungsschritt. Dieser bestand in der Zusammenfassung der zahlreichen Einzeltitelaufnahmen zu einer Sachtitelaufnahme und der anschließenden Neubildung von Sachakten. Dass dabei teilweise alte Ordnungsstrukturen in den Akten wiederhergestellt werden konnten, rechtfertigte zusätzlich im nachhinein diese aufwendige Ordnungs- und Verzeichnungsmethode. Die Erschließung des Bestandes erfolgte im Rahmen des MIDOSA-Projektes der Landesarchivverwaltung mit Unterstützung der EDV. Die Titelaufnahmen wurden im Format der für die Titelaufnahme von Sachakten zur verfügung stehenden Erfassungsmaske aufgenommen. Die Indexbegriffe wurden gleichzeitig erfasst. Bei der Klassifikation wurde ein neues, für automatisierte Sortierläufe der Titelaufnahmen geeignetes Schema entworfen. Ausgehend von der Grobeinteilung in Urkunden-Akten-Amtsbücher wurde der Akten- und Amtsbuchbestand in Familiensachen sowie Besitz- und Herrschaftssachen unterteilt. Unterhalb dieser Trennung in Archivalientypen und Herkunft (Familie oder Behörde i. w. S.) erwies sich die Bildung größerer Sachgruppen als vorteilhaft; diese sind wiederum in verschiedene Untergruppen unterteilt. Die Titelaufnahmen wurden von Frau Elfriede Hessler für die weitere elektronische Datenverarbeitung erfasst, die auch die Korrekturen übertrug. Die Vorbereitung für den Druck des Findbuchs besorgte Herr Reinhold Rupp. Die Endredaktion besorgte der Unterzeichnete. Karlsruhe, im Juni 1989 Kurt Hochstuhl

Konversion: Im Jahr 2015 wurde das Findmittel konvertiert. Die Endredaktion führte Sara Diedrich im Mai 2016 durch. Dabei wurden die älteren Titelaufnahmen (1970er Jahre) der Rechungsbestände mit den Bestellnummern 69 von Waldkirch Nr. R 1 bis R 154, die bisher nur im Papier-Findbuch standen, übertragen. Weiterhin wurden vier bisher unverzeichnete und unverpackte Archivalien sowie einige bisher nicht in der Verzeichnung aufgenommene Siegelbruchstücke und ein Karton mit Einzelblättern, die am Ende und am Anfang des Bestandes lagern, ergänzt.

Bestandssignatur
Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 69 von Waldkirch
Umfang
1010 Archivalieneinheiten (Akten, Rechnungen, Urkunden)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Nichtstaatliches Archivgut >> Familien- und Herrschaftsarchive >> Adel >> von Waldkirch
Verwandte Bestände und Literatur
Einige Urkunden und Akten über die Lehen der von Riaucourt und von Waldkirch siehe auch Bestand 44 (Riaucourt, von und Waldkirch, von), sowie Bestand 72 (72 Nr. 6963).
Literatur: Edmund von der Becke-Klüchtzner, Stamm-Tafeln des Adels des Großherzogtums Baden (Baden-Baden 1886) S. 517-519.

Bestandslaufzeit
1448-1917

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Letzte Aktualisierung
03.04.2025, 11:03 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1448-1917

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