Bestand
Staatsministerium: Amt für Heimatdienst (Bestand)
Inhalt und Bewertung
Zum 1. April 1946 als Nachfolger der früheren Reichszentrale für Heimatdienst beim Staatsministerium eingerichtet, hatte das Amt in erster Linie Informationsaufgaben im Bereich von Flüchtlingsfragen, Währungsproblemen und Eingliederung der heimkehrenden Kriegsgefangenen. Darüber hinaus wirkte es bei der Säuberung des öffentlichen Lebens von nationalsozialistischem Gedankengut und bei der Politik der "re-education" mit. Leiter des Amtes, das zum 31. März 1947 wieder aufgelöst und dessen Aufgaben auf das Staats- und Kultusministerium verteilt wurden, war der evangelische Theologe Dr. Ernst Steinbach, in Personalunion zugleich Jugendreferent der Stadt Stuttgart.
I. Behördengeschichte: Das Büro für Heimatdienst wurde durch Kabinettsbeschlüsse vom 31. Januar und 14. Februar 1946 mit Wirkung vom 1. April 1946 geschaffen und dem Staatsministerium Württemberg-Baden eingegliedert. Als Fortsetzung der früheren Reichszentrale für Heimatdienst für das amerikanisch besetzte Nordwürttemberg und Nordbaden hatte es im wesentlichen folgende Aufgaben zu erfüllen. 1. Die ständige gründliche Information der Ministerien und Verwaltungsbehörden über aktuelle Nachrichten in der Tagespresse, aber auch der Bevölkerung über besondere Sachfragen wie beispielsweise Flüchtlingsfragen, Währungsprobleme, Eingliederung der heimkehrenden Kriegsgefangenen. Zu diesem Zweck wurde ein Informationsblatt "Die Nachricht" mit Aufsätzen der in- und ausländischen Presse herausgegeben, ferner ein Archiv für Zeitdokumentation vorbereitet und darin Presse- und andere Berichte sowie Denkschriften ausgewertet. Außerdem hatte das Amt für Heimatdienst wichtige Meldungen über Tagesfragen an Presse, Rundfunk und Film weiterzugeben und Plakate, Flugblätter und dergleichen vorzubereiten. 2. Mitwirkung sowohl beim Abbau von nationalsozialistischem Gedankengut und der nationalsozialistischen Propaganda wie bei der Erziehung zu neuem politischen Denken, vor allem bei der Jugend. Diesem Zweck diente die Veranstaltung von Vorträgen, besonders der vom Innenministerium übernommenen Vortragsreihe "Besinnung", von Tagungen und Begegnungen, die Herausgabe von Broschüren und ferner die Beratung und Unterstützung zahlreicher Vereine, besonders der neuentstandenen demokratischen Klubs und politischen Gesellschaften. Bei der Durchführung dieser Aufgaben arbeitete das Amt für Heimatdienst eng mit dem Kultministerium, dem Innenministerium (Direktor Robert Goetz), dem Büro für Heimatdienst in Tübingen und natürlich der Militärregierung zusammen. Leiter des Amts war der evangelische Theologe Dr. Ernst Steinbach, der vom Innenministerium übernommen worden war und in Personalunion das Amt eines Jugendreferenten der Stadt Stuttgart bekleidete. Referent und Stellvertreter war Klaus Heinz Klausing, der jedoch schon Anfang Juli 1946 ausschied. An seine Stelle trat am 15. Juli 1946 Joachim von Beust, der besonders mit der Sammlung und Verwertung von Informationen betraut wurde. Dane-ben war seit 1947 Dr. Friederike Haussmann beschäftigt. Für Sonderaufgaben, namentlich die Auswertung der in Nürnberg anfallenden Dokumente, wurde der Historiker Dr. Wilhelm Scheidt gewonnen, der früher fünf Jahre im Hauptquartier Hitlers Mitarbeiter von General Scherff gewesen war. Auch der spätere Tübinger Regierungspräsident Willi Birn war einige Zeit im Amt für Heimatdienst tätig. Beschäftigt wurden ferner drei Bürokräfte. Das Amt für Heimatdienst wurde am 31. März 1947 wieder aufgelöst und seine Aufgaben dem Staats- und Kultministerium übertragen; die Dienststelle selbst wurde noch einige Zeit von Joachim von Beust als Büro für Presseauswertung als Privatunternehmen fortgeführt. Bemühungen zur Schaffung einer ähnlichen Nachfolgeinstitution hatten schließlich 1950 die Gründung einer "Arbeitsgemeinschaft Bürger im Staat e.V." zur Folge.
II. Bestandsgeschichte und Bearbeiterbericht: Die Akten des Amts für Heimatdienst (ca. 100 Schnellhefter in acht Leitzordnern) wur-den 1953 zudammen mit Akten der Vertretung Württemberg-Badens beim Länderrat vom Staatsministerium an das Staatsarchiv Ludwigsburg abgegeben, von wo sie 1969 in das Hauptstaatsarchiv Stuttgart kamen. Im Verlauf der Verzeichnung ergab sich, daß nur eine kleiner Teil des Gesamtbestandes in das Archiv gelangt sein kann. Selbst in diesem Rest ließen sich Lücken feststellen; in einigen Schnellheftern fehlten die Akten sogar vollständig. Anfragen bei den Registraturleitern des Staats- bzw. Innenministeri-ums sowie bei dem früheren Amtsleiter Prof. Dr. Steinbach, Tübingen, über den Verbleib der fehlenden Unterlagen verliefen ergebnislos. Für die erhaltengebliebenen Akten läßt sich ungefähr folgendes Aktenschema rekonstruieren: B Unterrichtung 1 Volk 11 schriftliche Unterrichtsmittel 12 mündliche Unterrichtsmittel 13 Jugend, Schulen 14 Universitäten, Hochschulen 15 Vorträge 2 Regierung 211, 213 Vereine 214, 215 Staatliche und kommunale Institutionen 216 Parteien 217 Konfessionen 23 Jugend (231 Jugendbünde) 27 Pressebeobachtung Z Verwaltung 1 Etat 2 Kasse 3 Wagen 4 Einrichtung, Bürobedarf, Telefon, Schließfächer 5 Büroräume 6 Monatsmeldungen 7 Allgemeines 20 Buchbestellungen 21 Amerikanische Bücher und Zeitschriften Durch Hinzufügen weiterer Zahlen konnten die Akten noch unterteilt werden, z.B. 121 = Bühnen, B 1211 = Staatstheater Stuttgart, B 1212 = Landesbühne Esslingen. Da die Aktenbetreffe teilweise doppelt belegt waren, erschien es bei der Neuordnung ratsam, eine andere Gruppierung vorzunehmen. Zur besseren Rekonstruktion sind aber die alten Aktenzeichen in der Konkordanz ausgewiesen. Die Verzeichnung erfolgte manchmal um-fangreicher, um so den Bestand besser erschließen zu können. Kassiert wurden nur Doppelstücke und die Akten Z 3, Z 4 und Z 7 in einem Umfang von 0,02 lfd. m. Der neue Bestand umfaßt somit 93 Nummern in 0,35 lfd. m. Er enthält auch zahlreiche Vorakten über die Tätigkeit Steinbachs beim Innenministerium. Weitere Unterlagen über das Amt für Heimatdienst im Hauptstaatsarchiv Stuttgart konnten nur in EA 1/921 (Staatsministerium) Az. 0642 und im Bestand EA 1/011 (Deutsches Büro für Friedensfragen) ermittelt werden. Der Bestand wurde im Mai 1972 von Archivoberinspektor Wilfried Braunn verzeichnet und im Februar 2002 online-fähig gemacht.
- Reference number of holding
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, EA 1/013
- Extent
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93 Büschel (0,4 lfd. m)
- Context
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Ministerien und zentrale Dienststellen seit 1945 >> Staatsministerium >> Frühere Zuständigkeiten, aufgehobene Abteilungen, Kommissionen
- Related materials
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Uwe Uffelmann, Demokratiegründung und politische Bildung: das "Amt für Heimatdienst" und die Anfänge der Arbeitsgemeinschaft "Der Bürger im Staat" in Württemberg-Baden. In: ZWLG 51 (1992), S. 383-410.
- Date of creation of holding
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1946-1947
- Other object pages
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- Rights
-
Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Last update
-
20.01.2023, 3:09 PM CET
Data provider
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 1946-1947