Bestand
(Erwerb Alt/14) (Bestand)
Erschließungszustand, Umfang: Findbuch, Datenbank (2009)
4 lfm
Verwandte Verzeichnungseinheiten: Personalamt Nr. 1419 aus Abl. 1976; Hauptamt 338-340, 431, 448 Verwaltungsbericht 1937-1951;
4-02 Bürgerschaft; 4-03 Senat; 54. Vereins- und Verbandsarchive: Sozialdemokratische Partei Deutschlands, Kreisverband Lübeck
Literaturhinweis: Gaul, G.: Ein Mann der ersten Stunde. Zum Gedenken an Otto Passarge, in: Lübeckische Blätter 1976 S. 129-133;
Schreiber, A.: Zwischen Hakenkreuz und Holstentor. Lübeck 1925 bis 1939 - von der Krise bis zum Krieg. Lübeck, 1983;
Artikel ‚Passarge' in: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck Bd. 11. Neumünster, 2000, S. 310-312.
Eingrenzung und Inhalt: Biographische Angaben und Schriftwechsel Passarges,
Tätigkeit des Lübecker Senats (Sitzungsprotokolle, Tagesordnungen, Vorlagen etc.) und der Lübecker Bürgerschaft,
Entnazifizierung, Tätigkeit der Antifaschistischen Aktion,
Neugründung und Tätigkeit des SPD-Kreisvereins Lübeck,
Neugliederung der Bundesländer und die Souveränität Lübecks,
Wohnraumbewirtschaftung, Unterbringung von Flüchtlingen und Heimkehrern,
Aufbau von Kontakten nach Skandinavien, Organisation der ‚Nordischen Tage'
Verwaltungsgeschichte/biographische Angaben: gesperrt - Nutzungserlaubnis des SPD-Kreisverbandes Lübeck ist für die Einsicht erforderlich!
a. Otto Karl Hermann Passarge wurde am 12.11.1891 in Lübeck als Sohn des Schuhmachers Rudolph Friedrich Passarge (9.10.1854 - 5.8.1895) und Christina Josephine Carlsdotter (5.12.1850 - 20.8.1931) geboren. Passarge war seit seinem vierten Lebensjahr Halbwaise. Am 3.12.1918 heiratete Passarge Ida Marie Hedwig Liebscher. Die Ehe blieb kinderlos. Passarge wurde 84 Jahre alt. Er verstarb am 16.5.1976 in Lübeck.
Passarge ergriff zunächst den Maurerberuf. Schon sehr früh nahm er am politischen Geschehen teil. 1908 gehörte er zu den Mitbegründern der Sozialistischen Jugendbewegung in Lübeck. Im Jahre 1910 trat er in die SPD ein. Nach einem Aufenthalt in der Schweiz 1911-1913 wurde er zum Militär eingezogen und erlebte den Ersten Weltkrieg als Frontsoldat. 1920 wurde Passarge in die Lübecker Bürgerschaft gewählt. Dort gehörte er von 1920-1933 verschiedenen Ausschüssen an, u.a. bei dem Polizeiamt, dem Jugendamt, der Baubehörde, der Finanzbehörde, der Oberschulbehörde und dem Jugendgericht. Von 1930-1933 hatte er den Fraktionsvorsitz der SPD und den Vorsitz des Ältestenrates inne.
1923 wurde Passarge Vorsitzender und Geschäftsführer des von ihm neugegründeten "Bauvereins Selbsthilfe".
Nach der Machtübernahme wurde Passarge von den Nationalsozialisten verfolgt. Er wurde aus seiner Stellung als Geschäftsführer der von ihm gegründeten Baugenossenschaft entlassen und insgesamt viermal inhaftiert. Noch im August 1933 wurde er in das Konzentrationslager Fuhlsbüttel eingewiesen. 1936 erfolgte eine erneute Schutzhaft. Von September 1939 bis August 1940 saß er im Konzentrationslager Oranienburg ein. Die Inhaftierungen hatten bei Passarge u.a. zu einem extremen Verlust der Sehschärfe geführt.
Nach zwei Jahren der Erwerbslosigkeit versuchte Passarge, sich einen Lebensunterhalt als Kolonialwarenhändler einzurichten. 1943 meldete er sich zum Kriegsdienst, um weiteren Verfolgungen zu entgehen. Mit Kriegsende nach Lübeck zurückgekehrt, engagierte sich Passarge erneut in der Politik und dem Wiederaufbau der Stadt. Im August 1945 wurde er als politsch unbelastete Person von der Britischen Militärregierung zum Polizeipräsidenten der Stadt ernannt. Dieses Amt legte Passarge Anfang 1946 nieder, als er im März zum ehrenamtlichen Bürgermeister ernannt wurde.
Die schleswig-holsteinische Gemeindeordnung von 1950 ersetzte das Amt des Oberstadtdirektors durch das eines hauptamtlichen Bürgermeisters. Ende April 1950 erwählte die Bürgerschaft der Hansestadt Passarge in ebendieses Amt. Danach gab Passarge sein Landtagsmandat auf, welches er seit dem Jahre 1947 innehatte. Als Bürgermeister wirkte er noch bis zum April des Jahres 1956. Nach seiner Amtsniederlegung blieb Passarge wieterhin in verschiedenen anderen Funktionen, u.a. als Aufsichtsrat, tätig.
Passarge war in verschiedenen Aufsichtsräten aktiv, so z.B. Heimstätte Schleswig-Holstein GmbH, Schleswig-Holsteinische Landesbank, Metallhüttenwerke Lübeck und Lübecker Genossenschaftsbäckerei. Er wirkte im Verein "Nordsüd-Kanal e.V." mit sowie auch im Stiftungsvorstand der Lübecker Possehl-Stiftung.
Inhaltlich dominerend in Passarges Tätigkeit war in der unmittelbaren Nachkriegszeit die Lösung des akuten Flüchtlingsproblems, der Wohnungsnot und der Wiederaufbau der zerstörten Stadt Lübeck. Die Hansestadt Lübeck hatte mit ihren bis zu 100.000 Flüchtlingen in schleswig-holsteinischem Vergleich die Hauptlast der Unterbringung und Versorgung zu tragen. Besonders bemühte sich Passarge auch um die Wiederherstellung von wirtschaftlichen und kulturellen Kontakten zu den skandinavischen Ländern. Zu diesem Zweck unternahm er mehrere Reisen nach Dänemark und Schweden. Auf seine Initiative gründete auch die Etablierung der ‚Nordischen Tage' in Lübeck, welche zwischen 1953 und 1956 regelmäßig stattfanden.
b. Der Aktenbestand des Nachlasses ist ein direktes Spiegelbild des öffentlichen Wirkens Passarges. Er entstand im Zusammenhang mit Passarges Tätigkeit als Polizeipräsident, als Bürgermeister der Hansestadt Lübeck und dem Wirken Passarges in verschiedenen Aufsichtsgremien. Der Großteil des Materials lagerte nach Passarges Tod lange Zeit auf dem Dachboden des SPD-Ortsvereins Lübeck unter klimatisch schlechten Bedingungen und in einem komplett ungeordneten Zustand.
Der Hauptteil des Bestandes (Erwerb 14/1994) wurde im Jahre 1994 vom Kreisverein Lübeck der SPD zusammen mit anderen Akten zur Partei an das Archiv der Hansestadt Lübeck abgegeben. Weitere Bruchstücke aus der unmittelbaren Nachkriegszeit wurden von dem ehemaligen Bürgermeister Werner Kock an das Archiv der Hansestadt Lübeck übergeben (Erwerb 16/1977 und Erwerb 3/1985, ca. 8 Akten) und in den Nachlaß Passarge eingeordnet.
Da sich der Bestand in einem weitgehend ungeordneten Zustand in Form loser Blätter befand, war in den meisten Fällen eine vollständige Neuformierung und Neubenennung der Akten notwendig. Teilweise mußte eine Einzelblattidentifizierung vorgenommen werden. Dort, wo noch eine ursprüngliche Aktenbildung zu erkennen war, wurde sie beibehalten. Die Erfassung der Akten geschah zunächst manuell auf Karteikarten. Anhand der Aktentitel erfolgte danach eine inhaltliche Zusammenführung der Akten und die Entwicklung einer Systematik.
Kassiert wurden Doppelexemplare gedruckter Anlagen sowie leere Umschläge etc. Die Erstellung des Findbuches erfolgte mit dem Textverarbeitungsprogramm WORD.
Ordnung, Verzeichnung und Verpackung des Bestandes konnten dankenswerterweise aufgrund eines von der Dietrich Szameit-Stiftung finanzierten Werkvertrages durchgeführt werden.
Der Bestand umfaßt insgesamt 364 Akteneinheiten (ca. 4 laufende Meter) und dokumentiert den Zeitraum von 1945-1972 mit vereinzelten früheren Einschüben.
Der inhaltliche Schwerpunkt des Bestandes resultiert aus Passarges Tätigkeit als Bürgermeister und Mitglied des Lübecker Senats, seiner Parteiarbeit für die SPD und der Tätigkeit für verschiedene Aufsichtsgremien.
- Bestandssignatur
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Archiv der Hansestadt Lübeck, 05.5 Passarge, Otto
- Kontext
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Archiv der Hansestadt Lübeck (Archivtektonik) >> 05 Private Archive >> 05.5 Familienarchive und Nachlässe
- Bestandslaufzeit
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1917-1972
- Weitere Objektseiten
- Rechteinformation
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Rechteinformation beim Datenlieferanten zu klären.
- Zugangsbeschränkungen
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Benutzungsbeschränkung: gesperrt - Nutzungserlaubnis des SPD-Kreisverbandes Lübeck notwendig
- Letzte Aktualisierung
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22.02.2023, 10:29 MEZ
Datenpartner
Archiv der Hansestadt Lübeck. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1917-1972