Bestand
(Erwerb 35/2001) (Bestand)
Erschließungszustand, Umfang: 5 lfm
Vorwort:
Bedeutung des Bestandes - Biographische Daten zu Uwe Röhl
Uwe Röhl (Jahrgang 1925) hat das Musikleben Schleswig-Holsteins und der Hansestadt Lübeck in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts maßgeblich mitgeprägt.
Er studierte in Hamburg, Berlin und Münster Musik, Latein und Philosophie. Die Kirchenmusikstudien in Herford schloss er mit der A-Prüfung ab. Seine berufliche Karriere läßt sich inhaltlich in drei Teilen darstellen:
Kirche - Hochschule - Rundfunk.
Er war Organist und Kantor in Friedrichstadt, Tönning, Unna, Schleswig und Lübeck, Orgelbausachverständiger und Landeskirchenmusikdirektor.
Leiter der Kirchenmusikabteilung an der "Schleswig-Holsteinischen Musikakademie und Norddeutschen Orgelschule", Gründungsrektor der Musikhochschule Lübeck sowie Hauptabteilungsleiter Musik beim Norddeutschen Rundfunk.
Seine längste Kantoren- und Organistentätigkeit am Lübecker Dom behielt er sowohl während der Hochschulzeit als auch während seiner Anstellung beim NDR bei, sie dauerte von 1967 bis 1989.
Als Organist gewann er bei Improvisationswettbewerben internationale Preise, bis heute gilt er auf diesem Gebiet als Kapazität.
Im Jahre 1957 begründete er die "Schleswig-Holsteinischen Orgelkonzerte" (später "Nordelbische Internationale Orgelkonzerte"), die gewissermaßen als Vorläufer des Schleswig-Holstein-Musik-Festivals Musiker von internationalem Rang zu Konzerttätigkeiten in die norddeutsche Orgellandschaft führte.
Ebenfalls schon in der 50er Jahren unternahm Uwe Röhl selbst als Solist und mit seinen Chören Konzertreisen. Besonders zu erwähnen sind hier die immer wieder unter erheblichen Schwierigkeiten aufgenommenen Verbindungen mit Musikern aus der DDR und vielen anderen Ländern des Ostblocks. Dauerhafte Kontakte zum Dresdner Kreuzchor, den Thomanern, zu großen Organisten und Kantoren wie Ferdinand Klinda, Johannes Ernst Köhler, Daniel Chorosinski und Jiri Rheinberger haben sich hier allen staatlichen Schikanen zum Trotz aufgebaut.
Als charismatischer Kantor wird Uwe Röhl sowohl in Schleswig als auch in Lübeck wegen legendärer Oratorienaufführungen unvergessen bleiben.
Die Umwandlung der Lübecker Musikakademie in die erste und bisher einzige Musikhochschule Schleswig-Holstein war ein Prozess, den er gemeinsam mit seinem damaligen Amtsvorgänger Jens Rohwer über Jahre hinweg betrieb, der entscheidende Schritt im Jahr 1973 kann jedoch als sein alleiniges Verdienst gelten.
Seine letzte große berufliche Etappe als Hauptabteilungsleiter Musik beim Norddeutschen Rundfunk in Hamburg nutzte Uwe Röhl unter anderem dazu, bis heute andauernde Verbindungen des NDR-Sinfonieorchesters mit der Hansestadt Lübeck zu knüpfen. So setzte sich Röhl dafür ein, dass die Eröffnungs- und Abschlusskonzerte des Schleswig-Holstein-Musik Festivals in Lübeck stattfanden. Ebenso installierte er eine bis heute bestehende Reihe von Abonnementskonzerten des NDR-Sinfonieorchesters in Lübeck.
Auch nach Ende seiner beruflichen Tätigkeit hat Uwe Röhl sich um die musikalische Entwicklung der Hansestadt Lübeck gesorgt. Der Neubau der Musikhochschule, Diskussionen um die Situation des Städtischen Orchesters, Konzeption eines Lübecker Konzertsaals, Anschaffung einer Orgel für die Musik- und Kongresshalle, inhaltliche Ausrichtung diverser Stiftungen, Nachbau der Arp-Schnitger-Orgel im Dom, Reformierung der Musikerausbildung - all das sind Themen, die Uwe Röhl immer wieder beschäftigen.
Uwe Röhl wurde ausgezeichnet mit dem Kunstpreis des Landes Schleswig-Holstein, dem Bundesverdienstkreuz, dem Hanse-Kultur-Preis und dem höchsten Verdienstorden der Hansestadt Lübeck "Bene merenti". Er ist Ehrenmitglied im Deutschen Musikrat sowie Ehrensenator der Musikhochschule Lübeck.
Bearbeitung des Bestandes
Das vorliegende Nachlassmaterial wurde dem Archiv der Hansestadt Lübeck von Uwe Röhl zur Verfügung gestellt. Es wurde zunächst nicht bearbeitet, sondern unter den Titeln der jeweiligen Aktenordner vorläufig in Mappen abgelegt (Erwerb 3/1995, Erwerb 11/2001/ Erwerb 35/2001, Erwerb 18/2003). Es handelt sich um Unterlagen zu den beruflichen Tätigkeiten aus vierzig Jahren (1949-1989) sowie zu den fast lebenslang bestehenden besonderen Interessen Uwe Röhls.
Die Archivierung wurde von März 2003 bis Dezember 2004 vorgenommen. Eine unanfechtbare, gleichermaßen eindeutige und nachvollziehbare Gliederung des Materials war nicht möglich, im Folgenden sollen die Gründe dafür kurz erläutert werden.
Die ursprüngliche private Ordnung folgte zwar einer gewissen Systematik, jedoch war sie erstens nicht konsequent eingehalten, zweitens entsprach der vorgebliche Inhalt der meisten Ordner nicht dem tatsächlichen.
Der Bestand bietet reichhaltiges Material zu einigen Aspekten der Musikgeschichte Schleswig-Holsteins, da Uwe Röhl den größten Teil seiner Korrespondenz mit Durchschlägen führte. Wichtige Vorgänge, z. B. brisante Orgelbaufragen oder die Entwicklung der Akademie für Musik zur Fachhochschule und schließlich zur Musikhochschule, sind deshalb zu weiten Teilen lückenlos nachvollziehbar. Die Problematik der vielfältigen Überschneidungen von Fachgebieten, von Röhl erkannt, veranlasste ihn schon früh, zusätzliche Kopien von Unterlagen anzufertigen, um Mehrfachzuständigkeiten gerecht zu werden, dies erschwerte jedoch die Ordnungsarbeiten.
Weiterhin trat das Problem von Doppel- bzw. Mehrfachfunktionen auf, so kann z. B. eine Person gleichermaßen als Organist wie als Komponist erscheinen, ein Instrumentalsolist kann ebenso wirksam als Hochschuldozent tätig gewesen sein. Amtliche Korrespondenzen können Mitteilungen enthalten, die eher in den privaten Bereich einzuordnen sind, wenn gleichzeitig zum beruflichen Kontakt eine engere Bekanntschaft bzw. Freundschaft vorliegt.
Die Einteilung wurde jeweils danach vorgenommen, in welchen Gebieten die betreffenden Personen am stärksten in Erscheinung traten.
Je feiner die Differenzierung ausfällt, so undurchsichtiger wird das Material für manche Fragestellungen. Also entsteht das Dilemma, dass um einer möglichst großen Übersichtlichkeit willen scheinbar unlogische Ablagen entstehen. Wird z. B. eine Person einer Institution zugeordnet, dann stellt sich die Frage, wohin das Material zu legen ist, das nach Ausscheiden aus dieser Institution datiert. Bleibt es dennoch bei dieser Institution, dann ist das sachlich nicht richtig. Legt man den Rest unter die alphabetischen Korrespondenzen ab, dann wird dieser Bereich zu groß und die gesamte Bearbeitung unübersichtlich. Selbst das Anbringen von Verweisen kann verwirren, wenn sie ein bestimmtes Ausmaß überschreiten. Das vollständige systematische Erfassen aller Daten wäre ein unsinniges Unterfangen, denn die Möglichkeiten der Verknüpfungen sind zu groß, bzw. so groß wie die Anzahl der möglichen Benutzer des Bestands.
Naturgemäß besteht ein privater Nachlass zu einem großen Teil aus Schriftverkehr mit Personen und Institutionen. Akten wurden allerdings nur dann ausdrücklich als Korrespondenz gekennzeichnet, wenn alle anderen Dokumente davon gesondert abgelegt wurden.
Im Nachlass Uwe Röhls befanden sich an den unterschiedlichsten Stellen auch Artikel, Zeitungsausschnitte und Materialien von anderen Personen.
Es wurde versucht, dieses Material thematisch einzuarbeiten. So finden sich z. B. bei den Korrespondenzen mit Jens Rohwer auch viele von diesem verfasste Artikel, auch wenn sie kein größeres öffentliches Interesse erregt haben. Andererseits gibt es Aussagen von Jens Rohwer, die inhaltlich so sehr mit Belangen der Musikhochschule in Verbindung stehen, dass sie dort zu finden sind. Rein informative Artikel wurden thematisch, nicht chronologisch abgelegt, z. B. Zeitungsausschnitte über Orgeln in Norddeutschland unter "Orgelbaufragen", ebenso verhält es sich bei Informationen über bestimmte Personen.
Eine grundsätzliche Problemstellung bei der Bearbeitung war immer wieder die Frage, inwieweit Zusammenhänge hergestellt werden sollten. Nicht alle Vorgänge durften in einer zwar objektiven, aber leicht auch anonymen A-Z-Ablage verschwinden, die Strukturierung des Materials sollte durchaus auch den Eigenarten des Röhlschen Lebenswerk Rechnung tragen.
In vielen Bereichen ergab sich aus der chronologischen Abfolge von Dokumenten die Darstellung bestimmter Vorgänge, das wurde innerhalb der Mappen jeweils gekennzeichnet.
So sinnvoll das Herstellen von Bezügen in manchen Fällen ist - je stärker eine (zwangsläufig subjektive) Bewertung des Materials in die Ordnung eingreift, desto schwerer wird es für den späteren Benutzer, unvoreingenommen zu recherieren.
Es wurde also immer dann darauf verzichtet, Vorgänge darzustellen, wenn dazu die Hauptstränge der Klassifikation hätten getrennt werden müssen. Nur so war es möglich, den zukünftigen Fragestellungen unterschiedlichster Leser möglichst gerecht zu werden.
Der Gesamtzeitraum der Akten reicht von ca. 1914 bis 2003.
Der Umfang beträgt 6 lfd. m.
Lübeck, im Dezember 2004
Svea Regine Feldhoff
Nachtrag
Uwe Röhl starb am 12.8.2005. Nach Abschluss der Haushaltsauflösung lieferten die Kinder und die Witwe Uwe Röhls noch zwei Kartons mit Materialien an das Archiv.
Im April 2007 konnte die Archivierung des Nachlasses von Uwe Röhl abgeschlossen werden. Zahlreiche Schriftstücke ließen sich sinnvoll in die bereits angelegte Ordnung einarbeiten, in zwei Fällen mussten der Zählung zwei vollständige Mappen hinzugefügt werden (32 a und 224 a).
Die Nachtragslieferung enthielt auch Kompositionen und Kompositions-Fragmente von Uwe Röhl. Sie sind im Anhang verzeichnet.
Lübeck, im April 2007
Svea Regine Feldhoff
- Bestandssignatur
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05.5 Röhl, Uwe
- Kontext
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Archiv der Hansestadt Lübeck (Archivtektonik) >> 05 Private Archive >> 05.5 Familienarchive und Nachlässe
- Bestandslaufzeit
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1949-1991
- Weitere Objektseiten
- Zugangsbeschränkungen
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Benutzungsbeschränkung: gesperrt
- Letzte Aktualisierung
-
30.06.2025, 10:12 MESZ
Datenpartner
Archiv der Hansestadt Lübeck. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1949-1991