Bestand
Tiengen, Stadt (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Zur Herrschafts- und Archivgeschichte des Klettgau
vergleiche die Einleitung zu Bestand 116. Das schwarzenbergische
Oberamt, das seinen Sitz in Tiengen hatte, umfaßte am Ende des
Alten Reiches neben der Stadt die Gemeinden Bechtersbohl,
Dangstetten, Degernau, Erzingen, Günzgen, Küßnach, Ober- und
Unterlauchringen, Rechberg, Reckingen, Rheinheim, Schwerzen und
Wutöschingen. 1806 kamen Amt und Stadt Tiengen unter badische
Landeshoheit. 1812 ging die Standesherrschaft durch Kauf an den
Staat über.
Inhalt und Bewertung
Der Bestand enthält vor allem Akten der
schwarzenbergischen Oberamtsverwaltung.
Vorwort: Tiengen wird
zwischen 858 und 867 erstmals als Dingstätte des Albgaus genannt.
Vom Kloster St. Blasien kam es 1080 an die Herren v. Krenkingen und
von diesen wohl nach 1190 an das Hochstift Konstanz. Ob die
Einrichtung der Marktsiedlung unterhalb des alten Dorfes, aus der
sich die Stadt entwickelte, unter denen v. Krenkingen oder durch
den Bischof erfolgte, ist unbekannt. Von 1262 bis 1413 verliehen
die Bischöfe die Stadt Tiengen wieder an die Herren v. Krenkingen.
1426 verlieh König Sigismund den Blutbann in der Stadt an den
Bischof, wodurch sie der Gerichtsbarkeit der Landgrafschaft
Stühlingen entzogen wurde. Die daraus entstandenen Streitigkeiten
mit den Fürsten v. Fürstenberg konnten jedoch erst 1752 durch einen
Vergleich beigelegt werden, in dem diese endgültig auf ihre Rechte
innerhalb der Stadt verzichteten. Nach verschiedenen Verpfändungen
kam Tiengen 1482 ebenfalls als Pfand an die Grafen v. Sulz, die sie
zur Hauptstadt ihrer Grafschaft Klettgau machten. Nach deren
Aussterben im Jahr 1687 kam die Stadt an die Fürsten v.
Schwarzenberg. Sie blieb Regierungssitz der Landgrafschaft Klettgau
und der Herrschaften Tiengen, Küssaberg und Wutental, die den in
Wien residierenden Fürsten v. Schwarzenberg gehörten. 1806 fiel die
Stadt an Baden. Der vorliegende Bestand ist im Laufe des
19.Jahrhunderts nach dem im Generallandesarchiv damals angewandten
Pertinenzprinzip gebildet worden. Es wurden aus sämtlichen Archiven
der in den Jahren nach 1802 an Baden gekommenen Territorien und
Institutionen hier diejenigen Akten zusammengefasst, die Tiengen
betrafen. So spiegelt sich im jetzt erstellten
Provenienzverzeichnis (S.267) des Bestandes die Zusammensetzung der
Territorien und kirchlichen Institutionen wieder, die einen Bezug
zu Tiengen hatten. An erster Stelle sind hier die Akten zu nennen,
die aus dem Archiv der Regierung der Landgrafschaft Klettgau
kommen, die die Landesherrschaft über die Stadt ausübte. Mit 591
Akten (85,3 %) stammt der weitaus größte Teil des Bestandes
hierher. Das Archiv der Landgrafschaft zeichnet sich durch ein
detailliertes Ordnungssystem aus, das in einem überlieferten
Repertorium von 1791 (Signatur: in 68/200) belegt ist. Die
Untergliederung in Kasten, Fächer, Klassen (Classis), Abteilungen
und Orts- und Sachbetreffen findet sich auf jedem Aktendeckblatt
verzeichnet. Teilweise sind auch sämtliche in der Akte enthaltenen
Schreiben und deren Inhalt auf dem Deckblatt aufgeführt. - Nur 3
Akten (0,4 %) stammen aus Archiven anderer weltlicher
Provenienzbildner vor 1806. Eine dieser Akten könnte aus dem Archiv
der Grafen v. Sulz sein, aber möglicherweise ist sie auch mit dem
Klettgauer Archiv zusammen in das Generallandesarchiv gekommen. 23
Akten (3,3 %) rühren von kirchlichen Provenienzbildnern her. Die
meisten davon kommen aus dem sankt blasianischen Archiv und sind im
Zusammenhang mit dessen Pflicht zum Beitrag für den Kirchenbau in
Tiengen entstanden. Die wenigen bischöfliche konstanzischen Akten
hängen mit den Rechten des Bischofs als Pfandherr der Stadt
zusammen. 17 Akten (2,5 %) sind in großherzoglich badischen
Registraturen entstanden. Bei 59 Akten (8,5 %) schließlich konnte
die Provenienz nicht ermittelt werden. Auffällig an der
Provenienzzusammensetzung des Bestandes gegenüber anderen Beständen
ist der hohe Anteil der Akten der landesherrschaftlichen Regierung
in Tiengen gegenüber anderen kirchlichen und weltlichen
Herrschaftsträgern vor 1806. Was den kirchlichen Bereich betrifft,
dürfte dies darauf zurückzuführen sein, dass es keine in der Stadt
ansässige Klöster gab und dass auch keine Klosterhöfe auswärtiger
Klöster vorhanden waren. Im weltlichen Bereich fehlen die Akten der
schwarzenbergischen Zentralregierung in Wien über Tiengen, denn
diese sind im Privatarchiv der Familie in Murau (Österreich)
verblieben. Die zeitliche Überlieferung des Bestandes ergibt
folgendes Bild (gezählt wurde nur die originale Überlieferung,
nicht die Abschriften): vor 1500 ist keine Überlieferung enthalten
- 9 Akten (1,1 %) entstammen dem 16.Jahrhundert, 111 Akten (13,7 %)
dem 17.Jahr hundert, 483 Akten (59,8 %) dem 18.Jahrhundert und 205
Akten (25,4 %) dem 19.Jahrhundert. Der vergleichsweise hohe Anteil
des 19.Jahrhunderts dürfte darauf zurückzuführen sein, dass die
Landgrafschaft Klettgau nach deren Anfall an Baden im Jahr 1806
noch bis 1812 als standesherrschaft weiterbestand und daher bei
Abgabe des Klettgauer Archivs an das Generallandesarchiv noch viele
Akten des 19.Jahrhunderts mitenthalten waren. Der Bestand umfasst
693 Nummern in 6,7 lfd. m und hat eine Laufzeit von 1360- 1862. Er
wurde 1937 von Hans Dietrich Siebert durch ein Zettelrepertorium
erschlossen. Dieses wurde von Unterzeichnetem unter Verwendung des
MIDOSA-Programmes überarbeitet. Hierbei wurde der Umfang der
einzelnen Faszikel angegeben, wobei bei Akten mit Blattzählung oder
einem Umfang von bis zu etwa 10 Blatt die Blattzahl angegeben
wurde, bei sonstigen Akten unter 1 cm Umfang die Bezeichnung "1
Fasz. steht, und bei Akten ab 1 cm Umfang die Zentimeterzahl in
Schritten von 0,5 cm angegeben ist. 1 cm entspricht etwa 50 Blatt
(bei Hadernpapier), so dass sich durch diese Angaben der ungefähre
Umfang eines Aktenheftes berechnen lässt. Außerdem wurde die
Provenienz (des letzte angefallenen Schriftstücks) ermittelt und
die Filmsignatur hinzugefügt. Die Aktentitel wurden modernisiert
und im Einzelfall durch weitere Inhaltsvermerke erweitert und durch
Indices erschlossen. Beim Ortsindex sind naturgemäß die meisten
Stichworte unter "Tiengen" angefallen, obwohl Stichworte, die unter
der Rubrik auftauchen, unter der sie auch zu erwarten sind
(z.B.Mühlen unter der Rubrik "Mühlen"), in der Regel nicht noch
einmal im Index verwiesen wurden. Daher wurde versucht, durch
Untergliederung der Stichworte des Ortsbetreffs Tiengen nach
Sachgruppen eine größere Übersichtlichkeit und bessere
Benutzbarkeit dieses Indexteiles zu erreichen. Die erste Eingabe
der Aktentitel des Zettelrepertoriums in das MIDOSA-Programm
besorgte Piroschka Hedden. Karlsruhe, im Juli 1995 Reinhold
Rupp
- Reference number of holding
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Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 224
- Extent
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693 Akten (Nummernbereich 1-683)
- Context
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Ältere Bestände (vornehmlich aus der Zeit des Alten Reichs) >> Akten >> Städte >> Tiengen, Stadt
- Related materials
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Rainer Brüning/Gabriele Wüst (Bearb.), Die Bestände des Generallandesarchivs Karlsruhe, Teil 6, Bestände des Alten Reiches, insbesondere Generalakten (71-228), Stuttgart 2006, S.389
- Date of creation of holding
-
[1282] 1360-1862
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
03.04.2025, 11:03 AM CEST
Data provider
Landesarchiv Baden-Württemberg. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- [1282] 1360-1862