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Herzog Eberhard Ludwig zu Württemberg (1677-1733) erläßt folgende Rotgerber-Ordnung
Regest: 1) Wer künftig das Rotgerber-Handwerk treiben will, der soll zuvörderst bei einem Meister 3 Jahre das Rotgerben und Lederbereiten lernen, 40 fl Lehrgeld bezahlen, die Hälfte voraus, die andere Hälfte, wenn er das Handwerk halb erlernt hat. Der, welcher kein Geld bezahlen kann, soll 5 Jahre lernen, welchenfalls jedoch einem Meister erlaubt sein soll, wenn sich der Lehrjunge wohl verhält, 1/2 oder 1/4 Jahr daran nachzulassen.
2) Wofern der Meister vor Ausgang der 3 Lehrjahre mit Tod abgehen sollte, so ist zwar das anticipierte (= voraus empfangene) Lehrgeld verfallen, die Witib aber ist schuldig, den Jungen bei einem andern Meister vollends auslernen zu lassen, es sei denn daß sie tüchtiges Gesinde hat, bei welchem der Junge das noch Abgängige (= Fehlende) vollends erlernen könnte. Wenn aber nur noch entliche wenige Monate der Lehre abgehen sollten, kann der Junge als völlig ausgelernt passieren und ihm ungehindert ein Lehrbrief erteilt werden.
3) Wenn der Junge ohne genugsame Ursache vor der Zeit aus dem Dienst laufen sollte, ist nicht allein sein erlegtes Lehrgeld verfallen, sondern er auch noch nach Erkenntnis der Obrigkeit abzustrafen, es wäre denn erweislich, daß der Meister den Jungen allzu hart tractiert hätte, auf welchen Fall der Meister das empfangene Lehrgeld zurückzugeben hätte.
4) Bei Eintritt in die Lehrzeit ist ein Meisters-Sohn zum Einschreib-Geld zu erlegen schuldig 2 fl, ein Ausländer oder einer, der keines Meisters Sohn ist, 3 fl, welches auch bei dem Ausschreiben zu beobachten ist. Dem Obherrn und den Meistern aber, welche dem Ein- und Ausschreiben beiwohnen, wird für ihre Versäumnis, für alles und jedes, weiter nichts als 2 fl passiert (= zugestanden). Es soll ihnen freistehen, einem Meisters-Sohn oder Fremden die 2 fl entweder ganz oder zum Teil zu erlassen. Ein Meisters-Sohn soll 1 fl ganz befreit sein.
5) Wenn der Junge das Lehr-Geld zu bezahlen nicht im Vermögen (= nicht imstande) ist, aber Lust hat, dieses Handwerk zu erlernen, so kann der Meister, wenn er will, ihn in der Weise annehmen, daß er 5 statt 3 Jahre lernen soll, der Lehrbrief nachher jedoch nur auf 3 Jahre gestellt wird. Er kann ihm auch gemäß Artikel 1 bei Wohlverhalten 1/2 oder 1/4 Jahr daran nachlassen.
6) Nach Verfluß der Lehrzeit ist der Meister schuldig, auf seine Kosten dem Jungen einen ordentlichen Lehrbrief zu erteilen, worauf er, wenn er ein Meisters-Sohn ist, 3 Jahre, andernfalls aber 4 Jahre auf dem Handwerk zu wandern gehalten sein soll. Daran ist wenigstens auf der Zeit von 2 Jahren streng zu beharren. Wenn einer diese Wanderjahre nicht voll erreicht, soll er für das übrige eine bezw. zweite Jahr, jedoch nicht anders als mit herrschaftl. Dispensation, 5 oder 10 fl in die Lade bezahlen.
7) Wenn ein Gesell von der Wanderschaft zurückkommt und Meister werden will, so soll er Meister-Geld 4 fl und Einschreib-Geld 30 Kr in die Lade erlegen und, wenn er die Meister-Mahlzeit nicht gern in natura halten will, jedem Meister, die Zahl mag stark oder gering sein, ohne Unterschied wie auch dem Obherrn dafür bezahlen jedem 30 Kr, wofern aber die Meisterschaft in dem Ort, wo die Viertel-Lade ist, über 50 Personen sich erstrecken sollte, nur 30 Kr; die Meisters-Söhne aber und die, die eines Meisters Tochter oder Witib heiraten, geben für die Mahlzeit im ganzen 4 fl.
8) Wenn einer Meister geworden ist, soll er 3 Jahre still stehen und keinen Jungen lehren, bis diese Zeit verflossen ist.
9) Niemand soll sich künftig unterstehen, das Handwerk im Land zu treiben, er sei denn zuvor Meister geworden, bei Straf von 20 fl. Die aber, die sich bereits eigenmächtig des Handwerks angemaßt haben, können gleichwohl es forttreiben, haben aber in die Hauptlade 4 fl zu erlegen.
10) Weil der Stich-Kauf +)ausdrücklich gegen die Lands-Ordnung tit. 59 § 6 verstößt, soll kein Meister Rotgerber, Kirschner noch andern Handwerks einen Stich oder eine Haut auf dem Rind kaufen es sei von Metzgern oder Kleemeistern, bei Straf einer kleinen Frevel, so oft das übertreten wird, oder nach Umständen bei Verlust der Ware.
11) Es unterstehen sich auch nicht allein die Metzger bei ihren Kunden allerhand Häute und Felle zu erhandeln, sondern auch andere Personen mit Häuten und Fellen entgegen der fürstl. Landsordnung einen Für- und Aufkauf zu treiben und solche dann an Ausländer wieder zu verkaufen, wodurch dem Landmeister großer Abbruch geschieht, indem dadurch der Einkauf der rohen Häute merklich verteuert wird. Bei Verlust der Ware soll das verboten sein.
12) Verschiedene in- und ausländische Rotgerber, insonderheit Nachrichter und Kleemeister haben geraume Zeit im Gebrauch gehabt, daß sie einigen Meistern Gerber-Handwerks oder Metzgern von Zeit zu Zeit 50, 80 bis 100 fl auf das Gefäll oder 3 Jahre hindurch anfallende Häute von verrecktem Vieh vorgeschossen haben, wobei die Aufnehmer sich verbinden müssen, niemand als den Vorleihern dergleichen Häute zu verkaufen. Dadurch werden nicht allein die armen Meister von den reichen abgetrieben, sondern auch der Häutekauf verteuert. Ein solcher Contract ist für nichts anderes als einen Stichkauf zu halten und daher bei Straf einer kleinen Frevel oder nach Beschaffenheit der Sache bei Verlust des Kapitals verboten.
13) Weil alles Hausieren verboten ist, sollen sich alle des Hausierens mit Häuten und Fellen bei Verlust der Ware, des andern Contrahenten Straf nicht ausgeschlossen, gänzlich enthalten. Die Ausrede, dieser oder jener Sattler, Schuhmacher, Riemer oder Gürtler habe solche Ware vorher bei ihnen bestellt, soll dergleichen Hausierern nicht zustatten kommen, es könne sich denn einer mit der vorherigen Bestellung schriftlich legitimieren (= ausweisen). Die Ausländer sollen in Jahrmärkten ihre Häute und Felle auf öffentlichen Markt bringen, der Wochenmärkte aber sich gänzlich enthalten, wobei jedoch den Reutlinger und Rothenburger Meistern der Besuch der Tübinger Wochenmärkte erlaubt wird, gleichwie die Tübinger Meister es auch an diesen Orten genießen.
14) Nachdem die ausländischen Rotgerber bisher die Häute und Felle meistenteils heimlich im Land aufgekauft und zum Land hinausgeführt haben, sollen künftig alle solche Contracte bei Confiscation der Ware und ebenso großer Bestrafung des andern Contrahenten verboten sein. Falls einer die Ware legitime gekauft und verzollen oder veraccisieren will, soll kein Zeichen ausgegeben werden, es habe denn die Meisterschaft in loco contractus mündlich oder schriftlich auf die Auslosung (= Erwerbung) verzichtet.
15) Ausländische Rotgerber haben die Rinden im Land gekauft und nicht allein durch Aufschlagung (= Preisaufschlag) sie verteuert, sondern auch die inländischen Meister ganz abgetrieben. Dieses unberechtigte Vorgehen soll künftig abgestellt werden.
16) Insonderheit bedienen sich die Pfälzischen Meister der Jahrmärkte im Land, führen aber ganz ungebräuchlich geschnittene Stücke Leder, die mit dem Landmeß nicht übereinstimmen, und treiben mit solchen Stücken die Landmeister ab, reichen auch den Accis nicht ordentlich, sondern geben entweder gar nichts unter dem Vorwand, daß sie nichts erlöst haben oder werfen nur etliche Kreuzer hin. Dagegen werden die Landmeister abgeschreckt, die Pfälzischen Märkte zu gebrauchen, weil
1) sie des Meß halber ungleich in der Ware stehen,
2) die Landmeister in und aus dem Pfälzischen ihre Ware verzollen müssen, was die Pfälzer bei uns nicht zu tun brauchen,
3) die Pfälzischen die Inländer mit Schau- und Stand-Geld derart übernommen haben, daß sie wegen großer Unkosten ihre Jahrmärkte nicht gebrauchen können.
Um diese Ungleichheit abzustellen, soll künftig im Land im Kaufen und Verkaufen bei In- und Ausländern nur einerlei Landmeß bei Straf der Confiscation der Ware geduldet werden. Auch sind alle Ausländer im Accis, Schau- und Standgeld im Land auf Jahrmärkten künftig zu behandeln, wie die inländischen Meister außer Landes bei jedem Stand des Reichs behandelt werden.
17) Das Ledermeß im Lande soll bei allen Meistern die Spangen zu dreierlei Gattung geschnitten werden: für die Bauernschuhe 12 Zoll, für die Modeschuhe 11 und für die Weiberschuhe 10 Zoll.
18) Die Handelsleute und Krämer im Lande schneiden hin und wieder das hereinkommende Pfund- und Sohlenleder stücklen- oder sohlenweis aus. Das zieht den Meistern Gerberhandwerks im ganzen Land große Beschwerde über den Hals, da doch die Landgerber eben dergleichen Leder in der Qualität und Quantität zu verfertigen sich anerbieten, zu geschweigen, daß durch allzuviele Einfuhr und Stücklenweis-Ausschneidung des fremden Leders das Geld außer Landes geführt, hingegen der Häute-Verkauf im Land wegen schlechten Vertriebs des inländischen Leders unwert gemacht wird, was dem Commercio in Zoll und Accis nicht wenig Schaden bringt. Künftig soll in Städten und Dörfern den Kaufleuten und Lederhändlern den Sohlen-Ausschnitt zu treiben verboten sein und die Übertreter jedesmal mit einer großen Frevel-Straf angesehen werden. Insonderheit sollen sich die Handelsleute nach Möglichkeit des inländischen Leders in der Handlung bedienen, damit der Abgang der Häute und Felle desto mehr befördert, das Geld auch soviel möglich im Land behalten werde.
19) Geraume Zeit her haben sich nicht allein die Riemer und Sattler eigenmächtig unterstanden, rohe und haarige Häute einzuhandeln und zu Verhütung der Strafe außer Lands gerben zu lassen, da sie doch dieses Handels nicht anders befugt sind, als was sie selbst auf ungarisch gerben können, sondern es maßen sich auch die Schuhmacher neben diesem Exzeß und Eingriff in der Rotgerber Handwerk an, entgegen der Krämer-Ordnung Art.n5 den Lederhandel zu treiben, da doch der Lederhandel ihnen allein in soweit zukommt, daß ein Meister dieses Handwerks in Jahrmärkten und anderswo allein soviel Leder, als er zu seinem Handwerk braucht, einzuhandeln berechtigt ist. Um dieser Unordnung abzuhelfen, sollen alle bisherigen Dispensationes aufgehoben sein, die Krämer-Ordnung hierin in Kraft bleiben, die Übertreter aber mit empfindlicher Strafe angesehen werden.
20) Obwohl sowohl in der Lands-Ordnung als in dem erst vor etlichen Jahren ergangenen General-Rescript den Untertanen alles Commercieren mit den Juden scharf verboten worden ist, so tun dennoch diese an den Grenzen, vornehmlich gegen die Pfalz, auch anderswo, mit bösem und übel zugerichtetem Leder heimlich hausieren und gegen rohe Häute verstehen (= vertauschen?), was nicht allein ein schädlicher Auf- und Fürkauf zu nennen ist, sondern es wird auch der Untertan mit diesem eingetauschten keinnützen Leder gröblich betrogen. Um dem künftig vorzubeugen, sollen auf jedesmaliges Betreten, wenn es ein Tausch ist, beide Sorten, oder, wenn es ein Kauf nach Maßgab der Landeordnung ist, entweder die Ware oder der Erlös dem einen Teil weggenommen und confisciert werden.
21) Weil aber sehr viel an der Häute- und Leder-Schau gelegen ist, so wäre neben einer Gerichts- oder Rats-Person ein Rotgerber, Sattler und Schuhmacher beizuziehen, welche dazu insonderheit zu beeidigen sind und denen zu ihrer Belohnung für jede Haut zu schauen in Stuttgardt 1 Kr, auf dem Land 1/2 Kr und vom Dutzend Felle, worunter die Haut auch zu verstehen ist, 2 Kr gereicht werden sollen. Diese Häute und Felle sind hernach ohne weiteres Beschauen aller Orten zu passieren. Wenn in einem oder anderen Amt bisher ein Gewisses für das Schaugeld determiniert (= bestimmt) gewesen wäre, so mag es dabei verbleiben.
22) Kein Meister Rotgerber-Handwerks soll eingekauftes Leder, sondern nur, was er selber gerbt, auf den Markt bringen. Nur wenn etwa einem armen Meister das Sohlleder ausgehen täte und er zur Erhaltung seiner Kundschaft eine Haut oder etliche, bis er selber wieder aufhängt, nötig hätte, kann er etliche Stücke, jedoch nur in seinem Wohnort von den Gerbern oder von einem andern Meister im Land kaufen.
23) Wenn in einem Ort wenig Wasser wäre, auch sonst die Gelegenheit nicht zuliesse, in loco das Handwerk zu treiben, folglich ein Meister sich aus Not auf den Lederhandel einigermassen legen müsste oder wollte, so mag er den Lederhandel mit inländischem Sohlleder, auch anderem ausländischem Leder, welches sonst auch im Land von den Rotgerbern fabriciert zu werden pflegt, treiben.
24) Kein Meister im Land soll befugt sein, Hundshäute zu gerben oder zu bereiten. Wer solches übertritt, soll bei dem Rotgerber-Handwerk nicht geduldet werden.
25) Es soll künftig den Meistern im Land erlaubt sein, die rauhen Häute bei dem Pfund zu kaufen bei Metzgern, Bürgern oder Bauern.
26) An Jahrmärkten sollen die Fremden, sie mögen In- oder Ausländer sein, vor 12 Uhr nicht auslegen noch feilhaben, die einheimischen Meister aber zuvor nach alter Observanz miteinander losen und beim Los eine ordentliche Umfrag halten dergestalt, dass zuerst die Meister an dem Ort, wo der Jahrmarkt gehalten wird, unten sich selbst, hernach um 12 Uhr die inländischen, welche vor den ausländischen Meistern den Vorstand (= Vorzug, Vorrang) haben, miteinander losen sollen.
27) Der Wochenmärkte hat sich kein ausländischer Meister ohne besondere Erlaubnis zu bedienen. Die Inländer aber können von 8 bis 12 Uhr feilhaben. Zur Zeit und bis auf anderweite Verordnung sind die Esslinger, Reutlinger und Rothenburger Meister wie die inländischen zu behandeln.
28) So oft ein Jahr- oder Wochenmarkt gehalten wird, soll ein jeder fremde Meister gehalten sein, seine mitgebrachte Ware zuerst in das Waaghaus zu bringen und allda schauen zu lassen, wo aber kein Waaghaus vorhanden, dennoch nichts Ungeschautes zu verkaufen bei Verlust der Ware.
29) Insonderheit soll in allhiesiger Residenz und zu Tübingen, da es jede Woche zwei Märkte gibt, weder von in- oder ausländischen Meistern Leder zwischen den Wochenmärkten hereingeführt noch in einem andern Ort als in dem Waag- oder Rathaus abgeladen werden, damit kein Schlaich (= Schmuggel), Zoll- und Accis-Defraudation vorgehen kann.
30) In Jahr- und Wochenmärkten soll kein Meister den andern die Käufer von dem Stand hinwegrufen und einem in den Kauf fallen oder sein Stück Brot schmälern bei Strafe von 1 fl in die Lade, so oft hiewider gehandelt wird.
31) Wenn ein Jahr- oder Wochenmarkt zu End geht, soll jeder aus- oder inländische Meister seine unverkaufte Ware wieder mit sich hinwegnehmen oder, wenn er sie nicht sofort mitnehmen kann, im Waaghaus liegen lassen, keineswegs aber in Privathäusern aufstellen bei Confiscation der Ware.
32) An Sonn- und Feiertagen soll keiner über Feld oder seiner Nahrung nach ausgehen, nichts ein- oder verkaufen, auch kein Meister, Gesell noch Junge in Mühlen oder sonstwo etwas arbeiten, es wäre denn der grösste Notfall, was der Obrigkeit jeden Orts glaubwürdig anzuzeigen ist, oder dass einem die Ware verdürbe, bei Straf von 1 Pfund Heller in den Armenkasten.
33) Weil aber zu Erhaltung guter Ordnung am meisten daran gelegen ist, dass die Laden in gutem Stand erhalten und ordentliche Zusammenkünfte zu Abstellung und Abstrafung der einreissenden Stimpeleien (= Pfuschereien) gehalten werden, so sind solche in 2 Hauptladen und zwar für die Meister unter der Steig in Stuttgart, für die ob der Steig zu Tübingen und Particulier-Laden oder Zusammenkunft einzuteilen. Die Generalzusammenkunft soll alle 4 Jahre in Stuttgart gehalten werden, wozu die Particulier-Laden per deputatos erscheinen, ihre Gravamina (= Beschwerden) vorbringen und zu deren Abstellung der Verhandlung beiwohnen und bei der Umfrag ihre Stimme und Gutachten mitteilen, zu Erhaltung der Hauptladen aber von jedem Meister 15 Kr Leg-Geld mitbringen sollen.
34) Die Viertel-Laden sollen eingeteilt werden in Stuttgardt, Schorndorff, Backnang, Vayhingen an der Entz, Beßigheimb und Neuenstatt.
(Es folgt die Zuteilung der Ämter zu den Hauptladen Stuttgardt und Tübingen).
35) Bei obigen Leg-Städten ++) sollen jährlich auf Lichtmeß die darein gehörigen Meister erscheinen, 10 Kr Leg-Gelder mitbringen, ihre Klagen mit Bescheidenheit vortragen, Jungen aus- und einschreiben lassen, wiewohl zwischen der Zeit ihnen dies auch unverwehrt bleibt.
36) Wenn aber in einer Leg-Stadt mehr Meister sich befinden, können dieselben, wie in Stuttgardt zu geschehen pflegt, ausser der jährlichen Zusammenkunft wohl auch alle Quartale oder so oft auf des jüngsten Meisters Umsagen zusammenkommen und wegen des Handwerks Angelegenheit miteinander deliberieren (= überlegen, beraten). Ein Meister, der dabei gar nicht erscheint, soll 15 Kr, wer aber 1/4 Stunde nach dem Glockenstreich nicht da ist, 6 Kr zur Strafe erlegen, es sei denn dass einer erhebliche Ursachen hätte auszubleiben. In diesem Fall soll er sich neben Überschickung seiner Schuldigkeit entschuldigen lassen. Dabei ist zu merken, dass alle Strafen, die in dieser Ordnung enthalten sind und über einen Gulden laufen, der Herrschaft allein zugehören, von den Strafen aber, die der Lade zu gut gehen und sich über 1 fl nicht erstrecken, die Hälfte, wie es bei andern Handwerkern auch in usu (= üblich) ist, in den Armen-Kasten kommen soll.
37) Bei allen dergleichen General- und Particular-Zusammenkünften soll jeder Meister verbunden sein, alles, von dem er weiss, dass es wider diese neu ergangene Ordnung gehandelt worden ist, anzuzeigen. Widrigenfalls hat er nicht nur 1 fl Strafe in die Lade zu bezahlen, sondern ist auch schuldig, der Herrschaft die in dieser Ordnung enthaltene Legal-Straf zu entrichten, wenn man sich an dem Delinquenten nicht selbst mehr erholen kann.
38) Keiner soll bei dergleichen Zusammenkünften reden oder viel Geschrei verursachen, ehe die Umfrage an ihn kommt, bei Strafe von 30 Kr.
39) Wenn ein Meister bei angesagten Zusammenkünften 3mal hintereinander ausbleiben, seine Praestanda (= Abgaben, Beiträge) nicht überschicken, noch sich rechtmässigen Ausbleibens halber entschuldigen lassen würde, soll sein erstes Ausbleiben mit einer Strafe angesehen, der fernere Ungehorsam aber dem Beamten Loci angezeigt und diesem die Untersuchung und Andictierung der Strafen überlassen, einem solchen Meister auch kein Junge aus- und eingeschrieben, kein Gesinde ihm zu halten mehr erlaubt, sondern er für einen Stimpler (= unzünftigen Pfuscher) erklärt werden.
- Reference number
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A 2 c (Zünfte) Nr. A 2 c (Zünfte) Nr. 2668
- Extent
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16 S.
Folio
- Formal description
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Beschreibstoff: Pap.; gedruckt
- Further information
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Bemerkungen: +) Fischer: Schw. WB: Stich = abgestochenes Stück Rindvieh
++) siehe Fischer: Schw. WB: unter "Legstatt"
Genetisches Stadium: Or.
- Context
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Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18) >> Bd. 8 Zünfte Gerber
- Holding
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A 2 c (Zünfte) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18)
- Date of creation
-
um 1700
- Other object pages
- Last update
-
20.03.2025, 11:14 AM CET
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Object type
- Archivale
Time of origin
- um 1700