Bestand

C Rep. 304 Bezirksvertragsgericht Berlin (Bestand)

Vorwort: C Rep. 304 - Bezirksvertragsgericht Berlin

1. Behördengeschichte

Mit Verordnung vom 06. Dezember 1951 wurde ein Staatliches Vertragsgericht der DDR errichtet, das als wirtschaftsleitendes Organ dem Ministerrat der DDR direkt unterstellt war. Zu seinen Aufgaben gehörte, die Regelung von Vertragsbeziehungen zwischen der Volkseigenen Wirtschaft, Vereinigungen, Hauptverwaltungen und Handelsorganen. Das Gericht gliederte sich in ein zentrales Vertragsgericht und in Landes- bzw. Bezirksvertragsgerichte.
Parallel zur Bildung des Zentralen Vertragsgerichts und der Vertragsgerichte der Länder wurde im Jahr 1952 das Vertragsgericht beim Magistrat von Groß-Berlin gebildet. Es sollte zur beschleunigten Einführung des allgemeinen Vertragssystems sowie zur Festigung der Vertrags- und Plandisziplin im Zuständigkeitsbereich beitragen.
Grundlage seiner Tätigkeit war die Vertragsgerichtsverordnung der DDR mit einzelnen Veränderungen bzw. Spezifizierungen: Es durfte nur Verfahren in Gestaltungssachen mit Streitwert bis 100.000 DM und in Forderungssachen bis 10.000 DM durchführen. Höhere Streitwerte wurden erstinstanzlich im Zentralen Vertragsgericht verhandelt. Das Berliner Vertragsgericht nahm zunächst einen "Sonderstatus" ein, weil es nicht dem Zentralen Vertragsgericht unterstand, sondern dem Magistrat, was seine Tätigkeit teilweise erschwerte. Das änderte sich mit dem Erlass der neuen Vertragsgerichtsverordnung von 1959, nach der nun auch das Berliner Vertragsgericht dem Zentralen Vertragsgericht unterstellt wurde und alle Verfahren erstinstanzlich selbst entschied, während das Zentrale Vertragsgericht sich auf Grundsatz-, Gesetzgebungs- und Nachprüfungsarbeit konzentrierte. Das Vertragsgericht Berlin entschied nun auch Verfahren mit höherem Streitwert, wie Importstreitigkeiten, was sich wiederum positiv auf dessen Struktur, Stellenplan und Haushalt auswirkte. Es konnte somit verstärkt zur Entwicklung von Grundsätzen in der Spruchpraxis beitragen. Eingang in das wirtschaftliche Vertragsrecht der DDR fanden Begriffe wie "Überleitungsvertrag", "Kooperationssicherungsverfahren" und "Exportkommissionsvertag", die maßgeblich auf den Berliner Erfahrungen basierten.
Neben der Durchführung von Vertragsschiedsverfahren war das Vertragsgericht Berlin auch immer Ausbildungsstätte für Wirtschaftsjuristen.
Mit dem Erlass der Registerverordnung vom 16. Oktober 1968 durch den Ministerrat der DDR wurden die Räte der Kreise und der Magistrat verpflichtet, die Register der Volkseigenen Wirtschaft an die Bezirksvertragsgerichte zu übertragen. Diese wurden zuvor bei den Abteilungen Finanzen der Räte der Kreise, in Berlin bei der Abteilung Finanzen des Magistrats, geführt.

"Führung des Registers der volkseigenen Wirtschaft

Mit der Gründung juristischer Personen als Träger des Volkseigentums war die Grundsatzfrage zu entscheiden, ob volkseigene Betriebe, Vereinigungen volkseigener Betriebe (VVB) und Kombinate lediglich in den Unterlagen der übergeordneten Organe und der Zentralverwaltung für Statistik erfasst oder zum Nachweis einer Rechtspersönlichkeit in einem gesonderten Register eingetragen werden.
Mit der 4. Durchführungsbestimmung vom 07. April 1952 über Maßnahmen zur Einführung des Prinzips der wirtschaftlichen Rechnungsführung in den Betrieben der volkseigenen Wirtschaft - Register der volkseigenen Wirtschaft (GBl. S. 290) - wurde festgelegt, dass die VEB in ein neu zu schaffendes Register einzutragen seien, das von den Räten der Kreise, Abteilung Finanzen, geführt wurden. In Berlin, Hauptstadt der DDR, galt von Anfang an die Besonderheit, dass dieses Register nicht von den Räten der Stadtbezirke sondern vom Magistrat, Abteilung Finanzen, geführt wurde.
Die Register dienten einmal dem innerstaatlichen Nachweis des Bestandes der juristischen Person. Außerdem konnten Auszüge aus dem Register von Außenhandelsbetrieben und VEB angefordert werden, wenn der Bestand der juristischen Personen gegenüber einem kapitalistischen Außenhandelskunden in Vorbereitung von Exporten der DDR nachzuweisen war. Durch ausländische Interessenten war … eine direkte Anforderung von Registerauszügen ausgeschlossen.
…, beschloss der Ministerrat der DDR den Erlass der Registerverordnung am 16. Oktober 1968 (GBl. I, S. 968). Die Räte der Kreise, in Berlin der Magistrat wurden verpflichte, die Register mit den gesamten Beständen den zuständigen Bezirksvertragsgerichten zu übertragen.
Das Register der volkseigenen Wirtschaft nahm im Vertragsgericht Berlin die Tätigkeit am 01. April 1969 auf. …
Da die Verordnung vom 08. November 1979 über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe Änderungen enthielt, die auch auf das Registerrecht einwirkten, beschloss der Ministerrat der DDR am 10. April 1980 den Erlass einer überarbeiteten Registerverordnung.
In das Register der volkseigenen Wirtschaft werden eingetragen: der volle Name der juristischen Person, das übergeordnete Organ, der Name und Vorname des Direktors sowie der stellvertretenden Direktoren als gesetzliche Vertreter. Gleichzeitig eingetragen werden die Beendigung der Rechtsfähigkeit und das Erlöschen der Vertretungsbefugnisse.
Seit 1952 werden in das Register der volkseigenen Wirtschaft 1.722 [bis 1986] volkseigen Betriebe, VVB und Kombinate eingetragen. Von diesen Bestand am 31. Dezember 1986 646 juristische Personen (Wirtschaftseinheiten). …"
Quelle: LAB C Rep. 304, Nr. 3

Ab April 1969 führte das Vertragsgericht Berlin das Handelsregister C und verwaltete die Akten der Handelsregister A und B (HRA und HRB), für die Betriebe und Gesellschaften, die nach 1945 auf dem Territorium Ost-Berlins abgemeldet wurden.
Seit 1969 führte das Berliner Vertragsgericht unterschiedliche Bezeichnungen und hatte verschiedene Sitze - zuletzt, ab 1977 "Ministerrat der DDR, Staatliches Vertragsgericht, Vertragsgericht der Hauptstadt der DDR, 108 Berlin Behrenstraße 42 - 45".
1990 wurde die Behörde aufgelöst und als Kammer für Handelssachen und Handelsregister dem Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte angegliedert. Ab September 1990 übernahm das Amtsgericht Charlottenburg dessen Amtsgeschäfte.

2. Bestandsgeschichte und -beschreibung

Die Überlieferung gelangte durch mehrere Abgaben in das Stadtarchiv Berlin und das Landesarchiv Berlin.

Im Januar 1988 wurden 79 Akten dem damaligen Stadtarchiv Berlin, v. a. Geschäfts-und Verwaltungsschriftgut der Leitung des Gerichts als wirtschaftsleitendes Organ (wie Leitungssitzungen, Rechenschafts- und Jahresberichte), Festschriften, eine Bilddokumentation und einzelne Zusammenfassungen von Schiedsgerichtsverfahren vom Direktor des Bezirksverwaltungsgericht Dr. Kelm als Zugang 805/88 übergeben. Im Mai 1990 wurden dem Stadtarchiv Berlin erneut 2,00 lfm Akten mit der Laufzeit 1960-1989 vom Bezirksvertragsgericht Berlin übergeben. Der Bestand enthält nur sehr wenige Unterlagen des Registers der Volkseigenen Wirtschaft (Handelsregister C - HRC), fast ausschließlich die Sammelbände mit den Registereinträgen. Die Einzelakten verwahrt nach wie vor das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg.

Mit Übernahmen aus den Amtsgerichten Berlin-Mitte und Berlin-Charlottenburg in den 1990er Jahren gelangten die Handelsregisterakten der Handelsregister A (HRA) und Handelsregister B (HRB) ins Landesarchiv Berlin. Die für den Ostteil der Stadt zutreffenden Handelsregisterakten wurden, soweit es möglich war, diesem Bestand zugeordnet. Zu beachten ist jedoch, dass sich sowohl im Bestand Amtsgericht Berlin-Charlottenburg (B Rep. 042) als auch im Bestand Amts- und Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte (C Rep. 341) noch weitere Handelsregisterakten befinden. Im Bestand Amts- und Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte (C Rep. 341) wären das v.a. Teile des Genossenschaftsregisters, was hauptsächlich mit den Aufgabenzuordnungen nach 1990 zusammenhängt.

Im Jahr 2012 übergab das Landgericht Berlin eine Auswahl von Akten aus zivilrechtlichen Streitverfahren der Jahre 1990/1991. Es handelt sich hier v. a. um Vertragsstreitigkeiten, wie offene Zahlungen oder nicht erfüllte Vertragsverpflichtungen, die in der Regel durch die Auflösung, Liquidierung bzw. Umbildung in andere Eigentumsformen ehemaliger volkseigener Betriebe (VEB) und Handelsbetriebe mit deren Vertragspartnern entstanden sind. In ganz wenigen Einzelfällen sind auch Verpflichtungen gegenüber Einzelpersonen dokumentiert.

Aufgrund dieser zeitlich weit auseinander liegenden Aktenübernahmen und deren Zusammenfassung im Bestand Bezirksvertragsgericht Berlin (C Rep. 304) weist dieser keine durchgehende Nummerierung aus. Den Hauptanteil des Bestandes macht die Überlieferung der älteren Handelsregister A und B aus, die vom Amtsgericht Charlottenburg kamen. Bei der Herauslösung aus diesem Bestand wurden dessen Nummern beibehalten.

Die Überlieferung der Leitung des Gerichts wurde 2013 im Rahmen eines Schülerpraktikums von Stephan Neitmann retrokonvertiert und die Akten der zivilrechtlichen Streitverfahren wurden 2014 mit der Software Augias-Archiv 8.3. in der Datenbank erfasst.

Somit umfasst der bisherige Gesamtbestand 2964 Akten (26,4 lfm) mit der Laufzeit 1945 - 1991.

Die Akten sind, zum Teil, auf Grund archivgesetzlicher Bestimmungen nach § 9 Archivgesetz Berlin (ArchGB) vom 25. März 2016 für die Benutzung befristet gesperrt. Nach § 9 Abs. 4 ArchGB kann eine Verkürzung der Schutzfristen auf Antrag erfolgen. Dazu bedarf es der besonderen Zustimmung des Landesarchivs Berlin.

Der Bestand wird wie folgt zitiert: Landesarchiv Berlin, C Rep. 304 Bezirksvertragsgericht Berlin, Nr. … .

3. Korrespondierende Bestände

Landesarchiv Berlin, C Rep. 105 - Magistrat von Berlin, Abteilung Finanzen
Landesarchiv Berlin, C Rep. 106 - Magistrat von Berlin, Abteilung Wirtschaft
Landesarchiv Berlin, C Rep. 341 - Amts- und Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte
Landesarchiv Berlin, B Rep. 042 - Amtsgericht Charlottenburg

Bundesarchiv, Dienststelle Berlin - DE 7 - Zentrales Staatliches Vertragsgericht (www.bundesarchiv.de)

4. Literaturhinweise

Kelm, Gerhard Dr.: Vertragsgericht Groß-Berlin in Daten und Zahlen, 1952-1969, Übersicht anlässlich des 20. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1969 (LAB Bibliothek Nr. 07118).
Kelm, Gerhard Dr.: 25 Jahre Vertragsgericht der Hauptstadt Berlin, 1952-1977 (LAB C Rep. 304 Nr. 1).
Kelm, Gerhard Dr.: Vertragsgericht Berlin 1952-1987 (LAB C Rep. 304 Nr. 2).


Berlin, März 2016 Monika Schmidt, Kerstin Bötticher, Stephan Neitmann

Reference number of holding
C Rep. 304

Context
Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> C Bestände (Ost-) Berliner Behörden bis 1990 >> C 4 Alliierte und Behörden der DDR mit regionaler Zuständigkeit >> C 4.2 Behörden der DDR

Date of creation of holding
(1865), 1952 - 1987, 1989 -1991

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • (1865), 1952 - 1987, 1989 -1991

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