Bestand
Wiedergutmachungsakten (Bestand)
Bestandsbeschreibung: Wiedergutmachung Begriffsbestimmung Unter Wiedergutmachung versteht man allgemein Maßnahmen zur materiellen Entschädigung von Verfolgten des nationalsozialistischen Regimes. Dabei ist der Begriff ”Wiedergutmachung“ schon irreführend, da mit ihm die Vorstellung verbunden ist, dass man das in der NS-Zeit begangene Unrecht wiedergutmachen kann. Man kann bei der Wiedergutmachung nach Globalentschädigung an andere Staaten bzw. Völker und nach Individualentschädigung an Einzelpersonen differenzieren. Bei der Individualentschädigung gab es folgende Maßnahmen: •Rückerstattungen enteigneter Grundstücken und anderen Vermögenswerten an die ehemaligen Eigentümer oder deren Rechtsnachfolger •Geldzahlungen zum Ausgleich der Schäden durch Freiheitsverlust, Schäden an der Gesundheit oder Schäden beim beruflichen Fortkommen •Sonderregelungen auf dem Gebiet der Sozialversicherung •Juristische Rehabilitierung (Ausbürgerung; Aberkennung akademischer Grade) Alliierte Gesetzgebung / Zonenanweisung HQ 20/2900 Die Amerikaner hatten 1945 bereits ein komplettes Gesetzespaket zur Wiedergutmachung mitgebracht, das 1947 von der britischen Militärregierung für die britische Zone annähernd vollständig in der Zonenanweisung HQ 20/2900 übernommen wurde. Das Verfahren war jedoch uneinheitlich. Beim Wohlfahrtsamt des Rheinisch-Bergischen Kreises wurde ein Kreissonderhilfsausschuss eingerichtet, der über die Anträge entscheiden sollte. Es gab einheitliche Formulare, mit denen der Geschädigte Entschädigung als früherer Häftlich der Konzentrationslager beim Sonderhilfs-Ausschuss beantragen konnte. Der Ausschuss war mit zwei Vorsitzenden (einem Rechtsanwalt und einem Oberregierungsrat), mit einem Beisitzer und mit einem Schriftführer besetzt. Neben dem ausgefüllten Formular und nach Möglichkeit Belegen zur Haftzeit, musste der Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung abgeben, dass er nie Mitglied der NSDAP oder einer der ihr abgeschlossenen Verbände angehört hat. In einer Ausschusssitzung verhandelte und entschied dann der Sonderhilfs-Ausschuss über den vorliegenden Fall. Bei Anerkennung als politisch, rassisch oder religiös Verfolgter hat der Antragsteller einen Sonderausweis mit Lichtbild ausgestellt bekommen. Gesetz über die Entschädigung für Freiheitsentziehung aus politischen, rassischen und religiösen Gründen vom 11. Februar 1949 Am 11. Februar 1949 erließ die Landesregierung Nordrhein-Westfalen das Gesetz über die Entschädigung für Freiheitsentziehung aus politischen, rassischen und religiösen Gründen. Antragsberechtigt war, wer in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 wegen seiner politischen Überzeugung, seiner Rasse, seines Glaubens oder seiner Weltanschauung länger als sechs Monate inhaftiert war und daher als politisch, rassisch oder religiös Verfolgter anerkannt worden ist. Als Freiheitsentziehung im Sinne des Gesetzes galten auch a) Inhaftnahme durch die NSDAP, ihre Gliederungen oder eine andere von ihr beauftragte Stelle, b) Zuweisung zu einer Wehrmachtsstrafeinheit, insbesondere zu einem Bewährungs- oder Strafbataillon (z. B. 999 und 500), c) Ghetto-Aufenthalt, d) Einweisung in ein Zwangsarbeitslager, e) illegales Leben, um sich nationalsozialistischer Verfolgung zu entziehen Zusätzlich muss der Antragsteller am 1. Januar 1948 seinen ständigen Wohnsitz im Lande Nordrhein-Westfalen haben. Darüber hinaus musste der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes bei der für den Wohnsitz des Antragstellers zuständigen Wiedergutmachungs- und Betreuungsstelle gestellt werden. Beim Rheinisch-Bergischen Kreis wurde aufgrund des Gesetzes ein Ausschuss für die Entschädigung für Freiheitsentziehung für den Rheinisch-Bergischen Kreis. Bundesentschädigungsgesetz vom 1. Oktober 1953 Eine erste bundesweit einheitliche gesetzliche Regelung enthielt das Bundesentschädigungsgesetz vom 1. Oktober 1953. Anspruchsberechtigt waren danach deutsche Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz in Westdeutschland hatten. Die Entschädigungssumme war jedoch auf fünf Mark pro Tag ”Freiheitsentzug“, der in einem KZ, Ghetto oder Zuchthaus begrenzt. Die Anträge wurden weiterhin beim Kreiswohlfahrtsamt gestellt, wurden dann jedoch der Bezirksregierung zur Prüfung und Entscheidung vorgelegt. Bundesentschädigungsgesetz vom 29. Juni 1956 Das Bundesentschädigungsgesetz vom 29. Juni 1956 war etwas großzügiger gestaltet, Anspruchsvoraussetzung war jedoch immer noch der Wohnsitz in Deutschland. Ausgeschlossen waren ebenfalls sowjetische Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter , ausländische Kommunisten, Roma, Sinti, Jenische, Euthanasieopfer, Zwangssterilisierte , als ”asozial“ Verfolgte sowie Homosexuelle. Auch die Novellierung des Bundesentschädigungsgesetzes von 1965 brachte keine umfassende Wiedergutmachung aller durch das NS-Regime verfolgten Gruppen. Erst die Diskussion im Rahmen der US-Sammelklagen Ende der 1990er und Anfang der 2000der Jahre brachte dann eine wirkliche Entschädigung aller Verfolgtengruppen, die jedoch für etliche Verfolgte bereits zu spät kam. Der Bestand Best. 121 wurde im Januar und Februar 2017 komplett neu nach den Empfehlungen der Arbeitsgruppe der Archivreferentenkonferrenz verzeichnet und z.T. umgebettet (bis Best. 121 A 416).
- Reference number of holding
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Best. 121
- Context
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Kreisarchiv des Rheinisch-Bergischen Kreises (Archivtektonik) >> Rheinisch-Bergischer Kreis >> Soziales >> Kriegsfolgen
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06.03.2025, 6:28 PM CET
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Object type
- Bestand