Bestand

GS 7 - Evangelische Studentengemeinde Tübingen (Bestand)

Einleitung: ===== Zur Geschichte der ESG Tübingen =====
===== Vorgeschichte =====
Die Geschichte der Evangelischen Studentengemeinde Tübingen beginnt um 1895 unter dem Namen "Deutsche Christliche Studenten-Vereinigung" (DCVS). Diese christliche Studentenvereinigung hatte es sich zum Ziel gesetzt, "Jesus zum König in eines jeden Studenten Herz und Leben zu machen."[1] Mit missionarischem Impetus wurden Bibelstunden, Vorträge, aber auch gesellige Abende veranstaltet. Die DCVS betrachtete es als ihre Aufgabe, "nicht nur Mitglieder, sondern so viel[e] Studenten wie möglich in persönliche Berührung mit dem Heiland zu bringen und sie zur Mitarbeit für Ihn zu bewegen."[2] Der Treffpunkt für ihre studentisch-missionarische Arbeit und das gesellige Leben war das Haus am Österberg Nr. 2. Dieses Gebäude, das seit 1938 den Namen Adolf-Schlatter-Haus trägt, war das Eigentum des "Württembergischen Altfreunde-Verbands der christlichen Studentenbewegung e.V.". Diesem Verband war es ein Anliegen, jungen evangelischen Studenten und Studentinnen für ihren Glauben und ihre Glaubensfragen eine Heimat zu bieten. Daher bestand für Studierende auch die Möglichkeit im Schlatterhaus zu wohnen, die angegliederte Mensa zu besuchen und sich in der Studierendengemeinde zu engagieren.
Die Deutsche Christliche Studenten-Vereinigung und der Württembergische Altfreunde-Verband wurden 1938 durch die Nationalsozialisten aufgelöst. Die Auflösung kam für die DCVS und den Altfreunde-Verband nicht überraschend, daher hatten sie vorsorglich den gesamten Tübinger Grundbesitz, u.a. das Adolf-Schlatter-Haus, schenkungsweise der Evang. Landeskirche übertragen. Die Landeskirche verpachtete die Grundstücke an die neugegründete "Gesellschaft zur Förderung christlicher Erkenntnis zum Zweck der evangelischen Studentenbetreuung".[3] Diese Gesellschaft bestand aus den Mitgliedern des aufgelösten Altfreunde-Verbandes und existierte bis April 1948. Danach formierte sich der Württembergische Altfreunde-Verband erneut, nannte sich jedoch ab 1957 "Evangelische Akademikerschaft in Deutschland, Landesverband Württemberg". Der Verband hatte sich nach seiner Wiedergründung entschlossen, die Trägerschaft für das Schlatterhaus zu übernehmen und war durch rege Korrespondenz mit den jeweiligen Studentenpfarrern und Vertrauensstudierenden bis zu Beginn der 1980er Jahre eng mit der ESG verbunden.[4] Ab 1982 wurde die Verwaltung des Schlatterhauses der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde übergeben.
===== Das Studentenpfarramt und seine Studentenpfarrer und -pfarrerinnen =====
Die Betreuung der Studenten und Studentinnen durch den Studentenpfarrer begann erst im Jahre 1929 durch Wilhelm Pressel, der hauptamtlich als Klinikpfarrer amtierte.[5] Zuvor erfuhren die Studenten durch die Theologie-Professoren Adolf Schlatter und Karl Heim eine ehrenamtliche "Lebensbegleitung".[6] Nachfolger von Wilhelm Pressel war ab 1933 Ewald Burger, der 1938 von Eberhard Müller abgelöst wurde. Eberhard Müller amtierte seit 1935 als Generalsekretär der DCVS und leitete das Studentenpfarramt bis er 1940 zur Wehrmacht eingezogen wurde. Nach dem Krieg leistete Hans Stroh von 1946 bis 1951 Wiederaufbauarbeit in der Studentenarbeit. Konrat Weymann übernahm das Amt bis 1957 und Hans Schmidt folgte bis 1960. Eine längere Zeit prägte Hans Aichelin die studentische Arbeit, bis 1968 Theophil Steudle das Ruder übernahm und das ESG-Gemeindeschiff durch unruhige Zeiten manövrierte. 1976 wurde eine zweite Studentenpfarrerstelle auf Waldhäuser-Ost eingerichtet, die nacheinander mit Gottfried Dufft, Wolfgang Wagner und Ludwig von Dobeneck besetzt wurde. Das Studentenpfarramt I übernahm ab 1977 Klaus Bannach, der das Amt zehn Jahre später erstmalig an ein Pfarrerehepaar, Karl-Theodor Kleinknecht und seine Frau Eleonore Sumalvico-Kleinknecht, weitergab. 1993 folgten das Pfarrerehepaar Susanne und Romeo Edel. Thomas Hörnig wurde 2001 Studentenpfarrer. Mit seiner Amtszeit endet die Überlieferung der Akten.
Die Arbeit im Schlatterhaus mit und an den Studierenden oblag zum einen dem Studentenpfarramt und zum anderen den vielfältigen Arbeitsgruppen und -kreisen der Studierendengemeinde. Die enge Zusammenarbeit zwischen Studierendenpfarramt und Studierenden war je nach Zusammensetzung der Studierendenschaft und Besetzung des Pfarramtes von Wohlwollen, großer gesellschaftlicher Aktivität beiderseits, aber auch von Konflikten geprägt. Anfang der 1950er und 1960er Jahre war die Studierendenarbeit von Pfarramt und Gemeinde auf Neuorientierung[7] ausgerichtet, Ende der 1960er Jahre und zu Beginn der 1970er Jahre vollzog sich ein Wandel, der sich durch studentische Unruhen bemerkbar machte. Die Tübinger ESG geriet aufgrund ihrer politischen Ausrichtung in Konflikt mit der Landessynode, die daraufhin die finanzielle Unterstützung einstellte. In den 1970er und 1980er Jahren entstanden Arbeitskreise, die sich an der lateinamerikanischen Befreiungstheologie orientierten, wie z.B. "Christen für den Sozialismus" oder Chile- und Nicaragua-Arbeitskreise. Die ESG war ein Spiegel gesellschaftlicher Strömungen, was sich unter anderem in der Entstehung von Friedensgruppen und Asylarbeitskreisen zeigt. Der Einsatz für Menschen, die in dieser Gesellschaft am Rande standen, war ein Schwerpunkt, wie der sozialpolitische Arbeitskreis mit seinem Besuchsdienst in der Psychiatrie und der Berber-Arbeitskreis verdeutlichen. Die Sonntagsküche als Treffpunkt für Obdachlose hat ihren Stammplatz im Schlatterhaus, ebenso der Deutschkurs für Asylbewerber. Eine Besonderheit in all den unterschiedlichen Arbeitskreisen und Gruppen stellt der Chor der ESG, die Kurrende, dar. Sie vermochte es, das Chorleben, die Planung und Durchführung zahlreicher Konzerte und Konzertreisen jahrzehntelang kontinuierlich und umfangreich zu dokumentieren.
[1] LKAS, GS 7, Nr. 1, Stuttgarter Evangelisches Sonntagsblatt, 10. September 1899
[2] LKAS, GS 7, Nr. 1, Verfassung der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung
[3] LKAS, GS 7, Nr. 3.
[4] LKAS, GS 7, Nr. 5, 28, 138, 140.
[5] LKAS, GS 7, Nr.190.
[6] Michael Machleidt, Verkündigung unter Kreuzen, in: Evang. Hochschulpfarramt (Hg.), 100 Jahre Schlatterhaus, Tübingen 2014, S. 11.
[7] Gabriele Malsch, Das Schlatterhaus und die Evangelische Studentengemeinde 1945 bis 1976, in: Evang. Hochschulpfarramt (Hg.), Hundert Jahre Schlatterhaus, Tübingen 2014, S. 62
===== Bestandsgeschichte und Bestandsbearbeitung =====
Im Jahr 2015 wurden dem Landeskirchlichen Archiv Stuttgart Akten der ESG übergeben, wo sie als Depositum mit der Bestandssignatur GS 7 verwahrt werden. Eine Ordnung nach Aktenplan existierte nicht, daher wurden die Akten thematisch in drei unterschiedlich große Teile gegliedert, die auch die Grundlage der Klassifikation bilden. Der erste kleinere Teil umfasst die Anfänge der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung (DCVS) ab 1897 und der späteren Evangelischen Akademikerschaft in Deutschland, Landesverband Württemberg. Diese Akten ergänzen den bereits im Landeskirchlichen Archiv vorhandenen Bestand der Evangelischen Akademikerschaft, der unter der Bestandssignatur K 14 archiviert ist. Da die Evangelische Akademikerschaft von 1948 bis 1982 die Trägerschaft für das Adolf-Schlatter-Haus übernommen hatte und die Arbeit der ESG im Schlatterhaus stattfand und noch immer stattfindet, ist der Bestand der ESG mit dem der Evangelischen Akademikerschaft stark verwoben.
Der zweite Teil der Akten umfasst die Arbeit des Studentenpfarramts bzw. der Studentenpfarrer und -pfarrerinnen im Zeitraum 1946 bis 2008. An dritter Stelle steht die Arbeit der ESG mit ihren vielfältigen Aktivitäten und Arbeitskreisen.
Die Akten der 1990er und 2000er Jahre unterliegen einer 30jährigen archivischen Sperrfrist. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes für namentlich genannte Personen, die kein öffentliches Amt begleiten, wurde eine Teilsperrung der Akten vorgenommen. Sofern Geburtsdaten vorlagen, wurden die Unterlagen für 120 Jahre nach Geburt der genannten Person gesperrt.
Die im Bestand enthaltenen Plakate wurden in die Plakatesammlung des Landeskirchlichen Archivs entnommen und können unter der Signatur AS Nr. 1010 bis 1059 recherchiert werden. Fotografien von Studentengruppen aus der Zeit des DCVS, Aufnahmen von der Laienspielgruppe, Fotos der Kurrendefreizeiten und des Chile-Arbeitskreises wurden aus konservatorischen Gründen in den Fotobestand des Landeskirchlichen Archivs unter der Signatur U 816 - U 826 eingegliedert.
Während der Verzeichnung wurden Rechnungsbelege über Einkäufe der verschiedenen Arbeitskreise, Rechnungsbelege über Zeitschriftenabonnements, Mehrfertigungen von Handzetteln, Liedblätter, Kontoauszüge und Arbeitsstundennachweise der Reinigungskräfte des Schlatterhauses kassiert. Einzelfallakten des Ökumenischen Stipendienfonds (Notfonds) des Diakonischen Werks, sogenannte KED-Stipendiaten, wurden ebenfalls kassiert, da hier das Diakonische Werk Württemberg der Registraturbildner ist und die Akten dort vorhanden sind.
Die Landeskirchliche Zentralbibliothek hat zahlreiche Druckschriften vor allem Informationsmaterialien der Evang. Akademikerschaft, der ESG in Deutschland, Semesterprogramme anderer Evangelischen Studentengemeinden aus dem Bestand GS 7 übernommen, die hier nicht einzeln aufgeführt sind, jedoch über den Bibliothekskatalog recherchiert werden können.
An die Museale Sammlung im Landeskirchlichen Archiv wurden weiße Stoffservietten mit eingewebtem DCSV Logo und weiße Handtücher mit gelb eingewebtem Band "Adolf Schlatterhaus" abgegeben. Ein violettes Parament mit braun gesticktem Kreuz, Alpha- und Omega Symbol und "Prym Druckknöpfe mit Weltruf" aus den 1950er Jahren sind ebenfalls in die Museale Sammlung eingegliedert worden.
Der Archivbestand GS 7 umfasst 452 Verzeichnungseinheiten und 11 laufende Regalmeter Akten.
Der Bestand wurde 2017 von Dorothea Besch erschlossen.
Als kassabel bewertet wurden u.a. Raumanträge, Rechnungsbelege, diverse Kassenbücher, Kontoauszüge, Quittungen, Duplikate von Publikationen.
===== Charakter des Bestands =====
Der Bestand GS 7 ermöglicht in erster Linie einen Einblick über die Aktivitäten der ESG Tübingen mit ihren unterschiedlichen Arbeitskreisen und -gruppen und somit über Themengebiete (Frieden, Armut, Asyl), die in Kirche und Gesellschaft von großer Bedeutung waren und großen Diskussionsbedarf hatten. Die Gemeinderatsprotokolle geben dabei Auskunft über das Selbstverständnis der ESG und verdeutlichen, wo sie sich politisch und kirchlich verortet hat. Die Zusammenarbeit auf Bundesebene mit der ESG in Deutschland (ab 1968 ESG in der BRD und Westberlin) zeigt, dass der Dachverband zwar als Impulsgeber für manche Themengebiete fungierte, jedoch in finanziellen Angelegenheiten des Öfteren als nicht verlässlicher Kooperationspartner gesehen wurde. Das gemeinsame Miteinander von Studierenden und Studierendenpfarrern und -pfarrerinnen spiegelt sich im Bestand ebenfalls facettenreich wider, je nach theologischer und politischer Ausrichtung und Persönlichkeit gestaltete sich die Zusammenarbeit konsensual oder konfliktreich.

Einleitung: Die Geschichte der Evangelischen Studentengemeinde Tübingen beginnt um 1895 unter dem Namen "Deutsche Christliche Studenten-Vereinigung" (DCVS). Diese christliche Studentenvereinigung hatte es sich zum Ziel gesetzt, "Jesus zum König in eines jeden Studenten Herz und Leben zu machen."[1] Mit missionarischem Impetus wurden Bibelstunden, Vorträge, aber auch gesellige Abende veranstaltet. Die DCVS betrachtete es als ihre Aufgabe, "nicht nur Mitglieder, sondern so viel[e] Studenten wie möglich in persönliche Berührung mit dem Heiland zu bringen und sie zur Mitarbeit für Ihn zu bewegen."[2] Der Treffpunkt für ihre studentisch-missionarische Arbeit und das gesellige Leben war das Haus am Österberg Nr. 2. Dieses Gebäude, das seit 1938 den Namen Adolf-Schlatter-Haus trägt, war das Eigentum des "Württembergischen Altfreunde-Verbands der christlichen Studentenbewegung e.V.". Diesem Verband war es ein Anliegen, jungen evangelischen Studenten und Studentinnen für ihren Glauben und ihre Glaubensfragen eine Heimat zu bieten. Daher bestand für Studierende auch die Möglichkeit im Schlatterhaus zu wohnen, die angegliederte Mensa zu besuchen und sich in der Studierendengemeinde zu engagieren.
Die Deutsche Christliche Studenten-Vereinigung und der Württembergische Altfreunde-Verband wurden 1938 durch die Nationalsozialisten aufgelöst. Die Auflösung kam für die DCVS und den Altfreunde-Verband nicht überraschend, daher hatten sie vorsorglich den gesamten Tübinger Grundbesitz, u.a. das Adolf-Schlatter-Haus, schenkungsweise der Evang. Landeskirche übertragen. Die Landeskirche verpachtete die Grundstücke an die neugegründete "Gesellschaft zur Förderung christlicher Erkenntnis zum Zweck der evangelischen Studentenbetreuung".[3] Diese Gesellschaft bestand aus den Mitgliedern des aufgelösten Altfreunde-Verbandes und existierte bis April 1948. Danach formierte sich der Württembergische Altfreunde-Verband erneut, nannte sich jedoch ab 1957 "Evangelische Akademikerschaft in Deutschland, Landesverband Württemberg". Der Verband hatte sich nach seiner Wiedergründung entschlossen, die Trägerschaft für das Schlatterhaus zu übernehmen und war durch rege Korrespondenz mit den jeweiligen Studentenpfarrern und Vertrauensstudierenden bis zu Beginn der 1980er Jahre eng mit der ESG verbunden.[4] Ab 1982 wurde die Verwaltung des Schlatterhauses der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde übergeben.
Die Betreuung der Studenten und Studentinnen durch den Studentenpfarrer begann erst im Jahre 1929 durch Wilhelm Pressel, der hauptamtlich als Klinikpfarrer amtierte.[5] Zuvor erfuhren die Studenten durch die Theologie-Professoren Adolf Schlatter und Karl Heim eine ehrenamtliche "Lebensbegleitung".[6] Nachfolger von Wilhelm Pressel war ab 1933 Ewald Burger, der 1938 von Eberhard Müller abgelöst wurde. Eberhard Müller amtierte seit 1935 als Generalsekretär der DCVS und leitete das Studentenpfarramt bis er 1940 zur Wehrmacht eingezogen wurde. Nach dem Krieg leistete Hans Stroh von 1946 bis 1951 Wiederaufbauarbeit in der Studentenarbeit. Konrat Weymann übernahm das Amt bis 1957 und Hans Schmidt folgte bis 1960. Eine längere Zeit prägte Hans Aichelin die studentische Arbeit, bis 1968 Theophil Steudle das Ruder übernahm und das ESG-Gemeindeschiff durch unruhige Zeiten manövrierte. 1976 wurde eine zweite Studentenpfarrerstelle auf Waldhäuser-Ost eingerichtet, die nacheinander mit Gottfried Dufft, Wolfgang Wagner und Ludwig von Dobeneck besetzt wurde. Das Studentenpfarramt I übernahm ab 1977 Klaus Bannach, der das Amt zehn Jahre später erstmalig an ein Pfarrerehepaar, Karl-Theodor Kleinknecht und seine Frau Eleonore Sumalvico-Kleinknecht, weitergab. 1993 folgten das Pfarrerehepaar Susanne und Romeo Edel. Thomas Hörnig wurde 2001 Studentenpfarrer. Mit seiner Amtszeit endet die Überlieferung der Akten.
Die Arbeit im Schlatterhaus mit und an den Studierenden oblag zum einen dem Studentenpfarramt und zum anderen den vielfältigen Arbeitsgruppen und -kreisen der Studierendengemeinde. Die enge Zusammenarbeit zwischen Studierendenpfarramt und Studierenden war je nach Zusammensetzung der Studierendenschaft und Besetzung des Pfarramtes von Wohlwollen, großer gesellschaftlicher Aktivität beiderseits, aber auch von Konflikten geprägt. Anfang der 1950er und 1960er Jahre war die Studierendenarbeit von Pfarramt und Gemeinde auf Neuorientierung[7] ausgerichtet, Ende der 1960er Jahre und zu Beginn der 1970er Jahre vollzog sich ein Wandel, der sich durch studentische Unruhen bemerkbar machte. Die Tübinger ESG geriet aufgrund ihrer politischen Ausrichtung in Konflikt mit der Landessynode, die daraufhin die finanzielle Unterstützung einstellte. In den 1970er und 1980er Jahren entstanden Arbeitskreise, die sich an der lateinamerikanischen Befreiungstheologie orientierten, wie z.B. "Christen für den Sozialismus" oder Chile- und Nicaragua-Arbeitskreise. Die ESG war ein Spiegel gesellschaftlicher Strömungen, was sich unter anderem in der Entstehung von Friedensgruppen und Asylarbeitskreisen zeigt. Der Einsatz für Menschen, die in dieser Gesellschaft am Rande standen, war ein Schwerpunkt, wie der sozialpolitische Arbeitskreis mit seinem Besuchsdienst in der Psychiatrie und der Berber-Arbeitskreis verdeutlichen. Die Sonntagsküche als Treffpunkt für Obdachlose hat ihren Stammplatz im Schlatterhaus, ebenso der Deutschkurs für Asylbewerber. Eine Besonderheit in all den unterschiedlichen Arbeitskreisen und Gruppen stellt der Chor der ESG, die Kurrende, dar. Sie vermochte es, das Chorleben, die Planung und Durchführung zahlreicher Konzerte und Konzertreisen jahrzehntelang kontinuierlich und umfangreich zu dokumentieren.
[1] LKAS, GS 7, Nr. 1, Stuttgarter Evangelisches Sonntagsblatt, 10. September 1899
[2] LKAS, GS 7, Nr. 1, Verfassung der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung
[3] LKAS, GS 7, Nr. 3.
[4] LKAS, GS 7, Nr. 5, 28, 138, 140.
[5] LKAS, GS 7, Nr.190.
[6] Michael Machleidt, Verkündigung unter Kreuzen, in: Evang. Hochschulpfarramt (Hg.), 100 Jahre Schlatterhaus, Tübingen 2014, S. 11.
[7] Gabriele Malsch, Das Schlatterhaus und die Evangelische Studentengemeinde 1945 bis 1976, in: Evang. Hochschulpfarramt (Hg.), Hundert Jahre Schlatterhaus, Tübingen 2014, S. 62
Im Jahr 2015 wurden dem Landeskirchlichen Archiv Stuttgart Akten der ESG übergeben, wo sie als Depositum mit der Bestandssignatur GS 7 verwahrt werden. Eine Ordnung nach Aktenplan existierte nicht, daher wurden die Akten thematisch in drei unterschiedlich große Teile gegliedert, die auch die Grundlage der Klassifikation bilden. Der erste kleinere Teil umfasst die Anfänge der Deutschen Christlichen Studentenvereinigung (DCVS) ab 1897 und der späteren Evangelischen Akademikerschaft in Deutschland, Landesverband Württemberg. Diese Akten ergänzen den bereits im Landeskirchlichen Archiv vorhandenen Bestand der Evangelischen Akademikerschaft, der unter der Bestandssignatur K 14 archiviert ist. Da die Evangelische Akademikerschaft von 1948 bis 1982 die Trägerschaft für das Adolf-Schlatter-Haus übernommen hatte und die Arbeit der ESG im Schlatterhaus stattfand und noch immer stattfindet, ist der Bestand der ESG mit dem der Evangelischen Akademikerschaft stark verwoben.
Der zweite Teil der Akten umfasst die Arbeit des Studentenpfarramts bzw. der Studentenpfarrer und -pfarrerinnen im Zeitraum 1946 bis 2008. An dritter Stelle steht die Arbeit der ESG mit ihren vielfältigen Aktivitäten und Arbeitskreisen.
Die Akten der 1990er und 2000er Jahre unterliegen einer 30jährigen archivischen Sperrfrist. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes für namentlich genannte Personen, die kein öffentliches Amt begleiten, wurde eine Teilsperrung der Akten vorgenommen. Sofern Geburtsdaten vorlagen, wurden die Unterlagen für 120 Jahre nach Geburt der genannten Person gesperrt.
Die im Bestand enthaltenen Plakate wurden in die Plakatesammlung des Landeskirchlichen Archivs entnommen und können unter der Signatur AS Nr. 1010 bis 1059 recherchiert werden. Fotografien von Studentengruppen aus der Zeit des DCVS, Aufnahmen von der Laienspielgruppe, Fotos der Kurrendefreizeiten und des Chile-Arbeitskreises wurden aus konservatorischen Gründen in den Fotobestand des Landeskirchlichen Archivs unter der Signatur U 816 - U 826 eingegliedert.
Während der Verzeichnung wurden Rechnungsbelege über Einkäufe der verschiedenen Arbeitskreise, Rechnungsbelege über Zeitschriftenabonnements, Mehrfertigungen von Handzetteln, Liedblätter, Kontoauszüge und Arbeitsstundennachweise der Reinigungskräfte des Schlatterhauses kassiert. Einzelfallakten des Ökumenischen Stipendienfonds (Notfonds) des Diakonischen Werks, sogenannte KED-Stipendiaten, wurden ebenfalls kassiert, da hier das Diakonische Werk Württemberg der Registraturbildner ist und die Akten dort vorhanden sind.
Die Landeskirchliche Zentralbibliothek hat zahlreiche Druckschriften vor allem Informationsmaterialien der Evang. Akademikerschaft, der ESG in Deutschland, Semesterprogramme anderer Evangelischen Studentengemeinden aus dem Bestand GS 7 übernommen, die hier nicht einzeln aufgeführt sind, jedoch über den Bibliothekskatalog recherchiert werden können.
An die Museale Sammlung im Landeskirchlichen Archiv wurden weiße Stoffservietten mit eingewebtem DCSV Logo und weiße Handtücher mit gelb eingewebtem Band "Adolf Schlatterhaus" abgegeben. Ein violettes Parament mit braun gesticktem Kreuz, Alpha- und Omega Symbol und "Prym Druckknöpfe mit Weltruf" aus den 1950er Jahren sind ebenfalls in die Museale Sammlung eingegliedert worden.
Der Archivbestand GS 7 umfasst 452 Verzeichnungseinheiten und 11 laufende Regalmeter Akten.
Der Bestand wurde 2017 von Dorothea Besch erschlossen.
Als kassabel bewertet wurden u.a. Raumanträge, Rechnungsbelege, diverse Kassenbücher, Kontoauszüge, Quittungen, Duplikate von Publikationen.
Der Bestand GS 7 ermöglicht in erster Linie einen Einblick über die Aktivitäten der ESG Tübingen mit ihren unterschiedlichen Arbeitskreisen und -gruppen und somit über Themengebiete (Frieden, Armut, Asyl), die in Kirche und Gesellschaft von großer Bedeutung waren und großen Diskussionsbedarf hatten. Die Gemeinderatsprotokolle geben dabei Auskunft über das Selbstverständnis der ESG und verdeutlichen, wo sie sich politisch und kirchlich verortet hat. Die Zusammenarbeit auf Bundesebene mit der ESG in Deutschland (ab 1968 ESG in der BRD und Westberlin) zeigt, dass der Dachverband zwar als Impulsgeber für manche Themengebiete fungierte, jedoch in finanziellen Angelegenheiten des Öfteren als nicht verlässlicher Kooperationspartner gesehen wurde. Das gemeinsame Miteinander von Studierenden und Studierendenpfarrern und -pfarrerinnen spiegelt sich im Bestand ebenfalls facettenreich wider, je nach theologischer und politischer Ausrichtung und Persönlichkeit gestaltete sich die Zusammenarbeit konsensual oder konfliktreich.

Bestandssignatur
GS 7
Umfang
452 Verzeichnungseinheiten, 11 lfd. m

Kontext
Landeskirchliches Archiv Stuttgart (Archivtektonik) >> G - Pfarrarchive >> Sonderpfarrämter (GS)
Verwandte Bestände und Literatur
Evang. Akademikerschaft in Deutschland, Landesverband Württemberg (Hg.), Das Adolf Schlatter-Haus in Tübingen. Festschrift zum 50jährigen Jubiläum, Tübingen 1964.

Evang. Studentengemeinde Tübingen, Sammelbuch zum 75-jährigen Jubiläum des Adolf Schlatter-Hauses 1. Juli 1989, Tübingen 1989.

Evang. Akademikerschaft in Deutschland, Landesverband Württemberg (Hg.), 100 Jahre Schlatterhaus, Geschichte, Fotos, Dokumente, Tübingen 2014.

Evang. Hochschulpfarramt Tübingen, 100 Jahre Schlatterhaus, Tübingen 2014.

Indexbegriff Sache
Indexbegriff Ort
Tübingen
Tübingen, Landkreis Tübingen

Provenienz
Evangelische Studentengemeinde Tübingen
Bestandslaufzeit
1896-2015

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Letzte Aktualisierung
11.08.2025, 11:05 MESZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Bestand

Beteiligte

  • Evangelische Studentengemeinde Tübingen

Entstanden

  • 1896-2015

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