Bestand
170/46 - Familienpapiere Kirschbaum/Dittelsheim (z.T. Dep.) (Bestand)
Vorwort: Abt.
170/46 Familienpapiere Kirschbaum/Dittelsheim (z.T.
Dep.)
Umfang: 23 Archivkartons (= 276
Verzeichnungseinheiten = ca. 2,5 lfm)
Laufzeit: 1777 - 1942
Zur
Provenienz
Im Frühjahr 2011 wandte sich
Herr Thomas Goller (Stärkmühlweg 15, Osthofen) an
das Stadtarchiv Worms mit dem Hinweis darauf, dass
er zu Beginn des Jahres Familienpapiere bzw.
Nachlassunterlagen sowie Inventargegenstände aus dem
verkauften Anwesen der Familie Kirschbaum
(Dittelsheim), dem sog. Geispitzheimer Hof in
Dittelsheim, erhalten habe. Die direkten Nachfahren
hatten kein Interesse an den Stücken gezeigt und
übergaben diese schenkungsweise an die
verwandtschaftlich nahe stehende (über Weißheimer)
Familie Goller in Osthofen. Dieser war daran
gelegen, dass Schriftgut in fachliche Hände
abzugeben und es wurde für den 1. April 2011 eine
Sichtung durch das Stadtarchiv Worms
vereinbart.
Nach Absprache kam man
darüber überein, das Material - vorwiegend aus der
Zeit von Chrisosotomus Kirschbaum und der
Nachfolgegeneration - nach Worms als Depositum
(Vertragsabschluss: 5.4.2011) zu übernehmen und als
Nachlassbestand Abt. 170/46 Familienpapiere
Kirschbaum zu verzeichnen. Bei den "Kirschbaums"
handelt es sich um eine Familie von vermögenden
Gutsbesitzern und Winzern, aus der auch
Bürgermeister hervorgegangen sind. Von der Übernahme
wurde vorerst eine Reihe von Feldpostbriefen aus dem
Zweiten Weltkrieg sowie Fotoalben ausgeschlossen,
die aber später noch in den Bestand eingegliedert
werden sollen.
Ergänzungsabgabe:
Am 11.7.2013 wurden dem Stadtarchiv dann als
zweiter Teil schenkungsweise weitere Unterlagen
derselben Provenienz überlassen durch die Herren
Harald Bretz (Raiffeisenstr. 34, 67596
Ditttelsheim-Heßloch) und Dr. Hans-Heinrich
Bechtolsheimer (Ringstr. 7, ebda.). Die ergänzenden
Dokumente waren von der gemeinsamen Vorbesitzerin,
der Nachfahrin Chr. Kirschbaums, Fr. Weyrauch, vor
etlichen Jahren mit Blick auf eine geplante Übergabe
des Nachlasses an die Ortsgemeinde an die beiden
erwähnten heimatgeschichlich Interessierten
abgegeben worden. Nach Erscheinen des
Zeitungsberichts über die erfolgte Erschließung der
Kirschbaum-Papiere im Frühsommer haben diese Kontakt
zum Stadtarchiv aufgenommen und diesen Teil der
Unterlagen dankenswerterweise an das Archiv
abgegeben, um so nach der Teilverzeichung den
Bestand möglichst vollständig zusammen zu haben (=
VE Nr. 200-277). Es handelt sich um 77
Verzeichnungseinheiten im Umfang von sieben
Archivkartons, v.a. Briefwechsel. Schließlich kamen
am 30.7. noch einige Stücke von Herrn Goller zum
ersten Teil des Bestandes, darunter ein wichtiges
Hausbuch von Joh. Chrisostomus Kirschbaum, dazu.
Dieses trägt die Signatur StadtA Wo Abt. 170/46 Nr.
172 und enthält detaillierte Vermögensangeben und
Informationen zu den Familienverhältnissen
(Geburten, Heiraten, Sterbefälle).
Nochmals ca. 20 weitere Briefe an Chr.
Kirschbaum bzw. sein Ableben betreffend kamen im
Oktober 2019 aus dem Besitz der Witwe von Herrn
Bretz über Herrn Thomas Goller in den Bestand.
Zur Verzeichnung:
Das Schriftgut war
bei der Übernahme, die fotografisch dokumentiert
wurde, in verschiedenen Kartons untergebracht,
wenige Unterlagen in Umschlägen, einige (hptsl.
Korrespondenzen, Rechnungsbelege) gebündelt, einige
lose, darüber hinaus gab es verschiedene Kladden
bzw. Hefte. Bei der Bearbeitung nach dem Bär'schen
Prinzip (d.h. fortlaufende Nummerierung) ergaben
sich keine nennenswerten Probleme. Die große Anzahl
an Korrespondenzen, die teilweise noch in
Briefumschlägen steckte, wurde auseinandergefaltet,
dabei wurden die Briefe, bei denen Kuverts vorhanden
waren, mit diesen entweder
durch
Bleistiftnummerierung verknüpft oder bei größerem
Umfang bzw. mit vorliegenden Beilagen zusammen in
jeweils eine Hülle gesteckt. Die Klassifikation
wurde nach dem Abschluss der Verzeichnung erstellt,
da vorab die inhaltlichen Schwerpunkte des Materials
nicht abzuschätzen waren.
Der Bestand
umfasst nach seiner Verzeichnung im Frühjahr und
Herbst 2013 durch Fr. Rinker-Olbrisch (Abschluss
nach Bearbeitung des 2013 erhaltenen zweiten Teils
am 8.11.2013) 256 Verzeichnungseinheiten in 22
Archivkartons, im Oktober 2019 276 VE in 23 AK. Die
Laufzeit des Bestandes erstreckt sich von 1773 (bzw.
einzelne Auszüge aus Unterlagen des 17. Jh.) bis
1942.
Zum Inhalt:
Der
Schwerpunkt der Überlieferung liegt im 19. Jh. und
zwar bei der Wirtschaftsführung
(Finanzangelegenheiten, Haushaltung und Ökonomie)
des in Zell gebürtigen, späteren Dittelsheimer
Bürgermeisters Joh. Chrisostomus Kirschbaum
(1783-1846) einerseits und bei seinen umfangreichen
eigenen wie auch den Korrespondenzen aus der
Provenienz seines Sohnes Jacob Joseph Otto
Kirschbaum (1823-1893) und dessen in jungen Jahren
verstorbenen Bruders Joseph Eugen (1825-1853). Die
Korrespondenz des Chrisostomus Kirschbaum entstammt
im Wesentlichen der Abgabe der Herren Bretz und Dr.
Bechtolsheimer. Es finden sich darunter zahlreiche
Briefe (erstes Drittel des 19. Jh.) der Brüder
Johann Peter (Näheres zu seinem Leben um 1827 s. in
StadtA Wo Abt. 170/46 Nr. 246) und Carl Wilhelm
Rüttinger (u.a. als Hospitalbuchhalter in Mannheim
und als Geschäftsführer einer Fa. in der Oberlausitz
tätig), die offensichtlich mit Kirschbaum in enger
Freundschaft verbunden waren.
Die
vorwiegend privaten Korrespondenzen Ottos (über
geschäftliche Verbindungen geben teilw. zwei
Kopierbücher ausgehender Schreiben Auskunft
[1874-1893]) gestatten einen Einblick in die
privaten Verhältnisse der Familie und einzelner
Familienmitglieder (Kuraufenthalte,
verwandtschaftliche Verbindungen, Freundeskreise,
Erziehung der Kinder etc.). Über die engeren
Familienangelegenheiten hinaus bzw. mit diesen eng
verknüpft finden sich auch Quellen, die amtlichen
Charakter haben. So zog sich über Jahrzehnte ein
Rechtsstreit der Erben Kirschbaum mit der Gemeinde
Zell hin wegen Forderungen an die Gemeinde in
Zusammenhang mit geleisteten Brandschatzungsgeldern.
Ein weiterer Rechtsstreit datiert Ende des 18.
Jahrhunderts, in dem sich weinzinspflichtige
Untertanen mit der Universität Heidelberg
auseinandersetzten und das Eichmaß im Mittelpunkt
stand. Aus dem Einsatz als Sequester
in
der Blanck'schen Nachlasssache stammen zahlreiche
Unterlagen aus dem Besitz des Chrisostomus
Kirschbaum, die ebenfalls im Rahmen eines
Rechtsstreits entstanden bzw. vorgelegt wurden. Auch
zur Mauchenheimer Erbgült gibt es einen
Faszikel.
Unterlagen zur Familie liegen
zum einen in Form von Originalquellen vor, hier auch
zu einzelnen Familienmitgliedern, zum anderen in
Form von Abschriften und Kopien als
Sammlungsmaterial. Letzteres wurde hauptsächlich
durch Frau Irmgard May-Weißheimer zusammengetragen,
auch durch Stammtafeln ergänzt, und bietet als
besonders informative Quelle die auszugsweise
Abschrift aus dem Hausbuch für Chrisostomus
Kirschbaum (Abschr. StadtA Wo Abt. 170/46 Nr. 44,
teilw. Kopie einer Doppelseite s. Abt. 170/46 Nr.
41, Original in Familienbesitz). Dieses Hausbuch
wurde auch nach Ableben des Chrisostomus
weitergeführt [nach Umfang der vorliegenden Abschr.
zuletzt durch Ruth Walther, die 1953 Heinz Kurt
Weyrauch ehelichte] und soll - nach Angabe von Frau
May-Weißheimer - neben Lebensdaten und -verbindungen
der Familie samt angeheirateten Partnern auch
"genaue Ausführungen über Inventarien, Feldgüter,
Erbbestandsgüter, Hypotheken", Ausstattungen usw.
sowie verschiedene Verzeichnisse enthalten. Zu den
Vermögensverhältnissen hat Herr Dr. Gunter
Mahlerwein bei seinen Untersuchungen zur bäuerlichen
Oberschicht in Rheinhessen auch die Familie
Kirschbaum aus Dittelsheim herangezogen und kam
dabei zu dem Schluss, dass Chrisostomus Kirschbaum
und seine im Jahr 1831 verstorbene Ehefrau Maria
Magdalena Theresia Kirschbaum geb. Heinrichs (aus
Heßloch) außerordentlich vermögend
waren
und sich durch den Besitz verschiedener Objekte
gegenüber anderen besonders hervorhob (u.a.
Regenschirm, Schmuck, Bibliothek mit 105
Büchern, verschiedene Musikinstrumente etc.).
Vorgenannte auszugsweise Abschrift ist auch sehr
hilfreich bei der Ermittlung der
verwandtschaftlichen Verknüpfungen und für die
Zuordnung der verschiedenen Korrespondenzpartner im
vorliegenden Bestand.
Die Finanz- und
Ökonomieangelegenheiten lassen sich anhand dieses
Bestandes nur für Chrisostomus Kirschbaum genauer
verfolgen, wobei Haushaltungsbücher,
Rechnungsbelege, Gesindebücher (zahlreiche
Personennennungen), auch ein Heft zur Landwirtschaft
(mit Wetterbeobachtungen, 1827-1850) und
Drescherbücher zu nennen sind. Über die
Vermögensverhältnisse des Schwiegervaters Johann
Peter Heinrichs in Heßloch kann man deshalb aus den
Unterlagen Auskunft erhalten, weil Chrisostomus
Finanzgeschäfte für diesen und im Auftrag dessen
Kinder abgewickelt hat. Das jüngere Schriftgut
bezieht sich hauptsächlich auf die Familie Walther,
die durch Eheschließung der Anna Kirschbaum (Eltern:
Carl Chrisostomus Kirschbaum - letzter männlicher
Spross der Dittelsheimer Familie Kirschbaum - und
seiner aus Uelversheim stammende Ehefrau Katharina
geb. Stallmann) mit Karl Theodor Ludwig Walther
[hier auch Verbindung nach Weisenau und Oggersheim]
im Jahr 1921 in den Familienverband aufgenommen
wurde.
Allgemeiner Hinweis:
Die Schreibweisen der Namen können variieren.
Hier soll insbesondere auf die Namen Vanderlinde /
van der Linde, Giessen / Gießen aufmerksam gemacht
werden. Auch die Vornamenkürzel waren nicht immer
eindeutig.
Worms, im Februar/November
2013
Margit Rinker-Olbrisch, Dipl.-Arch.
(FH)
(letzte Aktualisierung
22.10.2019)
Literatur:
Sebastian FELTEN, Ein verhinderter Kapitalist?
Wirtschaft und Buchführung des rheinhessischen
Bauernkaufmanns Chrisostomus Kirschbaum (1783-1846),
in: Der Wormsgau 32, 2016, S. 113-126
MAHLERWEIN, Gunter, Die Herren im Dorf,
Bäuerliche Oberschicht und ländliche Elitebildung in
Rheinhessen 1700-1850, Mainz 2001 (=
Veröffentlichungen des Instituts für europäische
Geschichte Mainz, Abt. für Universalgeschichte, Bd.
189) [dort: Hinweis auf Nachlassinventar der Maria
Theresia Kirschbaum geb. Heinrichs im Landesarchiv
Speyer (LA Speyer K 52/36 Nr. 87)]
Zitierhinweis:
Abt. 170/46
Erschließungszustand, Umfang: Augias (Verz. RiO
10/2012 - 1/2013; 10-11/2013)
- Bestandssignatur
-
Stadtarchiv Worms, 170/46
- Kontext
-
Stadtarchiv Worms (Archivtektonik) >> Nachlässe/Nachlass-Splitter
- Bestandslaufzeit
-
1777-1942
- Weitere Objektseiten
- Letzte Aktualisierung
-
15.12.2023, 14:57 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1777-1942