Bestand
Nachlass Julius Jolly (1823 - 1891), bad. Staatsminister (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
1920 Geschenk von Philipp Jolly, 1937 aus Nachlaß
Heil.
Inhalt und Bewertung
Akten (Denkschriften, Gesetzesentwürfe, Gutachten),
Drucksachen (Rechtsfragen), Korrespondenz mit Großhz. Friedrich 1.,
Ministern und Kirchenfürsten; Norddeutscher Bund, Vatikanisches
Konzil.
1. Vorwort: Julius Jolly
entstammte einer sehr angesehenen Hugenottenfamilie, die in Baden
im Laufe des 19. Jahrhunderts eine Reihe bedeutender
Persönlichkeiten hervorbrachte. So war der Onkel Jollys, Isaak,
zwischen 1835 und 1846 Justizminister des Großherzogtums Baden.
Ludwig Jolly hingegen, der von Julius, war nahezu zeitgleich
zwischen 1836 und 1849 Erster Bürgermeister Mannheims. Auch der
ältere Bruder Jollys, Philipp von Jolly, gelangte als Mathematiker
und Physiker großes Ansehen. Julius Jolly wurde 1823 in Mannheim
geboren. Nach einem Studium der Rechtswissenschaften in Bonn,
Berlin und Leipzig promovierte er 1845 an der Universität
Heidelberg. In den kommenden Jahren sollte er dort als Privatdozent
und ab 1857 auch als ordentlicher Professor tätig sein. Im Jahre
1861 erfolgte sein Wechsel in die Politik. So war er zunächst als
Vertreter der Universität Heidelberg Mitglied der Ersten Kammer der
badischen Ständeversammlung. Zugleich wurde er zum Regierungsrat
sowie 1862 zum Ministerialrat des bad. Innenministeriums ernannt.
Seine enge Freundschaft zu Franz von Roggenbach und Karl Mathy
werden ihm bei diesem Aufstieg von Nutzen gewesen sein. Wie diese
beiden Politiker so verstand sich auch Jolly als liberal und
zugleich national. Ab 1869 gehörte er für die Nationalliberale
Partei zugleich der Zweiten Kammer der Badischen Ständeversammlung
an. Dabei zeigte sich der Protestant als glühender Verfechter einer
kleindeutsch-preußischen Lösung der "Deutschen Frage". Als nach der
Niederlage Badens im Deutschen Krieg 1866 eine Regierungsumbildung
erfolgte, sahen Mathy und Jolly ihre Stunden gekommen. Während
Mathy die Leitung des Staatsministeriums übernahm, stand Jolly
fortan dem Innenministerium vor. Als Innenminister oblag ihm dabei
neben der Kirchen- auch die Schulpolitik. Beides waren in jenen
Jahren überaus prekäre Politikfelder, die leicht Konflikte mit der
katholischen Kirche provozieren konnten. Jolly, dem an der Betonung
der Exekutive des Staates gelegen war, scheute diese nicht. Durch
eine Reihe von Gesetzen, wie etwa dem Elementarschulgesetz, trug er
wesentlich zu einer erneuten Eskalation des badischen Kulturkampfes
während der späten 1860er Jahren bei. Nach dem plötzlichen Tod
Mathys rückte Jolly 1868 schließlich an die Spitze des
Staatsministeriums auf. Die folgenden Jahre sollten von dem
Deutsch-Französischen Krieg sowie der Reichsgründung geprägt sein -
beides begrüßte Jolly dezidiert. Als Verehrer Bismarcks sorgte er
dafür, dass die badische Regierung sich während der deutschen
Einigung 1870/71 nahezu bedingungslos an die Seite Preußens
stellte. Nach dem Krieg sollten die alten innenpolitischen
Konflikte in Baden indes bald wieder aufbrechen. Da der Streit mit
den Katholiken 1876 über ein neues Elementarunterrichtsgesetz
wiederholt auszuflammen drohte, verlor Jolly schließlich den
Rückhalt des Großherzogs und reichte 1876 seinen Rücktritt ein. Als
Präsident der Oberrechnungskammer besaß er fortan nur noch wenig
politischen Einfluss. 1891 starb Jolly in Karlsruhe.
2. Zur Ordnung: Der Nachlass
Jollys bildet eine hervorragende Quelle zur Geschichte des
Deutsch-Französischen Krieges sowie der Reichsgründung 1871. Anhand
der Korrespondenzen mit anderen süddeutschen Politikern, wie etwa
dem damaligen bayerischen Staatsminister und späteren Reichskanzler
Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, sowie in den Briefwechseln
mit dem badischen Großherzog Friedrich I. erhält der Leser
vielfältige Einblicke in die Hoffnungen und Ängste jener bewegten
Jahre. Ergänzt werden diese politischen Briefwechsel durch Kontakte
zu Historikern und Gelehrten. Unter ihnen ist vor allem Hermann
Baumgarten zu nennen, mit dem Jolly in regem Austausch stand. Eine
besondere Perspektive offerieren die Schreiben der Landeskommissäre
aus Freiburg und Konstanz, welche die Stimmung der Bevölkerung
während des Krieges dokumentieren. In ihnen zeigt sich, dass
antipreußische Ressentiments in Baden durchaus auch in jenen Jahren
eine spezifische Resonanz erzeugten. Neben der Reichsgründung
bildet der Kulturkampf den zweiten zentralen Schwerpunkt des
Nachlasses. Wenn auch im Umfang deutlich kleiner als das vorherige
Thema, so offenbaren die Schreiben des Freiburger Erzbischofs
Hermann von Vicari in Ansätzen, wo die Konfliktlinien verliefen.
Auch das Erste Vatikanische Konzil findet in den Briefwechseln
Erwähnung. Ergänzt werden die Korrespondenzen um Denkschriften und
Drucksachen. Diese befassen sich mit zollpolitischen Fragen, aber
auch innerbadischen Themen wie dem Kulturkampf und der Frage der
Ministerverantwortlichkeit. Die Drucksachen hingegen beinhalten
unter anderem die wissenschaftlichen Arbeiten Jollys und Thronreden
des Großherzogs. Der zeitliche Schwerpunkt des Nachlasses liegt auf
der zweiten Hälfte der 1860er sowie den frühen 1870er Jahren - jene
Zeit, in denen Jolly als Politiker seinen größten Einfluss
entfalten konnte. Der Großteil des Nachlasses gelangte 1920 als
Geschenk des Sohnes Jollys, Philipp Jolly, in das
Generallandesarchiv. Ein weiterer Teil entstammt dem Nachlass des
Ministerialdirektors Karl Heil, des Schwiegersohns Jollys, und
gelangte 1937 in die Bestände des Archivs. Die Tiefenerschließung
und die Übertragung des analogen Findmittels in ein
Online-Findmittel erfolgte 2017 durch Frank Bauer im Rahmen eines
von der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg finanzierten
Projektes. Zusätzlich versah Bauer den Bestand mit Orts- und
Personenindizes.
3. Nutzungshinweise: Der
Bestand ist vollständig digitalisiert. Benutzung nur über das
Online-Findmittel.
4. Quellen und Literatur:
Quellen - "Abschiedsbrief [des Staatsministers Julius] Jolly bei
seiner Entlassung", GLA FA Nr. N 2043 [Laufzeit: 1876] - "Die
Einigung Deutschlands und Gründung des Deutschen Reiches, sowie der
Abschluss einer Militärkonvention zwischen Baden und Preußen.
Berichte der Minister Jolly und von Freydorf an den Großherzog und
andere.", GLA 48 Nr. 1849 [Laufzeit: 1870 - 1871] - "Jolly,
Julius", Dienerakte, GLA 76 Nr. 9823 [Laufzeit: 1847] - "Jolly,
Julius", Dienerakte, GLA 76 Nr. 10750 [Laufzeit: 1876] Literatur -
Gall, Lothar: Jolly, Julius, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 10,
Berlin 1974, S. 589-591. - Goldschmit, Robert: Julius Jolly, in:
Badische Biographien, Bd. 5, Heidelberg 1906, S.
327-352.
- Reference number of holding
-
Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 52 Jolly
- Extent
-
49 Akten
- Context
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Nichtstaatliches Archivgut >> Nachlässe >> Politische Nachlässe >> Jolly
- Indexentry person
- Date of creation of holding
-
1846-1918
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
03.04.2025, 11:03 AM CEST
Data provider
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 1846-1918