Funktionsmechanismus von Lysolipid in thermoresponsiven Liposomen
Abstract: Eine Methode zur Behandlung von Tumoren ist die Anwendung von Wärme auf das Tumorareal. Wenn das zu behandelnde Körperareal auf Temperaturen von 40 °C bis 42 °C erhitzt wird, wird von einer sogenannten Hyperthermie gesprochen. Die Behandlung durch Hyperthermie erhöht den zytotoxischen Effekt auf den Tumor und führt zu einer besseren Akkumulation eines applizierten Wirkstoffs im Tumorgewebe. Thermoresponsive/Thermosensitive Liposomen (TSL) sind Formulierungen, die ihren verkapselten Wirkstoff in Kombination mit Hyperthermie freisetzen. Zur Anwendung im Körper werden die mit hydrophilen Wirkstoffen wie Doxorubicin beladenen TSL dem Patienten intravenös verabreicht. Das Tumorgewebe wird anschließend gezielt mittels Hyperthermie behandelt. Gelangen die TSL über den Blutstrom in das Tumorgewebe, setzen sie ihren Wirkstoff aufgrund der vorherrschenden Hyperthermie frei. Das Freisetzungsverhalten wird dabei durch die Phasenübergangstemperatur der Formulierung bestimmt. Im erwärmten Areal diffundieren die Wirkstoffmoleküle aufgrund der hohen lokalen Wirkstoffkonzentration in die Tumorzellen. Neben dem Hauptbestandteil Dipalmitoylphosphatidylcholin (DPPC), enthalten TSL meist noch Distearoylphosphatidylcholin (DSPC) zur Erhöhung der Phasenübergangstemperatur, das zirkulationsfördernde DSPE-mPEG(2000) und das freisetzungsfördernde Lysolipid Monostearoyl-phosphatidylcholin (MSPC oder 18:0 Lyso-PC). Das Ziel dieser Arbeit bestand darin, ein besseres Verständnis über die Lipidwechselwirkungen in den TSL zu gewinnen. Dazu wurden das Phasenverhalten der Membran und das Freisetzungs-verhalten aus MSPC-haltigen und MSPC-freien TSL mithilfe der differential scanning calorimetry (DSC), pressure perturbation calorimetry (PPC), dynamischer Lichtstreuung (DLS), Densimetrie und time-correlated single photon counting (TCSPC) untersucht.
Bei der Vermessung von reinem MSPC konnten zwei polymorphe Zustände nachgewiesen werden, die sich abhängig von der Heizrate der DSC und den Lagerbedingungen bildeten. Der Polymorph, der sich unterhalb der Phasenübergangstemperatur bildete, wurde durch die Inkubation bei 1 °C in einen weiteren Polymorph umgewandelt. Auf Grundlage dieser Ergebnisse ist MSPC entweder ein monotropes System oder ein enantiotropes System mit einem transition point unterhalb von 1 °C.
Der Einfluss von MSPC auf TSL wurde untersucht, indem DPPC/DSPC-haltige TSL als multi-lamellare (MLV) und unilamellare (LUV) Liposomen analysiert wurden. Während LUV vor allem zur Verkapselung und Verabreichung von hydrophilen Wirkstoffen eingesetzt werden, verhalten sich nur MLV wie thermodynamische Phasen. So können MLV unter Zuhilfenahme von Phasen-diagrammen ausgewertet werden und fördern ein detailliertes Verständnis über die Wechselwirkungen zwischen den Membranbestandteilen. Anhand der Phasendiagramme der MSPC-haltigen Formulierungen konnte ein eutektisches Verhalten mit Komplexbildung bei diesen TSL festgestellt werden. Eine eutektische Mischung mit MSPC bildet eine MSPC-arme Gelphase und MSPC-reiche Komplexe in der Membran. Bei dem eutektischen MSPC-Anteil von ca. 12 mol% schmelzen beide Phasen als Ganzes. Dies konnte mittels DSC, PPC und TCSPC gezeigt werden: Die Anwesenheit von MSPC führte zu schmaleren Phasenübergängen bis zu einem Minimum bei ca. 12 mol%. Gleichzeitig wurde die Ordnung und/oder Dynamik der Gelphase bei 10 mol% MSPC gestört. Bei höheren MSPC-Anteilen in den TSL wurden MSPC-reiche Komplexe in der Gelphase der Membran gebildet, die keine Calceinfreisetzung aus den TSL hervorriefen. Diese Komplexe wiesen stärkere Wechselwirkungen und eine dichtere Packung zwischen MSPC und den Membrankomponenten DPPC und DSPC auf, wie die erniedrigte Enthalpie und höhere Dichte der TSL zeigten.
Im letzten Teil dieser Arbeit wurde der Einfluss von humanem Serumalbumin und humanem Blutplasma auf TSL untersucht. Dabei zeigte sich, dass mit jeder DSC-Messung zunehmend weniger Lipide am Phasenübergang teilnahmen. Gleichzeitig wurde die Freisetzung aus den TSL stark erhöht, was auf starke Wechselwirkungen zwischen den TSL und den Blutbestandteilen schließen lässt.
Neben weiteren Ergebnissen liefert diese Arbeit eine fundierte Hypothese, die das Paradox der Lysolipide erklären könnte: Obwohl den Lysolipiden bisher detergenzähnliche Eigenschaften zugeschrieben wurden, zeigte MSPC einen gegenteiligen Effekt auf das Phasenverhalten der TSL. So mischen sich Detergenzien gut mit der fluiden Phase der Membran, weshalb die Störung oberhalb der Phasenübergangstemperatur begrenzt bleibt. Beim Einfrieren entmischen sich Detergenzien und Gelphase. Die Detergenzien akkumulieren in Grenzflächen und bilden Defekte in der Membran aus, wodurch die Liposomen zerstört werden. Bei einer eutektischen Mischung von MSPC mit DPPC und DSPC wird das MSPC hingegen in stabilen Komplexen gebunden, die die Integrität der Membran nicht beeinträchtigen. Wird die eutektische Mischung einer milden Hyperthermie ausgesetzt, wird das MSPC aus den Komplexen freigesetzt, was eine erhöhte Wirkstofffreisetzung aus den TSL zur Folge hat
Abstract: Hyperthermia is a method to treat tumours or enhance tumour chemotherapy. The use ofhyperthermia in temperature ranges from 40 °C to 42 °C can enhance both the cytotoxicityof the drug and its accumulation in the tumour tissue. Thermoresponsive/thermosensitive liposomes (TSL) are formulations designed to release their drug specically in areas of hyperthermia. Typically, TSL are loaded with hydrophilic drugs like Doxorubicin and applied intravenously, followed by heating of the tumour tissue. When circulating TSL come in contact with the heated tumour tissue, the encapsulated drug is released. The release behaviour of the TSL is dependent on the phase transition temperature of the formulation. Due to high local drug concentration in the tumour tissue, drug molecules diffuse into the tumour cells.The lipid dipalmitoylphosphatidylcholine (DPPC) is the main component in TSL. Othertypical components are distearoylphosphatidylcholine (DSPC) to adjust the phase transition temperature, the polymer-grafted lipid DSPE-mPEG(2000) to increase circulation time,and the release enhancing lysolipid MSPC.The main aim of the thesis was to derive a mechanistic understanding of the specicmodes of action of these components. To this end, the phase and release behaviour ofMSPC-containing and MSPC-free TSL was investigated in detail using differential scan-ning calorimetry (DSC), pressure perturbation calorimetry (PPC), dynamic light scattering(DLS), densimetry and time-correlated single photon counting (TCSPC).
For pure MSPC, two polymorphic states could be identified. The polymorph forming uponcooling below the "melting" point converted into another one upon incubation at 1 °C.Hence, MSPC is either a monotropic system or an enantiotropic system with a transitionpoint below 1 °C.
Addition of MSPC to liposomes of DPPC and/or DSPC was studied using both multi-lamellar (MLV) and unilamellar (LUV) liposomes. Whereas LUV are of primary interest asdrug delivery systems for hydrophilic drugs, only MLV behave, to a good approximation,as one or more thermodynamic phases and permit a detailed understanding of the phasediagram and its implications for drug delivery.Based on the phase diagrams of MSPC-containing TSL, an eutectic behaviour with complex formation was detected in these formulations. An eutectic mixture forms MSPC-rich complex and MSPC-poor gel phases in the membrane. At the eutectic MSPC-content of about 12 mol%, both phases melt simultaneously. This was indicated by DSC, PPC andTCSPC measurements where insertion of MSPC into TSL narrowed down the phase transition range to a minimum at about 12 mol% and perturbed the order and/or dynamics of thegel phase at 10 mol% MSPC. Higher contents of MSPC added to the TSL below the phasetransition temperature accumulated in MSPC-rich complexes without inducing membraneleakage. These complexes showed stronger interactions and tighter packing between MSPCwith the membrane compounds DPPC and DSPC as indicated by lower enthalpy and higherdensity.
In the last part of the thesis, the effects of human serum albumin and human blood plasmaon the TSL were examined. It was shown that after each DSC scan, less lipid contributed tothe phase transition. At the same time, the release of content from the TSL was increased,which suggests that TSL components interact strongly with the blood components.
Among other conclusions, the thesis establishes a strong hypothesis to resolve the para-dox that the lysolipid, which has been argued to act like a surfactant, shows the oppositetemperature effect from other surfactants. These mix well with the fluid phase, so that mem-brane perturbation above the phase transition temperature remains limited. Upon freezing,they demix from the gel phase and accumulate in defect zones that break the liposome.By contrast, as an eutectic mixture of MSPC with DPPC and DSPC freezes, the lysolipidis accommodated in stable complexes that do not compromise membrane integrity. Uponrapid melting of the eutectic under conditions of mild hyperthermia, the MSPC is releasedfrom the complexes and promotes drug release from the TSL
- Standort
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Deutsche Nationalbibliothek Frankfurt am Main
- Umfang
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Online-Ressource
- Sprache
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Deutsch
- Anmerkungen
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Universität Freiburg, Dissertation, 2019
- Schlagwort
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Pharmazeutische Technologie
Pharmazeutische Technologie
Nanowissenschaften
Differential scanning calorimetry
Fluoreszenz
- Ereignis
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Veröffentlichung
- (wo)
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Freiburg
- (wer)
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Universität
- (wann)
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2019
- Urheber
- Beteiligte Personen und Organisationen
- DOI
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10.6094/UNIFR/149855
- URN
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urn:nbn:de:bsz:25-freidok-1498552
- Rechteinformation
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Der Zugriff auf das Objekt ist unbeschränkt möglich.
- Letzte Aktualisierung
-
14.08.2025, 10:44 MESZ
Datenpartner
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Beteiligte
Entstanden
- 2019