Bestand

Partikulararchiv Öhringen: Mischarchiv der Öhringer Linie mit größeren Archivgutgruppen der anderen Neuensteiner Linien und kleineren Bestandteilen der Waldenburger Linien (Bestand)

1. Bestandsgeschichte: In den Jahren 1828 bis 1847 bildete der damalige fürstliche Archivrat Adolph Edler von Braun aus dem Schrift- bzw. Archivgut zahlreicher verschiedenen Provenienzen (v.a. Behörden, aber auch Nachlässe von Mitgliedern der hohenlohischen Grafen- bzw. Fürstenhäuser) der inzwischen mediatisierten Fürstentümer Hohenlohe-Oehringen und Hohenlohe-Ingelfingen unter Hinzunahme von Archivgut der an Hohenlohe-Oehringen gefallenen Linien Hohenlohe-Neuenstein (¿1698) und Hohenlohe-Weikersheim (¿1756) das sogenannte Partikulararchiv Öhringen. Es war ein nach Pertinenzen gegliedertes Auslesearchiv, die darin aufgenommenen Archivalieneinheiten wurden nach Sach-, Personal- und Ortsbezügen zusammengestellt, was nicht nur den archivischen Ordnungsvorstellungen des 19. Jahrhunderts voll und ganz entsprach, sondern wohl auch den Wünschen des Fürstenhauses geschuldet war, einen für aktuelle Recherchen jederzeit nutzbaren Fundus von wichtigen Dokumenten zur Hand zu haben. Das führte im Ergebnis bei den meisten Einheiten des Partikulararchivs jedoch dazu, dass in der Regel keine Akten über zeitlich begrenzte ¿Vorgänge¿, sondern bestimmte Orte, Personen oder Gegenstände betreffende Sammlungen von Dokumenten (Korrespondenzen, Berichte, Memoranden und sonstiges internes Schreibwerk, Amtsbücher oder Extrakte daraus, Urkunden im Original und in Abschrift, landesherrliche Weisungen und Verordnungen, Listen, Verzeichnisse, Rechnungen etc.) unterschiedlicher Anlageprovenienz und oft genug mit Laufzeiten über mehrere Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte entstanden. Sofern vor 1828 noch Registraturen der Schriftgutbildner Regierungen und Kammern oder Lokalbehörden der verschiedenen hohenlohischen Linien und Familienzweige in ihren ursprünglichen Ordnungszuständen erhalten gewesen sein sollten, hat von Braun diese Zusammenhänge jedenfalls gründlich zerstört. Der durch ihn gebildete und möglicherweise auch durch seine Amtsnachfolger mit Nachträgen weiter angereicherte Bestand umfasst nach der Erschließung durch insgesamt elf unterschiedliche Bearbeiter und der Ausgliederung einzelner Bestandsteile (siehe unten) insgesamt knapp 18.000 Archivalieneinheiten mit einem Umfang von etwa 275 lfd.m. Neben Provenienzen aus den genannten vier Linien des Hauses Hohenlohe finden sich im sogenannten Partikulararchiv Öhringen auch zahlreiche Unterlagen der Linien Hohenlohe-Langenburg und Hohenlohe-Kirchberg, ja sogar der Waldenburger Linien. Die als ¿Partikulararchiv Öhringen¿ überlieferten Unterlagen erstrecken sich über einen zeitlichen Umfang vom Jahr 1149 bis 1974, wobei das Gros der Unterlagen im Zeitraum bis 1806 entstanden ist und aus der Zeit nach 1850 nur noch einige wenige Unterlagen vorliegen. Bis zum Beginn des Projekts lagen nur zu Teilen des Partikulararchivs Findbücher vor, die selten im 18. Jahrhundert (z.B. zur Kammer Öhringen) und überwiegend im 19. Jahrhundert (verschiedene Findbücher aus der Hand von Brauns, die aber nicht das ganze Partikulararchiv abdecken) entstanden sind. Die Bezeichnung Partikulararchiv Öhringen rührt daher, dass dieses Archiv anders als das Gemeinsame Hausarchiv (GA), das ebenso im Blasturm der Stiftskirche Öhringen lagerte, das Archiv einer einzigen Linie darstellte.

2. Neuerschließung: Die unvollständige und oft auch qualitativ unzureichende Erschließung des Partikulararchivs Öhringen ließ zu Beginn des neuen Jahrtausends dessen komplette Neuverzeichnung und Neuordnung geraten erscheinen. Dabei sollten die ursprünglichen Provenienzzusammenhänge soweit möglich herausgearbeitet und nachträglich aus Schriftgut verschiedener Provenienzen zusammengestellte Akten wieder aufgetrennt werden. Beide Ziele wurden bewusst pragmatisch gehandhabt. So unterblieb eine Auftrennung der Akten nach Provenienzen immer dann, wenn der Aufwand das Ergebnis nicht rechtfertigte. Die Identifizierung der Provenienzzusammenhänge wiederum sollte den flexiblen hohenlohischen Verwaltungsstrukturen der frühen Neuzeit Rechnung tragen. So waren diese nämlich nicht nur im 16. Jahrhundert, sondern auch noch nach der Trennung von Kanzlei und Kammer zu Beginn des 17. Jh. und der Einführung eines Konsistoriums (als nur periodisch zusammentretender ad-hoc-Behörde für Kirchen- und Schulfragen) nach der Mitte des 17. Jahrhunderts nur scheinbar klar definiert, da die einzelnen Räte bzw. sonstigen Behördenmitarbeiter oft nicht nur einer einzigen Behördeneinheit zugeordnet, vielmehr für Kanzlei, Kammer und ebenso Konsistorium gleichzeitig tätig waren. Anders als in den größeren Territorien im Reich erweisen sich die Behörden in der Grafschaft Hohenlohe zumindest im 16. und 17. Jahrhundert als viel weniger starre, ganz im Gegenteil recht flexible, teilweise ineinander fließende Einheiten, wobei diese Tendenz je nach Linie, nach dem regierendem Grafen bzw. Fürsten und der Anzahl der Räte, die man finanzieren konnte, unterschiedlich stark ausgeprägt war. Auffällig ist ferner, dass bestimmte Behörden zumindest im 16. und 17. Jahrhundert mitunter nicht nur für eine Linie arbeiteten, wie dies vor allem nach Herrschaftsteilungen zwischen zwei oder mehr Brüdern immer wieder deutlich wird ¿ genauso wie es zu jener Zeit noch linienübergreifende Registraturen geben konnte. Da es, wie oben beschrieben, auch noch im 19. Jahrhundert in Öhringen selbstverständliche Gewohnheit war, vorhandene Altakten während der Benutzung nach gegenwärtigem Bedarf immer wieder zu neuen Einheiten zu formieren und dabei auch die Grenzen zwischen oberer Verwaltungsebene und den Ämtern bzw. Amtsakten zu überschreiten, stellen die heute überlieferten Einheiten oftmals eine Mischung ganz verschiedener Vorgänge und ¿Behördenprovenienzen¿ dar, die sich mitunter nicht einmal einer bestimmten Linie klar zuweisen lassen, zumal wenn es sich um Druck- oder Abschriften handelt. Eine Auftrennung des Partikulararchivs nach Provenienzen (schriftgutbildenden Stellen, zumeist Behörden) hätte daher beim Betrachter nicht nur fälschlicherweise die allgegenwärtige Existenz strukturierter und klar voneinander getrennter, selbständig arbeitender Behörden vorgespiegelt, sondern zugleich auch den Schein vermittelt, die der jeweiligen Provenienz zugeordneten Archivalieneinheiten wären in jedem Fall dieser einen und nur dieser einen Provenienz eindeutig zuzuordnen. Zudem hätte der Nutzer nicht nur einen einzigen Bestand, sondern stattdessen etwa 100 verschiedene Bestände durchsehen müssen. Um dies alles zu vermeiden, der interessierten Wissenschaft und Öffentlichkeit aber trotzdem die benötigten Informationen über den Kontext der Archvalieneinheiten zu vermitteln, erwies es sich als sinnvoll, die Provenienz nicht auf der Ebene des Bestandes, sondern auf der Ebene der Datensätze bzw. Archivalieneinheiten niederzulegen ¿ und dabei im Zweifelsfall die unsichere Zuweisung der größeren Transparenz wegen auch einmal mit einem Fragezeichen kenntlich zu machen. Der Bestand ¿Partikulararchiv Öhringen¿ ist so ganz bewusst eine Einheit geblieben. Eine Ausnahme von dieser Regel wurde nur dann gemacht, wenn in der Vergangenheit bereits Unterlagen aus dem Bestand "Partikulararchiv Öhringen" herausgelöst und zu neuen Beständen formiert worden waren. Zu nennen sind hier Oe 205, Rechnungen I (1574-1812), Oe 210, Rechnungen II (ab 1801), Oe 215, Serienakten und -bände betreffend Reichstag, Reichshofrat, Reichskammergericht, Fränkischer Kreis und Fränkisches Reichsgrafenkolleg, sowie Oe 97, Amt Schrozberg Die Erschließung übernahmen seit dem Jahr 2005 Dr. Thomas Kreutzer, Dr. Martin Schlemmer, Diane Leutwein und Gaby Wigand (beide Retrokonversion), Dr. Peter Schiffer, Dr. René Hanke, Dr. Bastian Gillner, Dr. Joachim Brüser, Prof. Dr. Kurt Andermann, Dr. Simon Karzel und Dr. Peter Steuer (ab Bü 15016). Die Klassifikation erstellten Dr. Peter Steuer, Jan Wiechert und Dr. Ulrich Schludi, dem auch die Endredaktion oblag. Die Erschließung des Partikulararchivs Öhringen wurde dankenswerterweise durch die Stiftung Kulturgut des Landes Baden-Württemberg gefördert und so erst möglich gemacht. Neuenstein, im August 2017 Dr. Ulrich Schludi

Reference number of holding
Landesarchiv Baden-Württemberg, Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein, Oe 1
Extent
252 Urkunden, 15192 Büschel (ca. 275 lfd.m)

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein (Archivtektonik) >> Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein >> Archiv Öhringen >> Bestände vor 1806

Date of creation of holding
1149-1974, das Gros der Unterlagen bis 1806 bzw. abnehmend bis 1850

Other object pages
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Rights
Last update
25.02.2022, 8:54 AM CET

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • 1149-1974, das Gros der Unterlagen bis 1806 bzw. abnehmend bis 1850

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