Grafik
Der Triupmh der Welt
Der Triumphwagen der Welt (Mundus) wird gezogen von einem geflügelten Pferdegespann, das den Tagesablauf verkörpert. Der Tag (Dies) trägt eine Sonne, die Nacht (Nox) eine Mondsichel auf dem Kopf. Oben auf dem Wagen an zentraler Position dreht sich eine transparente Kugel, versehen mit einem Kreuz, als Symbol für die Welt und einem Band mit den zwölf Tierkreiszeichen. Dieser Zodiakus ist das Sinnbild für den Kosmos. In der Sphäre selbst befinden sich sieben Frauengestalten mit verschiedenen Attributen. Auf den Wagenecken sitzen die weiblichen Personifikationen der vier Elemente bezeichnet durch die lateinischen Inschriften. Sie tragen je ein Attribut in den Händen und eines auf dem Kopf. Terra, die Erde, sitzt über dem linken Vorderrad. Mit den Händen umfaßt sie einen Felsen, ihr Haupt ist gekrönt von einer Burg. Neben ihr sitzt Ignis, das Feuer. In der rechten erhobenen Hand hält sie ein Flammenbündel, auf ihrem Kopf ruht Phönix. Auf den hinteren Plätzen des Wagens befinden sich die Allegorien des Wassers und der Luft. Aqua hält auf ihrem Schoß ein Schiff, auf dem Kopf trägt sie einen Fisch. Die Symbole der Aer sind ein Regenbogen und ein Vogel. Als Wagenlenker erscheint, niedrig sitzend, die Personifikation der Zeit (Tempus). Die Sense hat er geschultert, auf dem Kopf trägt er das Stundenglas. Am Himmel tauchen in den Wolken vier Köpfe auf, die aus vollen Backen pusten und die vier Winde bzw. die vier Himmelsrichtungen Septentrio, Oriens, Auster und Occidens verkörpern. Im linken Hintergrund des Bildes erstreckt sich eine Stadtlandschaft. - Der von Maarten van Heemskerck entworfene Stich stammt aus einer Serie von 9 Triumphzügen, die allegorisch den Kreislauf des menschlichen Daseins veranschaulichen. Der Triumphwagen der Welt ist als einleitendes Programmbild die erste Station der Folge und ordnet den Lebenskreislauf in das Gefüge von Raum, Zeit und Materie ein. Die Figuren in der Weltkugel repräsentieren die sieben Stationen des Zuges von Opulentia (Hochmut) bis Pax (Frieden) wodurch die Idee des Kreislaufes aufgegriffen wird. Das abschließende Bild zeigt das Jüngsten Gerichts. - Vorbild für den Stichzyklus war eine Prozession, die am 1. Juli 1561 anläßlich der Feier der Beschneidung Christi in Antwerpen stattfand. Bestandteil des Festzuges, bei dem die wichtigste Reliquie der Antwerpener Kathedrale, ein Stück von der Vorhaut Christi, präsentiert wurde, war eine allegorische Darbietung eines Ommegangs: Dem Naturkreislauf des menschlichen Lebens. Als Personifikationen verkleidete Menschen saßen zu lebenden Bildern arrangiert auf dekorierten Wagen, die durch die Stadt gezogen wurden. Mitlaufende Redner erklärten die einzelnen Szenen und verkauften Programmhefte, sogenannte Ordinancies, die die Motive und Figuren beschrieben. - Der allegorische Triumph hatte neben der Dichtung und der Bildkunst also ein drittes Medium in der „wirklichen Übung“ städtischer Festzüge. Diese hatten ihren Ursprung in religiösen Prozessionen und antiken Triumphzügen. Festliche Umzüge im profanen Sinne wurden häufig anläßlich von Hochzeiten oder Karnevalsfeiern arrangiert. Beide Veranstaltungen, weltliche wie kirchliche, enthielten ein wichtiges antikes Element, das die Gestaltung und die Charakterisierung eines Triumphzuges ausmacht: den Triumphwagen. - Maarten van Heemskerck übertrug das allegorische Programm des realen Antwerpener Umzugs in die Druckgraphik. Daß es diese Prozession war, die Heemskerck illustrierte, weiß man durch eine noch erhaltene Kopie des gedruckten Programms, von dem er nur in kleinen Details abwich. Auch die lateinischen Identifikation der Personen und die Namen der Triumphwagen, aufgeführt in den Texten unterhalb der Stiche, stimmen mit denen in den Ordinancies überein. Mit diesem Triumphzug hat Heemskerck ein Modell des allegorischen Kreislaufs verbildlicht, das bis ins 17. Jahrhundert als Vorlage verwendet wurde. Durch den Vergleich des Naturkreislaufes mit dem menschlichen Leben wurde gerade der Triumph der Welt zu einem häufig genutzten Vorbild. -
- Location
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Georg-August-Universität Göttingen / Kunstgesch. Seminar und Kunstsammlung der Universität, Göttingen
- Inventory number
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D 4076
- Measurements
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Höhe: 223 mm
Breite: 295 mm
- Material/Technique
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Kupferstich
- Inscription/Labeling
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Aufschrift: Septentrio Oriens Auster Occidens (Oberer Bildrand über den Köpfen der Windpersonifikationen von links nach rechts)
Aufschrift: Dies Tempus. Ignis. Terra. Aer. Aqua (Pferd und Figuren Bildmitte von links nach rechts)
Aufschrift: Nox (Pferd unten links)
Aufschrift: M Hemskerek inuento H. cock ex (Signatur unten rechts)
- Related object and literature
- Classification
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Kupferstich (Oberbegriffsdatei)
- Subject (what)
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Pferd
Kupferstich
Tag und Nacht
die Erde, die Welt als Himmelskörper
Tierkreis; die zwölf Tierkreiszeichen zusammen dargestellt
Ripa: Terra, Carro della terra
Triumphwagen
Wasser (als eines der vier Elemente)
Luft (als eines der vier Elemente)
die vier Himmelsrichtungen
Feuer (als eines der vier Elemente)
Winde
- Event
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Entstehung
- Event
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Herstellung
- (where)
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Niederlande
- (when)
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1564
- Sponsorship
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Die Digitalisierung wurde gefördert durch die Deutsche Digitale Bibliothek aus Mitteln des Programms „Neustart Kultur“ der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
- Last update
-
24.04.2025, 12:58 PM CEST
Data provider
Kunstsammlung der Universität Göttingen. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Grafik
Associated
Time of origin
- 1564