Archivbestand
Ortsarchiv Bestenheid (Bestand)
Inhalt und Bewertung
Das Ortsarchiv Bestenheid umfasst die Akten, Bände, Rechnungen und Karten der ehemaligen Gemeindeverwaltung sowie die Rechnungsbände der Ortsviehversicherungsanstalt Bestenheid. Der Schwerpunkt der Überlieferung liegt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und endet in der Mehrzahl um 1912, da Bestenheid zum 1. Januar 1913 nach Wertheim eingemeindet wurde. Fortgeführt wurden die Akten und Rechnungen der Ortsviehversicherungsanstalt.
Einleitung: Bestenheid wird am 2. Juli 1284 in einer Grünauer Urkunde (StAWt-F US 9 Nr. 28) erstmals erwähnt. Beurkundet wird darin der Verkauf von Einkünften im Dorf Bestenheid an die drei Töchter des zur Burgmannschaft gehörenden Heinrich Klinkhart durch den Grafen Rudolf II. von Wertheim. 1301 verkauft derselbe Graf den Klinkhart-Schwestern Irmengard und Heilken zwei Hofgüter zu Bestenheid (StAWt-F US 9 Nr. 29). 1331 schenkt Gräfin Elisabeth von Wertheim mit Zustimmung ihrer Neffen, der Grafen Rudolf d. Ä. und Rudolf d. J., der Kartause Grünau Güter und Gefälle in Bestenheid (StAWt-F US 9 Nr. 34). Von besonderer Bedeutung für die Geschichte Bestenheids sind vor allem zwei Urkunden aus dem Jahre 1378. Graf Johann von Wertheim und seine Frau Margarethe von Rieneck versprechen dem Kloster Bronnbach und der Kartause Grünau, dass ihnen durch die Verlegung des Dorfes in Stadtnähe kein Schaden an ihrem Besitz und ihren Einkünften entstehen solle (StAWt-R US 1378 April 2, StAWt-F US 9 Nr. 30). Die Ansiedlung des Dorfes talaufwärts an die engste Stelle zwischen Main und Wartberg und die Sicherung mit einer Straßenpforte und einem Wehrturm bezweckte einen besseren Schutz für Bestenheid und die Stadt Wertheim. Die sich daraus ergebenden Schwierigkeiten mit der Kartause Grünau, deren Wiesen durch die Verlegung bebaut wurden, konnten 1382 durch ein vom Grafen eingesetztes Schiedsgericht beigelegt werden. Einblicke in die Einwohnerzahlen des mainaufwärts verlegten Dorfes im 17. Jahrhundert gewähren die Akten über die Visitation der Kirchen und Schulen auf dem Landes von 1621 (StAWt-G Rep. 45 Nr. 4). Nach dem Kommissionsbericht hatte Bestenheid zu dieser Zeit ungefähr 120 Einwohner. Im 19. /20. Jahrhundert verlief die Bevölkerungsentwicklung wie folgt: 1830 249 Einwohner StAWt-S O 1 R 280 1858 272 Einwohner StAWt-S O 1 R 77 1867 320 Einwohner StAWt-S O 1 R 54 1875 286 Einwohner StAWt-S O 1 R 66 1885 260 Einwohner StAWt-S O 1 R 96 1890 239 Einwohner StAWt-S O 1 R 239 1900 245 Einwohner StAWt-S O 1 R 142 1910 309 Einwohner StAWt-S O 1 R 174 Die Gemeindeverwaltung bestand seit dem Erlass der Badischen Gemeindeverordnung von 1832 in Gemeinderat, Bürgermeister, Bürgerausschuss und Gemeindeversammlung. Der Gemeinderat setzte sich aus dem Vorsitzenden Bürgermeister und drei, seit 1870 sechs, Gemeinderäten zusammen. Bürgermeister und Gemeinderäte wurden von der Gemeindesversammlung auf sechs Jahre gewählt. Alle zwei Jahre erneuerte sich der Gemeinderat zu einem Drittel. Von der Gemeindeordnung vorgeschrieben war auch die Bestellung eines Ratschreibers und eines Gemeinderechners. Die Bürgermeister waren (StAWt-S O 1 R 1- R 178):
Einleitung: 1833 - 1839 Lorenz Dittemer 1839 - 1859 Micheal Hergenhan 1859 - 1866 Michael Popp 1866 - 1870 Georg Geiger 1870 - 1882 Daniel Dosch 1882 - 1890 Michael Dosch 1890 - 1911 Daniel Dosch 1911 - 1912 Jakob Müssig I. Die Frage der Eingemeindung Bestenheids nach Wertheim wurde erstmals 1908 in Zusammenhang mit dem Anschluss der Gemeinde an die städtische Wasserleitung erwogen. Am 20. August 1908 bekundete der Gemeinderat Bestenheid gegenüber dem Gemeinderat Wertheim seine Absicht, einer Vereinigung beider Gemeinden näher zu treten und setzte eine fünfköpfige Kommission ein. Der Gemeinderat Wertheim erklärte sich ebenfalls zur Verhandlung bereit und berief seinerseits eine vierköpfige Kommission. Ins Stocken gerieten die Verhandlungen kurzfristig wegen der Festlegung des Gabholzbezugs. Am 18. September 1909 beschloss die Gemeindeversammlung Bestenheid mit 26 gegen 25 Stimmen und am 17. November 1909 der Bürgerauschuss Wertheim die Vereinigung beider Gemeinden. Dieses Ansinnen lehnte jedoch die Großherzogliche Badische Regierung wegen Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des Vereinigungsvertrages und der nur eine Stimme betragenden Eingemeindungsmehrheit in Bestenheid erst einmal ab. 420 Bestenheider Bürger stellten daraufhin beim Großherzoglichen Bezirksamt im Juli 1911 einen Antrag auf Wiederaufnahme der Vereinigungsverhandlungen. Beide Gemeindegremien bestellten wiederum eine Kommission. Mit Wirkung vom 1. Januar 1913 wurde Bestenheid schließlich nach Wertheim eingemeindet.
Literatur: Hermann Ehmer, 700 Jahre erste urkundliche Erwähnung von Bestenheid, in: 700 Jahre Bestenheid. 1284-1984, Wertheim, 1984; Jörg Paczkowski, Einiges aus der Geschichte Alt-Bestenheids, in: 700 Jahre Bestenheid. 1284-1984, Wertheim, 1984; Erich Langguth, Über die Befestigungsanlagen von Kreuzwertheim und Alt-Bestenheid, in: FN vom 26. /27. Mai 1979; Joseph Aschbach, Geschichte der Grafen von Wertheim, Frankfurt 1842; Franz Joseph Mone, Urkunden über den Taubergrund vom 13. bis 15. Jahrhundert, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oderrheins 16 (1864), S. 304-327; Das Land Baden-Württemberg: amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden/ Hrsg. von der Landesarchivdirektion Baden¿Württemberg, Bd. 4: Regierungsbezirk Stuttgart, Regionalverbände Franken und Ostwürttemberg, Stuttgart, 1980; Karl Stiefel, Baden 1648-1952, Karlsruhe, 1978; Hans Bardon, Denkschrift über die Vereinigung der Gemeinden Bestenheid mi der Stadtgemeinde Wertheim a. M., Wertheim, 1911; Großherzogliches Badisches Staats- und Regierungsblatt, Jg. 1832 /Nr. 8 vom 17.02.1832; Gustav Rommel, die Kirchenvisitationen auf den Landorten der Grafschaft Wertheim, in: Wertheimer Jahrbuch 1926
Bearbeiterbericht: Die erste fachliche Sichtung des Gemeindearchivs Bestenheid wurde wohl zwischen 1884-1889 von dem früheren Pfleger der Badischen Historischen Kommission für den Amtsbezirk Wertheim, Dr. Karl Wagner, vorgenommen. Wagner fand damals noch eine Dorfordnung von 1564 vor, die bei der jetzt abgeschlossenen Gesamtverzeichnung nicht mehr nachgewiesen werden konnte. Der Großteil der vom Bürgermeisteramt Bestenheid angelegten und geführten Akten entstand im 19. Jahrhundert. Die Ablage erfolgte nach dem Külby-Aktenplan. Drei Aktenfaszikel (lfd. Nr. 88-90) tragen Signaturen einer älteren archivischen Bearbeitung. 1903 beschloss eine einberufene Gemeindeversammlung einstimmig den Ausbau eines Raums im Rathaus zur feuersicheren Unterbringung des Archivs (StAWt-S O 1 Nr. 151). Wann das Ortsarchiv Bestenheid in das Stadtarchiv Wertheim übernommen wurde, ist nicht bekannt. Eine erste archivische Ordnung und Verzeichnung erfolgte zwischen 1963 und 1988 nach Streifenmethode auf Karteikarten. Der im Laufe der Jahre eingetretene Verlust eines Großteils der in die Archivalien eingelegten Nummernstreifen machte eine Neuverzeichnung dieses für die Ortsgeschichte Bestenheids wichtigen Bestandes notwendig. In der Zeit von Juni 1991 - Februar 1992 wurden die Archivalien deswegen von der Archivangestellten Elfriede Zurstraßen geordnet und auf Midetit Formularen erfasst. Akten, Bände und Rechnungen wurden getrennt aufgenommen. Die Verzeichnung der Akten erfolgte nach Bär`schem Prinzip. Die Titelaufnahmen wurden von März 1992 ¿ Juli 1993 von Archivinspektorin Ulrike Kühnle lektoriert und in MIDOSA (Mikrocomputer-unterstütztes Informations- und Dokumentationssystem für Archive) eingegeben. Die Klassifikation des Bestandes lehnt sich im Wesentlichen an die Hauptgruppen des Külby-Aktenplanes an. 2004 wurden in den Bestand die Rechnungen der Ortsviehverischerungsanstalt Bestenheid eingefügt. Der Bestand umfasst derzeit 514 Archivalieneinheiten in 9,9 lfd. m Wertheim-Bronnbach, im September 2004 Ulrike Kühnle
Ergänzung zum Bearbeiterbericht: In den Jahren 2008-2009 wurden im Rahmen einer Erschließungsmaßnahme einschlägige Akten auf darin enthaltene Karten und Pläne von Erika Ratzka durchgesehen und diese mit eigenen Titelaufnahmen erschlossen. In der Signatur kommt das über den Hinweis "S-O 1_in StAWt-S O1 A ... Karte ..." zum Ausdruck. Aus konservatorischen Gründen den Akten entnommene Karten erhielten eine fortlaufende Nummerierung innerhalb der Kartensignatur "StAWt-S O 1 K ...". Diese Kartenverzeichnungen wurden 2014 in die Klassifikation eingebunden und es wurden einige bisher unverzeichnete Einheiten erfasst, wodurch der Bestand nun 580 Einheiten umfasst. Bronnbach, im Dezember 2014 Anna Spiesberger
- Bestandssignatur
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Abt. Staatsarchiv Wertheim, S-O 1
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Wertheim (Archivtektonik) >> Stadtarchiv Wertheim >> Ortsarchive (O-Bestände)
- Bestandslaufzeit
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1805-1965
- Weitere Objektseiten
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- Rechteinformation
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- Letzte Aktualisierung
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13.11.2025, 14:40 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1805-1965