Archivale

Gutachten [der Stadt Esslingen?] über den Lehenscharakter der Schönbuch-Gerechtigkeit

Regest: Aus dem Inhalt:
Lehen ist nach seiner Wesenlichkeit und Natur eine Guttat, die von dem Lehenherrn dem Lehenmann geschieht aus einer Gutwilligkeit darum, daß der Lehenmann dem Lehenherrn treulich diene, was keineswegs der gemeldeten Miet und Gewähr (nämlich der Schönbuch-Gerechtigkeit) zugezogen werden kann. Denn sie ist von Graf Rudolf selig denen von Rütlingen nicht zu Guttat gegeben worden, sondern um seines Nutzens willen, wie daran gemerkt wird, daß er von denen von Rütlingen um solche Miet empfangen hat 740 Pfund Pfennig Heller Münze und daß die von Rütlingen dazu von jedem Hau ein bestimmtes Geld zu geben angedingt sind, wie sie das auch bisher ohne Widerung (= Sträuben) gegeben haben und man das von ihnen genommen hat. Solches ist von ihm auch nicht geschehen aus Wohlwollen oder Gutwilligkeit gegen die von Rütlingen. Denn er hat darin nicht ihnen, sondern sich selbst wohlgewollt, indem er ein ziemlich, gemeß (= angemessenes) Geld um solche Miet empfangen und sich, seinen Erben und Nachkommen in Ewigkeit von jedem Hau auch eine ziemliche Bezahlung angedingt hat. Außer der Bezahlung des bestimmten Geldes sind von den Rütlingern nie irgendwelche Dienste gefordert noch geleistet worden ... Da das Übereinkommen oder die Miet zwischen Graf Rudolf selig und denen von Rütlingen kein wesenlich zu Lebensnatur dienendes Stück enthält, kann die Miet nicht für ein Lehen erachtet werden, sondern für einen Kauf, wie der Brief in etlichen Worten ausdrückt, oder seitens derer von Rütlingen für ein Beständnus (= Bestand, Pacht), lateinisch Conductio genannt, und seitens des Grafen Rudolf für ein Hinleihen in Ewigkeit, das man aus Gebrechenlichkeit (= Unvollkommenheit) der Wörter im Deutschen auch Lehen nennt, doch nicht eigentlich zu reden (= nicht im eigentlichen Sinn), und das im Lateinischen Locatio in perpetuum heißt. Da ist der Beständer nicht schuldig, sein bestandenes Gut, Miet oder Gerechtigkeit von jedem nachkommenden Herrn von neuem zu empfangen, sondern es bleibt bei der ersten Beständnus und ist damit genug, vorab (= vor allem) wenn solches Hinleihen und Beständnus gesetzt wird auf des Hinleihers Erben und Nachkommen. ... Daß Graf Rudolf sich gegen die von Rütlingen bei Eidespflicht verbunden hat, ihnen die in dem Brief enthaltenen Dinge zu fertigen ist doch ganz widerwärtig (= widerspricht ganz) der Natur eines Lehens. Denn kein Lehenherr ist schuldig, seinem Lehenmann sein Lehen zu fertigen. Das ist nicht Lehensform, sondern bei Käufen so gehalten ... Das Wort Kauf steht auch im kaiserlichen Bestätigungsbrief ... Daß aber die Worte nach dem Kontrakt und nicht der Kontrakt nach den Worten soll gezogen werden, wird bewähret (= bewahrheitet, bewiesen) daraus, daß die Worte zu Bedeutung der Dinge und nicht die Dinge zu Bedeutung der Worte aufgesetzt worden sind, daß auch kein Ding aus seiner Natur gezogen wird dadurch, daß ihm ein ungemäßes Wort zugelegt wird (...)

Dorsal-/Marginalvermerke: Auf S. 6: "Eßlinger Ratschlag". Rückvermerk (17. Jh.): "Anderweytige Deduction das die Schönbuchs Gerechtigkeit kein Lehen, dannenhero man Herzogen Eberhardten derentwegen weder Dienst noch anders Lehen halb zu thun, sondern den Schonbuchs Contract mit dem Grav Rudolpho vor einen Kauff zu halben habe"

Archivaliensignatur
A 2 b (Verfassung u.a.) Nr. A 2 b (Verfassung u.a.) Nr. 2260
Umfang
5 S.
Formalbeschreibung
Beschreibstoff: Pap.
Sonstige Erschließungsangaben
Genetisches Stadium: Or.

Verweis: Vgl. Nr. 2261

Kontext
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 7 u. 20) >> Bd. 7 Schönbuch-Gerechtigkeit
Bestand
A 2 b (Verfassung u.a.) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 7 u. 20)

Laufzeit
[ca. 1484]

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Letzte Aktualisierung
20.03.2025, 11:14 MEZ

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  • Archivale

Entstanden

  • [ca. 1484]

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