Bestand
Nachlass Prof. Dr. Alfred Brauchle, Arzt, Naturheilkundler (1898-1964) (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Zur Biographie Alfred Brauchles
Alfred Brauchle kam am 22. März 1898 als ältester Sohn des Albert und der Margarethe Brauchle zur Welt. Sein Vater war als Verwalter der bei Schopfheim gelegenen Kreispflegeanstalt Wiechs tätig. Zusammen mit seinen jüngeren Geschwistern Hans und Elsa wuchs Brauchle in Schopfheim auf. Nach dem Abitur im Jahr 1916 begann er in Freiburg mit dem Studium der Medizin, wurde jedoch Ende November 1916 nach erst einem Semester zum Kriegsdienst eingezogen. Die Stationierung erfolgte zunächst im 1. Ersatz-Bataillon des Infanterieregiments Nr. 113 in Freiburg, ehe Brauchle für einige Wochen nach Konstanz versetzt wurde. Die dort begonnene militärische Ausbildung blieb zunächst unvollständig, jedoch erlaubte die auf seinen Wunsch erfolgte Rückversetzung nach Freiburg in beschränktem Umfang die Fortsetzung seines Studiums.
In Freiburg wurde Alfred Brauchle der 1. Kompanie der Ersatzabteilung des Jägerregiments Nr. 3 zugeteilt, wo er auf den Einsatz als Gebirgsjäger vorbereitet wurde. Darüber hinaus erhielt er eine Ausbildung zum MG-Schützen und absolvierte im Sommer 1917 auf dem Truppenübungsplatz Heuberg einen Gruppenführerkurs. Am 9. Juli 1917 wurde Brauchle zum Gefreiten befördert, ehe im September die Versetzung zum Feldheer erfolgte. Über Polen wurde seine Einheit für kurze Zeit nach Rumänien verlegt, wo es aber noch nicht zur Teilnahme an Kampfhandlungen kam. Bereits wenig später erfolgte über Großwardein die Verlegung an den italienischen Kriegsschauplatz. Dort nahm Brauchle im Oktober 1917 an der für das Deutsche Reich und Österreich siegreichen 12. Isonzo-Schlacht teil, welche den Mittelmächten die Eroberung von Udine und weiter Gebiete im Nordosten Italiens ermöglichte.
Im Zuge der Offensive erkrankte der Gefreite Anfang November und wurde ins Feldlazarett nach Udine verbracht. Die Erkrankung Brauchles erwies sich als langwierig und machte einen längeren Lazarettaufenthalt notwendig, zunächst im österreichischen Vigaun. Im Dezember 1917 erfolgte die Weiterbehandlung dann im Reservelazarett 2 in Ingolstadt. Zu einer neuerlichen Abkommandierung an die Front kam es nicht, da Brauchle aufgrund rheumatischer Beschwerden weiterhin frontuntauglich blieb und Mitte Mai 1918 zur Genesenenkompanie der Gebirgsersatzabteilung des Jägerregiments Nr. 3 im badischen Bühl versetzt wurde. Im Sommer 1918 übernahm der Gefreite beim Gericht seiner Einheit die Funktion des Schreibers, ehe er im Oktober 1918 erneut so schwer erkrankte, dass er für mehrere Wochen in das Lazarett in Rastatt eingeliefert werden musste.
Nach der Niederlage der Mittelmächte erfolgte Ende Dezember 1918 Brauchles Entlassung aus dem Militär. Sein bald danach wieder aufgenommenes Studium konnte er 1924 mit Promotion und der Approbation als Arzt abschließen. Nach zweijähriger Assistententätigkeit am städtischen Krankenhaus in Lörrach und einer kurzzeitigen Beschäftigung in Nancy wechselte Brauchle 1925 an die Berliner Universitätsklinik, wo er 1929 die Facharztzulassung für Innere Medizin erwarb. 1939 folgte die Habilitation und schließlich 1943 die Ernennung zum Professor. Zu Brauchles Tätigkeitsschwerpunkt entwickelte sich zusehends das junge Fachgebiet der Naturheilkunde, das ihm und seinen zahlreichen Veröffentlichungen wesentliche Impulse verdankte. Bereits 1934 übernahm Brauchle in Dresden die Stelle als Chefarzt der Klinik für Naturheilkunde. Nach seiner Habilitation wirkte er in Dresden auch als Dozent an der Akademie für ärztliche Fortbildung. Noch während des 2. Weltkriegs kehrte der Mediziner in seine badische Heimat zurück und übernahm 1943 die Leitung des Sanatoriums Glotterbad. Zwischen 1949 und 1960 wirkte er als Chefarzt des Parksanatoriums Schönau und eröffnete schließlich nach dem Eintritt in den Ruhestand eine Praxis in Schönen berg. Am 21. November 1964 verstarb Alfred Brauchle in Schönenberg.
Inhalt und Geschichte des Bestands
Der Bestand wurde im Jahr 2009 von Alfred Brauchles Sohn Bartlin dem Staatsarchiv Sigmaringen als Schenkung vermacht. Er enthält ausschließlich Unterlagen, die zwischen der Einziehung Alfred Brauchles zum Kriegsdienst Ende November 1916 und seiner Entlassung aus der Armee zum 31.12.1918 entstanden sind. Über Brauchles Lebensweg nach Ende des 1. Weltkriegs und insbesondere über seine spätere Laufbahn als Arzt bietet der vorliegende Nachlass daher keine Informationen. Zum überwiegenden Teil besteht der Nachlass aus Feldpostbriefen, die Brauchle zwischen 1916 und 1918 an seine Angehörigen in Schopfheim verschickte. Dabei handelt es sich in vielen Fällen um Postkarten der Feldpost. In geringerer Zahl sind auch kouvertierte Briefe vorhanden, insbesondere aus dem an den Alpenfeldzug anschließenden Lazarettaufenthalt Alfred Brauchles.
Inhaltlich drehen sich die Schreiben zum überwiegenden Teil um das außerdienstliche Lebensumfeld, insbesondere Brauchles Freizeitbeschäftigung und seine Versorgungssituation. Während der ersten Monate nimmt die Korrespondenz auch immer wieder Bezug auf die militärische Ausbildung. Bei einem Teil der aus dem Herbst 1917 stammenden Korrespondenz handelt es sich nach Brauchles eigener Aussage um die wörtliche Abschrift seines offenbar nicht mehr erhaltenen Tagebuchs. Bedingt durch den kurzen Fronteinsatz von drei Monaten finden sich in den Unterlagen kaum Schilderungen von Fronterlebnissen oder Darstellungen der Verhältnisse im Feld. Demgegenüber bietet der Nachlass Einblick in die Lazarettversorgung während des Krieges und macht darüber hinaus deutlich, wie sich Brauchles Einstellung von anfänglicher Kriegsbegeisterung und Pflichtgefühl im Zuge von Erkrankung und Kriegstraumatisierung zu deutlicher Distanzierung und dem Wunsch nach Frieden entwickelte.
Ergänzt werden die Korrespondenzen durch einen sehr viel kleineren, aus Lebensdokumenten und Sammlungsschriftgut bestehenden Teil (Nrr. 35-37). Neben dem Militärpass Brauchles findet sich dort vor allem eine von seiner Schwester Elsa zeitnah erstellte Sammlung mit Abschriften der bis Ende November 1917 verfassten Briefe ihres Bruders. Womöglich diente die Anfertigung der Abschriften dem Zweck, dauerhaft den Inhalt der teilweise undeutlich mit Bleistift geschriebenen und zum Teil schwer lesbaren Briefe zu sichern.
Hinzuweisen ist schließlich auf einige im Bestand enthaltene Fremdprovenienzen. Von besonderer Bedeutung sind dabei die aus Frankreich stammenden Feldpostbriefe von Brauchles Onkel Joseph Becker. Sie sind an Alfreds Mutter Margarethe Brauchle gerichtet und nehmen vage Bezug auf seine Fronterlebnisse. Darüber hinaus finden sich Stücke anderer Familienmitglieder sowie einzelne Schreiben Dritter im vorliegenden Bestand.
Bearbeiterbericht
Die Verzeichnung der Unterlagen erfolgte im Januar 2012 durch ein von der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg finanziertes Erschließungsprojekt. Eine Vorordnung der Unterlagen war nicht vorhanden. Bei der Erschließung wurden daher nach Korrespondenzpartnern gegliederte Serien gebildet, welche anschließend in sich chronologisch geordnet wurden. Die nicht von Alfred Brauchle stammenden Schreiben wurden unter einem gesonderten Klassifikationspunkt zusammengefasst.
Der Bestand umfasst nun 37 Verzeichnungseinheiten mit 0,2 lfd.m. Die Unterlagen sind unter der Signatur N 1/92 T 1 Nr. ... zu bestellen.
Sigmaringen im Januar 2012
Andreas Neuburger
Im Juli 2021 übergab Bartlin Brauchle einen zweiten Sammlungsband mit Abschriften der von Alfred Brauchle verfassten Feldpostbriefe (Bestellsignatur: N 1/92 T 1 Nr. 38). Die Briefe datieren aus der Zeit von November 1917 bis zum Kriegsende. Die Sammlung, die Brauchles Schwester Elly fertigte, enthält auch eine Abschrift des Feldtagebuchs, das Brauchle von September bis Oktober 1917 führte.
Sigmaringen im August 2021
Sibylle Brühl
- Bestandssignatur
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Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, N 1/92 T 1
- Umfang
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38 Einheiten (0,2 lfd.m)
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Sigmaringen (Archivtektonik) >> Nachlässe, Partei-, Vereins- und Verbandsarchive >> Nachlässe >> Nachlass Prof. Dr. Alfred Brauchle, Arzt, Naturheilkundler (1898-1964)
- Verwandte Bestände und Literatur
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Korrespondierende Akten im Staatsarchiv Freiburg
D 180/ Nr. 158735: Entnazifizierungsakte Alfred Brauchle
Literatur
Plum, Gundula Ursula: Alfred Brauchle. (1898-1964) Leben und Werk eines Arztes und Naturforschers, Bonn 1993.
- Indexbegriff Person
- Bestandslaufzeit
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1916-1919
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rechteinformation
-
Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Letzte Aktualisierung
-
03.04.2025, 08:37 MESZ
Datenpartner
Landesarchiv Baden-Württemberg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1916-1919