Bestand
Gesandtschaft Konstantinopel (Bestand)
Findmittel: Datenbank; Findbuch, 1 Bd.
Behördengeschichte
Durch "Publikandum betreffend die veränderte Verfassung der obersten Staatsbehörden der preußischen Monarchie" vom 16. Dezember 1808 kam es zur Abschaffung des überkommenen Kabinettsystems zugunsten selbständiger Fachministerien und damit auch zur Bildung eines Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten. Diesem sollte die geschäftliche Leitung des gesamten völkerrechtlichen Verkehrs, d. h. die Vertretung der Rechte und Interessen des preußischen Staates gegenüber anderen Staaten obliegen. Vom Ministerium ressortierten im Ausland die Gesandtschaften und Konsulate, so auch die preußische diplomatische Vertretung in Konstantinopel.
Wie alle diplomatischen Vertretungen hatte auch die Gesandtschaft in Konstantinopel die Aufgabe, die formellen bilateralen Beziehungen beider Staaten zu regeln bzw. vorzubereiten. Weiterhin hatte sich die Gesandtschaft der Belange und Probleme sowie der Anliegen und Wünsche einzelner Personen und privater Einrichtungen im zwischenstaatlichen Rechtsverkehr anzunehmen.
Abgesehen von den eher indirekten Kontakten bzw. Kontaktversuchen zwischen dem Königreich Preußen und der Hohen Pforte während der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I., welche wohl vordergründig dem Erwerb von Remonte-Pferden dienten , bahnte sich der erste ernsthafte diplomatische Kontakt zwischen den beiden Staaten mit der Entsendung des königlichen Flügeladjutanten Gottfried Fabian von Haude an den Bosporus im Jahr 1755 an. Haude, welcher, um der Aufmerksamkeit der politischen Gegner Preußens zu entgehen, unter dem Decknamen Adolf Rexin als Kommerzienrat nach Konstantinopel reiste, hatte Instruktionen, mit den Türken über den Abschluss eines Defensivbündnisses gegen Russland und Österreich zu verhandeln . Wenngleich ein derartiger Vertrag nicht zustande kam, gipfelten die Verhandlungen 1761 in einem Freundschaftsvertrag - eine der Voraussetzungen für die, ab der Sendung Haudes nach Konstantinopel, nahezu lückenlose Anwesenheit eines Vertreters der preußischen Interessen in der osmanischen Hauptstadt.
Die preußischen Diplomaten in Konstantinopel waren bis 1806 ausnahmslos Sondergesandte , d.h. sie hatten eine zeitlich begrenzte Mission und fest umrissene Anweisungen aus Berlin, die zumeist den Abschluss eines bilateralen Abkommens unter entsprechenden Bedingungen zum Ziel hatten. Ein Bündnisvertrag mit dem Osmanischen Reich - welcher vor dem Hintergrund des Siebenjährigen Krieges auch das eigentliche Ziel der Mission Haude's gewesen war - kam dann tatsächlich 1790 zustande und trug deutlich zur Intensivierung der diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Staaten bei.
Ein vorläufiges Ende fanden die diplomatischen Beziehungen zwischen der Pforte und der preußischen Regierung mit der Sendung des Freiherrn Adam Friedrich Senfft von Pilsach 1806, welche diplomatische Verstimmungen zwischen beiden Mächten auslöste, als Pilsach - in Rumänien von den Ereignissen bei Jena und Auerstedt überrascht - erwog, vorerst in russische Militärdienste zu treten und schließlich unter fremden Namen nach Konstantinopel weiterreiste. Die osmanische Regierung, bereits hiervon in Kenntnis gesetzt und durch den französischen Gesandten gedrängt, erkannte Pilsachs Mission nicht an und verwies diesen der Stadt .
Mit der Abberufung des Legationsrats von Bielfeld 1807 verfügte Preußen über keinen diplomatischen Vertreter mehr am Bosporus. Allerdings führte der erste Gesandtschaftsdolmetscher Michele Bosgiovich die Geschäfte vorerst fort, so dass die preußische Präsenz in Konstantinopel zumindest inoffiziell gewahrt blieb. Diese Tätigkeit beschränkte sich jedoch anscheinend lediglich auf die Berichterstattung nach Berlin. Nennenswerte politische Aktivitäten waren auch während der kurzen Anwesenheit des Geschäftsträgers Heinrich von Werther 1810-12 und bis zur abermaligen Sendung des Freiherrn Senfft von Pilsach 1815 nicht zu verzeichnen.
Ab diesem Zeitpunkt gestalteten sich die diplomatischen Beziehungen zwischen Preußen und der Hohen Pforte recht stabil und bestanden kontinuierlich bis zur Umwandlung der Preußischen in eine Gesandtschaft des Norddeutschen Bundes / Deutschen Reiches 1867/1871.
Charakteristisch für die preußische Außenpolitik zu den Türken in diesem Zeitraum ist die konsequente Neutralität gegenüber den divergierenden Interessen der anderen Großmächte in ihren Beziehungen zum Diwan. Da Preußen v.a. in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nur geringe eigene politische Interessen im Orient verfolgte, konnte es häufig die Rolle der vermittelnden Großmacht einnehmen und wurde in dieser durchaus von den anderen europäischen Mächten als auch vom Osmanischen Reich akzeptiert. Entsprechend dieser Politik trat die Mission am Bosporus in ihrer Bedeutung daher hinter die Gesandtschaften in Wien, St. Petersburg, Paris und London zurück, wenn auch ihr Gewicht mit den multilateralen Verhandlungen im Rahmen der Orientkrise ab ca. 1830 und nochmals während der Konferenzen im Nachgang zum Krimkrieg 1856 den wichtigen europäischen Vertretungen nahekam .
Auch unterschied sich die Gesandtschaft in ihrer Struktur und ihren Aufgaben von den anderen preußischen Missionen.
Die augenscheinlichste Eigenheit der Gesandtschaft in Konstantinopel stellte sicherlich das sogenannte Dragomanat, eine Art Übersetzerbüro, dar. Die sprachlichen und kulturellen Barrieren machten bei allen europäischen Vertretungen am Bosporus den Einsatz von Dolmetschern erforderlich. Die Dragomane waren in der Regel nicht nur für die Übersetzung der Korrespondenzen mit den osmanischen Behörden, sondern auch für die mündliche Verhandlungsführung mit der Hohen Pforte zuständig. Da zumeist weder die anderen Missionsmitarbeiter noch die Gesandten selbst des Türkischen mächtig waren, fiel den Dragomanen eine durchaus herausragende Stellung im Gesandtschaftsapparat zu. In der preußischen Gesandtschaft kam beispielweise dem ersten Dragoman aufgrund seiner ständigen Berührungen mit der osmanischen Administration und der dadurch erworbenen Kenntnisse bisweilen eine bedeutendere Rolle für die direkten bilateralen Kontakte zu, als dem Missionschef, was sich auch in der umfangreichen Korrespondenz zwischen Dragoman und Gesandtschaft niederschlägt. Der Dragoman besaß zumeist ein eigenes Quartier in der Nähe des Gesandtschaftslokals.
Die Dolmetscher, welche zumeist aus den christlich geprägten Provinzen des Osmanischen Reiches auf der Balkanhalbinsel bzw. der Levante stammten, bildeten mit der Zeit regelrechte Dragomanendynastien und machten sich für die Arbeit des diplomatischen Korps in der osmanischen Hauptstadt unentbehrlich. Von den europäischen Staaten, insbesondere Frankreich und Großbritannien, wurde dies in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bereits als Problem erkannt, dem man mit der Ausbildung von eigenen Fachkräften an speziellen Fachseminaren entgegenzutreten hoffte. In Preußen stießen solche, auch hier von einzelnen Diplomaten verschiedentlich geäußerten Vorschläge, aber nicht auf das nötige Gehör, so dass es zur Errichtung einer entsprechenden Ausbildungsstätte für Sprachexperten für den Diplomatischen sowie den Kolonialdienst erst im Jahr 1887 vor dem Hintergrund der steigenden deutschen Kolonialinteressen kam .
Die territoriale Zuständigkeit der diplomatischen Vertretung am Bosporus erstreckte sich auf alle, zum Teil in unterschiedlichen Abhängigkeitsverhältnissen zu Konstantinopel stehenden Territorien des Osmanischen Reiches. Die einzelnen Konsulate waren in erster Linie berichtspflichtig gegenüber der Gesandtschaft. Unter anderem weil die Gesandten in Konstantinopel nicht in der Lage waren, die komplexen politischen Verhältnisse in den teilweise sehr andersartigen Landesteilen selbständig zu beurteilen, hatte die politische Berichterstattung, aber auch die rechtliche Vertretung preußischer Staatsangehöriger in den einzelnen Konsulatsbezirken eine wesentlich größere Bedeutung als bei anderen preußischen Gesandtschaften .
Die Konsulatsposten wurden zumeist mit vor Ort tätigen und vernetzten Kaufleuten besetzt und von diesen quasi ehrenamtlich bekleidet. Nach Quellenlage scheinen die Motive für die Annahme eines derartigen Postens durchaus unterschiedlich gelegen zu haben, eine nicht geringe Rolle spielte jedoch wohl häufig die Beförderung der eigenen Geschäftstätigkeit durch das mit einem gewissen Prestige bekleidete Amt.
Nur in wenigen Fällen dienten konsularische Posten als "Sprungbrett" zum Eintritt in den regulären Diplomatischen Dienst, wie im Fall der preußischen Generalkonsuln Ludwig Anton Albert von Wildenbruch (Alexandria) und Karl Freiherr von Meusebach (Bukarest).
Es konnte aber auch zu regelrechten Konkurrenzsituationen zwischen einzelnen Konsularagenten bezüglich der Regelung der Berichterstattung gegenüber der Gesandtschaft in Konstantinopel kommen, wie im Fall des Generalkonsuls von Wildenbruch in Beirut. Dieser forderte die Einsendung der Berichte aller preußischen Konsularagenten in der Levante nach Beirut ein , während dies die einzelnen Konsulate bzw. Vizekonsulate zum Teil ablehnten. Die beiden Generalkonsulate in Alexandria und Beirut konnten neben der regulären Berichterstattung an die Gesandtschaft aufgrund ihrer "vorzugsweise politischen Stellung" auch Berichte direkt an das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten in Berlin richten, welche allerdings in der Regel mit fliegendem Siegel über die Gesandtschaft in Konstantinopel einzuschicken waren .
Da in vielen wichtigen Handelsstädten des östlichen Mittelmeerraums deutsche Kaufleute wenig präsent waren, musste man häufig auf italienisch- bzw. französischstämmige Agenten zurückgreifen, die häufig des Deutschen überhaupt nicht mächtig waren und daher auch Probleme in der Vertretung preußischer Staatsangehöriger vor Ort offenbarten. Ein weiteres Problem konnte entstehen, da es teilweise noch üblich war die Interessen mehrerer europäischer Staaten gleichzeitig wahrzunehmen und entsprechende Konflikte naturgemäß nicht ausblieben. Auch gingen einige Konsulatsarchive verloren, weil diese nach dem Tod des jeweiligen Konsuls von dem Vertreter eines befreundeten Staates übernommen, später jedoch nicht ordnungsgemäß an die preußischen Behörden abgegeben wurden.
Neben der Berichterstattung nach Konstantinopel war die Wahrnehmung der Konsulargerichtsbarkeit eine der wichtigsten Aufgaben der Konsulate vor Ort. Die Übertragung der Konsulargerichtsbarkeit an Vertreter des jeweiligen europäischen Staates seitens der türkischen Behörden bedeutete, dass es den Konsulaten erlaubt war, ihre sich im Osmanischen Reich aufhaltenden eigenen Staatsangehörigen zu vertreten, und diese somit von der osmanischen (islamischen) Rechtsprechung ausgenommen blieben .
Dies kann als einer der Gründe dafür angesehen werden, dass die türkischen Behörden häufig versuchten, die Errichtung weiterer Konsulate europäischer Staaten in ihren Provinzen, insbesondere auch in Konstantinopel selbst zu verhindern. Bei der preußischen Gesandtschaft in Konstantinopel übernahm aus dieser Veranlassung heraus die Gesandtschaftskanzlei gleichzeitig die Aufgaben eines Konsulats und unterschied sich somit nicht nur zahlenmäßig sondern auch aufgabenmäßig von den Kanzleien bei vergleichbaren preußischen Missionen .
Der Ausbau der Donauschifffahrt und v.a. die Zunahme des preußischen Handels insbesondere mit der Levante ab Mitte des 19. Jahrhunderts sowie die vertraglich zugesicherte Vertretung der wirtschaftlichen Interessen anderer Zollvereinsstaaten machten bald die personelle Aufstockung der Gesandtschaft unabdingbar. 1869 konnte schließlich nach Aufgabe der Widerstände der türkischen Behörden die Umwandlung der Gesandtschaftskanzlei in ein selbständiges Konsulat des Norddeutschen Bundes erreicht werden. Als im Jahr 1871 schließlich die auswärtigen Beziehungen Preußens in die Zuständigkeit des Deutschen Reiches übergingen, erfolgte am 27. März die Umwandlung der Gesandtschaft in eine diplomatische Vertretung des Kaiserreiches.
Außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister
Adam Friedrich Freiherr Senfft von Pilsach 1806-1807
(nicht anerkannt)
Heinrich Wilhelm von Werther 1810-1812
(Ministerresident)
Adam Friedrich Freiherr Senfft von Pilsach 1815-1817
Friedrich Heinrich Leopold Graf von Schladen 1817-1824
Alexander Dietrich Freiherr von Miltitz 1825-1828
Francois Camille von Royer de Luynes 1829-1830
Friedrich Freiherr von Martens 1832-1834
Hans Carl Albrecht Graf von Koenigsmarck 1835-1842
Hermann Friedrich Graf von Wylich und Lottum 1842
Gustav Carl Emil von Le Coq 1842-1847
Albert Alexander Graf von Pourtalés 1848-1851
Ludwig Anton Albert von Wildenbruch 1852-1857
Robert Heinrich Ludwig Graf von der Goltz 1859-1860
Georg Freiherr von Werthern-Beichlingen 1862
Maria Anton Joseph Graf von Brassier de St. Simon 1862-1869
(ab 1867 als Gesandter des Norddeutschen Bundes)
Bestandsgeschichte
Der Bestand umfasst eine umfangreiche politische Korrespondenz mit Berichten der Gesandtschaft an das Preußische Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten bzw. den preußischen König sowie Erlasse (aus Berlin) an die Gesandtschaft zu verschiedensten politischen Ereignissen. Eine Konstante in der politischen Berichterstattung vom Bosporus stellt die sogenannte Orientalische Frage dar, ein mit dem Ausbruch des griechischen Unabhängigkeitskampfes seit den 1820er Jahren in verschiedenen Kriegen und diplomatischen Krisen in den nichttürkischen Gebieten des Osmanischen Reiches und an dessen Grenzen immer wieder aufbrechendes Konfliktfeld, welches hauptsächlich in den Rivalitäten unter den europäischen Großmächten, den aufkommenden nationalen Bewegungen auf dem Balkan sowie dem militärischen Niedergang der osmanischen Streitkräfte seine Ursache hatte.
Aufgrund der von Preußen häufig eingenommenen Vermittlerrolle, dokumentieren zahlreiche Bandreihen, u.a. zur Ägyptenkrise 1839/40, der Syrien- und Libanonfrage 1860/61 oder der sogenannten Donaufürstentümerfrage nach dem Krimkrieg 1856, die diplomatischen Lösungsversuche vor dem Hintergrund der in diesem Zeitraum zahlreich abgehaltenen internationalen Konferenzen
Daneben enthält der Bestand eine große Anzahl Akten mit den Korrespondenzen zwischen der Gesandtschaft und den preußischen Konsulaten im osmanischen Herrschaftsbereich.
Die Konsulate waren - wie bereits erwähnt - gegenüber der Gesandtschaft berichtspflichtig und blieben ihr auch weiterhin unterstellt, wenn sich das Abhängigkeitsverhältnis des jeweiligen Territoriums zum osmanischen Staat grundlegend änderte, wie im Falle Ägyptens oder der Donaufürstentümer Moldau und Walachei oder wenn auf ehemals osmanischem Gebiet gar ein souveräner Staat entstand, wie im Fall von Griechenland.
Die Qualität und Quantität der Berichterstattung der Konsuln hing oft stark von der Person des jeweiligen Konsuls ab. So weisen die Berichte bei einer längeren Amtstätigkeit eines Konsuls freilich eine höhere Kontinuität und zumeist auch größere inhaltliche Tiefe auf, als bei häufig wechselnden Konsulatsvertretern.
Die Konsuln berichteten häufig in einem breiten Spektrum über sämtliche ihnen an ihrem Tätigkeitsort zugänglichen Informationen, welche sich von aktuellen lokalen Ereignissen und Gerüchten über die allgemeine politische Lage bis hin zu den, ihr eigentliches Metier betreffenden, Handelsangelegenheiten erstreckten. Auch die Vertretung der Interessen von unter preußischem Schutz stehenden Privatpersonen schlägt sich häufig in den Berichten nieder.
Insbesondere für die preußischen Konsulatsvertretungen in Ägypten, Palästina, Syrien und den Donaufürstentümern ist die Quellenüberlieferung innerhalb des Gesamtbestandes als sehr umfangreich zu bezeichnen . Da Geschäftsschriftgut aus den preußischen Konsulaten in Osteuropa bzw. dem Orient selbst kaum im Geheimen Staatsarchiv überliefert ist, bzw. erst gar nicht an dieses abgegeben worden ist, besitzen die Berichte aus diesen Konsulaten zudem einen nicht zu unterschätzenden Evidenzwert.
Die innerhalb der einzelnen Bestandsteile recht unterschiedliche Quellendichte lässt auf eine problematische Überlieferungs- bzw. Abgabesituation schließen. Es ist davon auszugehen, dass es bei verschiedenen Anlässen zur Kassation einzelnen Schriftgutes bereits im Geschäftsbetrieb der Gesandtschaft gekommen war, verschiedentlich ist auch die Übergabe des Gesandtschaftsarchivs beim Übergang der Geschäftsführung auf den nachfolgenden diplomatischen Vertreter nicht hinreichend protokolliert worden . Zudem scheint bei einem Brand im Konstantinopler Stadtteil Pera 1831 auch ein Teil des Gesandtschaftsarchivs vernichtet worden zu sein .
Zu Verlusten von Schriftgut ist es wohl auch beim Schriftwechsel mit dem Außenministerium in Berlin gekommen . Die Korrespondenz wurde hauptsächlich mittels der Kaiserlich Österreichischen Post auf dem Landweg über den Balkan bzw. per Dampfboot über Triest nach Wien und von der dortigen preußischen Mission weiter nach Berlin expediert. Der relativ umfangreiche Schriftverkehr zwischen den preußischen Vertretungen in Wien und Konstantinopel dokumentiert mehrfach den Verlust von eingesandten Aktenkonvoluten oder die Entwendung einzelner Teile der Korrespondenz.
Erste Aktenabgaben an das Geheime Staatsarchiv erfolgten Anfang 1870 , nachdem das Außenministerium die Gesandtschaft bereits 1868 zur Einreichung von nicht mehr benötigten Aktenkonvoluten nebst Inventarlisten aufgefordert hatte. Ältere Konvolute aus der Zeit der Mission Haudes wurden dem Bestand I. HA Geheimer Rat, Rep. 11 Auswärtige Beziehungen zugeordnet. Der Großteil der Akten traf zwischen 1870 und 1879 im Geheimen Staatsarchiv ein . Er wurde als Repositur 81 Konstantinopel aufgestellt und in der Folgezeit mittels Findbuch verzeichnet.
Weitere Akzessionen kamen 1903, 1914 und 1921 über Ablieferungen des Auswärtigen Amtes hinzu.
Im II. Weltkrieg wurden die Bestände des Geheimen Staatsarchivs in die Salzbergwerke von Staßfurt und Schönebeck verbracht. Dazu gehörte auch die Bestandsgruppe I. HA Rep. 81 Gesandtschaften und Konsulate und somit auch das Schriftgut der Gesandtschaft Konstantinopel. Nach Ende des Krieges wurden diese Akten von der Sowjetunion beschlagnahmt und nach Moskau überführt. Die Rückgabe der beschlagnahmten Archivalien des Geheimen Staatsarchivs an die Regierung der DDR erfolgte in den 1950er Jahren, als Standort des Archivs wurde das "Karteihaus" der Landesversicherungsanstalt Merseburg in Sachsen-Anhalt ausgewählt, die administrative Unterstellung erfolgte unter das Zentrale Staatsarchiv Potsdam als Zweigstelle Merseburg.
Der Schriftgutbestand der Gesandtschaft Konstantinopel wurde 1974 entsprechend der für den Gesamtbestand in Merseburg vorgenommenen Zäsur in zwei Bestände, nämlich einen für das Schriftgut aus der Zeit vor 1807 und einen für nach 1807 geteilt. Die Verzeichnung des älteren Teilbestandes wurde in eine Kartei übertragen.
Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung erfolgte 1993 die Rückführung der Archivalien aus dem Zentralen Staatsarchiv, Abteilung Merseburg in die Zuständigkeit des Geheimen Staatsarchivs Preußischer Kulturbesitz in Berlin.
2005 fiel die Entscheidung, den Gesamtbestand GStA PK, I. HA Rep. 81 Gesandtschaften (Residenturen) und (General-) Konsulate nach 1807 provenienzgerecht als Einzelbestände der verschiedenen Gesandtschaften etc. aufzustellen, so dass die vorliegenden Archivalien nun unter der Bestandsbezeichnung GStA PK, I. HA Rep. 81 Gesandtschaft Konstantinopel nach 1807 firmieren.
Der Bestand wurde ab 2012 einer Neuverzeichnung unterzogen, wobei die Aktentitel komplett überarbeitet und größtenteils Enthält-Vermerke gebildet wurden. Bei der Bildung der Enthält-Vermerke wurde versucht, insbesondere bei den Aktenreihen zur regelmäßigen Berichterstattung der Konsulate an die Gesandtschaft bzw. der Gesandtschaft an das Außenministerium, auf Themenkomplexe hinzuweisen, die einen besonders großen Stellenwert innerhalb der Berichterstattung einnahmen, sowie nicht zu erwartende Inhalte zu dokumentieren. Diese exemplarische Verzeichnung mittels Enthält-Vermerken vermag allerdings nicht die Fülle der sehr weit gefächerten Akteninhalte dieser Quellengattung abzubilden, so dass im Einzelfall eine Durchsicht der zumeist jahrgangsweise gebildeten Aktenbände ratsam erscheint. Sofern in der Berichterstattung die Erwähnung von Tagesereignissen dominierte bzw. sich keine stärkeren Gewichtungen nach Themenkomplexen erkennen ließen, wurde auf die Bildung von Enthält-Vermerken verzichtet.
Aufgrund der sehr uneinheitlichen Aktenbildung und der naturgemäß sehr heterogenen Beschaffenheit des Gesandtschaftsschriftguts musste die Neuklassifikation des Bestandes, die sich im Kern an dem im Altfindbuch aufgestellten Ordnungsschema orientiert, recht oberflächlich bleiben. Da zahlreiche Akten eigentlich nicht ausschließlich einem einzigen Klassifikationspunkt zuzuordnen waren, sollte eine systematische Suche im Bestand in jedem Fall unter Vorbehalt erfolgen. Zur Recherche nach Sachthemen sollten demnach sowohl die Korrespondenzpartner als auch sachthematische Ordnungsgruppen herangezogen werden.
Eine abschließende Bearbeitung des vorhandenen Findbuchs erfolgte im Jahr 2015.
Quellen- und Literaturhinweise:
- GStA PK, III. HA Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, I Nr. 7192-7201:
Preußische diplomatische Vertretung in der Türkei, 10 Bde., 1806-1869.
- GStA PK, I. HA Rep. 178 Generaldirektion der Staatsarchive, Nr. 1974:
Die Ablieferung von Akten des Auswärtigen Amtes und der Gesandtschaften an das Geheime Staats-Archiv, 1873-1890.
- GStA PK, I. HA Rep. 178 E Geheimes Staatsarchiv PK, Dienststelle Merseburg, Nr. 534:
Bestandseinleitungen und Bestandsangaben, 1975.
- GStA PK, VI. HA Familienarchive und Nachlässe NL Friedländer, Gottlieb, Nr. 13:
Acta manualia betr. Gesandtschaftsarchive, (1845) 1858-1873.
- Karl Pröhl: Die Bedeutung preußischer Politik in den Phasen der orientalischen Frage. Ein Beitrag zur Entwicklung deutsch-türkischer Beziehungen von 1606 - 1871, Frankfurt a.M. [u.a.] 1986.
- Winfried Baumgart: Europäisches Konzert und Nationale Bewegung. Internationale Beziehungen 1830-1878 (Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen, hrsg. von Heinz Duchhardt u.a.; Band 6), Paderborn u.a. 1999.
- Michael Erbe: Revolutionäre Erschütterung und erneuertes Gleichgewicht. Internationale Beziehungen 1785-1830 (Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen, hrsg. von Heinz Duchhardt u.a.; Band 6), Paderborn u.a. 2004.
- Dietmar Grypa, Der diplomatische Dienst des Königreichs Preußen (1815-1866): (Quellen und Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, Bd. 37), Duncker & Humblot, Berlin 2008.
- Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648), hrsg. von Friedrich Hausmann u.a., 3 Bde., Zürich u.a., 1936-1965.
Lagerungsort: Westhafen
Bestandsumfang: 924 Verzeichnungseinheiten
Laufzeit: 1806 - 1879
Die Akten sind zu bestellen: I. HA Rep. 81 Gesandtschaft Konstantinopel nach 1807, Nr. #
Die Akten sind zu zitieren: GStA PK, I. HA Rep. 81 Gesandtschaft Konstantinopel nach 1807, Nr. #
Zitierweise: GStA PK, I. HA Rep. 81 Konstantinopel nach 1807
- Bestandssignatur
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Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. HA Rep. 81 Konstantinopel I. HA Rep. 81 Konstantinopel nach 1807
- Umfang
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Umfang: 8,8 lfm (924 VE); Angaben zum Umfang: 8,8 lfm (924 VE)
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
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Tektonik >> STAATSOBERHAUPT UND OBERSTE STAATSBEHÖRDEN, MINISTERIEN UND ANDERE ZENTRALBEHÖRDEN PREUSSENS AB 1808 >> Auswärtige und Bundes-Angelegenheiten >> Auswärtige Angelegenheiten
- Bestandslaufzeit
-
Laufzeit: 1806 - 1879
- Weitere Objektseiten
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-
28.03.2023, 08:52 MESZ
Datenpartner
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- Laufzeit: 1806 - 1879