Bestand
Kreishandwerkerschaft Solingen (Bestand)
Vorwort Die Akten der
Kreishandwerkerschaft Solingen wurden 1981 vom Stadtarchiv übernommen.
Der Bestand erhielt die Bezeichnung "Kreishandwerkerschaft Solingen" und
die Bestandnummer Wi 01. Er umfaßt insgesamt 112 Archiveinheiten. Große
Teile der Registratur wurden bei dem Luftangriff am 4./ 5. November 1944
zerstört. Besonders interessantes Material enthält der Bestand zum
Verhältnis Wirtschaft und NS-System, zur Kriegsproduktion und zum
Wiederaufbau nach 1945. Verzeichnet wurden die Akten 1982 von Hilmar
Kaiser, das Findbuch schrieb Frau Falk. Zur Geschichte und den Aufgaben
der Kreishandwerkerschaft siehe: Wilhelm Vermeulen, Die Geschichte die
Kreishandwerkerschaft Solingen; Solingen 1971 (Archivbibliothek KA 5173)
Innung: Gemäß der Handwerksordnung (HWO) von 1953 i.d.F. vom 28.12.1965
ist eine Innung eine freiwillige Vereinigung von selbständigen
Handwerkern des gleichen Handwerks oder mehrerer, einander nahestehenden
Gewerbezweige. Die Innung ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes;
sie wird ehrenamtlich durch einen selbstständigen Handwerker, den
Innungsobermeister geleitet. Für jedes Handwerk darf im gleichen Bezirk
(Stadt- oder Landkreis) nur eine Innung gebildet werden. Die Satzung
bedarf der Genehmigung der Handwerkskammer, die auch die Aufsicht über
die Innungen führt. Organe der Innung sind: die Innungsversammlung, der
Vorstand mit dem Obermeister an der Spitze der Ausschüsse. Aufgaben der
Innung sind v.a. Überwachung der Lehrlingsausbildung, Gesellenprüfungen,
Abschluß von Tarifverträgen, berufliche Fortbildung, Gründung von
Innungskrankenkassen und Unterstützung der Behörden durch Gutachten und
Auskünfte. Nach der HWO teilt sich auf der nächsthöheren Stufe der
Organisationsaufbau in 2 Richtungen, den öffentlichrechtlichen regionalen
Zweig und den privatrechtlichen fachlichen Zweig. Auf der regionalen
Seite sind Innungen Zwangsmitglieder einer Kreishandwerkerschaft (KHS).
Beim fachlichen Zweig sind die Innungen im Landesinnungsverband, der
wiederum dem Bundesinnungsverband angehört. Daneben gibt es beim
fachlichen Zweig über Innungen Handwerkerfachverbände, die auf
Landesebene die Vereinigung der Handwerkerfachverbände in NW bilden und
Mitglieder im Rheinisch-Westfälischen Handwerkerbuch e.V. (RWHB) sind.
Auf Bundesebene sind die beiden Organisationsformen (öffentlich-rechtlich
+ privatrechtlich) im Deutschen Handwerkskammertag (DHKT) und in einer
Bundesvereinigung der Bundesinnung- und Bundesfachverbände
zusammengeschlossen. Beide bilden den Zentralverband des Deutschen
Handwerks (ZDH) als Gesamtvertretung im Bundesgebiet. Die zentralen
Zusammenschlüsse sind privatrechtlicher Natur. Kreishandwerkerschaft
(KHS) Die KHS ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, der
pflichtmäßig alle Handwerksinnungen angehören, die in einem Stadt- oder
Landkreis ihren Sitz haben. Die Aufgaben der KHS sind: Wahrnehmung der
Interessen des selbständigen Handwerks und der Innungen, Unterstützung
der Innung, Unterstützung der Behörden und Durchführung von Anordnungen
der Handwerkskammer. Handwerkskammer (HK) Die Einrichtung von
Handwerkskammern war von den Handwerkern schon früh gefordert worden. Der
1862 gegründete (Allgemeine Deutsche Handwerkerbund) verlangte 1882
erneut Handwerkskammern, die erst durch das Gesetz vom 26.07.1897 als
öffentlich-rechtliche Körperschaft mit gesetzlicher Mitgliedschaft aller
selbständigen Handwerker eines Bezirks geschaffen wurden. 1900 war das
Gründerjahr des Handwerkskammertages, eine freie Vereinigung der Meister
aus 51 von 67 Handwerkskammern. Durch das Gesetz vom 16.07.1922 wurde
dieser Handwerkskammertag als Deutscher Handwerks- und Gewerbetag mit
Sitz in Hannover eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Nach 1933
bestanden die Handwerkskammern zunächst weiter und wurden mit staatlichen
Lenkungsaufgaben betraut; 1943 gingen sie ebenso wie die Industrie- und
Handelskammer in den Gauwirtschaftskammern auf. Nach 1945 wurden die
Handwerkskammern neu eingerichtet; allerdings gibt es erst seit dem
17.09.1953 eine Handwerksordnung (mehrmals ergänzt und erweitert), die
einen einheitlichen Aufbau vorschreibt. Nach § 90 HWO sind
Handwerkskammern Selbstverwaltungskörperschaften des öffentlichen Rechts
zur Vertretung der Handwerksinteressen. Sie sind mittelbare
Landesbehörden. Handwerkkammerbezirk ist gleich Regierungsbezirk. Die
Staatsaufsicht über die Handwerkskammern hat auf Landesebene der Minister
für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr. Die Handwerkskammern üben die
Aufsicht aus über die Kreishandwerkerschaften und Innungen, die sich in
ihrem Bezirk befinden. Aufgaben der Handwerkskammern sind: Förderung von
Handwerk und Handwerklichen Einrichtungen, besonders Genossenschaftswesen
(Gewerbeförderung), gutachtliche Unterstützung der Behörden, Führung der
Handwerksrolle, Regelung der Lehrlingsberufsausbildung sowie der
Gesellen- und Meisterprüfungsordnungen, Fortbildung der Meister und
Gesellen gemeinsam mit den Innungsverbänden, Bestellung und Vereidigung
von Sachverständigen, Beilegung von Streitigkeiten zwischen Handwerkern
und Gesellen. Finanziert werden die Kammern durch Beiträge der
unterstellten Betriebe sowie durch Gebühren. Organe der Kammer sind: die
Vollversammlung, die zu 1/3 aus Gesellenvertretern besteht, der Vorstand
und die Ausschüsse. Die Wahlen zur Vollversammlung finden alle 5 Jahre
statt, Sitzungen der Vollversammlung zweimal im Jahr. Ständige Ausschüsse
sind der Ausschuß für Berufsausbildung, der Rechnungsprüfungsausschuß und
die Gesellenprüfungsausschüsse, soweit nicht die zuständige
Handwerksinnung zur Einrichtung dieser Ausschüsse ermächtigt sind. Bis
Ende 1973 gab es in NRW 8 Handwerkskammern in Düsseldorf, Köln, Aachen,
Arnberg, Dortmund, Münster, Detmold und Bielefeld. Mit Wirkung ab dem
1.01.1974 wurden die Kammern Detmold und Bielefeld zur Handwerkskammer
Ostwestfalen-Lippe in Bielefeld zusammengeschlossen. Durch häufige
kommunale Neugliederungen finden auch im Handelskammerbereich ständige
Organisationsreformen statt, um den Grundsatz
Handwerksorganisationsbezirk = Verwaltungsbezirk Genüge zu tun. Da jedoch
bis 1977 Ausnahmen von dieser Regelung möglich waren, gab es einige
Überschneidungen. Seit dem 1.04.1977 gilt durch Erlaß des Ministers für
Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr NW die Wahrung des Prinzips der
Deckungsgleichheit. Die letzte Neugliederung paßt die Kammerbezirke ohne
Ausnahme den neuen Grenzen der Kreise und Regierungsbezirke an.
Westdeutscher Handwerkskammertag (WHKT) Der WHKT mit Sitz in Düsseldorf
ist heute die Spitzenorganisation der berufsständigen Selbstverwaltung
der Handwerkskammern in NRW. Er bestand zunächst 1920-1933 und wurde 1946
neu gegründet. Der WHKT steht neben dem RWHB und arbeitet mit diesem
zusammen. Außerdem besteht eine Verwaltungsgemeinschaft der WHKT mit der
Landesgewerbeförderungsstelle. Deutscher Handwerkskammertag (DHKT) Der
DHKT wurde 1949 gegründet. Seine Aufgaben sind die Vertretung der
gemeinsamen Angelegenheiten der angehörigen Kammern und die Wahrnehmung
aller gemeinsamen Aufgaben, die der Kammer übertragen werden. Der
Präsident der DHKT ist zugleich Präsident des ZDH der
Hauptgeschäftsführer des DHKT ist gleichzeitig Hauptgeschäftsführer der
Bundesvereinigung der Fachverbände des deutschen Handwerks und
Generalsekretär des ZDH. Rheinisch-westfälischer Handwerkerbund (RWHB)
Der RWHB ist in NRW die erste Organisation des Gesamthandwerks auf
Landesebene, er wurde im Juni 1949 als zunächst nicht rechtsfähiger
Verein von den Handwerkskammern und den Fachverbänden gegründet. Zum
Präsidenten wurde Georg Schulhoff gewählt. Neben den Handwerkskammern und
den Fachverbänden sind weitere Mitglieder die Genossenschaftsverbände
Rheinland und Westfalen, die Innungskrankenkassenverbände Rheinland und
Westfalen, die berufsständische Versicherungsanstalt des Handwerks
"Handel und Gewerbe" in Dortmund, die Verlagsanstalt des Westdeutschen
Handwerks GmbH in Dortmund und die Treuhand- und
Finanzierungsgesellschaft für Wohnungs- und Bauwirtschaft (Treufinanz).
Der RWHB ist das Dach über den Organisationsgruppen des
nordrhein-westfälischen Handwerks und vertritt die Gesamtinteressen des
Handwerks nach außen. Die Interessenvertretung nach außen ist vor allem
Aufgabe des 1962 gegründeten Ausschusses für Öffentlichkeitsarbeit im
RWHB. Ausschußvorsitzender war in den 1960er Jahren Dr. Kind, danach
Präsident Derwald, Dortmund. Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZHD)
Mitglieder des am 30.11.1949 gegründeten ZDH sind die Handwerkskammern
der Bundesrepublik und West-Berlins, die Bundesfachverbände des Handwerks
sowie nahestehende Einrichtungen (Genossenschaften, berufsständige
Versicherungsanstalten, das Deutsche Handwerksinstitut). Organe des ZDH
sind die Vollversammlung, der Handwerksrat und das Präsidium. Der ZDH ist
das Sprachrohr des Handwerks in der Öffentlichkeit, er hat die Aufgabe,
eine einheitliche Willensbildung in allen Fragen der Handwerkspolitik zu
erreichen. Um diese Aufgabe zu erfüllen gibt es eine weitgehende
Personalunion in den Führungsgremien des ZDH, des DHKT und der
Bundesvereinigung der Fachverbände des deutschen Handwerks sowie eine
gemeinsame Geschäftsstelle dieser Organisation im Haus des deutschen
Handwerks in Bonn. Hervorgegangen ist der ZDH aus der im Juni 1947
gegründeten Zentralarbeitsgemeinschaft des Handwerks im Vereinigten
Wirtschaftsgebiet (Bizone). Deren Mitglieder waren die Handwerkskammern
und Innungsverbände der britischen und amerikanischen Zone. Noch einige
allgemeine Erläuterungen zu handwerksspezifischen Einrichtungen: Die
HANDWERKSROLLE ist ein von der Handelskammer geführtes Verzeichnis, in
das alle natürlichen und juristischen Personen, die im Kammerbezirk
selbstständig im Handwerk tätig sind oder mehrere Handwerke als stehendes
Gewerbe betreiben, sowie die handwerklichen Nebenbetriebe eingetragen
werden. Die Eintragung ist Voraussetzung für den selbstständigen Betrieb
eines Handwerks als stehendes Gewerbe. Eingetragen werden kann nur, wer
die Meisterprüfung für das zu bestehende Gewerbe bestanden hat oder im
Besitz einer Ausnahmebewilligung der höheren Verwaltungsbehörde ist. Die
Rolle wurde durch Gesetz vom 11.02.1929 eingeführt und dient gleichzeitig
statistischen Zwecken. Die Handwerksversicherung wurde 1938 durch das
Handwerksversorgungsgesetz als Alterspflichtversicherung der
selbstständigen Handwerker eingeführt. Heute sind die in die
Handwerksrollen eingetragenen Handwerker zum Zweck einer Grundsicherung
für eine begrenzte Zeit (18 Jahre) in der Arbeiter-Rentenversicherung
versicherungspflichtig. Die Leistungen der Handwerksversicherung
entsprechen mit einigen Sondervorschriften denen der
Arbeiter-Rentenversicherung. Die Handwerksversicherung wird finanziert
durch Beiträge und einem Zuschuss des Bundes. Die Beiträge sind
Einheitsbeiträge, die jährlich durch Rechtsverordnung neu festgesetzt und
durch die Landesversicherungsanstalt unmittelbar eingezogen werden.
Handwerksinstitute sind wissenschaftliche, rechtliche meist
selbstständige Einrichtungen, teilweise an Universitäten angeschlossen,
zur Untersuchung von Problemfragen des neuzeitlichen Handwerks. Die
Handwerksinstitute sind zusammengeschlossen im Deutschen
Handwerksinstitut e.V., München. Regiebetriebe sind Gewerbebetriebe bei
Behörden und öffentlichen Anstalten des Landes Nordrhein-Westfalen.
Benutzte Literatur Brockhaus, 1969 Kolbenschlag/Patzig, "Die Deutsche
Handwerksorganisation" in: "Ämter und Organisationen der Bundesrepublik
Deutschland", Bd.16, "10Jahre RWHB e.V., Rechenschaftsbericht für die
Jahre 1949-1959" aus: Vorwort des Findbuches Handwerkskammer Köln im
Hauptstaatsarchiv Düsseldorf
Eingrenzung und Inhalt: Trotz der
Vernichtung eines großen Teiles der Registratur bei dem Luftangriff am
4./5.11.1944 enthält der Bestand noch aufschlussreiches Material zum
Verhältnis der Wirtschaft zum NS-System, zur Kriegsproduktion und zum
Wiederaufbau. Bestand enthält u.a.: Allgemeine Tätigkeit; Kriegseinsatz;
Veranstaltungen; Handwerkskammer; Innungen; Innungskrankenkasse;
Baugewerbe; Berufsausbildung; Sozialwesen; Mittelstand und
Kommunalpolitik; Presseausschnitte
- Bestandssignatur
-
Wi 01
- Umfang
-
Findbuch: 113 AE
- Kontext
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23.06.2025, 08:11 MESZ
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1920 - 1973