Archivale
Kaiserliches Pönal-Mandat [Strafandrohung] Kaiser Rudolfs II.
Enthält: Kaiser Rudolf II. erlässt an seine und des Reiches liebe getreue Bürgermeister, Rat, Alter- und Meisterleute, weltliche Provisoren der Kirchen und die ganze Gemeinheit und Einwohnerschaft der Stadt M. folgendes Pönal-Mandat: Gesetzmäßig seien bekanntlich nur die vom Kaiser mit landesfürstlichen Rechten begabten, also unmittelbaren Reichsstände befugt, in ihren Ländern das Religionsbekenntnis ihrer Untertanen zu verändern und sonst zu regeln. Diese Untertanen von Kurfürsten, Herren und anderen Obrigkeiten dürfen sich mithin nicht den Religionsanordnungen ihrer Obrigkeit widersetzen. Falls sie jedoch ihres Gewissens halber diesen nicht gehorsamen wollen, müssen sie aus solchen Ländern in andere ziehen, wo ihrem Gewissen gemäß ihre Religion öffentlich ausgeübt werden darf. Bekanntlich habe der Bischof des Stifts M. in Westfalen nicht allein die geistliche Jurisdiktion, sondern auch alle weltlichen landesfürstlichen Regalien und Obrigkeitsrechte über die im Stift gesessenen Untertanen, verliehen vom Römischen Kaiser. Als unmittelbare Obrigkeit und Landesfürst der Stadt M. habe er beim Kaiser mit höchster Beschwer darüber geklagt, dass das Schohaus ihm in der weltlichen Jurisdiktion große unleidliche Beeinträchtigung zufüge, worüber das Prozeßverfahren nach langen Streitverhandlungen nunmehr beim Kaiser zur Entscheidung ruhe. Die Stadt M. sei nicht befugt und nicht fähig, geistliche Jurisdiktion auszuüben. Nur die uralte wahre katholische Religion sei stets in M. [Quellen und Forschungen. IX. 3] öffentlich ausgeübt. Zwar habe sich hiergegen 1533 die Bewohnerschaft aufgelehnt und neue Kirchensatzungen angeordnet, der Bischof habe sie aber im Beistand des Kaisers und anderer Reichsstände mit Waffengewalt zurückgezwungen und die Ungehorsamen an Leib und Gut gestraft. Trotz dieses abschreckenden Exempels gelüste es jetzt wieder die Stadt M., ihrem Bischof und Landesfürsten in vielen Punkten in seine kirchliche Jurisdiktion und sein Religionsbestimmungsrecht zu greifen, sich selbst diese zuzueignen und gefährliche, ärgerliche Neuerungen einzuführen. Zu Recht seien nicht allein die erklärten Ketzer (haeretici), sondern auch alle anderen, die sich der katholischen Religion und Kommunion entziehen, und nicht ein Mal im Jahr, auf Ostern, katholisch zum Nachtmahl gehen, unfähig das christliche, katholische Begräbnis in Kirchen, Kirchhöfen und auf anderen geweihten Plätzen zu erhalten. Ferner seien die Glocken in den Pfarr- und anderen Kirchen heilige, gottgeweihte Sachen der Kirche, stünden unter geistlicher Jurisdiktion und ständen allein den Kirchen zu; über sie könne daher nur die geistliche Obrigkeit irgendein Gebot oder Verbot haben. Neulich seien mehrere Unkatholische in Kirchen begraben und mit Glocken beläutet, obwohl sie viele Jahre lang die christlichen katholischen Sakramente, [insbesondere] das Nachtmahl verachtet und sich trotz der treulichen Ermahnung der Seelsorger auf ihrem Totenbett halsstarrig geweigert hätten, sie zu genießen. Diese Begräbnisse seien gegen die ausdrücklichen Verbote der Pastoren, des Archidiakons, des geistlichen Hofes und anderer geistlicher Offizianten erfolgt, u. zw. freventlicher Weise, unter gewaltsamer Öffnung der Kirchen, mit großem Skandal des Volkes und unter größerem Pomp als bräuchlich. Das seien Vorfälle bösesten Beispieles und gefährlicher Nachwirkung, aus denen Zerrüttung und Untergang der katholischen Religion zu befürchten sei. Hiergegen habe der Kurfürst als Bischof von Münster und Metropolit von Köln kraft geistlicher und landesfürstlicher Obrigkeit sich durch öffentliche Edikte gewandt. Gegen diese berechtigten Mandate sei aber nicht nur protestiert, sondern auch durch weitere Beläutung und Begrabung gehandelt worden, zum Schimpf und Spott der geistlichen Obrigkeit und zum höchsten Despekt des Kurfürsten. Ferner habe die Stadt noch behauptet, das Beläuten und Begraben stünde nur ihr zu; allein sie habe Macht und Gewalt, die Unkatholischen in ihre Bürgerschaft aufzunehmen, denselben in M. ein freies Leben in der Religionsübung und sicheres Geleit dazu zu verstatten. Das bezeichnet der Kaiser als unerhörte, sträfliche und ärgerliche Anmaßung einer Obrigkeit in Religionssachen. Das Jahr 1603 sei zwar [vom Papste] als Jubeljahr mit Prozession und Kirchengebet erklärt worden. Entgegen dem väterlichen Ermahnen des Kurfürsten habe man aber auf dem Schohause durch Beschluß den Bürgern verboten, zu Prozession und Gebet sich einzufinden: man habe ihnen sogar geboten, sich in die Wehr und Rüstung zu begeben, als ob solch christlich und gottseliges Werk verhindert und die Geistlichen und gutherzigen frommen Katholischen davon abgeschreckt werden sollten. Das sei das Werk etlicher Unkatholischer gewesen, die sich in den Rat eingeflickt hätten. Zur weiteren Vorbauung eines gefährlichen Aufstandes habe der Kurfürst etliche Jahre lang vor der gewöhnlichen Ratskur väterlich und ernstlich gebieten lassen, hinfort keinen zum Ratsstand zu erwählen, der unserer uralten, wahren, katholischen Religion nicht zugetan sei. Des ungeachtet seien immerfort noch etliche Unkatholische erwählt worden. Alle diese ärgerlichen Sachen seien nicht allein den allgemeinen Rechten, Reichsverfassungen und dem beschworenen Religionsfrieden stracks zuwider und somit rechtlos, sondern auch skandalös und auf gefährliche Unordnung, verbotene Konventikeln, Aufruhr und Aufstand gerichtet. Aus gleichen Ursachen und Vorfällen sei 1533 der Aufruhr [der Wiedertäufer] entstanden. Vorbeugung tue not. Auf Bitte des Kurfürsten um Kaiserliche Hülfe ist nunmehr auf folgendes Pönal-Mandat, ohne alle Einrede zu vollziehen, erkannt: ,Hierumben so befehlen wir Euch hiemit von Römischer Kaiserlicher Macht bei Pön vierzig Mark lötigs Golds Halb in unser Kaiserlich Kammer und den andern halben Teil klagendem Churfürsten zu Cöln unnachläßlich zu bezahlen hiemit ernstlich gepietend und wollen, dass ihr alsbald nach Insinuation und Verkündung dieses unsers Kaiserlichen Mandats ohn allen Verzug von allen Hieoben erzählten und andern Tätlichkeiten abstehet, Seiner, des Churfürsten zu Cöln, Liebden bei dero geistlichen Jurisdiktion ruhig und unangefochten verbleiben lasset, denen von Seinen Liebden angesetzten geistlichen Ofsicianten, Pfarrherrn und Vorstehern in Verrichtung ihrer Ämter und Verbietung ihrer Begräbnuß uf geweihete Orter mit Nichten eingreifet, sonder demselben gepurenden Respekt und Gehorsam erzeiget, hinfüro keine andern dann allein katholische Bürger (davon ihres Kirspiels, darunter sie gesessen, Pfarrer und Seelsorger wahrhaftig zeugen können, dass sie sich der katholischen Kirchen-Ordnungen und Gebot allerdings gemäß und gehorsam verhalten) in den Rat und Ämter zu erwählen annehmet, auch in Religions- und Geistlichen Sachen keines Geleits, Gebots, Verbots oder anderer prätendirter Gerechtigkeit Euch unterwindet, sonder in allen der alten katholischen und Seiner Liebden Stadt und Stifts wohlherbrachten Kirchen-Ordnungen und -Satzungen allerdings, bis so lang Ihr mit ordentlichen Rechten ein anders erhalten werdet, Euch gemäß erzeiget und deme Allem nit anders tut, noch Hinwider ungehorsam seid als lieb Euch ist, unser Kaiserlich Ungnad und darzu obbestimmte Pön zu vermeiden. Das meinen wir ernstlich. Dieses Mandat soll ediktsweise angeschlagen werden. Innerhalb dreier Monate müssen Bürgermeister, Rat usw. am Kaiserlichen Hof erscheinen mit der glaubwürdigen Anzeige, dass sie diesem Kaiserlichen Mandat Folge getan haben. Bei Nichterscheinen wird dem Rechte nach gehandelt. ,Darnach wisset Euch zu richten.'
- Archivaliensignatur
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A-RatsA, Aa XIII Nr. 28
- Alt-/Vorsignatur
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A XIII Nr. nach 9
- Sonstige Erschließungsangaben
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Verweis: Inseriert in das Notariatsinstrument Aa XIII Nr. 29.
Edition: Druck: Ludwig Keller, Die Gegenreformation in Westfalen und am Niederrhein II. Teil S. 384-388 (Leipzig 1887); Karl Utsch: Kultusabteilung des Stadtarchivs Münster, Münster 1937, S. 35/36.
- Kontext
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Ratsarchiv (bis 1802) >> 13 Kultus-, Kirchen- und Schulsachen (A XIII) >> 13.31 Kultusabteilung (Aa XIII - erfasst durch Karl Utsch)
- Bestand
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A-RatsA Ratsarchiv (bis 1802)
- Laufzeit
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1607 Mai 3, Prag
- Weitere Objektseiten
- Geliefert über
- Letzte Aktualisierung
-
30.04.2025, 14:32 MESZ
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Objekttyp
- Archivale
Entstanden
- 1607 Mai 3, Prag