Bestand

Aufgelöste Ober- und Stabsämter (Bestand)

Inhalt und Bewertung
Vorliegender Bestand enthält das Schriftgut einiger kurzlebiger unterer Verwaltungsbehörden in den ab 1802 und vor allem seit dem Frieden von Preßburg (26. Dezember 1805) durch Württemberg erworbenen neuen Landesteilen, die schon vor der Besitzergreifung in ähnlicher Form, Zuständigkeit, Dienststellenbezeichnung und mit vergleichbarem Personalbestand existiert haben und in der Folge bei weitgehender Übernahme ihrer Beamten als jetzt württembergische Dienststellen noch kurze Zeit fortbestanden. Zu Beginn des Jahres 1806 betrug die Anzahl der im Königreich existierenden Verwaltungsdistrikte nicht weniger als ca. 140, die nach Fläche und Bevölkerungszahl sehr unterschiedlich waren, darunter altwürttembergische weltliche Oberämter, Klosteroberämter und Kammerschreiberämter sowie die erwähnten neuwürttembergischen Ämter ehemaliger Reichsterritorien und -städte, Klöster und Ritterherrschaften. Den größeren dieser Behörden, zumal wenn sie Aufsichtsbefugnisse über standesherrliche oder sonstige patrimoniale Ämter wahrnahmen, wurde gelegentlich die Bezeichnung "Souveränitätsoberämter" verliehen. Bis 1810 wurde ihre Zahl durch Auflösungen und Zusammenlegungen radikal auf 63 Oberämter reduziert, wobei strikt auf weitgehende Gleichmäßigkeit bei Fläche und Bevölkerungszahl geachtet wurde und viele der neuen Bezirke gleichermaßen alt- und neuwürttembergische Gebiete umfassten.
Die im Bestand vertretenen 15 aufgelösten Ober- und Stabsämter, hervorgegangen aus reichsstädtischen, reichsritterschaftlichen, reichsprälatischen und vorderösterreichischen Stellen sowie lediglich einem einzigen altwürttembergischen Amt (Stabsamt Freudental), sind natürlich nur ein kleiner Teil der bis 1810 insgesamt aufgelösten Behörden. Ihre Registraturen dürften überwiegend von den jeweiligen Nachfolgern, also den vergrößerten Oberämtern ab ca. 1810, übernommen worden und entweder über diese, über die Landkreise (seit 1938) oder über das Archiv des Innenministeriums an das Staatsarchiv Ludwigsburg gelangt sein, in Einzelfällen gingen sie auch andere Wege (vgl. Bemerkung bei Bü 83). Sachlich behandelt das hier vertretene Aktenmaterial zunächst Besitzergreifung, Organisation, Personalsachen, Huldigungen etc., Publikation königlicher Resolutionen, Dekrete und Gesetze in den Amtssprengeln, sodann die Finanz-, Rechtsprechungs- und Verwaltungsangelegenheiten, die von Gemeinden und Amtskörperschaften der Übergangszeit üblicherweise wahrgenommen wurden: öffentliche Finanzen samt Rechnungswesen, Steuer-, Abgaben- und Gebührenerhebung, Abwicklung der Forderungen und Verbindlichkeiten der ehemaligen Reichsherrschaften, Grenz- und Markungsstreitigkeiten und deren Vergleichung, Handel, Handwerk und Gewerbe, Landwirtschaft und Weidestreitigkeiten, Organisation und Personalsachen von Kirchen und Schulen, Ein- und Auswanderung, Stiftungswesen, Kriegslasten, Polizeiangelegenheiten, Bausachen etc. In den genannten 15 Amtsbezirken ist dieses Material jeweils nur teilweise, oft auch nur sehr dünn überliefert, die in Einleitungen zu Bestandsrepertorien beliebte Formulierung, das dargebotene Material sei fragmentarisch, trifft kaum irgendwo so ins Schwarze wie in D 87! Auf eine weitere Untergliederung des Materials durch Klassifikation wurde folglich verzichtet. Das bisher bestehende, um 1920-1940 angelegte und überwiegend handschriftliche Repertorium (verschiedene Hände, darunter K.O. Müller), das aber lediglich 40 Aktentitel enthielt und somit nur etwa ein Drittel des Bestandes erschloss, wurde 2010 durch Marionela Wolf retrokonvertiert. Zusätzliche 85 Akten aus unverzeichneten Resten wurden 2011 durch den Unterzeichneten erschlossen, der auch die Endredaktion besorgte. Die im Altrepertorium für jeden Amtsbezirk angelegte separate Büschelzählung wurde bei dieser Gelegenheit zugunsten einer durchlaufenden Nummernfolge beseitigt.
Insgesamt besteht D 87 jetzt aus 126 Büscheln mit einem Umfang von 2,9 lfd. m, die Laufzeit reicht von 1802-1817, meist abschriftliche Vorakten gehen bis 1757 zurück, einzelne Nachakten wurden bis 1832 hinzugefügt.
Ludwigsburg, im April 2011
Dr. Peter Steuer

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, D 87
Umfang
126 Büschel (2,9 lfd. m)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Behörden der Übergangszeit um 1803-um 1817 >> Bezirksbehörden >> Sonstiges
Verwandte Bestände und Literatur
Grube, Walter: Vogteien, Ämter, Landkreise in Baden-Württemberg. Bd. 1: Geschichtliche Grundlagen. Stuttgart 1960, 2. Aufl. 1975.

Bestandslaufzeit
1802-1817 (Va ab 1757, Na bis 1832)

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Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
18.04.2024, 10:40 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1802-1817 (Va ab 1757, Na bis 1832)

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