Coding da Vinci Nord – Vom Klang der Sterne, Visiting Landmarks und den Kupfergorillas

Coding da Vinci Nord – Vom Klang der Sterne, Visiting Landmarks und den Kupfergorillas

22.09.2016

Philipp Geisler, Projektleiter der diesjährigen, erstmals regionalen Ausgabe unseres Kultur-Hackathons, freut sich: Man habe es geschafft, dem Begriff „Nord“ gerecht zu werden und begrüßt über 100 Teilnehmer nicht nur aus Hamburg, sondern auch aus Göttingen, Bremen und Kiel. Selbst internationales Publikum aus Dänemark und Schweden ist für die Kick-Off Veranstaltung von Coding da Vinci Nord am Wochenende des 17./18. Septembers in Hamburg angereist.

Veranstaltungsort ist das „Mindspace“ am Rödingsmarkt in unmittelbarer Nähe des Hamburger Hafens – untergebracht im Alten Klöppelhaus erwartet uns ein großzügiger, offener Raum, in dem nicht nur ein von Glühbirnen umrahmter Elvis an der Wand hängt, sondern auch lange Holztische, Sofas, Sessel und Luftballons (letztere spielen später noch eine nicht unwichtige Rolle) zur kreativen Geselligkeit einladen. Schnell füllt sich der Raum und die vielen jungen Entwickler, Designer und Kreativen sitzen alsbald mit den Vertretern der Kultureinrichtungen aus Hamburg und darüber hinaus zusammen. Das rege Stimmengewirr spricht für sich: Anscheinend gibt es schon vor der offiziellen Begrüßung und der Vorstellung der Kulturdatensätze einiges an Gesprächsstoff.

Nach der herzlichen Eröffnung des Kick-Offs durch die Hamburger Veranstalter rekapituliert das Gründerteam von Coding da Vinci kurz die Geschichte des Hackathons, stellt zwei Projekte des Vorjahres vor und erzählt, warum die Veranstaltung seit diesem Jahr - im Gegensatz zur vorherigen bundesweiten Ausrichtung -  regional angelegt ist. Stephan Bartholmei, verantwortlich für Produktentwicklung und Innovation bei der Deutschen Digitalen Bibliothek, fasst zusammen: Als Resümee der Vorjahre war man sich einig, dass die Beziehungen zwischen Entwicklern und Kultureinrichtungen nach Ende des Hackathons nachhaltiger gestaltet werden müssten. Die Lösung: Man macht die Wege zwischen Institutionen und Kreativen kürzer und erhofft sich – ähnlich einem „Freundeskreis Museum“ – einen „Freundeskreis 2.0“ aufzubauen. Der Gedanke wird mit Applaus belohnt und die vier „Urgesteine“ – so nennen sie sich selbst –, die das Format gestaltet und weiterentwickelt haben, Anja Müller von der Servicestelle Digitalisierung Berlin, Helene Hahn von der Open Knowledge Foundation, Barbara Fischer von Wikimedia Deutschland und Stephan Bartholmei von der Deutschen Digitalen Bibliothek machen die Bühne für die Vorstellung der Datensätze frei.

Datensätze und „Kultur-Dating“

Insgesamt 26 Datenangebote werden von 19 Kultureinrichtungen vorgestellt; das sind circa 600.000 Datensätze, von denen 180.000 als Mediendateien vorliegen. Mitschreiben müssen wir jedoch nicht – ein Eventzeichner visualisiert zeitgleich die kurzen Präsentationen und ermöglicht das ungestörte Zuhören. Die Datensätze sind mannigfaltig, spannend und inspirierend. So stellt die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky insgesamt vier Sammlungen vor, darunter den wertvollsten Teil der digitalisierten Objekte der Bibliothek, die 161 niederländischen Kupferstiche von um 1600. 

Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg steuert mehr als 8400 Objekte bei: Schwerpunkt ist die Sammlung Fotografie – von der Daguerreotypie des 19. Jahrhunderts bis zur frühen Farbfotografie der 1930er Jahre. Das Archäologische Museum Hamburg Stadtmuseum Harburg/Helms-Museum macht 300 Datensätze verfügbar, die die wichtigsten Komplexe der archäologischen Funde der Metropolregion Hamburg abdecken und zeitlich von 40.000 vor Christus bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts reichen.

Schiffsporträt (Altonaer Museum) und Zigarettenwerbung aus dem Reemtsma Werbemittelarchiv (Museum der Arbeit)
Schiffsporträt (Altonaer Museum) und Zigarettenwerbung aus dem Reemtsma Werbemittelarchiv (Museum der Arbeit)

Weitere beeindruckende Datensätze stammen aus der Stiftung Historische Museen Hamburg mit Schiffsporträts aus dem Altonaer Museum sowie dem Werbemittelarchiv Reemtsma aus dem Museum der Arbeit. Die Gedenkstätte Neuengamme stellt Daten zur Zwangsarbeit in Hamburg während der NS-Zeit zur Verfügung – ein heikles Themenfeld, bei dem gebeten wird, umsichtig und sensibel mit den Daten umzugehen. Es folgen viele weitere Kulturdatensätze vom Kieler Gelehrtenverzeichnis der Uni Kiel über denkmalgeschützte Gebäude vom Nationalmuseum Dänemark bis zu Gemälden des Nationalmuseums Schweden und Archivbeständen historischer astronomischer Photoplatten des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam.

Nach der Vorstellung der Datensätze beginnt das „Kultur-Dating“: Die vom Eventzeichner visualisierten Datensätze werden im Raum aufgehängt, die Vertreter der Kultureinrichtungen stellen sich davor und warten auf interessierte Hacker, um Fragen zu klären und Projekte zu besprechen. Schnell bilden sich kleine Gruppen um die Poster bevor es heißt: Brainstorming darüber, wie die Daten in neuen Kontexten genutzt werden können.

Ideenpitch und Projekte

Die von den Kreativen erdachten Ideen nehmen schrittweise Gestalt an: Zuerst als Idee am Samstag präsentiert und dann mit festem Team und Prototyp am Sonntagabend vorgestellt. Hier kommen auch die eingangs erwähnten Luftballons zum Einsatz: Bei den Projektpitches am Samstag erhält jede Idee bzw. diejenigen, die sie präsentieren, einen Luftballon. So umgeht man etwaige Unsicherheiten bei der Erinnerung von Namen und Gesichtern und als am Projekt Interessierter muss man sich nur noch die Farbe des entsprechenden Luftballons merken. Auch optisch besticht dieser Einfall des lokalen Veranstalterteams: Schnell schweben überall im Raum die bunten Luftballons an den Armen der Kreativen.

Interessant an den Projektpitches ist, dass sich wie in den Vorjahren von den Kultur-Hackern offensichtlich favorisierte Datensätze herauskristallisieren. Waren es 2014 die in der NS-Zeit verbotenen Bücher und 2015 die Notenrollen für selbstspielende Klaviere, werden dieses Jahr jeweils drei Projekte zu den Schiffsporträts des Altonaer Museums und drei zu den Kupferstichen der Stabi Hamburg vorgestellt.

Am Sonntag dann haben die Teams sich soweit zusammengefunden und nutzen die Zeit ihre Projekte zu entwickeln und erste Prototypen für die Präsentation am Abend zu erstellen. Zeitgleich werden unterschiedliche Workshops angeboten: Von der Vorstellung des „Prototype Fund“, einem Projekt der Open Knowledge Foundation, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, welches kleine Open-Source-Projekte unterstützt zur Vorstellung der API der Deutschen Digitalen Bibliothek bis hin zur „Visualisierung der Besucher, Guides und Museen von Hamburg“, „Cognitive Computing“ von IBM Watson und der Interpretation von NS-Biographien.

Die Projekte, die am Ende des zweiten Tages vorgestellt werden, klingen vielversprechend: So erkundet das Projekt „Klang der Sterne“ auf Basis historischer astronomischer Photoplatten wie der Weltraum klingt – dabei werden MIDI-Werte auf die Helligkeitswerte eines Sterns gemappt. Bei „Visiting Landmarks“ können Nutzer über 9.000 denkmalgeschützte Gebäude in Dänemark entdecken dank des Datenangebots des dänischen Nationalmuseums. Die „Kupfergorillas“ machen den Ausstellungsbesuch mittels Augmented Reality Elementen zu einer spielerischen Erfahrung und „Hansestadt Hamburg Historical Heritage“ lädt zur Stadtentdeckung mit dem historischen Kartenmaterial der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky.

Nicht alle Projekte lassen sich an dieser Stelle aufzählen, aber so viel sei gesagt: Insgesamt 17 von ihnen sind im Hackdash von Coding da Vinci Nord eingetragen und sollen bei der Preisverleihung am Sonntag, den 6. November, vorgestellt werden.

Man darf gespannt sein – wir sind es auf jeden Fall und danken an dieser Stelle dem lokalen Veranstalterteam: Projektleiter Philipp Geisler, dem Archäologischen Museum HamburgCode for Hamburg, eCulture.info, der Hamburg Kreativ Gesellschaft, Projekte&Seminare – Sabine Heydenbluth, der Stiftung Historische Museen HamburgWe-Build.City und Wikipedia Hamburg ebenso wie dem „Mindspace Hamburg“ für die schönen Räumlichkeiten.

Wie es weitergeht

Das Team von Coding da Vinci Nord gemeinsam mit Code for Hamburg bietet den Projekten bis zur Preisverleihung am 6. November Unterstützung an. Alle wichtigen Daten und Termine sowie Kontaktinformationen sind auf der Webseite von Coding da Vinci zu finden.

Wir wünschen allen Projekten viel Erfolg und Spaß beim Entwickeln!
 
Zu der Themenseite Coding da Vinci der Kultur-Hackathon

 

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