Im Jahr 1350 veröffentlicht der Regensburger Domherr Konrad von Megenberg die Enzyklopädie „Das Buch der Natur“. In die Geschichte eingegangen ist er als derjenige, der damit die erste bedeutende wissenschaftliche Abhandlung in deutscher Sprache verfasste. Diese schon recht systematische Naturgeschichte war allerdings eher eine Übersetzungs- als eine Forschungsleistung. Zum Großteil hatte Megenberg das Werk „Liber de natura rerum“ von Thomas von Cantimprés übersetzt und ein paar Beobachtungen zu Regenbögen und Rabenmüttern hinzugefügt.
Von Cantimprés hingegen hatte sein im Mittelalter als naturkundliches Standardwerk geltendes Buch um 1241 veröffentlicht und seinerseits Aristoteles und Plinius den Älteren als Vorlage genutzt. Nun geht es uns nicht darum, wer hier wen kopiert oder übersetzt hat – von Bedeutung sind an dieser Stelle die Illustrationen aus Megenbergs Werk. Sehr wahrscheinlich bei Cantimprés abgezeichnet, zeigen sie Tiere, deren Aussehen suggeriert, dass keiner der beiden Herren diese Tiere je in natura gesehen hat. Wie kam es nun zu solchen Illustrationen und der eingangs erwähnten historischen Lücke?