Bestand
Karl Bartels (Bestand)
Bestandsgeschichte: Im August
2004 fragte Herr Karl Bartels (geb. 29.1.1910) aus Leer an, ob das
Staatsarchiv in Aurich Interesse an Unterlagen aus der Zeit seiner
Inhaftierung in der DDR wegen Spionagetätigkeit für den BND in den
Jahren 1977 bis 1979 habe. Da es sich um ein exemplarisches
Schicksal vor dem Hintergrund der besonderen deutsch-deutschen
Geschichte bis 1989 handelt, nahm das Staatsarchiv die Unterlagen
sehr gerne und dankbar als "Geschenk für die Nachwelt" und
wertvolle Ergänzung seiner Bestände (acc. 2004/41) an. Als
"Nachlass Karl Bartels" erhielten sie die Bestandssignatur Rep.
220/35. In der Vergangenheit hat Herr Bartels bereits die Archive
der Mennonitengemeinden in Leer und Norden geordnet und ihre
Unterbringung im Staatsarchiv (Dep. 89 und 55) in die Wege
geleitet.
Karl Bartels, der aus Ludwigslust in
Mecklenburg-Vorpommern stammt und Realschulkonrektor in Leer war,
wurde Anfang der 1970er Jahre vom BND dafür gewonnen, bei seinen
Besuchen in der Gegend von Ludwigslust Angaben über Veränderungen
im militärischen Bereich zu sammeln. Er erklärte sich zusammen mit
seiner Frau dazu bereit, um die militärische Entspannung zu
fördern. Seit 1973 stand das Ehepaar Bartels jedoch unter
Beobachtung des MfS, das auch durch einen IM in Leer über die
dortigen Lebensumstände detailliert unterrichtet wurde. Im Juli
1977 erfolgte die Verhaftung in der DDR und im Januar 1978 die
Verurteilung zu 12 bzw. 7 Jahren Haft. Ihre Verurteilung sahen sie
vor dem Hintergrund der Gesetze der DDR grundsätzlich als begründet
an. Aufgrund ihres Alters und gesundheitlicher Probleme sowie der
Tatsache, dass insbesondere Herr Bartels als Mennonit und
Freimaurer nur idealistische Ziele verfolgte, wurde dem Ehepaar
während seiner Haftzeit in der DDR eine durchaus bevorzugte
Behandlung zuteil. In seiner "Stellungnahme nach der Durcharbeit
dieser Akte" (Rep. 220/35, Nr. 6, Bl. 82) hat Herr Bartels selber
die Abläufe und den Hintergrund der Verhaftung kurz
dargestellt.
Bestandsgeschichte: Die dem
Staatsarchiv übergebenen Unterlagen im Umfang von zwei Aktenordnern
waren von Herrn Bartels bereits mustergültig vorgeordnet und mit
einem Inhaltsverzeichnis versehen. Da sie sich einzeln in
Kunststoffhüllen befanden, wurden diese aus konservatorischen
Gründen entfernt. Bei dieser Gelegenheit wurden die Unterlagen von
mir in kleinere Einheiten geteilt und archivisch verzeichnet.
Jenseits der reinen Dokumentation des Falls, der damals in der
Öffentlichkeit Aufsehen erregt hat, dürften vor allem die Briefe
von Karl und Anna Bartels aus ihrer Haft an ihre Tochter Wilma
besonders wertvolle Zeugnisse sein.
Da seine
Inhaftierung u.a. in Zusammenhang mit seinen regelmäßigen Besuchen
bei seinen Verwandten in Ludwigslust stand, übergab Herr Bartels
außerdem freundlicherweise die von ihm transkribierten
Lebenserinnerungen seines Vaters (Rep. 220/35, Nr. 9). Sie
enthalten auch eigene Kindheitserinnerungen aus Ludwigslust.
Angesichts der Besonderheit des Falls und als Voraussetzung
für diese Schenkung wurde vereinbart, dass die Benutzung des
Bestandes gemäß den Bestimmungen des Nds. Archivgesetzes erst 10
Jahre nach dem Tod von Herrn Bartels für die Allgemeinheit möglich
ist. Eine Verkürzung der Fristen wurde - bis auf Nr. 9 -
grundsätzlich ausgeschlossen.
Es ist davon auszugehen,
dass auch eine Stasi-Akte über das Ehepaar Bartels bei der
Birthler-Behörde (Bundesbeauftragte für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen
Republik) in Berlin vorhanden ist. Herr Bartels hat jedoch in der
Vergangenheit bewusst darauf verzichtet, Einsicht in diese Akten zu
nehmen.
Aurich, den 5. August 2004
Dr.
Wolfgang Henninger
Zusatzinformationen:
Abgeschlossen: Nein
Zusatzinformationen:
teilweise verzeichnet
- Reference number of holding
-
NLA AU, Rep. 220/35
- Context
-
Nds. Landesarchiv, Abt. Aurich (Archivtektonik) >> Gliederung >> 2 Nichtstaatliche Bestände >> 2.5 Private Nachlässe >> 2.5.1 A - F
- Date of creation of holding
-
1896-2002
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
16.06.2025, 11:33 AM CEST
Data provider
Niedersächsisches Landesarchiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- 1896-2002