Text | Theaterzettel

Wie es Euch gefällt

Wie es Euch gefällt

Digitalisierung: DE-2208 - Thüringisches Hauptstaatsarchiv

Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International

Standort
Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar#Hofmarschallamt
Umfang
17
Anmerkungen
Weimarische Zeitung, Nr. 236, 09.10.1883, S.1, von G. S.: „Seit langen Jahren war Shakespeares „Wie es Euch gefällt“ […] auf unserer Bühne nicht gegeben worden. Erklärlich genug, denn dieses Stück ist ungemein schwer zu besetzen; jede Rolle, sei sie auch noch so klein, verlangt eine hervorragende künstlerische Begabung, um zur vollen Geltung zu gelangen. Ist dies aber der Fall, dann bleibt die Wirkung nicht aus. Dies bestätigte sich in der Sonnabendvorstellung wieder, die im wesentlichen als gelungen bezeichnet werden kann. In erster Linie verdient Fräul. Jenicke vollste Anerkennung; sie führte die Partie der Rosalinde vorzüglich durch und wurde allen Anforderungen, die diese reizende Frauengestalt des britischen Dichters an die Darstellerin stellt, gerecht: das unbefangene, mitleidsvolle Mädchen, als das sie uns zuerst entgegentritt, die herzlich und tief Liebende, der übermüthige Schelm in Männerkleidung, kurz, alle Momente in diesem so vielseitig ausgearbeiteten Charakterbilde kamen zu umso glücklicherer Geltung, als der Grundton reiner, edler Weiblichkeit trotz aller geistreichen Laune und rasch entbrannten Leidenschaft beständig festgehalten wurde. Celia steht in der Dichtung hinter Rosalinde weit zurück: sie ist ein durchaus einfacher, anmuthiger Mädchencharakter, und ward als solcher von Fräul. Kuhlmann in liebenswürdiger Natürlichkeit gegeben, doch scheint uns die Begabung der mit reichen Mitteln ausgestatteten jungen Dame mehr nach der leidenschaftlich pathetischen Seite hin zu liegen. Fräul. Salingré (Phoebe), der ich eine sorgfältige Pflege ihrer Sprache empfehle, und Fräul. Groß (Käthe) gaben ihre kleinen Rollen recht befriedigend. Von den Männerrollen ist die umfangreichste die des Orlando; Herr Savits löste seine Aufgabe vortrefflich; im Gegensatz zu der neckischen, in allen Farben schillernden, übermüthigen Rosalinde war er der grundehrliche Gesell, von rechtem und tiefen Empfinden, ein Bild einfach tüchtiger Männlichkeit. Sehr sorgfältig hatte Herr Wolmuth seine Rolle, die des Narren Probstein, ausgearbeitet. Unter den Shakespeareschen Narren, deren Darstellung eine so schwierige ist, ist die Rolle des Probstein die undankbarste: die derben Witze, die ihm der Dichter in den Mund legte und die von den damaligen Zuhörern dankbar belacht wurden, sind heut auf der Bühne nicht zulässig; so ist das Feld seiner komischen Wirksamkeit sehr beschränkt worden. Aber immerhin ist noch Witz und Leben genug in der Rolle, um, wenn sie von einem so begabten Darsteller gegeben wird, das Publikum anzuregen. Herr Wolmuth verstand, ohne sich zu Uebertreibungen hinreißen zu lassen, durch treffliches, geistvoll durchdachtes Spiel und frische Lebendigkeit den Beifall zu gewinnen. Der „melancholische Jacques“ ward von Herrn Schmidt gegeben; auch diese Aufgabe ist eine ungemein schwierige - ; sie ward von Herrn Schmidt im ganzen brav gelöst, aber er vermochte seinen Jacques doch nicht individuell zu gestalten. Jacques ist ein blasirter Hofmann, der des Hoflebens mit seinen vielen Nichtigkeiten überdrüssig ist, aber doch ohne Fürsten und Hof nicht leben kann und immer etwas Besonderes haben will; er ist ein Philosoph, dessen Philosophie aber doch bei ihm selbst anfängt und aufhört. […] Daß Herr v. Milde in jedem Zug der Herzog war, den er spielte, bedarf der Erwähnung nicht. Von den kleineren Partien ist noch der Herren Lehmann (Adam), Cabus (Schäfer), Erytropel und Wiedey (Ringer) anerkennend zu gedenken. Was Herrn R. v. Milde betrifft, so läßt sich nach dieser einen Vorstellung nur sagen, daß er ein vorzügliches Organ besitzt, auf dessen Modulationsfähigkeit noch viel Sorgfalt zu verwenden ist: es fehlte noch der Ausdruck wie dem Spiel die Lebendigkeit. Im ganzen war, wie ich schon eingangs bemerkte, die Aufführung eine gelungene, und das Publikum von Akt zu Akt bewegter und theilnehmender, wie die steigenden Beifallsbezeigungen erkennen ließen. Die musikalischen Zugaben hat der Komponist etwas indiskret behandelt; sie haben etwas Opernhaftes, das unter solchen Verhältnissen aufdringlich wirkt. Inwieweit eine gewisse Beschränkung und Dämpfung der Rietzschen Musik möglich ist, sei der Erwägung anheim gestellt.“

Urheber
Beteiligte Personen und Organisationen
Erschienen
1883-10-06

Weitere Objektseiten
URN
urn:nbn:de:urmel-8ad39c0c-8bda-4bc7-aaaf-8ecf0b287dfe0-00046445-18
Letzte Aktualisierung
21.04.2023, 10:52 MESZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Theaterzettel ; Text

Entstanden

  • 1883-10-06

Ähnliche Objekte (12)