Archivale

Beschwerde von Vertretern der Gemeinheit an den Rat mit der Bitte um eine neue Ordnung der Fahnenwacht und der Schlüsselverwahrung [Stadttore]

Enthält: Etliche durch den Rat aus allen Laischaften verordnete Bürger von der Gemeinheit [= nichtgildefähige Bürgerschaft] beschweren sich bei ihm über die Alder- und Meisterleute. Diese seien nebst ihren Amts- und Gildegenossen zwar an Zahl und Vermögen geringer als die Gemeinheit, unterstehen sich aber die Gemeinheit zu unterdrücken; dadurch schädigen sie das allgemeine Beste. Sie haben bekanntlich der ganzen Stadt bei den Nachbaren merklichen Schimpf und besorgliche Verkleinerung zugefügt, so indem sie 1603 bei der von Päpstlicher Heiligkeit der katholischen Kirche vorgeschriebenen Jubiläumsfeier, während der Prozession und am vierhochzeitlichen Pfingsttag - den auch die Augsburgischen Konfessionsverwandten und die Reformierten hochzeitlich zu feiern in Gebrauch haben - die gemeine Bürgerschaft unbegründet zu Waffen und Wacht gerufen und auf die Wälle geführt haben. Dadurch haben die Alder- und Meisterleute die Gemeinheit vom Gottesdienst abgehalten. In ihren Gildeämtern haben sie dem Vernehmen nach sogar allen Amtsgenossen bei Strafe verboten, an der Prozession teilzunehmen. Der Rat wird ferner daran erinnert, dass die Alder- und Meisterleute vor etlichen Jahren den Jobst Stremminck, einen gemeinen Bürger, durch vom Schohus bestimmte Gildemeister in seiner Wohnung vergeblich nötigten, seinen Prozeß am Stadtgericht gegen einen ihrer Amtsgenossen zurückzuziehen; dann haben sie ihm die Ausübung seines Handels gegen die natürlichen und bei allen Völkern hergebrachten Rechte verboten, sogar Wasser und Feuer entzogen. Durch dieses Vorgehen haben sie in die Amtsbefugnisse des Fürstbischofs und des Rates eingegriffen. Andere ungebührliche Sachen ereignen sich noch täglich. Gleiche,unerlaubte Verbote und Bedrohungen sind wegen des Großhandels [gemeiner Bürger] und zur Abwendung von Schmähklagen erfolgt. In den täglichen Ratsversammlungen stellen die Alder- und Meisterleute unbefugt Anträge auch für die Gemeinheit, trotz Untersagens seitens der Obrigkeit und ohne jede Vollmacht von Seiten der Gemeinheit. Auch in der Durchführung der Fahnenordnung, bei der Besetzung der Stadttore und anderer wichtiger Punkte sowie bei der Gestellung der Hauptleute und anderer Obristen setzen die Alder- und Meisterleute die Gemeinheit stets zurück, obwohl halb für halb am Platze wäre. Tatsächlich besetzen von den Ämtern der Fahnen die Gilden an die 40 Stellen, die Gemeinheit nur an die 15; auch befinden sich unter den Verwahrern der Stadttorschlüssel nur 2 bis 3 von der Gemeinheit. Offenbar wollen die Alder- und Meisterleute die Macht in der Stadt ausüben, was für die ganze münstersche Bürgerschaft unerträglich ist. Die aus den Laischaften verordneten Bürger von der Gemeinheit bitten nun den Rat um eine neue Ordnung der Fahnenwacht und der Schlüsselverwahrung zu Heil und Wohlfahrt der ganzen Stadt. Die Übergriffe müssen abgewehrt und die Verwaltung der Stadt muß allein vom Rate erfolgen, der sowohl von der Gemeinheit als von den Gilden erwählt ist. Der Rat möge gelegentlich Vertreter von der Gemeinheit hinzuziehen, wie das nach guter Nachricht von Alters her bräuchlich gewesen sei und der Fürstlichen Restitution und der Polizeiordnung entspreche. Die Alter- und Meisterleute sind nicht die Häupter der Gemeinheit; diese stelle den intelligenteren und wohlhabenderen Teil der Bürgerschaft dar und habe für die Fragen des allgemeinen Besten besseren Verstand und vernünftigere Bescheidenheit als die Alter- und Meisterleute oder die Handwerker. Original, am Ausstellungstage in der Ratsversammlung vorgelegt

Archivaliensignatur
A-RatsA, Aa XIII Nr. 34
Alt-/Vorsignatur
A XIII Nr. 13
Sonstige Erschließungsangaben
Edition: Karl Utsch: Kultusabteilung des Stadtarchivs Münster, Münster 1937, S. 39-40.

Kontext
Ratsarchiv (bis 1802) >> 13 Kultus-, Kirchen- und Schulsachen (A XIII) >> 13.31 Kultusabteilung (Aa XIII - erfasst durch Karl Utsch)
Bestand
A-RatsA Ratsarchiv (bis 1802)

Laufzeit
13. Juni 1604

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Letzte Aktualisierung
05.11.2025, 16:21 MEZ

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Objekttyp

  • Archivale

Entstanden

  • 13. Juni 1604

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