Bestand
Republikanisches Centrum Düsseldorf (Bestand)
        Geschichte des Bestandsbildners:
                           Die Gründung des Republikanischen Centrums Düsseldorf wie auch die von
                           ähnlich gelagerten Republikanischen Clubs oder Clubs Voltaire in der BRD
                           gegen Ende der 60er Jahre fiel in eine politische Situation, in der sich
                           die heterogenen oppositionellen Gruppen außerhalb des parlamentarischen
                           Repräsentativ- und Parteiensystems als Außerparlamentarische Opposition
                           (APO) formierten. In dieser Phase der politischen Wirklichkeit der BRD,
                           der Zeit der Großen Koalition im Bundestag, versuchten sich o.g. Clubs in
                           neuen Formen des Engagements der Bürger für ihre demokratischen
                           Ziele.
Im Aufruf zur Gründung des Republikanischen
                           Centrums Düsseldorf (RC) vom 28.01.1968 wurde daher als Aufgabe "die
                           Zusammenführung der politisch und kulturell aufgeschlossenen Kräfte ...,
                           die sich als Teil der demokratischen Linken verstehen, sowie aller jener,
                           die beunruhigt über die politische Entwicklung der Bundesrepublik,
                           besorgt um die Erhaltung der Informationsfreiheit, der Demokratie und des
                           Rechts auf Arbeit, Bildung und soziale Gerechtigkeit nach Auswegen
                           suchen", [1] benannt. Daraus abgeleitet bestand für die Clubs das
                           Hauptziel "in der politischen Aufklärung im Sinne einer solchen
                           Veränderung der gesellschaftlichen Wirklichkeit, die das
                           Verfasssungsversprechen der sozialen Demokratie im Artikel 20 des
                           Grundgesetzes einlöst".[2]
Im Gleichklang mit den
                           Forderungen der APO gehörte dazu das Eintreten für volle Mitbestimmung in
                           der Wirtschaft und im Betrieb sowie die Demokratisierung in Schulen und
                           Hochschulen. Diese Ziele verfolgte das Republikanische Centrum vor allem
                           durch:
- die Selbstverständigung seiner Mitglieder
                           in permanenter Diskussion,
- die Durchführung
                           publikumsoffener Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen,
- die Pflege des Gesprächs mit aufgeschlossenen
                           Parteien, Verbänden, insbesondere mit Vertretern ihrer
                           Jugendverbände.
Es galt daher, für die politische
                           Arbeit Räumlichkeiten zu schaffen, in denen durch Vorträge,
                           Podiumsdiskussionen, Seminare, Filmveranstaltungen, Ausstellungen und
                           Lesungen der Club zur Bildung kritischen Bewußtseins als Voraussetzung
                           für eine entschiedene politische Opposition in breiten Schichten der
                           Bevölkerung beitragen konnte.
Das RC Düsseldorf
                           wollte dabei kein Parteiersatz sein. Es sollte auch nicht die bestehenden
                           Gruppierungen der APO ersetzen. Dementsprechend entwickelte es keine
                           umfassende Programmatik nach Art eines Parteiprogramms. Es wollte
                           vielmehr durch die Benennung der Widersprüche der Gesellschaft den
                           objektiven Boden für eine solche Partei mitbereiten helfen. Dieser Wille
                           zum Übergang von einer politischen Bewegung in eine Partei, drückt sich
                           auch in der offenen Struktur des RC aus. Es vereinte Bürger verschiedener
                           Religionen, Weltanschauungen und gesellschaftstheoretischen
                           Orientierungen und organisierte sich als Zusammenschluß natürlicher
                           Personen in einem rechtsfähigen Verein des bürgerlichen Rechts; dessen
                           Gemeinnützigkeit durch die Finanzverwaltung anerkannt wurde.
Form und Arbeitsweise der Republikanischen Clubs
                           variierten bundesweit. Es wurde aber angestrebt, die politischen
                           Aktionen, etwa Anti-Vietnamkriegsdemonstrationen, Anti -
                           Springeraktionen, Notstandsopposition oder den Kampf um ein
                           fortschrittliches Hochschulgesetz zu koordinieren. Die RC's sollten somit
                           auch eine Rolle als Koordinationsbasis nicht nur der Aktionen, sondern
                           auch bestehender linker Gruppen spielen. Es galt unter der wachsenden
                           Mitgliedschaft der Clubs wie darüber hinaus zwischen den Gruppen der APO,
                           Transparenz und eine eigene Öffentlichkeit zu schaffen, die in der
                           damaligen Phase der noch großen Zersplitterung der Kräfte des
                           radikaldemokratischen, antiautoritären Lagers besonders notwendig
                           erschien.
Dieser Aufgabe stellte sich das
                           Republikanische Centrum Düsseldorf mit einer dafür speziell
                           zugeschnittenen doppelten Organisationsform. Zunächst wurde am 1. März
                           1968 das RC Düsseldorf als eingetragener Verein gegründet. Den Vorsitz
                           hatte Hans Peter Alvermann inne, der von 95 anwesenden stimmberechtigten
                           Versammlungsteilnehmern mit nur einer Gegenstimme gewählt wurde. Darüber
                           hinaus wurde zweitens am 4. Februar 1969 per Gesellschaftsvertrag die
                           Gründung der Verlag- und Bücherstube im Republikanischen Centrum
                           Düsseldorf GmbH, ebenfalls mit dem Geschäftsführer H.P. Alvermann,
                           notarisch angezeigt. Der Gegenstand dieses Unternehmens war die
                           Einrichtung und der Betrieb einer Buchhandlung, eines Verlages, eines
                           Clublokals, einer Galerie und ähnlicher Einrichtungen mit dem Ziel, die
                           kulturelle und politische Volksbildungsarbeit des RC e.V. zu fördern und
                           die Gewinne aus seinen Unternehmungen dem begünstigten gemeinnützigen
                           Verein für seine Arbeit zur Verfügung zu stellen.
Schon bald nach ihrer Gründung, geriet die GmbH in finanzielle
                           Schwierigkeiten, aus denen sie sich auch zukünftig nie vollends befreien
                           konnte. So wurde erstmals am 10. Februar 1970 über die Liquidation der
                           GmbH nachgedacht. Sie wurde durch Sanierungsmaßnahmen abgewendet. Ein neu
                           gegründeter Wirtschaftsausschuß und ein ehrenamtlicher Thekendienst im
                           Clublokal sollten die GmbH rentabler werden lassen. Außerdem wurde eine
                           Verpachtung zu bestmöglichen Bedingungen angedacht.
Kompetenzprobleme führten im April 1970 zur Kündigung der Stelle als
                           ehrenamtlicher Geschäftsführer durch H.P. Alvermann. An dessen Stelle
                           trat Alfons Clemens, der zugleich die Funktion des Kassenwarts des RC
                           e.V. und die des Leiters der Marxistischen Studiengemeinschaft im RC inne
                           hatte. Politisch beheimatet war Alfons Clemens in der DKP.
Besonders aktiv und initiativreich im politischen Leben
                           Düsseldorfs sowie in der Zusammenarbeit mit RC's bundesweit war die
                           Arbeit des RC in den Jahren 1968 bis 1970. Danach beginnt die politische
                           Wirksamkeit des Vereins und die ökonomische Rentabilität der RC GmbH
                           abzubrechen.
Bereits im März 1971 muß der Vorstand
                           erstmals einschätzen, "der Verein habe an Bedeutung und Schwung
                           verloren." [3] Über die Bewertung des Charakters und die weitere
                           politische Richtung des RC sowie über den Ausweg aus der Krise war man
                           sich uneins. Gewarnt wurde davor, eine bürgerlich und sozialdemokratisch
                           sogenannte Realpolitik zu betreiben. Eberhard Dreyer, Gesellschafter der
                           RC GmbH, andererseits urteilt: ..." die Zeit ist wohl einfach über
                           derartige Einrichtungen hinweggegangen ... es waren Eintagsfliegen,
                           überall sind sie schon eingegangen, nur in Düsseldorf ist noch eine
                           solche Einrichtung am Leben ... leider ist das RC nie zu einem Treffpunkt
                           linker bürgerlicher Kreise geworden, ... seit Gründung der DKP geriet das
                           RC immer mehr in deren Fahrwasser." [4] Zur gleichen Zeit wird, den
                           Verein betreffend, beobachtet, daß viele seiner Gedanken von anderen
                           Gruppen und Einzelpersonen aufgegriffen worden sind. So habe er als
                           Centrum verschiedener linksstehender Gruppen, nicht zuletzt durch die
                           Bereitstellung seiner Räume, gewonnen. Er konnte jedoch in der Realität
                           nie die ihm angedachte zentrale Funktion innerhalb der Düsseldorfer
                           Linken ausüben, weder ein Ersatz für eine angestrebte politische
                           Organisation oder eine Partei wie o.g. sein, noch die Einheitsfront
                           darstellen, wie sie als die sogenannte APO verstanden worden war.
Man wandte sich im RC gegen eine Vorherrschaft der DKP,
                           auch entgegen der Tatsache, daß wirklich viele Mitglieder der DKP bzw.
                           deren Sympathisanten im RC aktiv vertreten waren. Darüber hinaus fehlte
                           insgesamt jedoch eine breite Mitgliederbasis. Die Zahl dieser ging in den
                           Jahren 1972 bis 1975 dramatisch zurück. In dieser Situation war das
                           ökonomische Engagement der GmbH im RC außerordentlich wichtig. Sie allein
                           trug die Kosten des Vereins und zugleich die der Räumlichkeiten. Trotz
                           Mobilisierung aller Reserven, war im Oktober 1972 ersichtlich, daß die
                           Kosten des Vereins von der GmbH nicht mehr gedeckt werden konnten. Die
                           Umsätze aus dem Clubbetrieb gingen drastisch zurück und glichen kaum mehr
                           die Miete für die Räumlichkeiten des RC aus. In dieser Situation sah der
                           Geschäftsführer Alfons Clemens einen Ausweg aus der Krise in der
                           Auflösung des RC e.V. und dem Einstieg der DKP in den nicht sofort
                           kündbaren Mietvertrag. Dies jedoch lehnte der Eigentümer des Mietobjekts
                           des RC ab.
In einem Dokument zur "Situation des
                           Republikanischen Centrums und der RC- GmbH" vom 5. Okt. 1975, gerichtet
                           an die DKP, schlägt A. Clemens vor, die Liquidation der RC-GmbH zum
                           31.12. 1975 vorzunehmen. Er schreibt: "Da nach der Liquidation der GmbH
                           das Mietobjekt wegen zeitweiliger Unkündbarkeit erhalten bleibe, biete es
                           sich an, dieses für eine Reihe von politischen Gruppen zur Verfügung zu
                           stellen und die Kosten umlagemäßig auf alle Beteiligten zu
                           verteilen.
An seine Genossen gewandt schreibt er
                           weiter:" Wenn sich heute die Partei (die DKP) kurzfristig ... aus den
                           Räumen herauszieht..., ist mit Folgen zu rechnen, die im Gesamtinteresse
                           der Partei nicht zu vertreten sind ... auch hinsichtlich der persönlichen
                           Verantwortung für das Ojekt, die mir am Ende noch ein Gerichtsverfahren
                           einbringt. Dafür habe ich nicht im Auftrage der Partei im Jahre 1968
                           zusammen mit anderen Genossen in diesem Bereich gewirkt. ... man bedenke,
                           daß hier ein über Jahre gewachsener Organismus am Ende seiner Entwicklung
                           steht." [5]
Neben der DKP als Nachfolger des RC
                           ist perspektivisch zu diesem Zeitpunkt der Entscheidung über die Vergabe
                           der Räume und bei der Suche eines Nachmieters
u.a.
                           auch an Gastarbeitergruppen Düsseldorfs gedacht worden.
Der letztendliche Ausgang dieses Geschehens ist in dem vorliegenden
                           Schriftgut des RC Düsseldorf nicht dokumentiert.
Bestandsbeschreibung: Das
                           Schriftgut des Bestandes BY 7 Republikanische Centrum Düsseldorf ist das
                           Ergebnis der etwa siebenjährigen Tätigkeit des RC Düsseldorf e.V. und das
                           der Geschäftstätigkeit seiner GmbH. Dieses gelangte im Juli des Jahres
                           1986 über einen Kurier der DKP in das Institut für Marxismus-Leninismus
                           beim ZK der SED (IML), zunächst in seine Bibliothek, später in das
                           Zentrale Parteiarchiv (ZPA). Es war ausgewiesen als Dokumente des Archivs
                           der Gesellschaft "Republikanisches Centrum e.V.", bestehend aus 95
                           Akteneinheiten in 14 Archivkartons und beschrieben als Rundschreiben,
                           Arbeitsmaterialien, Korrespondenz, Presseberichte und
                           Schulungsmaterialien. Darin überliefert sind v.a. Gründungsunterlagen,
                           Protokolle von Tagungen des Vorstandes und Mitgliederversammlungen,
                           Schriftwechsel u.a. über die Gründungen weiterer Republikanischer Centren
                           bzw. Clubs, Wirtschafts-, Finanz- und Mitgliederunterlagen sowie
                           Materialien über Bildungsveranstaltungen. Sie umfassen einen zeitlichen
                           Rahmen von etwa 1968 bis 1975. Rückschlüsse über die Art und Weise der
                           Archivierung im Archiv der Gesellschaft RC Düsseldorf e.V. erweisen sich
                           als schwierig. Am ehesten ist anzunehmen, daß sich das Schriftgut dort in
                           einer Registratur befand und vor allem aus den persönlichen Ablagen der
                           Vorsitzenden des Vereins und der GmbH, H.P. Alvermann, Alfons Clemens und
                           Dieter Hoffmann überliefert ist. Darauf lassen vor allem die zahlreichen
                           Korrespondenzakten schließen. Darüber hinaus weist das überlieferte
                           Schriftgut zahlreicher Republikanischer Clubs bzw. Clubs Voltaire und das
                           von weiteren linken Parteien, Organisationen und Bewegungen der BRD in
                           der Registratur des RC Düsseldorf auf einen intensiven wechselseitigen
                           Kontakt dieser und auf eine systematische Sammlung von deren
                           grundsätzlichen Dokumenten hin. Es liegt nunmehr ein Bestand von ca. 1,2
                           lfm Archivgut in 56 Akteneinheiten vor.
Erschließungszustand:
                           Online-Findbuch in ARGUS
Zitierweise: BArch BY
                           7/...
    
- Bestandssignatur
 - 
                Bundesarchiv, BArch BY 7
 
- Umfang
 - 
                56 Aufbewahrungseinheiten
 
- Sprache der Unterlagen
 - 
                deutsch
 
- Kontext
 - 
                Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Bundesrepublik Deutschland mit westalliierten Besatzungszonen (1945 ff) >> Politische Parteien und Gruppierungen
 
- Bestandslaufzeit
 - 
                1968-1975
 
- Weitere Objektseiten
 
- Provenienz
 - 
                
                    
                        Republikanisches Centrum Düsseldorf, 1968-1975
 
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
 
- Letzte Aktualisierung
 - 
                
                    
                        16.01.2024, 08:43 MEZ
 
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
 
Entstanden
- 1968-1975