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Seigniorage und Inflationsdynamik
Seigniorage und Inflationsdynamik. Einige grundlegende Zusammenhänge Ausgangspunkt meiner Analyse war die aus der Theorie der Inflationsfinanzierung bekannte Aussage, daß es in Ländern mit einem Geldausgabemonopol des Staates einen stetigen Anreiz zur Seignioragefinanzierung von Staatsausgaben gibt. Dieser Anreiz fällt um so stärker aus, je größer die Realisierungsschwierigkeiten der alternativen Finanzierungsmöglichkeiten sind und je größer der politische Druck hin zu einer Staatsausgabenerhöhung ist. Diese Bedingungen für einen starken Anreiz sind in den meisten Entwicklungsländern gegeben, insbesondere in den Ländern mit einem konfliktorischen Verteilungsklima wie in weiten Teilen Lateinamerikas. Der Anreiz zur Seignioragefinanzierung von Staatsausgaben kann andererseits um so leichter durchgesetzt werden, je abhängiger die jeweilige Notenbank von der Regierung des Landes ist. Aus einer Seignioragefinanzierung von Staatsausgaben kann nun unter gewissen Bedingungen, die in dem vorliegenden Aufsatz näher untersucht worden sind, eine Inflationsdynamik bis hin zu einer Hyperinflation abgeleitet werden. Auch wenn eine solche Seignioragefinanzierung keine notwendige Bedingung für das Zustandekommen einer Inflationsdynamik ist (- dies wurde in Abschnitt III.1 näher gezeigt -), stellt sie eine ständige Inflationierungsgefahr für eine Volkswirtschaft dar. Selbst bei einer Laffer-Kurven-Eigenschaft der steady-state Seigniorage und selbst bei rationalen Erwartungen der Wirtschaftssubjekte kann durch Seignioragefinanzierung von Staatsausgaben eine Hyperinflation ausgelöst werden. Dies ist sehr wohl als mikroökonomisch fundiertes, rationales Politikverhalten, wiein Abschnitt III.3 angedeutet, ableitbar. Man braucht hierfür nur anzunehmen, daß Informationsvorteile der Politikbehörde vorliegen bezüglich ihrer eigenen Inflationierungsabsichten, daß der Lernprozeß der privaten Wirtschaftssubjekte hinsichtlich des zeitlichen Änderungsmusters dieser Inflationierungsabsichten langsam abläuft, und daß die Zeitpräferenzrate der Politikbehörde hoch ist. Im gleichen Abschnitt wurde auch gezeigt, daß es multiple Inflationsgleichgewichte geben kann, und daß sich eine Volkswirtschaft, selbst wenn es nicht zu einer Hyperinflation kommt, doch in einer höheren Inflation wiederfinden kann, als es unbedingt notwendig wäre. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Wirtschaftspolitik keinen ausreichenden nominellen Anker (sozusagen als Selbstschutzmechanismus) errichtet hat. Wesentliche Unterscheidungsmerkmale in der theoretischen Modellanalyse in Abschnitt III waren die dynamische Systemf(in)stabilität und die Art der Erwartungsbildung. In Abschnitt IV wurden – bezogen auf diese Unterscheidungsmerkmale -die notwendigen und hinreichenden wirtschaftspolitischen Vorkehrungen gegen eine solche seignioragefinanzierte Inflationsdynamik ansatzweise diskutiert. Dabei wurde vor allem betont, daß in bestimmten Situationen eine sogenannte "orthodoxe" Stabilisierungsstrategie ausreichend sein kann, während in anderen Situationen, so bei Systeminstabilität oder/bzw. rationaler Erwartungsbildung, eher eine sogenannte "heterodoxe" Strategie vorzuziehen bzw. notwendig sein dürfte
- Language
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Deutsch
- Bibliographic citation
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Journal: Kredit und Kapital ; ISSN: 0023-4591 ; Volume: 25 ; Year: 1992 ; Issue: 3 ; Pages: 335-358
- Classification
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Wirtschaft
- Event
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Geistige Schöpfung
- (who)
-
Wagner, Helmut
- Event
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Veröffentlichung
- (who)
-
Duncker & Humblot
- (where)
-
Berlin
- (when)
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1992
- DOI
-
doi:10.3790/ccm.25.3.335
- Last update
-
10.03.2025, 11:45 AM CET
Data provider
ZBW - Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften - Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Artikel
Associated
- Wagner, Helmut
- Duncker & Humblot
Time of origin
- 1992