Gliederung

6.1.1. Schulwesen

Eine erste Neuordnung des Schulwesens für die vier linksrheinischen Departements erfolgte durch den Beschluß des Regierungskommissars Rudler vom 9 floreal an VI (28. April 1798). Dieser Beschluß sah die Teilung des öffentlichen Unterrichts an den Universitäten Köln, Mainz, Bonn und Trier in Primärschulen, eine Zentralschule und Spezialschulen vor. Die Primärschulen, unterteilt in zwei Klassen, sollten die Anfangsgründe im Lesen und Schreiben der französischen, deutschen und lateinischen Sprache, die Grundregeln des Rechnens sowie Grundkenntnisse in der Geographie, Geschichte und Naturkunde vermitteln. Die bestehenden Pfarr-und Stiftsschulen sollten diese Aufgaben übernehmen. Die Zentral- oder Hauptschule sollte in drei Abteilungen geteilt sein. In der ersten Abteilung sollte es geben je einen Professor des Zeichnens, der Naturgeschichte, der griechischen und lateinischen Sprache sowie der französischen Sprache. In der zweiten Abteilung sollte es geben je einen Professor der Sittenlehre, der Anfangsgründe der Mathematik, der Physik und Experimentalchemie. In der dritten Abteilung sollte es geben je einen Professor der schönen Wissenschaften, der Geschichte, der Gesetzgebung. Bei der Zentralschule sollte eine Bibliothek mit einem Bibliothekar bestehen. An Spezial- oder besonderen Schulen waren vorgesehen eine Rechtsschule (vorher Rechtsfakultät) und eine Medizinalschule (vorher medizinische Fakultät). Außerdem sollte es einen Professor der Astronomie und einen Professor der Landwirtschaft geben. Jede Universität war gehalten, Übersichten über die zu ihr gehörenden Gebäude, ihre Einkünfte und die Professoren zu erstellen und Vorschläge über Beibehaltung bzw. Neuernennung von Professoren und Schulmeistern zu machen (Recueil des reglemens ..., Tom. IV, Heft 7, S. 6-7 und 12-13). Auf Grund dieses Dekrets wurden die Universität Köln und die drei in Köln bestehenden Gymnasien - Montanum, Laurentianum und Tricoronatum - durch Beschluß der Zentralverwaltung des Roerdepartements vom 12 vendemiaire an VII (3. Oktober 1798) geschlossen. Am 11 brumaire an VII (1. November 1798) erging der Beschluß des Regierungskommissars Rudier über die Eröffnung der in seinem Beschluß vom 9 floreal angekündigten Zentral- und Spezialschulen. Sie war für den 1. frimaire an VII (21. November 1798) vorgesehen. Köln erhielt nur eine Zentralschule, die zu dem genannten Termin auch feierlich eröffnet wurde, jedoch keine Spezialschulen. Die grundlegende Neuordnung des Schulwesens erfolgte durch ein Dekret Napoleons vom 11 floreal an X (1. Mai 1802) (Bulletin des Lois, 3. Serie, Heft 186, lfd. Nr. 1488). Danach wurde der Unterricht erteilt in Primarschulen, in Sekundärschulen, in Lyzeen und Spezialschulen. Die Primärschulen waren durch die Gemeinden zu errichten. Die Sekundärschulen sollten von den Gemeinden errichtet oder von besonderen Lehrern gehalten werden. Die Lyzeen und Spezialschulen wurden vom Staat unterhalten. Die Lehrer der Primarschulen wurden durch die Maires und die Munizipalräte gewählt. Ihre Besoldung bestand in einer Dienstwohnung und einem Gehalt, das die Eltern nach Festsetzung durch die Munizipalräte zahlten. Als Sekundärschule galt jede von den Gemeinden errichtete oder von Privatleuten getragene Schule, in der die lateinische und französische Sprache sowie die Grundlagen der Geographie, der Geschichte und der Mathematik gelehrt wurden. Ohne Bewilligung des Staates konnte keine Sekundärschule eingerichtet werden. Die Sekundärschulen unterstanden der unmittelbaren Aufsicht des Präfekten. Ihre Einrichtung sollte staatlicherseits gefördert werden durch Bereitstellung von Schulgebäuden, durch Vergabe von Freiplätzen an Lyzeen für Schüler, die sich besonders auszeichneten, und durch Geschenke an Lehrer, aus deren Schulen die meisten Schüler in die Lyzeen aufgenommen wurden. Lyzeen wurden zum Unterricht in den schönen Künsten und in den Wissenschaften errichtet. In jedem Bezirk eines Appelationsgerichts sollte es ein Lyzeum geben. Die bestehenden Spezialschulen als letzte Stufe des Unterrichtswesens blieben erhalten, es konnten jedoch noch weitere errichtet werden. Durch Beschluß des Präfekten vom 12 fructidor an XI (30. August 1803) wurden die Bestimmungen dieses Dekrets auch im Roerdepartement eingeführt (Recueil des actes ..., an XI, S. 381 -383). Versuche Kölns, die Zentralschule in ein Lyzeum umzuwandeln, schlugen fehl. Ein Lyzeum errichtete der Staat in Bonn, zunächst als Provisorium (17. September 1803) seit 22. August 1807 endgültig als Lyzeum. Die Zentralschule in Köln wurde geschlossen, die letzte feierliche Preisverteilung fand am 24. September 1804 statt. Dagegen wurden in Köln zwei Sekundärschulen eingerichtet, die eine - als ecole secondaire communale de premier degre - in den Gebäuden des alten Laurentianergymnasiuns, die zweite - als ecole secondaire communal de second degre - in den Gebäuden des ehem. Jesuitenkollegs und des Konvents von St. Maximin. Ein Dekret Napoleons vom 22 brumaire an XIV (13. November 1805) bestätigte sie (Recueil des actes ..., an XIV und 1806, S.309 - 312) und traf u.a. auch Bestimmungen über die finanziellen Grundlagen. Alle Kapitalien und Einkünfte der früheren Gymnasien sowie der ehem. Jesuiten, soweit sie Unterrichtszwecken dienten, wurden zum Unterhalt der beiden Sekundärschulen bestimmt. Die Verwaltung der Schulen wurde einem Verwaltungsbüro übertragen. Außer in Köln gab es je eine Sekundärschule in Aachen, Neuss, Kempen, Monschau, Brühl, Kleve (privater Versuch des Unterpräfekten), Venray und Wesel (Zimmermann, S. 103 f). Weitere Veränderungen der Organisation des Schulwesens fanden durch die Dekrete Napoleons vom 10. Mai 1806, 17. März und 17. September 1808 und 15. November 1811 statt. Die Dekrete vom 10. Mai 1806 (Bulletin des Lois, 4. Serie, Tome 4, Heft 91, Nr. 1547) und 17. März 1808 (Bulletin des Lois, 4. Serie, Tome 8, Heft 185, lfd. Nr. 3179) bestimmten die Einrichtung einer kaiserlichen Universität als oberster Schulverwaltungsbehörde, die ausschließlich mit der öffentlichen Lehre und Erziehung im ganzen Kaiserreich Frankreich betraut war. Ohne ihre Zustimmung durfte keine Schule eingerichtet werden. Niemand durfte öffentlich unterrichten, wenn er nicht Mitglied der kaiserlichen Universität und von einer ihrer Fakultäten graduiert war. Die kaiserliche Universität sollte aus so viel Akademien bestehen wie es Appellationshöfe gab. Jeder dieser Akademien unterstanden folgende Schulen: die Fakultäten für die hohen Wissenschaften (sciences approfondies) und die Verleihung von Graden, die Lyzeen für die alten Sprachen, die Geschichte, Redekunst, Logik und Anfangsgründe der mathematischen und physikalischen Wissenschaften, die Kollegien oder Sekundärschulen der Gemeinden für die Anfangsgründe der alten Sprachen und die ersten Prinzipien der Geschichte und der Wissenschaften, Institutionen (Privatschulen mit dem Unterrichtsprogramm von Sekundärschulen), Pensionate (Privatschulen mit weniger anspruchsvollem Unterrichtsprogramm) und schließlich die Primärschulen, an denen Lesen, Schreiben und die ersten Rechnungsbegriffe unterrichtet wurden. Dieses Dekret trat am 1. Januar 1809 in Kraft (Bulletin des Lois, 4. Serie, Tome 9, Heft 206, lfd. Nr. 3775). Das kaiserliche Dekret vom 15. November 1811 (Bulletin des Lois, 4. Serie, Tome 15, Heft 402, lfd. Nr. 7452) sah u.a. vor, daß die Anzahl der Lyzeen auf hundert erhöht werden, sollte. Kollegien in den am günstigsten gelegenen und am besten ausgestatteten Städten konnten zu diesem Zweck in Lyzeen umgewandelt werden. Seit den Dekreten Napoleons von 1808 unterstanden die Schulen des Roerdepartements dem Rektor der Akademie Lüttich. Die Korrespondenz lief über den Präfekten. Die vorliegende Aktengruppe enthält, in sich vermischt, Material über die Zentralschule in Köln, die Sekundärschulen und die Primärschulen. Bei den Primärschulen stehen die Stellenbesetzung bzw. die Gesuche der Lehrer um Aufnahme in die kaiserliche Universität und Ausstellung entsprechender Diplome im Vordergrund. Für die Sekundärschulen sind Schulprogramme und Schülerlisten erhalten. Bei der Zentralschule in Köln und den beiden Sekundärschulen nehmen Akten über die Verwaltung der Einkünfte und die Professoren keinen geringen Raum ein. Literatur: Wilhelm Leyhausen, Das Höhere Schulwesen in der Stadt Köln zur Französischen Zeit (1794-1814), Bonn 1913 (=Studien zur Rheinischen Geschichte hrsg. von Albert Ahn, Heft 6); Wilhelm Zimmermann, Lehrerbildung und Primärschulen am Rhein zur französischen Zeit (1794 - 1814), Ein Beitrag zur Geschichte des rheinischen Schulwesens, Köln 1957 (=Die Anfänge und der Aufbau des Lehrerbildungs- und Volksschulwesens am Rhein, Teil 11).

Kontext
Roerdepartement, Präfektur (AA 0633) >> 6. Vierte Division: Bureau particulier >> 6.1. Öffentliches Bildungswesen
Bestand
AA 0633 Roerdepartement, Präfektur (AA 0633)

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24.06.2025, 14:01 MESZ

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