Bestand

Nachlass Herbert Beuerle (Bestand)

Vorwort

Bestandsbeschreibung und Benutzungshinweise

Im August 2010, im Juli 2011, im September 2012 sowie im Juni 2013 übergaben die Kinder einen Teil des Nachlasses ihres Vaters, des Komponisten Herbert Beuerle dem Landeskirchli-chen Archiv Kassel. Hierbei handelt es sich um
• 2.839, z. T. unveröffentlichte Kompositionen,
Karteikarten mit Angaben zu den veröffentlichten Werken (einschließlich der erhaltenen Ho-norare 1 ),
• Werkverzeichnisse der Jahre 1950 - 1994,
• Schriftwechsel mit einzelnen Lieddichtern und Musikverlagen.
Dieser Nachlass umfasst 1, 2 lfm Archivalien in 2850 Verzeichnungseinheiten mit einer Ge-samtlaufzeit von 1930 bis 1994. Die einzelnen Autographen wurden aus den Leitzordnern entnommen, entmetallisiert, in säurefreie Archivdeckel eingelegt und in 10 säurefreie Archiv-kartons verpackt. Außerdem erfassten Thomas Gothe und Samuel Gorzalnik die vorhandenen gedruckten Belegexemplare (Laufzeit bis 2010 = 1,1 weitere lfm; Nr. 2851 - 3121) und depo-nierten sie in 10 säurefreien Archivkartons.
Eine wichtige Hilfe bei der Einzelblattverzeichnung war das Werkverzeichnis des Strube Ver-lags, das Herr Dr. Klaus Leitner freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte 2 .
Das Findbuch wurde mit AUGIAS - Archiv 8.3 erstellt. Für jede Komposition sind Bestell-nummer, Titel der Komposition, Namen der Textdichter und Komponisten, Angaben zur Ver-öffentlichung 3 sowie eine fortlaufende Indexnummer angegeben, die mit den Personenindi-zes verknüpft ist; mit deren Hilfe können die dazugehörenden Archivalien mit ihren Bestell-nummern erschlossen werden.
Das Findbuch gliedert sich in 4 Teile:
1. Kompositionen;
2. Dokumente;
3. Veröffentlichungen;
4. Digitalisate aller Werke, bei denen unklar blieb, ob sie veröffentlicht worden sind.
Die biblischen Bücher wurden nach den „Loccumer Richtlinien zur einheitlichen Schreibung biblischer Eigennamen“ (1984) abgekürzt.
Bei der Benutzung des Bestandes müssen die Bestimmungen des Archivgesetzes der Evange-lischen Kirche von Kurhessen-Waldeck eingehalten werden. Insbesondere wird auf den Per-sonen- und Datenschutz hingewiesen sowie auf gesetzliche Sperrfristen, die bei der Heraus-gabe von Akten zu beachten sind.
Der Bestand soll zitiert werden: „Landeskirchliches Archiv Kassel Nachlass Herbert Beuerle Nr. …“.


Kassel, den 25.10.2013 4

Christian Hilmes


Anmerkungen zu Lebenslauf und Werk

Herbert Beuerle wurde am 28.04.1911 in Düsseldorf als Sohn von Schlosser und Elektriker Fritz Beuerle geboren. Er starb am 13.02.1994 in Gelnhausen, wo er seit 1952 gearbeitet und seit 1974 im aktiven Ruhestand gelebt hatte 5 .
1985 fasste er seine wesentlichen Lebensdaten in folgender „Kurzvita“ zusammen:
„Studium 1932 bis 1937 an der Berliner Kirchenmusikschule in Berlin - Spandau (Gerhardt 6 , Distler 7 , Pepping 8 ). Kirchenmusiker und Privatmusiklehrer am nördlichen Stadtrand von Berlin. 1940 - 1945 Soldat, danach bis 1949 in sowjetischer Gefangenschaft. Kirchenmusiker in Dassel (Südhannover). Seit 1952 Kantor des Burckhardthauses Gelnhausen 9 . Viel Reise-dienst (Singwochen, Chorleiterschulung etc.), teilweise auch im Auftrage des Christlichen Sängerbundes 10 . Vokale und instrumentale Gebrauchsmusik, den Erfordernissen der Arbeit entsprechend. Seit 1974 in Ruhestand.“ 11
Seine Ehefrau Lotte 12 stellte Beuerles Biografie ausführlicher dar:
„Durch Krieg, Ruhrbesatzung, Inflation und drohende Arbeitslosigkeit wurde seine Jugend geprägt, aber die Liebe zur Musik war in seinem Elternhaus vorhanden; er erhielt einige Jahre Violin-Unterricht am Städtischen Konservatorium Düsseldorf. Sein Weg führte ihn zunächst in einen kaufmännischen Beruf; die Freizeit aber gehörte restlos der Musik: Er sang in ver-schiedenen Chören und Singgruppen, blies im Bläserchor seiner Gemeinde und spielte Geige im Orchester des (wohl ersten) hauptberuflichen Kirchenmusikers an der Düsseldorfer Johan-neskirche Kurt Beer 13 . Dadurch lernte er Bach-Kantaten und die großen Werke der Kir-chenmusik, z.B. Händels Messias, Mendelsohns Elias u. a. kennen. Seine erste Abendsingwo-che bei Wilhelm Hopfmüller 14 vom 1. - 7. Januar 1930 wurde zu einem entscheidenden Er-lebnis für sein späteres Leben. Es folg¬ten Singwochen 15 bei Konrad Ameln 16 , Walter Kiefner 17 u. a.. Er musizierte auf alten Instrumenten in der Vereinigung „Die Sackpfeife“; bald wurde ihm die Leitung der Singgemeinde in Ratingen anvertraut.
Nach großen Schwierigkeiten, fast aben¬teuerlich, gelang es ihm 1932, an der Berliner Kir-chenmusikschule zu studieren. Der Leiter der Schule, Gerhard Schwarz 18 , hatte sofort seine große Begabung erkannt und ihn trotz einiger Mängel in der Vorbildung aufgenommen. Der dort für ihn wichtigste entscheidende Lehrer war neben anderen Ernst Pepping 19 .
Zusammen mit seiner Frau - die Hochzeit war 1938 - betreute er dann am Nordrand von Ber-lin zwei Kirchgemeinden (Bergfelde und Hohen Neuendorf) als Organist und Chorleiter tätig und zahlreiche Privatschüler. Außerdem besuchte er an der Musikhochschule in Berlin das Privatmusiklehrerseminar. Mit Hauptfach Blockflöte - damals ganz neu - war gerade der Un-terricht bei Gustav Scheck 20 vorgesehen, als die Einberufung zur Wehrmacht im Januar 1940 allem Studieren ein Ende machte.
Neun Jahre lang war Herbert Beuerle in Krieg und Gefangenschaft. Ganz verließ ihn auch in dieser Zeit die Musik nicht 21 . Besonders in der sowjetischen Kriegsgefangenschaft 1945 - 1949 sang und musizierte er mit seinen Kameraden, baute mit ihnen Instrumente, komponierte Singspiele und Operetten 22 und führte sie mit den Kameraden auf. Noch heute erinnern sich viele von ihnen an sein Flötenspiel, mit dem er sie an Festtagen und arbeitsfreien Sonntagen weckte.
Nach seiner Rückkehr 1949 übernahm er in Dassel (Südhannover) die Kirchenmusikerstelle, und gleichzeitig begann ein umfassender Reisedienst für den Christlichen Sängerbund. 1952 wurde er nach Gelnhausen als Kantor an das Burckhardthaus berufen. Auch dort gab es neben Unterricht und Musiklektorat Reisedienst, auch der Reisedienst für den Christlichen Sänger-bund ging weiter 23 .
Herbert Beuerles besondere Begabung war es, mit der Gemeinde, aber auch mit großen Mas-sen z. B. auf Kirchentagen, zu singen und sie für’s Singen zu begeistern. Dafür schrieb er seine Kanons, die trotz ihrer Einfachheit nichts an Substanz einbüßen sollten. Auch für die Laienchöre, mit denen er meistens zu singen hatte, schrieb er in seiner Bescheidenheit seine technisch einfachen Sätze, obwohl er durchaus in der Lage war, anspruchsvollere zu schreiben und es gelegentlich auch tat. Seine vielen neuen Melodien entstanden meistens auf Bitten der Textautoren, die er z. B. auf Arbeitstagungen der AG Musik 24 regelmäßig traf. Noch bis November 1993, zwei Monate vor seinem Heimgang am 13.2.1994, arbeitete er am Gitarren-buch zum neuen Gesangbuch mit.“ 25
Bei den Aufgaben, die Beuerle in seinem Leben und Beruf zu bewältigen hatte, lag es nahe, dass er zwar auch Orgelwerke, Lied - Motetten und Kantaten komponierte, vor allem aber kleinere praktikable Musikstücke für Einzelstimmen, Chöre und Posaunenchöre 26 :
Seine weit über tausend Kanons zeigen dies deutlich. Oft formte er wenige Takte eines über-lieferten Chorals zu einem mehrstimmigen, leicht zu lernenden Kanon um: „Das fing damit an, daß ich mich sehr mit Kontrapunkt beschäftigt habe (und zwar mit dem sogenannten strengen Kontrapunkt). Das hat mich manchmal so gefesselt, daß ich vergaß, daß die Nacht verging und überrascht war, daß es wieder hell wurde.“ 27
Auch die Entstehungsgeschichte der weitverbreiteten Melodie zu „Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist“ (EG 277) lässt diesen Duktus seiner Arbeit erkennen: „Irgendwann im Jahre 1964 blieb ich beim Lesen des 36. Psalms am 6. Vers hängen, und da ich Musiker bin, entstand über diesem ‚Hängenbleiben’ eine Melodie. Mir kam der Gedanke, daß dieses Stück-lein geeignet sein könnte, der von Strofe zu Strofe gleichbleibende Teil eines Kehrvers - Lie-des zu werden. Ich setzte mich dann mit dem leider zu früh verstorbenen, ebenso tüchtigen wie bescheidenen Gerhard Valentin 28 in Verbindung und bat ihn um den Text eines Liedes, dessen Ausgangspunkt und Hintergrund Psalm 36 sein sollte und bei dem sich meine kleine Melodie zu Vers 6 dieses Psalms als Kehrvers einbeziehen lassen würde. Der stets hilfsbereite Gerhard Valentin schickte mir bald einen sehr schönen vierstrofigen Text, der sich aber - ent-weder hatte ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt oder er hatte meinen Brief zu flüchtig gelesen - nicht als Text eines Kehrversliedes eignete (Meine bald entstandene Vertonung die-ses vierstrofigen Textes steht in ‚Neue Musika’ Blatt 322 29 , wurde aber weniger bekannt, anders als die Vertonung von Rolf Schweizer 30 , die sich weit verbreitet hat 31 ). Auf meine erneute Bitte hin schickte Gerhard Valentin mir dann einen ähnlichen, fünfstrofigen Text, nun aber so gestaltet, daß jede Strofe mit Vers 6 des Psalms als Kehrvers anfing 32 . Bei der nun zu schreibenden Melodie des Strofenteils mußte ich darauf achten, daß sie ein gewisses Ge-gengewicht zur Kehrversmelodie darstellte und doch auch möglichst zwingend zu ihr hinführ-te. Von daher ergab sich der fast rezitativische Bau einer Melodie mit möglichst kleinem Tonraum, quasi mit der Moll - Parallele beginnend mit sequenzähnlicher Steigerung zur Do-minante der Kehrverstonart hinführend.“ 33
Ein weiteres Beispiel für seinen Kompositionsstil entdeckt man in einem vierstimmigen Satz vom Januar 1950 34 . Hierbei handelt es sich um den typischen Kantionalsatz eines Chorals, der jedoch nicht zu identifizieren ist. Vielleicht enthält er eine Melodie von Herbert Beuerle, die er entsprechend der üblichen Barform der Choräle komponierte und die sich mit kleinen Abwandlungen für unterschiedliche überlieferte Choraltexte verwenden ließe.
„Beuerles Einfluß als Chorerzieher und Ausbilder von meist ehrenamtlichen Chorleiterinnen und Chorleitern vor allem in seiner mehrere Jahrzehnte währenden Tätigkeit als Singwart im Burckhardthaus und im Christlichen Sängerbund war groß.“ 35

Literatur:
CONRAD, Joachim: Richard Gölz (1887-1975). Der Gottesdienst im Spiegel seines Lebens. Göttingen 1995
DISTLER-HARTH, Barbara: Hugo Distler. Lebensweg eines Frühvollendeten. Mainz 2008
FINKE, Christian: Kurzbiografie Herbert Beuerle (mit weiterer Literatur) [HERBST 38 f]
GIFFEY, Johannes: Fünfzig Jahre Christlicher Sängerbund 1879 - 1929. Leipzig 1929
HERBST, Wolfgang (Hg.): Komponisten und Liederdichter des Evangelischen Gesangbuchs (= Handbuch zum EG Band 2). Göttingen 1999
KLEE, Ernst: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945 (Über-arbeitete Ausgabe). Frankfurt/M. 2009
MEYER, Dietrich (Hg.): Das neue Lied im Evangelischen Gesangbuch: Lieddichter und Komponisten berichten. Düsseldorf 1997, 59 ff
DIE MUSIK IN GESCHICHTE UND GEGENWART. Allgemeine Enzyklopädie der Musik (Hg. Friedrich Blume). Taschenbuchausgabe 17 Bände. München / Kassel 1989 (= MGG)
SCHMIDT, Wolfgang (Hg.): Hundert Jahre Christlicher Sängerbund 1879 - 1979. Wuppertal 1979
VÖTTERLE, Karl 36 : Haus unterm Stern. Über Entstehen, Zerstörung und Wiederaufbau des Bärenreiter-Werkes. Kassel ³ 1963
WISCHHÖFER, Bettina: 100. Geburtstag des Kirchenmusikkomponisten Herbert Beuerle. Landeskirchliches Archiv Kassel erschließt Nachlass [Archivnachrichten aus Hessen 11/1]. Wiesbaden 2011, 39 ff


Fußnoten:
1 Diese bestanden oft aus Pfennigbeträgen, abgesehen von dem Lied „Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist“ (EG 277), dessen Auflagenhöhe in die Millionen geht und von dem 29 Fassungen vorliegen. Dieses Lied „findet sich sowohl im Evangelischen Gesangbuch als auch im katholischen Gotteslob. Die Einnahmen aus den Rechten betragen rund 5500,--DM“ (WISCHHÖFER 42 mit Foto der entsprechenden Karteikarte).
2 Nachlass Herbert Beuerle Nr. 2752.
3 Viele Kompositionen wurden mehrfach veröffentlicht. In diesem Fällen ist nur die erste Veröffentlichung angegeben.
4 100. Geburtstag von Frau Lotte Beuerle, geb. Engelmann (s. Anm. 12).
5 MGG 7, 292 erwähnt seinen Namen (ohne weitere Angaben) nur im Zusammenhang mit der Gründung der Arbeitsgemeinschaft für evangelische Jugendmusik (1950 in Willingen).
6 Carl Gerhardt (1900 - 1945) zunächst Studium der Philologie und Naturwissenschaft, dann Musikstudium, seit 1928 Mitarbeiter von Fritz Jöde (Akademie für Kirchen- und Schul-musik Berlin), 1930 Lehrer für Komposition Kirchenmusikschule Berlin - Spandau, 1934 Organist und Chordirigent Berlin - Zehlendorf. Oskar SÖHNGEN, Carl Gerhardt. Eine Ge-denkrede (Musik und Kirche 22. Kassel 1952, 87 ff); MGG 4, 1787 ff.
7 Hugo Distler (1908 - 1942) Musikstudium Leipzig (u. a. bei Günter Ramin), 1931 Orga-nist Lübeck (St. Jakobi), 1937 Lehrer für Musiktheorie, Formenlehre, Orgel und Chorleitung Stuttgart (Musikhochschule), 1940 Professor für Chorleitung, Tonsatz, Komposition und Or-gelspiel Berlin (Musikhochschule), Selbstmord (körperliche und seelische Erschöpfung): VÖTTERLE berichtete von einer Vorladung im Oktober 1942 bei der Reichsschrifttumskammer in Berlin wegen der Veröffentlichung von Distlers Kompositionen im Bärenreiterverlag; hierbei betonte der SS-Führer Karl Cerff [Bankbeamter (1907 - 1978), dann Leiter des Hauptamts der Reichspropagandaleitung der NSDAP und Reichskulturwalter der Reichskulturkammer, nach 1945 führendes Mitglied der HIAG]: „Deutschland führt einen Krieg gegen das Weltjudentum. Christentum und Judentum sind eins. Wer neue Kirchenmusik verlegt, hilft den Gegnern des deutschen Volkes. Waren Sie schon einmal in einem Schu-lungslager? Nein? Dann wird es höchste Zeit! Ich habe vor wenigen Tagen Ihrem Autor Hugo Distler genau dasselbe gesagt. Man muß euch nur richtig anfassen, dann werdet ihr schon begreifen, worum es geht. Hugo Distler wird es auch einsehen. Jedenfalls ist er zusammenge-klappt wie ein Taschenmesser“; Vötterle fügte hinzu: „ Dieses Gespräch fand im Oktober statt. Am 1. November 1942 hat sich Hugo Distler das Leben genommen. Mit dem Gesang-buch und dem Bild seiner Familie in der Hand wurde er gefunden“ (118 f). MGG 3, 582 ff; DISTLER-HARTH. Einzelheiten zu K. Cerff in Karsten WILKE: Die „Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit“ (HIAG). Veteranen der Waffen-SS in der Bundesrepublik. Paderborn 2011.
8 Ernst Pepping (1901 - 1981), Komponist, dem es um die Wiedergewinnung der Poly-phonie ging; 1934 Dozent Kirchenmusikschule Berlin (während des Krieges Leiter), „auf der Gottbegnadeten-Liste (Führerliste) der wichtigsten Komponisten des NS-Staates“ (KLEE 410), 1953 außerdem Professor Hochschule für Musik Berlin. MGG 10, 1023 ff; NEUE DEUTSCHE BIOGRAPHIE 20. Berlin 2001, 176 f.
9 Hier war er besonders für den Musikunterricht der „Gemeindehelferinnen“ und das Mu-siklektorat des angeschlossenen Verlags verantwortlich. Die deutschen Jungmädchenvereine wurden im 1893 gegründeten „Evangel. Verband weiblicher Jugend in Deutschland e. V.“ zusammengefasst; die Zentrale war das Burckhardthaus in Berlin, nach dem 2. Weltkrieg au-ßerdem das „Burckhardthaus-West“ in Gelnhausen mit einem breitgefächerten Angebot (ein-schließlich der Singeleiterarbeit und einer Bibelschule zur Ausbildung von Gemeindehelfe-rinnen); im Burckhardthaus-Verlag (mit eigener Buchhandlung) wurden mehrere Zeitschriften, Fachliteratur und Noten herausgegeben. EVANGELISCHES KIRCHENLEXIKON Bd. II. Göttingen 1958, 475. Heute ist das Burckhardthaus als Fort- und Weiterbildungsinstitut der EKD zuständig für die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Mitarbeiter(inne)n im Bereich der Kinder-, Sozial-, Frauen-, Gemeinde- und Gemeinwesenarbeit („Burckhardthaus Ev. Institut für Jugend-, Kultur- und Sozialarbeit e.V.“).
10 Der Christliche Sängerbund, am 31.08.1879 von 300 Sängern in Elberfeld als Kind der Erweckungsbewegung gegründet, ist nach seiner Satzung (§ 1) „eine Verbindung von Ge-sangvereinen, welche darnach streben, zur Ehre Gottes singen zu wollen, und welche ihre Lieder gern für sich und andere zur Erweckung und Erbauung gebrauchen, und sich gegensei-tig zu diesem Zwecke stärken und ermuntern, damit nur Jesus verherrlicht werde. [...] Dieses Miteinandersingen, dieses Miteinanderarbeiten im Dienst des heiligen Liedes ist ein Ehrenmal des Bundes bis zum heutigen Tage. Diese Darstellung der Einheit der Gemeinde Jesu im Christlichen Sängerbund bekundet die göttliche Führung zu seiner Gründung“ (GIFFEY 18. 20). Heute gehören ca. 12.000 Sängerinnen und Sänger zum Christlichen Sängerbund, der seit 1934 (zunächst nicht ganz freiwillig) dem Verband Evangelischer Kirchenchöre angegliedert wurde, um nach Hitlers Machtübernahme „in den schweren Zeiten des Dritten Reiches zu ‚überleben’. Nur über diesen Anschluß ist er Mitglied des ‚Reichsverbandes evangelischer Kirchenmusik’ und damit der ‚Reichsmusikkammer’ geworden. Dies allein hat ihm die Chan-ce der Weiterarbeit eröffnet“ (SCHMIDT 18).
11 Maschinenschriftlich 30.12.1985 [Nachlass Herbert Beuerle Nr. 2745].
12 Lotte, geb. Engelmann ( 25.10.1913, 08.05.2009); ihrer Ehe entstammen sechs Kinder. „Sie war 24 Jahre lang Mitglied im Kirchenvorstand und wirkte über viele Jahre mit ihren musikalischen Gaben in der Kantorei und im Musikausschuss. Den Beginn der Weltgebetsar-beit in Gelnhausen hat sie mit geprägt und lange Jahre den Gemeindeboten ausgetragen.“ (Nachruf Gemeinde Bote Gelnhausen Nr. 530 / 2009, 9)
13 1902 - 1945 (gefallen); seine letzte geistliche Abendmusik gestaltete er 1943 in der Jo-hanneskirche (Freundliche Mitteilung des heutigen Kantors Wolfgang Abendroth).
14 Pfarrer (später Kirchenrat und Studienprofessor) in München (1885 - 1951). Personal-akte Landeskirchliches Archiv Nürnberg (LAELKB); Johannes G. MEHL, Ein Leben im Dienste der Liturgie: Zum Gedächtnis Wilhelm Hopfmüllers. Nürnberg 1951 (Geschäftsstelle des Evangelischen Kirchenchorverbandes in Bayern); VÖTTERLE 104; CONRAD 300.
15 Aus der Wandervogelbewegung heraus wurde 1923 in Prag der „Finkensteiner Bund“ gegründet (Geschäftsführer Karl Vötterle, der später den Bärenreiter Verlag Kassel gründete und leitete; s. Anm. 36) als Singbewegung zur Pflege des Volksliedes und des Volkstanzes. Die seit 1923 (zuerst in Finkenstein, später in ganz Deutschland) regelmäßig veranstalteten Singwochen leitete zunächst Walther Hensel (MGG 6, 166 ff), dann auch Fritz Jöde (MGG 7, 80 ff) u. a.; 1933 hatte sich auch Hugo Distler an der Singwoche beteiligt (DISTLER-HARTH 176). Vgl. Hans KLEIN (Hg.), Die Finkensteiner Singwoche. Augsburg 1924; CONRAD 35.
16 Musikwissenschaftler (1899 - 1994), in Kassel aufgewachsen, wo er mehrere Chöre leitete und nach dem 2. Weltkrieg als Herausgeber verschiedener Gesamtausgaben im Bären-reiter Verlag fungierte; 1925 Dozent Elbing und Dortmund, 1925 - 1933 Herausgeber der Zeitschrift „Die Singgemeinde“ sowie seit 1928 Leiter der Singwochen des Finkensteiner Bundes; 1933 amtsenthoben, 1932 - 1939 Lehrauftrag für evangelische Kirchenmusik Univer-sität Münster und außerdem seit 1935 Leiter der Musikvereinigung Lüdenscheid; 1937 Mit-glied der NSDAP und 1939 der Waffen-SS (KLEE 19). Gerhard SCHUHMACHER (Hg.): Traditionen und Reformen in der Kirchenmusik: Festschrift für Konrad Ameln zum 75. Ge-burtstag am 6. Juli 1974. Kassel 1974; MGG 1, 414 f; CONRAD 294.
17 Pfarrer und Kirchenmusiker (1900 - 1982), seit 1935 Musikdirektor Tübingen (Stift); CONRAD 300.
18 Kirchenmusiker und Komponist (1902 - 1995), als Assistent von Fritz Jöde und durch Kontakte zu Walther Hensel Mitarbeit in der Singbewegung, 1929 - 1935 Leitung Evangeli-sche Schule für Volksmusik und Kirchenmusikschule Berlin (Johannisstift Spandau), 1932 Mitglied der NSDAP (KLEE 502: „Produzent von NS Feier- und Gebrauchsmusiken“), 1949 Gründer und Direktor Kirchenmusikschule Düsseldorf sowie Dozent für Orgel und Improvi-sation Musikhochschule Köln. Lebte zuletzt in der Kommunität Imshausen. MGG 12, 346 f.
19 An dessen Bedeutung erinnerte Beuerle in seinem Brief vom 1. März 1993 an Detlev Block: „1936 bat Gottfried Grote mich um zwei Sätze, die als Beilage zu MUSIK UND KIR-CHE gebraucht wurden (‚Da Christus geboren war’ und ‚Den die Hirten lobeten sehre’). Ich schrieb diese beiden Sätze, legte sie Ernst Pepping vor (der sie - heute würde man sagen - ‚absegnete’). Diese Sätze wurden beim Bärenreiter - Verlag gedruckt, und damit fing es an.“ [Nachlass Herbert Beuerle Nr. 2771; Grote (1903 - 1976) war seit 1935 Leiter der Spandauer Kirchenmusikschule, außerdem Professor am Konservatorium Berlin; Herausgeber des Geist-lichen Chorliedes Verlag Merseburger, Berlin 1949 (5 1959)]
20 Flötist (1901 - 1984), 1930 Mitbegründer des Kammermusikkreises Scheck - Wenzinger (erstes auf Originalinstrumenten musizierendes Barockensemble, später Cappella Coloniensis), 1934 Dozent und 1942 Professor Hochschule für Musik Berlin, 1945 Mitgründer Hochschule für Musik Freiburg (Breisgau), bis 1964 Rektor. MGG 16, 1661 f.
21 „Vielleicht sollte ich hier auch erwähnen, daß ich während des Krieges eine zeitlang Gelegenheit hatte, mich als ‚Singleiter des OKW’ [= Oberkommando der Wehrmacht] zu be-tätigen (wodurch ich - ohne mein Dazutun - aus der VI. Armee entlassen wurde, als sie auf dem Wege nach Stalingrad war). Und ich müßte berichten davon, wie die Musik ganz allge-mein und das Singen im besonderen in meinem Leben während der vierjährigen sowjetischen Kriegsgefangenschaft eine nicht geringe Rolle gespielt hat“ [Brief H. Beuerle vom 01.03.1993 an Detlev Block; Nachlass Herbert Beuerle Nr. 2771]. Auch später ließ ihn die Erinnerung an diese Zeit nicht los; so ist auf der späten Komposition „Wenn es hell wird und der Tag kommt, weicht die Dunkelheit“ (1993) vermerkt: „Erinnerung an Kriegsgefangenschaft“ [Nachlass Herbert Beuerle Nr. 1517].
22 Vgl. z. B. „Langsamer Walzer für Tasteninstrument 1947“ [Nachlass Herbert Beuerle Nr. 173] und Hinweis auf seine Operette „Das Glück kommt manchmal über Nacht“ (Ereda / Estland 1947) [ebd. Nr. 172]. Auch den später veröffentlichten Chorsatz „Wach auf, wach auf, ’s ist hohe Zeit“ (1948) hat er aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause geschickt [ebd. Nr.2772].
23 „1947 Die Singwarte Gottlob Schuler und Paul Ernst Ruppel reisen wieder. Als neuer Mitarbeiter für den Reisedienst wird Herbert Beuerle (geb. 1913, Kirchenmusiker) gewonnen“ (SCHMIDT 82); „1967 Das erste vierwöchige Chorleiter-Seminar des Christlichen Sän-gerbundes wird an der Kirchenmusikschule in Frankfurt/M. durchgeführt. Paul Ernst Ruppel, Herbert Beuerle, Armin Schoof, Hans Georg Lotz und Ilse Wolf haben die Leitung. Weitere mehrwöchige Seminare folgen in den Jahren 1968, 1969, 1970 und 1971 in Hamburg und Schlüchtern“ (ebd. 88).
24 1950 hatten sich die Verbände und Einrichtungen der evangelischen Jugend Deutsch-lands zur AG EJD (Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend Deutschlands) zusam-mengeschlossen und die „Arbeitsgemeinschaft Musik für evangelische Jugendmusik“ ge-gründet, 1962 umbenannt in „Arbeitsgemeinschaft Musik in der evangelischen Jugend“ (AGM), seit 2000 „Arbeitsgemeinschaft Musik - Bundesverband für christliche Jugendkultur e.V.“ mit dem am 29.09.2009 in Bad Hersfeld neu formulierten Satzungszweck: „Der Verein fördert Kulturarbeit und kulturelle Bildung besonders mit Kindern und Jugendlichen. Er leitet an zum phantasievollen und kritischen Wahrnehmen, Schaffen und Gestalten insbesondere in den Bereichen Musik, Spiel, Tanz, Theater, Medien. […] Der Verein sieht seinen besonderen Auftrag darin, das Wort Gottes in die Lebenswelt junger Menschen hinein zu aktualisieren. Der Verein vermittelt den Austausch der in der Kulturarbeit und kulturellen Bildung seiner Mitglieder gesammelten Erfahrungen. Der Verein ist der christlichen Jugendarbeit in ihrer gesamten Breite verpflichtet, im Besonderen der evangelischen Jugendarbeit“. Als seine wichtigen Gesprächspartner in der AGM nennt Beuerle: Hermann Stern, Erich Gruber, Felici-tas Kukuck, Manfred Schlenker, Jochen Schwarz, Johannes Petzold, Paul Ernst Ruppel, Ernst Arfken, Lothar Graap, Rolf Schweizer, Magdalene Schauß-Flake [Brief vom 01.03.1993 an Detlev Block; Nachlass Herbert Beuerle Nr. 2771].
25 Lebenslauf o. J., geschrieben von seiner Ehefrau Lotte Beuerle [Nachlass Herbert Beuerle Nr. 2745]. Mit kleinen Änderungen abgedruckt bei MEYER 60 ff.
26 Sie benötigte er für die zahlreichen Veranstaltungen bei Kirchentagen, mit Laienchören, in Gemeindesingstunden und Rüstzeiten, etwa bei den Borkumer Singfreizeiten: „Siebzehn-mal habe ich (in den siebziger und achtziger Jahren) im Auftrage des Christlichen Sängerbun-des auf der Insel Borkum Familien - Sing - Freizeiten geleitet. Die dauerten immer 3 Wochen und waren durchweg von 60 und mehr Teilnehmern besucht.“ [Brief H. Beuerle vom 01.03.1993 an Detlev Block; Nachlass Herbert Beuerle Nr. 2771]
27 Maschinenschriftlich 30.12.1985 [Nachlass Herbert Beuerle Nr. 2745].
28 1919 - 1975, zunächst Lehrer, nach Kriegsdienst und Gefangenschaft Schauspieler, 1957 Referent, später Leiter der Mittelstelle für Werk und Feier der AEJD (Berlin), 1967 Re-ferent für musisch - kulturelle Bildungsarbeit Düsseldorf (Evang. Landesjugendpfarramt). Lebrecht SCHILLING, Kurzbiografie Gerhard Valentin (HERBST 331 f).
29 Nachlass Herbert Beuerle Nr. 380.
30 Kirchenmusiker (1936), der „vielen als eine der Leitfiguren der deutschen Kirchenmusik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts gilt“ (Peter BUBMANN, Kurzbiografie Rolf Schweizer 294 - HERBST 293 ff).
31 SINGE, CHRISTENHEIT. Beiheft zum Evangelischen Kirchengesangbuch für die EKHN und die EKKW. Kassel / Frankfurt (Main) 1981, Nr. 716; vgl. Carus-Verlag 19.403 (BM 102155).
32 Vgl. auch den 1964 entstandenen Liedtext „Lieber Herr, in deiner Güte sei uns freund-lich und behüte uns mit allem, was du schufst“, in dem Gerhard Valentin wesentliche Gedan-ken des 36. Psalms knapper formulierte und den Herbert Beuerle 1976 vertonte (SINGE, CHRISTENHEIT Nr. 726).
33 Brief H. Beuerle vom 01.03.1993 an Detlev Block [Nachlass Herbert Beuerle Nr. 2771].
34 Nachlass Herbert Beuerle Nr. 2814.
35 FINKE 39.
36 Buchhändler und Musikverleger (1903-1975), Gründer des Bärenreiter Verlags Kassel, Basel und London (u. a. zahlreiche Gesamtausgaben: Christoph Willibald Gluck; Georg Phi-lipp Telemann; Johann Sebastian Bach; Wolfgang Amadeus Mozart; Georg Friedrich Händel; Heinrich Schütz; Franz Schubert; Hector Berlioz); Initiator mehrerer Gesellschaften, Institute und Stiftungen. MGG 13,1880 f.

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Landeskirchliches Archiv Kassel, H Beuerle

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Landeskirchliches Archiv Kassel (Archivtektonik) >> Nachlässe

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