Bestand

A Rep. 242 Arbeitsamt Berlin-Mitte (Bestand)

Vorwort: A Rep. 242 Arbeitsamt Berlin Mitte

1. Behördengeschichte

Die Beseitigung der Arbeitslosigkeit, das Bieten von Hilfen für Arbeitslose u.a. war im 19. Jahrhundert kein staatliches oder städtisches Politikfeld. Es waren Vereine und Vereinigungen, die sich sozial und karitativ engagierten und helfen wollten, die schlimmsten Auswüchse der Industrialisierung zu mildern.
In der Stadt Berlin war 1883 ein "Zentralverein für Arbeitsnachweis" gegründet worden, aus dem am 1. April 1917 der städtische Arbeitsnachweis hervorging. Dieser umfaßte am 1. Oktober 1920 je eine Allgemeine Abteilung für Männer und Frauen, die in der Hauptsache die große Masse der ungelernten Arbeitssuchenden zu vermitteln hatten sowie 27 Facharbeitsnachweisen mit je einem besonderen Fachausschuß für Gewerbe und Berufe wie Bäcker, Maler und Lackierer, Steinsetzer etc.
Untergebracht waren die Allgemeinen Abteilungen und ein Teil der Fachabteilung in der Gormannstraße 13/Rückerstraße 9 und in dem ehemaligen Passagekaufhaus Friedrichstraße 110-112/Oranienburger Straße 54-56a. Acht Abteilungen für Hausangestellte waren auf verschiedene Stadtgegenden verteilt, ebenso zur Entlastung des Arbeitsnachweises mehrere Kontrollstellen für Empfängerinnen und Empfänger von Erwerbslosenunterstützung.
Der Arbeitsnachweis wurde von der Deputation für Arbeitsnachweis verwaltet. Sie und weitere Deputationen des Magistrats, die in Angelegenheiten betreffend Arbeit und Gewerbe tätig waren, wie z.B. die Gewerbedeputation, der Ausschuß für die Erwerbslosenfürsorge und die Deputation für das Berufsamt, bildeten seit 1920 eine Deputation für Arbeit und Gewerbe. Sie setzte sich aus drei Magistratsmitgliedern, sieben Stadtverordneten und zwanzig Bürgerdeputierten, von denen zehn Vertreter der Arbeitgeber und zehn Vertreter der Arbeitnehmer sein sollten, zusammen.
Diese Deputation war zugleich der Verwaltungsausschuß des Landesarbeitsamtes und führte die Bezeichnung Landesarbeitsamt.
Gerade vor dem Hintergrund des 1. Weltkrieges hatte es Bestrebungen gegeben, die allgemeine Arbeitslosigkeit zu bekämpfen sowie die Verteilung von Arbeitskräften entsprechend den militärischen Erfordernissen zu gewährleisten. So war bereits im August 1914 eine "Reichszentrale für Arbeitsnachweise" gegründet worden, und auch nach Kriegsende wurde die Zentralisierung der Arbeitsvermittlung auf Reichsebene weitergeführt. Seinen Endpunkt erreichte diese Entwicklung mit dem am 1. Oktober 1927 in Kraft getretenen "Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung" (AVAVG) und der Gründung der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. Die örtlichen Arbeitsämter und die Landesarbeitsämter verloren ihre Selbstständigkeit und wurden nachgeordnete Einrichtungen der Reichsbehörde. Mit dem AVAVG verbunden war der Rechtsanspruch auf Arbeitslosenunterstützung, die Erwerbslosenfürsorge wurde durch die Arbeitslosenversicherung ersetzt.
Der Reichsanstalt unterstanden 13 Landesarbeitsämter und 360 Arbeitsämter mit etwa 860 Nebenstellen und weiteren Hilfs- und Meldestellen. Präsident der Reichsanstalt war Dr. Friedrich Syrup, zugleich Staatssekretär im Reichsarbeitsministerium und kurze Zeit (1932/33) Arbeitsminister in der Regierung Kurt von Schleicher.
Diese Arbeitsverwaltung übernahm 1933 zentrale Funktionen in der Arbeitsmarktpolitik der NS-Regierung, verfügte sie doch über einen bürokratischen Apparat und breite Erfahrungen im Umgang mit Arbeitslosigkeit und Erwerbslosen. Im Zuge der allgemeinen Verwaltungsreform und der Auflösung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände wurde die wirtschaftliche Selbstverwaltung im Bereich der gesamten "Arbeitseinsatzverwaltung" beseitigt und sämtliche Rechte und Pflichten auf den Präsidenten der Reichsanstalt übertragen. Im Zeichen von Vierjahresplan und Aufrüstung kam es zu einer beträchtlichen Erweiterung der Aufgaben der Reichsanstalt. 1934 wurde der Präsident ermächtigt, die Verteilung und den Austausch von Arbeitskräften zu regeln, das Gesetz über Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Lehrstellenvermitllung vom 5. November 1935 gab ihr das Monopol für dieses Aufgabengebiet.
1934 war die Übernahme der preußischen sozialpolitischen Angelegenheiten durch das Reichsarbeitsministerium erfolgt, es wurde damit zu einer obersten preußischen Landesbehörde, der Reichsarbeitsminister firmierte gleichzeitig als Preußischer Minister für Wirtschaft und Arbeit.
Eine noch stärkere Konzentration der Kräfte der Arbeitsverwaltung wurde durch Führererlaß vom 21. Dezember 1938 erzielt: Der gesamte Zuständigkeitsbereich des Präsidenten der Reichsanstalt wurde dem Reichsarbeitsminister übertragen, die Reichsanstalt mit dem Reichsarbeitsministerium verschmolzen und zur Hauptabteilung V, die für den Arbeitseinsatz u.a. von "Frauen, Kriegsgefangenen und ausländischen Zivilarbeitern" zuständig war, der Präsident der Anstalt Staatssekretär an der Seite des Reichsarbeitsministers, während die Landesarbeitsämter und Arbeitsämter ab 1. April 1939 zu unmittelbaren, dem Reichsarbeitsminister unterstellten Reichsbehörden aufrückten. 1943 verfügte die Arbeitseinsatzverwaltung über 26 Landesarbeitsämter und 400 Arbeitsämter mit rund 1300 Nebenstellen.

In Berlin gab es neben der Reichsanstalt für Arbeitslosenvermittlung und Arbeitslosenversicherung mit dem Hauptsitz in der Scharnhorststr. 35 und dem Landesarbeitsamt Brandenburg in der Roonstr. 9/Hindersinstr. 4a insgesamt elf Arbeitsämter. Dabei handelt es sich laut Berliner Adreßbuch von 1933 um das Arbeitsamt (AA) Berlin Mitte, das AA Berlin West in der Bismarckstr. 50/51, das AA Berlin Nordwest in Spandau, Lindenufer 2, das AA Berlin Nord am Friedrich-Krause-Ufer 24/25 im Wedding, das AA Nordost in der Hadlichstr. 19/20 in Pankow, das AA Berlin Ost in der Boxhagener Str. 76-78 in Lichtenberg, die AÄ Berlin Südost und Berlin Süd, die beide in der Sonnenallee 38-56 in Neukölln angesiedelt waren und das AA Berlin Südwest in der Handjerystr. 18 in Friedenau sowie die AÄ Teltow in der Gitschiner Str. 48 in Kreuzberg und Niederbarnim-Osthavelland am Schiffbauerdamm 1 in Mitte.
Beim Arbeitsamt Berlin Mitte mit dem Sitz der Hauptverwaltung in der Neuen Schönhauser Str. 1 war die Vermittlung aller gelernten Arbeiterinnen und Arbeiter zentralisiert, die anderen Arbeitsämter hatten ein wesentlich eingeschränkteres Aufgabengebiet und waren z.B. für die Vermittlung der ungelernten Arbeitskräfte und der Hausangestellten zuständig.

2. Bestandsgeschichte

Im Stadtarchiv Berlin waren im Bestand A Rep. 017 acht Akten zu den Komplexen Ausländerstelle, Abwehrbeauftragter und Statistik aus den Jahren 1943 bis 1945 überliefert, die 1953 vom Magistrat von Berlin, Abteilung Arbeit an das Stadtarchiv abgegeben worden waren. Im Landesarchiv Berlin umfaßte der Bestand Pr.Br.Rep. 105 Landesarbeitsamt 13 Personalakten von Angestellten verschiedener Berliner Arbeitsämter sowie eine Sachakte. Die Akten waren 1983 dem Landesarchiv durch das Bundesarchiv übergeben worden. Der Bestand Rep. 242 Preußische Staatsbehörden - Arbeitsamt Berlin Mitte, enthielt 61 Sachakten des Arbeitsamtes Berlin Mitte vor allem zum Arbeitseinsatz im 2. Weltkrieg, die 1955 von der Abteilung IV der Senatsverwaltung für Inneres an das Landesarchiv abgegeben worden.
Im Rahmen der Bestandsbearbeitung wurden diese drei Bestände unter der Repositur A Rep. 242 Arbeitsamt Berlin Mitte vereinigt, die Personalakten wurden entsprechend der Beschäftigungsdienststelle den jeweiligen Neben-Arbeitsämtern mit eigenen Teilbeständen zugeordnet.

Die im "Spezialinventar Quellen zur Geschichte der Zwangsarbeit im Landesarchiv Berlin (1939 - 1945)" (Findbücher des Landesarchivs Nr. 31, Bearbeiterin Kerstin Bötticher, Berlin 2000) ausgewiesenen Krankenblätter ausländischer Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter (lfd. Nrn. 93 bis 101 des Bestandes A Rep. 242) sind entsprechend des Provenienzprinzips dem Bestand A Rep. 003-03 Magistrat der Stadt Berlin, Deputation für das Gesundheitswesen/Hauptgesundheitsamt zugeordnet worden (lfd. Nrn. 111 ff. - noch in Bearbeitung, Nutzung nur nach Rücksprache).

Drei Personalakten des Landesarbeitsamtes wurden im Sommer 2001 im Rahmen von Bestandsabgrenzungen dem Brandenburgischen Landeshauptarchiv übergeben (Maria Düwert, zwei Bände, alte Archivsignaturen Rep. 242 Nr. 66 und Nr. 67 sowie Elvira Meusel, Rep. 242 Nr. 74). Die Personalakte von Bruno Siemer (alte Archivsignaturen A Rep. 242 Nr. 96 bzw. Pr.Br.Rep. 105 Nr. 9) wurde dem Bestand A Rep. 001-06 Magistrat der Stadt Berlin, Personalbüro mit der Nr. 34454 zugeführt, denn er war bis zu seinem Übertritt in die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung 1928 Angestellter beim Bezirksamt Prenzlauer Berg gewesen und die Akte aus der Zeit nach 1928 ist nicht vorhanden.
Die vom Brandenburgischen Landeshauptarchiv im Sommer 2001 übergebenen Sachakten des Arbeitsamtes Berlin Ost (alte Signaturen Pr.Br.Rep. 20 B Nr. 1 und 2) bekamen die neuen Signaturen A Rep. 242-04 Nr. 4 und 5.

Bei der archivischen Bearbeitung wurden die z.T. sehr langen Aktentitel des Bestandes Rep. 242 dahin gehend überarbeitet, das ein prägnanter Titel gebildet und ausführliche Enthältvermerke ausgeworfen wurden. Die Verzeichnung erfolgte mit der Software AUGIAS-Archiv.
Die Findbücher sind durch mehrere Register erschlossen, die das Auffinden der Dokumente zu einzelnen Sachen, Personen, Orten, Straßen und Firmen erleichtern.
Die in den Registern aufgeführten Nummern verweisen auf die bei jedem Aktentitel fortlaufend kursiv gedruckten Indexnummern.
Die Bestände umfassen folgende Anzahl von Archivalieneinheiten (AE):
A Rep. 242 -> 92 AE; A Rep. 242-01 -> 3 AE; A Rep. 242-02 -> 2 AE; A Rep. 242-03 -> 4 AE; A Rep. 242-04 -> 5 AE; A Rep. 242-05 -> 2 AE; A Rep. 242-06 -> 2 AE.

3. Korrespondierende Bestände

LAB A Rep. 049-08 Nr. 378 Übernahme des Arbeitsamtes durch das Reich 1928-1930
BArch R 39.03 Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung
BArch R 39.01 Reichsarbeitsministerium
GStA I. HA Rep. 318 Reichsarbeitsministerium

4. Literatur- und Quellenverzeichnis

Erster Verwaltungsbericht der neuen Stadtgemeinde Berlin für die Zeit vom 1. Oktober 1920 bis 31. März 1924. Berlin 1926, Heft 7.
Landesarbeitsamt Berlin (Landesamt für Arbeitsvermittlung), Tätigkeitsbericht für die Zeit vom 1. April 1925 bis 30. September 1927. Berlin 1927.
Boelcke, Willi A.: Arbeit und Soziales. In: Kurt G.A. Jeserich, Hans Pohl und Georg-Christoph von Unruh (Hrsg.), Deutsche Verwaltungsgeschichte. Bd. 4. Das Reich als Republik und in der Zeit des Nationalsozialismus., Stuttgart 1985, S. 794 ff.
Kahrs, Horst: Die ordnende Hand der Arbeitsämter. Zur deutschen Arbeitsverwaltung 1933 bis 1939. In: Arbeitsmarkt und Sondererlaß. Menschenverwertung, Rassenpolitik und Arbeitsamt. Beiträge zur nationalsozialistischen Gesundheits- und Sozialpolitik: 8. Berlin 1990, S. 9-61.



Berlin, im März 2002 Susanne Knoblich

Reference number of holding
A Rep. 242

Context
Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> A Bestände vor 1945 >> A 4 Preußische und Reichsbehörden mit regionaler Zuständigkeit >> A 4.2 Reichsbehörden >> A Rep. 242 bis A Rep. 242-06 Arbeitsämter
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Verwandte Verzeichnungseinheiten: BA R 39.01 Reichsarbeitsministerium
BA R 39.03 Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung
GSTA I. HA Rep. 318 Reichsarbeitsministerium

Date of creation of holding
1919 - 1945

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  • Bestand

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  • 1919 - 1945

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