Bestand

Fotodokumentation der Schäden durch Luftangriffe auf Bremen 1940-1945 (Bestand)

Geschichte des Bestandsbildners: Zur Herkunft der Fotografien
In amtlichem Auftrag wurden in Bremen von Beginn der Luftangriffe im Jahr 1940 an die Ereignisse, vor allem die entstandenen Schäden, im Bild festgehalten. Auch andere Gegebenheiten aus dem Bereich des Luftschutzes, z.B. verschiedene technische Fragen oder die Tätigkeit der mit dem Luftschutz beschäftigten Dienststellen und Personen allgemein, wurden im Bild festgehalten.
Walter Cüppers (1900-ca. 1965) war als freier Bildberichterstatter in Bremen tätig. Vor dem Krieg betrieb seine Frau ein Fotogeschäft, in dem er mitarbeitete, er selbst war außerdem für Bildagenturen und für die Bremer Nachrichten tätig. Im Zuge seines Entnazifizierungsverfahrens machte er im Dezember 1945 nähere Angaben über die Fotos, die er im Rahmen der Bilddokumentation der Bombenschäden angefertigt hatte, denn es war allgemein bekannt, dass dies in offiziellem Auftrag geschehen war. Als seinen Auftraggeber nennt er den Kommandanten der Schutzpolizei, die Aufnahmen wurden einzeln vergütet, zusätzlich gefertigte Abzüge gesondert abgerechnet. Zusätzlich legte er die Fotos in seiner eigenen Sammlung zum Zeitgeschehen ab. Es scheint, dass die erhaltenen Bildbeschriftungen in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu den Aufnahmen formuliert worden sind.

Geschichte des Bestandsbildners: Johannes, genannt Hans, Köster (1896-1970) war Ingenieur. Er verfasste unter dem Titel: "Die Gründung des Polizei-Spreng-Kommandos in Bremen" seine Erinnerungen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit, die 1967 maschinenschriftlich vervielfältigt wurden. Darin beschreibt er u.a., dass er nach dem Dienst im Ersten Weltkrieg, in dem er als Flieger eingesetzt worden war, bereits seit der Entstehung der Technischen Nothilfe im Zuge der beginnenden Aufrüstung, spätestens aber 1936 einen Sprenglehrgang absolvierte. Zu Kriegsbeginn wurde er zum Sicherheits- und Hilfsdienst (SHD) eingezogen, der dem Polizeipräsidenten unterstand. Dort war er beim Instandsetzungsdienst, einer von 5 Abteilungen, beschäftigt und übernahm 1943 dessen Leitung. Zu seinen Aufgaben gehörte die Sprengung oder anderweitige Beseitigung von Blindgängern ebenso wie die Sprengung einsturzgefährdeter Gebäude, diese Aufgabe führte er bis kurz nach Kriegsende aus. Seine Fotos wurden aufgenommen zur Dokumentation von Gebäudeschäden und Sprengungen, sie berücksichtigen vornehmlich technische Aspekte. Auch das soziale Leben der am Luftschutz Beteiligten ist in seinen Fotos präsent. Ebenso wie Cüppers hielt auch Köster allerlei Details zu den Aufnahmen in den Bildtexten fest. Jedoch gibt es in diesem Fall bei den Bildbeschriftungen auch spätere Zufügungen.

Der Bildbestand in der Bildsammlung des Staatsarchivs Bremen
Die Walter Cüppers gefertigte Aufnahmen zu den Luftangriffen wurden als Abzüge an die Innere Verwaltung geliefert und dort zu insgesamt fünf Alben formiert. Außerdem wurden 1942 bis 1944 Abzüge über die Innere Verwaltung und die Regierungskanzlei unmittelbar an das Staatsarchiv gegeben und dort gesammelt, ein Übersendungsvermerk von 1944 ist noch vorhanden.

Geschichte des Bestandsbildners: Im Jahr 1960 wurde im Zuge des Aufbaus der Bildkartei damit begonnen, die vorhandene alte Sammlung zu sichten und die vorhandenen Lücken zu schließen. Die Versuche, die bei Kriegsende von der britischen Militärregierung zur Auswertung nach London verbrachten Akten über die Luftangriffe nach Bremen zurückzuerhalten, hatten Erfolg, doch gingen die Fotoalben auf dem Versandweg verloren. Da sich herausstellte, dass auch bei Cüppers selbst noch Bildmaterial vorhanden war, wurde der Bestand im Staatsarchiv durch den Ankauf der bei Cüppers noch vorhandenen etwa 800 Aufnahmen aus der Zeit 1940 bis 1942 ergänzt: 1964 wurden 500 Negativplatten sowie 200 weitere Abzüge in die Bildsammlung übernommen. Zu diesem etwa 1965 im Staatsarchiv Bremen vorhanden Altbestand waren die von Cüppers selbst verfassten Beschriftungen in Listenform mitgeliefert worden. Im Lauf der folgenden Jahre wurden die Aufnahmen beim Aufbau der Bildkartei im Staatsarchiv Bremen einzeln in der Systematik abgelegt, die Beschriftungen übertragen und die Karteikarten alphabetisch abgelegt, meist mit der Adresse als Schlagwort. In einzelnen Fällen wurden Informationen zum Bildinhalt nachrecherchiert und in die Kartei eingearbeitet.
Die Fotos von Hans Köster gelangten 1969 zunächst als Depositum, nach Kösters Tod 1970 als Eigentum an das Staatsarchiv. Es handelte sich um 2264 Negative, von denen für die Bildkartei des Staatsarchivs Abzüge gefertigt wurden. Die Beschriftungen der Negativtaschen wurden für die Bildkartei des Staatsarchivs abgeschrieben.

Geschichte des Bestandsbildners: In der Bildkartei wurden die Stücke nach der Nummer des Luftangriffs geordnet, innerhalb der auf einen Angriff bezogenen Bildgruppen liegen die Aufnahmen alphabetisch nach dem Straßennamen. Abgelegt sind Abzüge im Format 13x18 in geklappten Karteikarten, darauf vermerkt sind die zugehörigen Bildinformationen. Die Abbildungen stießen auf großes Interesse und wurden häufig benutzt, insbesondere im Rahmen der Veröffentlichung "Bremen kaputt. Bilder vom Krieg 1939-1945", die 1983, bearbeitet von Christoph Schminck-Gustavus, in erster Auflage erschien und wesentlich auf diesem Abschnitt der Bildsammlung des Staatsarchivs beruht.
Die als Original überlieferten Abzüge zeigten im Zeitraum der ersten Bearbeitung in den 1960er Jahren bereits chemische Schäden, woraufhin viele Stücke reproduziert wurden, um den Bildinhalt erhalten zu können. Ab 1992 wurden diese Arbeiten in der Fotowerkstatt des Staatsarchivs von der Fotografin Christel Franke und dem Fotografen Joachim Koetzle systematisch durchgeführt, bis schließlich die vorhandenen Abzüge weitgehend auch als Repro-Negativ im Format 6x7 cm vorlagen.
Offenbar hat Walter Cüppers die bei ihm vorhandenen Fotografien auch anderweitig zu verwerten versucht. Im Jahr 2002 wurden zwei Alben aus Privatbesitz an das Staatsarchiv abgegeben, in denen Cüppers seine Aufnahmen nach Luftangriffen geordnet abgelegt und mit Beschriftungen versehen hatte. Außerdem wurde 2005 Negativmaterial von einem Händler in Lahnstein zum Kauf angeboten, insgesamt etwa 500 Stücke Glas-, Film- und Kleinbildnegative. Die Aufnahmen stammen offenbar von Cüppers, da die Originalverpackungen noch Beschriftungen von seiner Hand zeigen. Der Weg, auf dem die Negative zu dem Händler gelangt sind, lässt sich nicht rekonstruieren.

Geschichte des Bestandsbildners: Für die neu erworbenen Materialien des Fotografen Walter Cüppers wurden der Bestand 10,B Son.15 gebildet. Er enthält die überlieferten Filmnegative und die beiden Alben. Die Glasnegative sind der Glasplatten-Sammlung des Staatsarchivs zugeordnet worden, um sie angemessen lagern zu können.

Digitalisierung des Bildbestands, Organisation als Bestand 4,77/1 Fotos
So waren in den vergangenen Jahren in der Bildsammlung eine große Zahl von Aufnahmen nachgewiesen worden, die zudem in verschiedenen Erscheinungsformen vorlagen: Es gab überlieferte Negative von Cüppers und Köster, außerdem Reproduktionen, die seit den 1960er Jahren von den Abzügen angefertigt worden waren. Auch die in der Kartei vorhandenen Abzüge sind teils zeitgenössisch, teils später nachgefertigt. Verweise auf Negative fanden sich in der Bildkartei, jedoch gab es umgekehrt in der Negativsammlung keine Verweise auf die Abzüge in der Bildkartei, da dort nicht mit Signaturen gearbeitet wird.
Im Zug der Bearbeitung der Neuerwerbungen entstand der Plan, den Komplex der Fotografien zur Dokumentation der Luftangriffe systematisch aufzuarbeiten, begleitend wurde auch der Schriftgutbestand 4,77/1 Polizeipräsidium, Örtliche Luftschutzleitung durch einen Praktikanten bearbeitet. Für den Bildbestand wurden von der Sachbearbeiterin in der Bildsammlung, Melitta Thomas, die Verpackungen und Listen zu den Neuzugängen ausgewertet. In der Fotowerkstatt wurden die noch fehlenden Reproduktionen gefertigt bzw. Abzüge von den Negativen hergestellt, so dass alle Aufnahmen in der Kartei nachgewiesen und zu allen nachgewiesenen Abzügen Negative oder Reproduktionen vorhanden sind.

Geschichte des Bestandsbildners: Grundlage der Digitalisierungsarbeiten war der so erstellte Negativbestand. Die Negative wurden vom Fotografen des Staatsarchivs, Joachim Koetzle, gescannt. Dabei wurde entsprechen den eingeführten Arbeitsweisen ein Scan mit maximaler Auflösung aufgenommen, die Bilddaten in eine Auflösung von 600 ppi für die Archivdatei im Tiff-Format umgerechnet und auf CD gespeichert. Begleitend wurden die Signaturen aller vorhandenen Negative und Abzüge zu den Bildern erfasst.
Damit sind alle Bildquellen zu den Luftangriffen, die in der Bildkartei des Staatsarchivs Bremen nachgewiesen sind, auch in digitaler Form vorhanden. Sie lassen sich in der Archiv-Datenbank des Staatsarchivs recherchieren, für Benutzer können digitale Bilder zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich wurde eine Druck-Ausgabe des Bestands erstellt: Sie wurde dem Aktenbestand 4,77/1 als Ausdruck auf Papier zugefügt. Als PDF-Datei auf CD liegt sie den Verzeichnissen zum Aktenbestand bei.
Die Bildtitel folgen weiterhin den überlieferten Angaben der Fotografen, auch wenn diese mitunter erkennbar ungenau oder unzutreffend sind. Lediglich offenkundige Schreibfehler wurden beseitigt und die Straßenamen normalisiert, da sie für den Zugang zu den Bildinhalten entscheidend sind. Im Anschluss an dieses Vorwort ist ein Verzeichnis mit den wichtigsten Abkürzungen aus dem Bereich Luftschutz im Zweiten Weltkrieg wiedergegeben.
(Schleier)

Quellen und Literatur:
Hans Köster, Die Gründung des Polizei-Spreng-Kommandos in Bremen, Ms. Bremen 1967 (Bibliothek des Staatsarchivs Bremen, 14-Ac 15)
Entnazifizierungsakte Walter Cüppers (Staatsarchiv Bremen, 4,66 I.-1968)
Erwerb der Sammlung Cüppers, Dienstregistratur des Staatsarchiv Bremen, Akte 763-05/8/5
Erwerb der Sammlung Köster, Dienstregistratur des Staatsarchiv Bremen, Akte 763-05/8/11

Abkürzungsverzeichnis:
F.E.A. Fliegerersatzabteilung
F.u.E.-Dienst Feuerlösch- und Entgiftungsdienst
GAN Geldabrechnungsnachweis
I.-Bereitschaft Instandsetzungsbereitschaft
LA Luftangriff

Geschichte des Bestandsbildners: LGK Luftgaukommando
L. In. Luftschutz-Inspektion
LS Luftschutz
NSV Nationalsozialistische Volkswohlfahrt
ÖLSR Öffentlicher Luftschutzraum
RdLuObdL Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe
RFSSuChdDtPol Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei
RLB Reichsluftschutzbund
RLG Reichsleistungsgesetz
RM Reichsmark
RMdI Reichsministerium des Innern
Rpf Reichspfennig
SAk (Schutz-)Polizeiabschnittskommando
SHD Sicherheits- und Hilfsdienst
SK Sonderkommando, Schnellkommando
VPS Verstärkter Polizeischutz

Bestandssignatur
4.77/1 Fotos

Kontext
Staatsarchiv Bremen (Archivtektonik) >> Gliederung >> 4. Staatliche Stellen und Eigenbetriebe des Landes und der Stadtgemeinde Bremen >> 4.1. Zentrale Angelegenheiten und Inneres >> 4.1.2. Inneres

Bestandslaufzeit
1940-1945

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Letzte Aktualisierung
30.06.2025, 11:55 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1940-1945

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