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Reagieren Löhne in Deutschland auf den Fachkräftemangel?

Deutschland sieht sich durch den demografischen Wandel einem wachsenden Fachkräftemangel gegenüber. In einem einfachen statischen Arbeitsmarktmodell sollten die Löhne in Mangelberufen überdurchschnittlich steigen, um auf einen Ausgleich von Angebot und Nachfrage hinzuwirken. Allerdings sind in Deutschland sowohl die Lohnfindung als auch die Berufswahl und Berufswechselentscheidungen von vielfältigen Faktoren beeinflusst. Anhand von beruflich tief differenzierten Panel-Daten wird gezeigt, dass die Löhne in Deutschland dennoch durchaus auf Fachkräfteengpässe reagieren. In Berufen, die von (hoch)komplexen Tätigkeiten geprägt sind, reagieren die Löhne deutlich stärker auf Knappheiten als in Berufen des mittleren Anforderungsniveaus. Der Fachkräftemangel ist jedoch nur einer von vielen Einflussfaktoren auf die Lohnhöhe. Die Lohnsetzung erfolgt nicht völlig frei, sondern ist durch die Produktivität der Arbeitnehmer und durch die Zahlungsbereitschaft der Kunden für Güter und Dienstleistungen begrenzt. Auch werden Löhne häufig nicht individuell verhandelt, sondern tariflich geregelt. Die Lohnfindung in Deutschland wird von einer gewachsenen Sozialpartnerschaft getragen. Damit sich Löhne mehr an Knappheiten ausrichten können, müssten diese in Tarifverhandlungen stärker berücksichtigt werden. Wenn Tarifverträge Spielräume für betriebliche Lohnprämien ließen, könnten Betriebe in Mangelberufen leichter einen Effektivlohn zahlen, der oberhalb des Tariflohns liegt. Aus volkswirtschaftlich-theoretischer Sicht erscheint es sinnvoll, Lohnsteigerungen mehr anhand des Fachkräftemangels zu differenzieren als bisher. In Mangelberufen, die - wie viele industrielle Kernberufe - bereits ein hohes Lohnniveau aufweisen, könnten Ursachen für die Fachkräfteengpässe auch bei der Berufsorientierung und deren Verankerung im Bildungssystem liegen. Hier sollte mittels einer noch breiteren und praxisorientierteren Berufsorientierung über Mangelberufe informiert werden.

Weitere Titel
Are wages in Germany responsive to skilled labour shortages?
Sprache
Deutsch

Erschienen in
Journal: IW-Trends - Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung ; ISSN: 1864-810X ; Volume: 47 ; Year: 2020 ; Issue: 4 ; Pages: 45-66 ; Köln: Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Klassifikation
Wirtschaft
Labor Force and Employment, Size, and Structure
Labor Demand
Wage Level and Structure; Wage Differentials
Thema
Fachkräftemangel
Lohnentwicklung

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Burstedde, Alexander
Schüler, Ruth M.
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
(wo)
Köln
(wann)
2020

DOI
doi:10.2373/1864-810X.20-04-03
Handle
Letzte Aktualisierung
10.03.2025, 11:44 MEZ

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Objekttyp

  • Artikel

Beteiligte

  • Burstedde, Alexander
  • Schüler, Ruth M.
  • Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Entstanden

  • 2020

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