Bestand

Amtsgericht Eberbach (Bestand)

Behördengeschichte: Durch das Erste Organisationsedikt vom 4. Februar 1803 wurde in Baden eine dreistufige Gerichtsorganisation begründet mit dem Oberhofgericht (seit 1879 Oberlandesgericht) an der Spitze, den Hof- bzw. Kreisgerichten (seit 1879 Landgerichte) als mittlerer Instanz und den Ämtern (ab 1809 Bezirksämter bzw. standesherrliche Ämter) als unterer Instanz. Auf der untersten Stufe waren also Gerichtsbarkeit und Verwaltung nicht getrennt, bis durch die "Verordnung über die Trennung der Rechtspflege von der Verwaltung in unterer Instanz" vom 18. Juli 1857 mit Wirkung zum 1. September 1857 selbstständige Amtsgerichte errichtet wurden. Ihnen oblagen Aufgaben der streitigen bürgerlichen Gerichtsbarkeit bis zu einem Streitwert von 200 Gulden, der Strafgerichtsbarkeit für bestimmte Vergehen bis zu einer Strafhöhe von 8 Wochen Freiheitsstrafe bzw. 300 Gulden Geldstrafe sowie der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Auf dem letztgenannten Gebiet waren die Amtsgerichte nicht unmittelbare Kompetenz-Nachfolger der Bezirksämter, sondern der Amtsrevisorate, die im Jahr 1809 für jedes Bezirks- bzw. Stadtamt für Aufgaben des Rechnungswesens und der freiwilligen Gerichtsbarkeit eingesetzt worden waren. Die Amtsrevisoren wurden 1857 den neugebildeten Amtsgerichten zugeordnet, 1864 wurden sie ihnen als Gerichtsnotare unterstellt. Nach der Gründung des Deutschen Reichs 1871 wurden im Zuge der Vereinheitlichung der Justiz im Jahr 1879 die Gerichtsnotare ausgegliedert und es entstanden eigenständige staatliche Notariate. Die zum kurpfälzischen Oberamt Mosbach gehörende Stadt Eberbach und ihr Umland kam 1802/1803 zunächst an die Fürsten von Leiningen, die in der Stadt ein Justiz- und Rentamt einrichteten. 1806 kam das leiningische Herrschaftsgebiet unter die Souveränität des Großherzogtums Baden und wurde nach dem Abbau der standesherrlichen Vorrechte 1813/14 Sitz eines badischen Amtes, dessen Gebiet erneut von 1840-1849 der Standesherrschaft Leiningen zugeordnet war. Das badische Bezirksamt Eberbach bestand bis 1924. Seine Grenzen änderten sich mehrfach, insbesondere durch die Angliederung des im Jahr 1813 aufgehobenen leiningischen Amtes Zwingenberg und mehrerer Gemeinden des damals ebenfalls aufgelösten Amts Lohrbach (Balsbach, Robern, Wagenschwend), sowie eines Großteils des 1857 aufgehobenen Bezirksamts Neckargemünd, das in diesem Jahr zum Ausgleich für den Verlust des Bezirksamts Sitz eines Amtsgerichts wurde, welches aber 1872 schon wieder aufgehoben wurde. Umgekehrt gab das Amt Eberbach 1840 vorübergehend bis zur endgültigen Auflösung der Standesherrschaft Leiningen 1849 mehrere Gemeinden an das Amt Neudenau ab. Im Jahr 1924 wurde das Bezirksamt Eberbach aufgelöst; die im Osten des Amtssprengels gelegenen Gemeinden kamen an das Bezirksamt Mosbach, die westlichen samt der Stadt Eberbach an das Bezirksamt Heidelberg. Das seit 1857 selbstständige Amtsgericht Eberbach vollzog diese Änderungen nicht mit und bestand bis 1974. In diesem Jahr wurde es aufgehoben aufgrund des Gesetzes zur Neuordnung der Amtsgerichtsbezirke vom 10. Januar 1974. Sein Bezirk wurde aufgeteilt auf die Amtsgerichte Heidelberg (westlicher Teil des Sprengels mit Eberbach selbst), Buchen (nur Reisenbach im Nordosten des Sprengels) und Mosbach (östlicher Teil u.a. mit Neckargerach, Neunkirchen, Schwarzach, Waldbrunn, Zwingenberg). Somit verteilt sich der ehemalige Sprengel des Amtsgerichts Eberbach heute auf zwei verschiedene Landgerichtsbezirke (Heidelberg und Mosbach), was die Überlieferungslage bezüglich seiner einzelnen Gemeinden zusätzlich kompliziert.

Bearbeitung: Die Unterlagen des vorliegenden Bestandes kamen in mehreren, jeweils sehr kleinen Ablieferungen seit 1890 ins Generallandesarchiv Karlsruhe, zuletzt im Jahr 1997. Die letzte unmittelbare Aktenabgabe des Amtsgerichts Eberbach erfolgte im Jahr 1966, alle späteren kamen über die Nachfolgegerichte Heidelberg und Mosbach ins Generallandesarchiv. Deren Akteneinlieferungen, vor allem diejenigen aus Heidelberg, enthalten nach derzeitigem Stand weiterhin in größerem Umfang Akten des Amtsgerichts Eberbach, deren provenienzgerechte Zuordnung Aufgabe künftiger Erschließungsarbeiten bleibt. Aus kurpfälzischer Zeit sind 14 Akten im vorliegenden Bestand überliefert (zum Teil nur noch fragmentarisch), aus badischer Zeit vor Errichtung des Amtsgerichts Eberbach 1857 sind es 39 der insgesamt 423 Archivalieneinheiten. Unterlagen aus der Zeit der Standesherrschaft Leiningen sind nur als Zwischenprovenienz enthalten. Der Bestand 260 war bis 2020 durch eine Zettelkartei erschlossen, die durch Frau Sandra Schleinitz konvertiert wurde. Die Redaktionsarbeiten lagen beim Unterzeichneten. Wie bei der Konversion der Karteifindmittel der übrigen Gerichte wurde auch im vorliegenden Fall auf eine Herauslösung und Umsignierung vor 1857 entstandener nicht-fortgeführter Vorakten verzichtet, weil das nicht nur die Wiederauffindbarkeit jahrzehntelang eingeführt gewesener Aktensignaturen erschwert hätte, sondern nur neue Splitterbestände geschaffen und zudem in Anbetracht der inhaltlichen Kontinuitäten keinen Gewinn für die Benutzung gebracht hätte. Stattdessen wird durch die Binnengliederung des Findmittels auf die Vorgängerbehörden hingewiesen. Karlsruhe, im April 2020 Dr. Martin Stingl

Literaturhinweise: Die Stadt- und die Landkreise Heidelberg und Mannheim. Amtliche Kreisbeschreibung, Band II: Die Stadt Heidelberg und die Gemeinden des Landkreises Heidelberg, hrsg. von der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg, Karlsruhe 1968, S. 476-480. Schultz, Gudrun: Die Bezirksgliederung im 19. und 20. Jahrhundert. In: Der Neckar-Odenwald-Kreis, bearb. von der Abteilung Landesbeschreibung des Generallandesarchivs Karlsruhe, Band 1, Sigmaringen 1992, S. 166-173. Stiefel, Karl: Baden 1648-1952, Band 2, Karlsruhe 1977, S. 890-898.

Reference number of holding
Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 260
Extent
423 Archivalieneinheiten (Nr. 1-421)

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Neuere Bestände (vornehmlich ab ca. 1800) >> Justiz >> Amtsgerichte, Notariate (mit Amtsrevisoraten) >> Eberbach (s. auch Heidelberg)

Date of creation of holding
(1603-1801), 1827-1965

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Last update
03.04.2025, 11:03 AM CEST

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • (1603-1801), 1827-1965

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