Bestand
Deutsche Interessenvertretung in der Schweiz (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Deutsche Interessensvertretung = DIV
Bearbeitungshinweis:
abgeschlossen
Bestandsbeschreibung: Regelungen
für die Unerstützung Hilfsbedürftiger bis 1945
Mit Unterzeichnung der Niederlassungsverträge zwischen dem
Deutschen Reich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 31. Mai
1890 und 13. November 1909 wurden die "Bedingungen für die
Niederlassung der Angehörigen des Deutschen Reiches in der Schweiz und
der Angehörigen der Schweiz im Deutschen Reich sowie die
wechselseitige Unterstützung Hilfsbedürftiger" neu geregelt und
vertraglich vereinbart. Artikel 1 des Vertrages vom 13. November 1909
besagt u.a.: "Die Angehörigen jedes vertragschließenden Teiles sollen
berechtigt sein, sich in dem Gebiete des anderen Teiles ständig
niederzulassen oder dauernd oder zeitweilig aufzuhalten, wenn und
solange sie die dortigen Gesetze und Polizeiverordnungen
befolgen"....Artikel 6 bestimmte u.a.: "Jeder vertragschließende Teil
verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass in seinem Gebiete den
hilfsbedürftigen Angehörigen des anderen Teiles die erforderliche
Verpflegung und Krankenfürsorge nach den am Aufenthaltsort für die
eigenen Angehörigen geltenden Grundsätze zuteil werde, bis ihre
Rückkehr in die Heimat ohne Nachteil für ihre und anderer Gesundheit
geschehen kann". Aufgrund dieser Vertragsbedingungen konnten deutsche
Reichsangehörige sich ständig oder vorübergehend in der Schweiz
aufhalten. Ergänzend zu den o.g. Vertragsbestimmungen wurde zwischen
dem Deutschen Reich und der Schweiz am 19. März 1943 ein Vertrag
geschlossen über die "Regelung der Fürsorge für alleinstehende Frauen"
(ratifiziert am 18. August 1944, S. 65 ff.). Nach Artikel 1 sollten im
Deutschen Reich oder der Schweiz lebende alleinstehende Frauen, die
die Staatsangehörigkeit des Aufenthaltslandes verloren hatten, wie
eigene Staatsangehörige unterstützt werden. Über diese vertraglich
zugesicherten gegenseitigen Hilfeleistungen an Bedürftige hinaus
konnten sich im Bedarfsfall Einzelpersonen bis zum 8. Mai 1945 auch an
die Deutsche Gesandtschaft Bern, bzw. die zuständigen Konsulate wenden
und um Unterstützung nachsuchen. Das Deutsche Reich hatte zum Zweck
der Unterstützung Hilfsbedürftiger noch kurz vor Kriegsende 30
Millionen Reichsmark (RM) an die Schweiz überwiesen.
Rechtslage und Verfahren von Anträgen in den Jahren 1945 -
1952
Nach Kriegsende wurde die
Fürsorgetätigkeit für ehemalige Reichsangehörige in der Schweiz neu
geregelt. Maßgebend für die Gewährung einer Unterstützung sollte
allein die tatsächliche Bedürftigkeit sein, die zu beweisen war, und
nur an Reichsdeutsche mit gültigen deutschen Ausweispapieren
ausgezahlt wurde. Zudem mußten die Antragsteller vor dem 8. Mai 1945
in der Schweiz ansässig gewesen sein bzw. sich aufgehalten haben. Ein
Rechtsanspruch wegen nicht geleisteter Unterhaltszahlungen infolge der
Zahlungsunfähigkeit der deutschen Verwaltungen konnte nicht geltend
gemacht werden. Die beim "Eidgenossenschaftlichen Politischen
Departement" in Bern eingerichtete Zentrale der "Deutschen
Interessenvertretung in der Schweiz" (Chef der Deutschen
Interessenvertretung in der Schweiz, Bern, Willadingweg 78) begann am
1. August 1945 damit, aus den zur Verfügung stehenden beschränkten
Betriebsmitteln ("Unterstützungsfonds"), die treuhänderisch verwaltet
wurden, bedürftige Reichsdeutsche zu unterstützen. Dem "Chef"
nachgeordnet waren die Deutschen Interessenvertretungen mit kantonaler
Zuständigkeit, die über die Einzelanträge entschieden. Das Verfahren
der Antragstellung war folgendes: Die Dienststellen der
schweizerischen Armenpflege oder Fürsorge des Antragstellers,
gewährten Unterstützung und/oder reichten die Anträge zwecks
Unterstützung durch die Deutsche Interessenvertretung (DIV). Unter
Verwendung des vom Antragsteller auszufüllenden Formulares A
"Hilfeleistung an deutsche Reichsangehörige in der Schweiz" wurden
Renten-, Pensions- und sonstige berechtigte Auszahlungen zunächst
durch die DIV in Funktion der Abwicklungsstelle der Deutschen
Gesandtschaft direkt überwiesen. Ab 1. Januar 1946 erfolgten derartige
Überweisungen dann über die zuständigen Armenpflegestellen. Nach
Prüfung des Antrages erfolgte entweder eine Kostenbeteiligung,
laufende oder einmalige Unterstützung oder die Ablehnung des Antrages.
Bei Ablehnung des Antrages bestand noch die Möglichkeit der
Unterstützung durch andere Hilfseinrichtungen, z.B. das Deutsche
Hilfskomitee in der Schweiz, Abteilung Repatriierung. Die Zahlungen
bezogen sich überwiegend auf die Begleichung von Arzt- und
Krankenhausrechnungen, Kauf von (orthopädischen) Hilfsmitteln,
Kleidungsstücken, Schuhen, Kartoffeln, Brennmaterial, Begleichung von
Mietkosten, Repatriierungshilfe usw. . Der Kreis der
Unterstützungsempfänger bezog sich insbesondere auf folgende
Personen:
· die seit ihrer Geburt in der
Schweiz ansässigen deutschen Staatsangehörigen
· diejenigen Deutschen, die sich krankheitsbedingt in der Schweiz
zur Kur aufhielten (insbesondere Tuberkulose-Kranke) und durch den
Zusammenbruch mittellos wurden oder keine Möglichkeit zur Heimreise
besaßen
· deutsche (auch jüdische) Emigranten
auf der Flucht vor dem NS-Regime,
· Deutsche,
deren Renten- oder Pensionsbezüge infolge des Zusammenbruchs
ausblieben
· Deutsche, die infolge
kriegsbedingter familiärer Zerwürfnisse mittellos geworden waren
Auffallend war die große Anzahl weiblicher
Antragsteller. Zum Kreis der unterstützungsberechtigten ehemaligen
Reichsangehörigen zählten auch Österreicher, deren Anträge - bis zur
Liquidation im Jahre 1948 - durch die österreichischen
Interessenvertretungen bearbeitet wurden, danach durch die neu
eingerichtete österreichische Gesandtschaft in der Schweiz. Nicht in
die Zuständigkeit der DIV fielen die Internierten, für deren
Unterstützung die Flüchtlingssektion der Polizeiabteilung des
Eidgenossenschaft Justiz- und Polizeidepartements zuständig war. Im
Zuge der Entlassung der Internierten konnte das "Interniertenheim
Wiesen" aufgelöst werden und ab 1. Juni 1948 der DIV als
"Rekonvaleszentenheim Wiesen" unterstellt werden (bis Ende September
1951). Das Vermögen der aufgelösten in der Schweiz tätigen deutschen
Hilfsvereine (z.B. "Reichsdeutschenhilfe in der Schweiz") wurde nach
Kriegsende im Auftrag der schweizerischen Bundesanwaltschaft von der
Treuhandstelle der deutschen Hilfsvereine verwaltet, dann auf
Beschluss des schweizerischen Bundesrates vom 10. Dezember 1945 der
DIV übergeben. Die Tätigkeit der DIV endet praktisch mit Abschluss der
Vereinbarung vom 14. Juli 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland
und der Schweiz, wodurch die Verpflichtung zur gegenseitigen Fürsorge
für Hilfsbedürftige erneuert wurde (ratifiziert am 17. März 1953, vgl.
Bundesgesetzblatt (BGBl.) II, S. 31 ff). Gemäß Schlußprotokoll zu
dieser Vereinbarung war die DIV gehalten, die noch in der Schweiz
vorhandenen ehemaligen Reichsmittel an deutsche Fürsorgebehörden
abzutreten. De facto wurden die noch vorhandenen Betriebsmittel der in
Freiburg/Breisgau neu errichteten Zentralstelle für Überweisungen von
Fürsorgeleistungen in die Schweiz übergeben.
Inhaltliche Charakterisierung:
Einzelfallakten: Personen der Zeitgeschichte und -exemplarische
Fälle.
Vorarchivische Ordnung: Die bei
der DIV in den Jahren 1945-1952 entstandenen 4817 Einzelfallakten
gelangten im Jahre 1966 über den Landeswohlfahrtsverband Südbaden in
Freiburg bzw. Landeswohlfahrtsverband Baden in Karlsruhe in das
Bundesarchiv. Von diesen 4817 Akten wurden 171 Akten aufbewahrt, die
über Art und Umfang der Tätigkeit der DIV unterrichten und den
Personenkreis der Antragsteller und deren Lebensverhältnisse in der
Schweiz in einigen Beispielen belegen sollen. Insofern ist die Auswahl
der vorliegenden Akten "willkürlich" und Personen unabhängig. Darüber
hinaus wurden Akten namhafter Personen der Zeitgeschichte aufbewahrt:
Unterlagen mit verdichteten Informationen zum Personal und zur
Verwaltung der Dienststelle waren im Bestand nicht
vorhanden.
Zitierweise: BArch B
147/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch B 147
- Umfang
-
171 Aufbewahrungseinheiten; 2,3 laufende Meter
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Bundesrepublik Deutschland mit westalliierten Besatzungszonen (1945 ff) >> Bundesrepublik Deutschland (1949 ff) >> Auswärtiges
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Fremde Archive: Schweizerisches Bundesarchiv
Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes
Pressearchiv des Deutschen Bundestages
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: Reichsgesetzblatt (RGBl.), Bundesgesetzblatt (BGBl.), Bundeskanzleramt (B 136), Bundesministerium der Justiz (B 141), Bundespräsidialamt (B 122), Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (B 145), Deutsches Büro für Friedensfragen (Z 35), Direktorialkanzlei des Verwaltungsrates d. Vereinigten Wirtschaftsgebietes (Z 13)
Zu Nachlässen: www.nachlassdatenbank.de
Schweizerisches Bundesarchiv, Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Pressearchiv des Deutschen Bundestages
Amtliche Druckschriften: jährliche Rechenschaftsberichte der Deutschen Interessensvertretung in der Schweiz 1945 - 1950
Literatur: Schmitz, Markus: Westdeutschland und die Schweiz nach dem Krieg: die Neuformierung der bilateralen Beziehungen 1945 - 1952, Zürich, 2003
Fleury, Antonie (hrsg.): Die Schweiz und Deutschland 1945 - 1961, Schriftenreihe der Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, München, 2004
Edition: Bundesarchiv (Hrsg.): Kabinettsprotokolle der Bundesregierung
Bundesarchiv (Hrsg.): Akten zur Vorgeschichte der Bundesrepublik Deutschland
Auswärtiges Amt, Institut für Zeitgeschichte (Hrsg.) Akten zur auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland
- Provenienz
-
Deutsche Interessenvertretung in der Schweiz (DIV), 1945-1952
- Bestandslaufzeit
-
1950-1952
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Zugangsbeschränkungen
-
Besondere Benutzungsbedingungen: Die Benutzung muss aufgrund der ausschließlich personenbezogenen Unterlagen nach § 3, Abs. 3 Bundesarchiv-Benutzungsverordnung (BArchBV) erfolgen.
- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
Bundesarchiv. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Beteiligte
- Deutsche Interessenvertretung in der Schweiz (DIV), 1945-1952
Entstanden
- 1950-1952