Arbeitspapier

Fiskalische Dezentralisierung und regionale Disparitäten in Kasachstan

Seit dem Jahr 1999 verzeichnet Kasachstan die höchsten Wachstumsraten im zentralasiatischen Raum und sogar innerhalb der GUS. Dieses Wachstum wurde und wird getrieben durch den Abbau und Export der Öl- und Gasvorkommen des Landes. Ein großer Teil der Renten fließt in Form von Steuern und Abgaben dem zentralen Staatshaushalt, und ab dem Jahr 2002 auch dem staatlichen Ölfonds zu. Über die Verwendung der dem Haushalt zufließenden Mittel, d.h. die Aufteilung auf einzelne Budgetposten sowie Regionen des Landes wird im Rahmen eines parlamentarischen Verfahrens entschieden. In Artikel 1 der kasachischen Verfassung ist die Gemeinwohlverantwortung des Staates verankert. Mindestlöhne, Mindestrenten, Sozialhilfe, kostenlose medizinische Grundversorgung, eine unentgeltliche Schulbildung und eine gesundheitsverträgliche Umwelt sind als staatliche Aufgaben fixiert. Diese Aufgaben sollen gleichmäßig über das Territorium der gesamten Republik wahrgenommen werden. Um dies leisten zu können, wird allen territorialen Einheiten das Recht auf eine autonome und angemessene Finanzausstattung eingeräumt. Die Verfassung Kasachstans bekennt sich zu einer landesweit ausreichenden finanziellen Ausstattung ihrer territorialen Einheiten, so dass diese die Bedürfnisse der Bürger nach öffentlichen Leistungen gleichmäßig befriedigen können. Diesem Bekenntnis steht eine seit Jahren zu beobachtende Zunahme der regionalen Disparitäten gegenüber. Die Wertschöpfung der ölfördernden Regionen sowie der Hauptstädte wächst immer schneller, während die übrigen Regionen immer weiter zurückbleiben. Das Angebot und die Qualität der öffentlichen Leistungen in den ärmeren Regionen ist deutlich niedriger als in den Boom-Regionen. Eine hohe Binnenmigration, welche die Disparitäten weiter verstärkt, ist die Folge. In den Jahren bis 2030 wird ein Ansteigen der jährlichen Staatseinnahmen aus Ölexporten von knapp 2 Milliarden USD in 2003 auf gut 16 Milliarden USD erwartet. Damit stehen große Summen zur Verfügung, die vom Zentralhaushalt eingenommen, aber zum großen Teil an die Regionen weitergereicht und dort ausgegeben werden. Angesichts der stark steigenden Einnahmen und der bereits jetzt vorhandenen regionalen Disparitäten stellt sich die Frage, ob die Zentrale und ob die Regionen mit dieser Entwicklung in Zukunft adäquat umgehen können. Die vorliegende Arbeit unternimmt daher eine Analyse der bisherigen Dezentralisierungsversuche sowie eine aktuelle Standortbestimmung der Dezentralisierungsdebatte. Hierbei werden die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen einbezogen. Zehn Jahre nach Annahme der Verfassung von 1995 scheint es jedoch, dass eine echte Dezentralisierung staatlicher Entscheidungsprozesse und fiskalischer Aktivitäten in Kasachstan noch aussteht.

ISBN
3938980044
Sprache
Deutsch

Erschienen in
Series: Arbeiten aus dem Osteuropa-Institut München ; No. 262

Klassifikation
Wirtschaft

Ereignis
Geistige Schöpfung
(wer)
Ufer, Horst
Troschke, Manuela
Ereignis
Veröffentlichung
(wer)
Osteuropa-Institut München
(wo)
München
(wann)
2006

Handle
Letzte Aktualisierung
10.03.2025, 11:44 MEZ

Datenpartner

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Objekttyp

  • Arbeitspapier

Beteiligte

  • Ufer, Horst
  • Troschke, Manuela
  • Osteuropa-Institut München

Entstanden

  • 2006

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