Bestand
Nachlass Robert Uhland (1916-1987) (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Robert Uhland (1916-1987), Leitender Staatsarchivdirektor bei der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg, zuvor Leiter des Staatsarchivs Ludwigsburg 1967-1975. Der Bestand wurde durch drei Abgaben gebildet. Die erste erfolgte noch zu Lebzeiten von Robert Uhland, die zweite durch seine Frau Helene Uhland im Jahr 1998 sowie im Jahr 2000 durch Frau Monika Wejwar in ihrer Funktion als Testamentsvollstreckerin.
Inhalt und Bewertung
Der Bestand enthält Unterlagen zur Familiingeschichte, zur Biografie, Studium, Studentenverbindung Igel in Tübingen, zur beruflichen Tätigkeit, zu seinen wissenschaftlichen Arbeiten sowie seine private und wissenschaftliche Korrespondenz.
1. Zur Person von Robert Uhland: Robert (Hans Wilhelm) Uhland wurde am 8. August 1916 als Kind des Oberingenieurs Robert Uhland und der Margarethe, geb. Spiegel, in Stuttgart geboren. Er war das einzige Kind beider. Als Zehnjähriger verlor er den Vater, der erst sehr spät geheiratet hatte, und wuchs bei der Mutter auf. Er besuchte von 1923 bis 1926 die Grundschule in Stuttgart Berg und anschließend das Reformrealgymnasium (heute Zeppelin-Gymnasium) in Stuttgart, wo er im Frühjahr 1935 sein Abitur ablegte. Zunächst war er ein halbes Jahr Lehrling bei der Robert Bosch AG, leistete anschließend von Oktober 1935 bis März 1936 seinen Reichsarbeitsdienst und begann anschließend sein Studium der Geschichte, Germanistik und Anglistik an den Universitäten in Tübingen und München. Januar 1940 wurde er zum Kriegsdienst einberufen und er ließ sich zum Dolmetscher ausbilden. Im März 1940 absolvierte er das Erste Staatsexamen für das Höhere Lehramt und wurde schon 1943 zum Studienassessor ernannt. 1941 bis 1944 leistete er jedoch weiterhin Kriegsdienst und zwar bei einer Nachrichteneinheit in Paris. Er geriet im August 1944 zunächst in französische, später dann in amerikanische Kriegsgefangenschaft, die erst August 1945 endete. Schon als Schüler, verstärkt aber als Student trat Uhland zahlreichen NS-Organisationen bei und engagierte sich in ihnen. Die persönlichen Briefe an seine Mutter aus der Zeit in Paris belegen, dass er kein überschwänglicher Nationalsozialist war und die Realität durchaus nüchtern einschätzte. Seine Karriere, die sein Engagement teilweise erklärt, war damals nicht sonderlich erfolgreich, Uhland kam nicht über den Rang des Unteroffiziers hinaus (Theil, Uhland a.a.O., S. 378). Das Spruchkammerverfahren gegen ihn wurde 1947 eingestellt, wofür u.a. maßgeblich war, dass Uhland und seine Mutter 1938 einen Antifaschisten aus der Haft befreit und gedeckt hatten (EL 902/20 Spruchkammer 37 Stuttgart Nr. 97895). Nach dem Krieg und der Kriegsgefangenschaft setzte Uhland sein Studium bei seinem akademischen Lehrer Stadelmann mit einer Arbeit über die Hohe Karlsschule fort, die er 1948 schon mit der Doktorprüfung abschließen und 1953 als Band 37 der von der Württembergischen Kommission für Landesgeschichte herausgegebenen Reihe "Darstellungen aus der württembergischen Geschichte" gedruckt vorlegen konnte. 1947 war Uhland als Hilfskraft beim Hauptstaatsarchiv Stuttgart im Angestelltenverhältnis eingestellt worden. November 1948 bis März 1949 ordnete und erschloss er in halbtägiger Arbeit das Archiv des Haalamts in Schwäbisch Hall. 1949 wurde er zum Archivassessor ernannt und in Vollzeit eingestellt, zwei Jahre später erfolgte die Versorgung auf einer Planstelle und die Ernennung als Archivrat auf Lebenszeit. Damit begann eine zielstrebige Karriere: 1959 Ernennung zum Ersten Staatsarchivrat, 1963 zum Oberstaatsarchivrat, 1967 Ernennung zum Staatsarchivdirektor und Einsetzung als Leiter des Staatsarchivs Ludwigsburg, was er 7 Jahre lang war, und 1975 Versetzung an die Landesarchivdirektion und zwei Jahre später Ernennung zum leitenden Staatsarchivdirektor. Auf diesem Höhepunkt seiner Karriere war Uhland Stellvertreter des Präsidenten und zweiter Mann der 1975 gegründeten Landesarchivdirektion. Mit Ablauf des Monats November 1979, also erst 63jährig, wurde er in den Ruhestand versetzt.
Die reiche Publikationstätigkeit zu vielen unterschiedlichen historischen Themen machte Uhland zum Vertreter des Typs Historikerarchivar. Seine grundlegende Dissertation zur Hohen Karlsschule ermöglichte ihm die Aufnahme als Mitglied der Kommission für historische Landeskunde schon im Gründungsjahr 1954, in deren Gesamtvorstand er 1974 berufen wurde. Seit 1957 wirkte er als Mitherausgeber, seit 1969 als alleiniger Herausgeber der von der Kommission getragenen Reihe "Lebensbilder aus Schwaben und Franken". Auch die Ehrungen: 1976 Verdienstkreuz am Bande, 1979 Schillerpreis der Stadt Marbach und 1985 Verleihung des Professorentitels belegen seine große wissenschaftliche Bedeutung als Archivar. Einige kleinere Schriften Uhlands zeigen, wie sehr er auch das nicht-Fachpublikum mit historischen Themen ansprach und sich für die historische Volksbildung engagierte. Er versuchte Geschichte für jedermann verständlich darzustellen und schrieb auch populäre Beiträge für Nichtfachleute, zum Beispiel in den "Beiträgen zur Landeskunde", in "Der Bürger im Staat" und in verschiedenen Tageszeitungen. Er galt auch als beliebter Vortragsredner. Dem Zweck, Geschichte verständlich zu machen, diente ebenfalls sein großes Engagement für Archivausstellungen, die er schon in seiner Zeit im Hauptstaatsarchiv, dann im Staatsarchiv Ludwigburg, in der Landesarchivdirektion und selbst nach seiner Pensionierung betreute. Die von ihm organisierten und erarbeiteten Ausstellungen belegen ebenfalls sein Bemühen, historisches Wissen und archivische Quellen einer breiten Öffentlichkeit darzubieten und zwar zu einer Zeit, in der sich das noch nicht als ureigene Aufgabe der Archive durchgesetzt hatte.
2. Zum Nachlass: Der wissenschaftliche Nachlass Robert Uhlands umfasst wie für Nachlässe üblich Erinnerungsstücke und Dokumente zum Leben und beruflichen Werdegang des Archivars sowie seine wissenschaftliche und private Korrespondenz. Enthalten sind weiterhin sorgfältig ausgearbeitete Vorlesungsmitschriften des Studenten, die die neuen Tendenzen der 30er Jahre in Tübingen und München vor allem im Fach Geschichte erkennen lassen. Sehr reichhaltig dokumentiert ist die wissenschaftliche Tätigkeit. Drucke, Korrekturfahnen, handschriftliche und maschinenschriftliche Manuskripte und Entwürfe im Konzept spiegeln die Arbeiten Uhlands sowie auch seine Vorträge und Reden in den unterschiedlichen Entstehungsstufen wieder. Im Nachlass enthalten sind auch kleinere Arbeiten wie Rezensionen, Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, die in Bibliotheken nur schwer auffindbar und nutzbar sind. So wird im Nachlass das vielseitige landesgeschichtliche Schaffen Uhlands in allen Facetten greifbar. Auch die umfangreichen Materialsammlungen, die nur teilweise für bestimmte Veröffentlichungen zusammengestellt wurden, ansonsten aber weitere Interessen und Forschungsansätze dokumentieren, geben eindrucksvolle Einblicke in die Arbeitsweise des Landeshistorikers und Archivars. Der Nachlass Robert Uhlands ist mit einigen provenienzfremden Materialien angereichert. Er enthält die Teilnachlässe der Mutter Margarethe, geb. Spiegel und des Vaters Robert Uhland sen. Auch sind frühere Unterlagen zur Familie Uhland und Spiegel aus unterschiedlicher Herkunft vorhanden, teilweise auch als Sammlungsgut von Robert Uhland als Familienforscher der eigenen Familie zusammengetragen. Auch die zweite Frau Uhlands, Helene Uhland, geb. Hagenmeyer brachte Unterlagen zur eigenen Familie ein, und zwar zu der Verwandtschaft mütterlicherseits (Haidlen) und väterlicherseits (Hagenmeyer). Weiterhin sind posthume Unterlagen über Robert Uhland aus der Provenienz Helene Uhland enthalten.
3. Bearbeitung des Bestandes: Unterlagen im Umfang von 12,5 lfd. m wurden im Dezember 1998 von der Witwe Helene Uhland dem Hauptstaatsarchiv Stuttgart zur Archivierung übergeben. Hier wurden bereits seit den 1980er Jahren Unterlagen aus dem wissenschaftlichen Nachlass mit Bezug auf die Herren von Urbach im Umfang von 4 lfd. m verwahrt. Im Februar 2000 übergab die Testamentsvollstreckerin von Helene Uhland, Monika Wejwar vom Kohlhammer Verlag, restliche Unterlagen im Umfang von 0,5 lfd. m. Der Nachlass wurde von Dr. Margaretha Bull-Reichenmiller und Eberhard Merk vorgeordnet, boxenweise grob erfasst und mit einem "vorläufigen Verzeichnis" (M. Bull-Reichenmiller und E. Merk, 1999/2000, 11 S.) provisorisch nutzbar gemacht. Bei dieser Gelegenheit wurden Doppelstücke an Sonderdrucken, Manuskripten und Korrekturfahnen im Umfang von 5 lfd. m. kassiert. 2017 nahm der Unterzeichnete die noch ausstehende tiefe Erschließung und letztgültige Ordnung des Nachlasses in Angriff. Die Unterlagen wurden nun büschelweise erfasst und interessanteres und wichtigeres Material durch ausführliche Enthält-Vermerke erschlossen. Die Korrespondenz hatte Uhland teilweise schon selbst geordnet und eine chronologische Serie angelegt, die er in Leitz-Ordnern ablegte. Das erfolgte jedoch erst seit 1964, die frühere Korrespondenz und ein nicht bearbeiteter Rest lagen in Einzelstücken oder kleineren Mappen vor. Dieser Teil wurde chronologisch geordnet bzw. eingeordnet. Die Postkartensammlung enthielten teilweise beschriebene Postkarten mit Mitteilungen aus der Verwandtschaft, die in die Korrespondenz zurückgeordnet wurden. Für zentrale und häufige Korrespondenzpartner waren schon durch Uhland einige Schriftwechsel nach dem Korrespondenzpartnerprinzip formiert worden, was - vor allem für die Verwandtschaft - bei der archivischen Bearbeitung fortgesetzt wurde, um diese mit den genealogischen Angaben besser herauszustellen. Zu den Materialsammlungen gehört eine umfangreiche Kartei mit Regesten zur Geschichte der Herren von Urbach. Sie ist nicht identisch mit den 1958 als Buch erschienenen Regesten, sondern weiter angelegt und später noch fortgeführt worden. Uhland forschte weiter an dem Thema. Die Karteikarten waren chronologisch etwas in Unordnung geraten, was korrigiert wurde. Weiterhin fanden sich an anderer Stelle zusätzliche Zettel mit Regesten, die in die Kartei entsprechend der Chronologie eingeordnet wurden. Die Untergruppen "Neue Funde", "Regesten aus Veröffentlichungen Familienarchiv Hornschuch" wurden aufgelöst und ebenfalls chronologisch einsortiert. Einige Regesten stammen nicht von Uhland selbst, sondern von Willy Hornschuch. Sie wurden ebenfalls in die Chronologie eingereiht. So sind diese Karteien eine über die Veröffentlichung hinausgehende Materialzusammenstellung. Im Bestand vorhanden sind weiterhin zahlreiche Sonderdrucke, die Uhland von anderen Forschern und Historikern erhalten hat und die teilweise mit kurzen Widmungen versehen sind. Er hat sie selbst nach Verfasseralphabet geordnet aufgehoben, eine Ordnung, die inzwischen verlorengegangen war und die bei der archivischen Ordnung wiederhergestellt werden musste. Die Stücke zeigen zusätzlich zur Korrespondenz die weitgespannten wissenschaftlichen Beziehungen Robert Uhlands auf. Nach der Vorkassation 1999 waren weitere Kassationen erforderlich, wenn auch in geringerem Ausmaß. Weitere Dubletten bei Manuskripten und Druckschriften wurden ausgesondert, Manuskripte mit veränderten Fassungen jedoch verwahrt, um den Gang der Bearbeitung eines Themas festzuhalten. Auch einige nicht einordbare Einzelunterlagen wurden am Schluss der Arbeiten kassiert. Auch Briefumschläge wurden aus der Korrespondenz entfernt, wenn sie nicht wichtige Informationen wie Adressen oder Bearbeitungsvermerke des Nachlassers enthielten . Die Erschließung und Ordnung des Bestandes erfolgte von Ende Juni bis Ende Dezember durch den Unterzeichneten. Der Bestand "J 40/9 Nachlass Robert Uhland (1916-1987)" enthält 1220 Verzeichnungseinheiten in ca. 11,20 lfd. m und hat eine Laufzeit von: Vorakten, 1890-1999. Stuttgart, im Dezember 2017 Dr. Peter Schiffer
4. Literatur: Personalakte: StAL EL 17 I, Zugang 1993/49, Bü 68 Spruchkammerakte: StAL EL 9092/20 Spruchkammer 37 Stuttgart, Bü 97895 Eberhard Gönner: Robert Uhland. Ein Nachruf, in: Suevica. Beiträge zur schwäbischen Literatur- und Geistesgeschichte, hg. von Hartmut Froeschle, Band 6 Stuttgart 1991, S., 107-112 Bernhard Theil: Uhland, Robert Hans Wilhelm, Archivar und Landeshistoriker, in: Baden-Württembergische Biographien Band IV, 2007, S. 377-379
- Reference number of holding
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, J 40/9
- Extent
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1220 Büschel (12,00 lfd. m)
- Context
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Sammlungen >> Sammlungen zur Landesgeschichte und Landeskunde >> Wissenschaftliche Nachlässe von Archivaren und Historikern (20. Jh.)
- Indexentry person
- Date of creation of holding
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(Vorakten), 1890-1999
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rights
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Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Last update
-
20.01.2023, 3:09 PM CET
Data provider
Landesarchiv Baden-Württemberg. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- (Vorakten), 1890-1999