Bestand

FM Besatzungs- und Verteidigungslasten NW 0089 (Bestand)

Besatzungs- und Verteidigungslasten, Reparationen, Restitutionen, Requisitionen, Besatzungsfolgekosten

Form und Inhalt: Bestandsgeschichte

Am 24.9.1965 gab das Finanzministerium ca. 650 Stehordner mit Schriftgut der Abteilung III(Vermögens- und Schulden-Verwaltung) in der Hauptsache aus den Registraturen der Gruppen A, B und E, zum geringeren Teil aus denen der Gruppen C und D, mit Ablieferungslisten an das Hauptstaatsarchiv ab. (acc. Ila 52/65) Die Abgabe bildet die Bestände NW 90 (Gruppe B), NW 91 (Gruppe A), und NW 69 (Gruppe E). Das hier verzeichnete Schriftgut des Bestandes NW 89 umfasst ca. 630 Archiveinheiten aus den Jahren 1945-1953. Neben der überlieferung der Gruppe E enthält der Bestand Schriftgut des Deutschen Rückerstattungsamtes, das 1947-1948 zur Gruppe C der Abteilung 111 gehörte und ab 1949 der Gruppe E angegliedert war. (vgl. Behördengeschichte)
Als Vorprovenienz befinden sich in NW 89 Akten des Oberpräsidenten der Nordrhein-Provinz aus den Jahren 1945-1953. Staatsarchivinspektorin z.A. Bange verzeichnete den Bestand von April bis Oktober 1975.
Die Ordnung des Registraturgutes nach einem Aktenplan vom 1.11*1947 wurde bei der Ordnungsarbeit berücksichtigt, so daß die einzelnen Gruppen erhalten blieben. Die Klassifikation erfolgte in wesentlichen Teilen unabhängig von der Systematik des Aktenplans.
Zur Kassation wurde ungefähr ein Drittel des Bestandes vorgeschlagen. Es handelt sich dabei um Ausgabeermächtigungen, Formblattübersendungen zwischen den verschiedenen Dienststellen, sowie Klagen deutscher Arbeitskräfte bei der Besatzungsmacht vor den Arbeitsgerichten, hier verblieb jeder 15.Vorgang im Bestand. Das vorhandene Bildmaterial wurde für die Aufnahme in das Bildarchiv des Hauptstaatsarchivs vorbereitet.

Behördengeschichte

Nach der Besetzung Deutschlands durch die alliierten Streitkräfte stand diesen als den Siegern das Recht zu, Forderungen auf Lieferungen und Leistungen aus der deutschen Wirtschaft und auf Entschädigung und Wiedergutmachung erlittener Verluste zu erheben. Im Wege der Requisition, der Restitution und der Reparation entnahmen sie der Wirtschaft und dem Vermögen des einzelnen Bürgers die von ihnen beanspruchten Materialien und Dienstleistungen.
Die Begriffe Requisition, Reparation und Restitution definiert die Haager Landkriegsordnung (HLKO von 1899* verbessert 1907). Sie erlaubt der Besatzungsmacht durch Requisitionen den Bedarf des Besatzungsheeres an Sach- und Dienstleistungen aus dem Land zu decken; durch Restitutionen völkerrechtswidrig entführte Gegenstände zurückzuholen (Naturalrestitution) oder durch Wiedergutmachung ersetzen zu lassen ' und dem Besiegten Reparationen als Strafe für seine Verantwortlichkeit am Krieg aufzuerlegen. ' Die Alliierten überschritten nach dem Zweiten Weltkrieg teilweise die von der HLKO gesetzten Grenzen, so z.B. durch die Anweisung Nr. 6 zum Kontrollratsgesetz Nr. 52. Sie schrieb die Anmeldung aller aus ehemals von Deutschen besetzten Gebieten erworbener Gegenstände vor ohne Rücksicht auf die Erwerbsumstände und forderte sogar die Rückerstattung von Gütern, die durch freiwilligen Verkauf erworben wurden.
Zur Kontrolle der Restitutionen richtete die Militärregierung das Deutsche Rückerstattungsamt ein und unterstellte es 1946 der deutschen Verwaltung, die es dem Finanzministerium (in Nordrhein-Westfalen Abt. III C, 1949 Abt. III E) angliederte. In der Hauptsache ermittelte es die im Krieg nach Deutschland verbrachten 1) Restitutionen sind durch die Alliierten in der Proklamation
Nr. 2 des Kontrollrates definiert. 2) s.Brookhaus Aufl. 1972
Vermögenswerte und prüfte die Rechtmäßigkeit der Restitutionsforderungen. Im Laufe des Jahres 1950 wurde das Amt aufgelöst. Die Beschaffungen für den Bedarf des Besatzungsheeres führte die Militärregierung mit Hilfe deutscher Behörden durch, die ohne eigene Anordnungsbefugnis und an die Weisungen gebunden blieben. Das Beschaffungsverfahren kontrollierten vom Chef des jeweiligen Wehrmachtsteiles eingesetzte Beschaffungsoffiziere, bei denen die britischen Einheiten ihren Bedarf anmeldeten. Die Offiziere konnten sich auf Verlangen den deutschen Lieferanten mit einer Beschaffungskarte ausweisen. Sie gaben die Beschaffungsformulare aus, die als Buchungsunterlagen an die deutschen Dienststellen und als Berechtigungsschein für Entschädigungsforderungen an den deutschen Lieferanten gingen. Die Zuständigkeit der deutschen Feststellungsbehörden erstreckte sich auf die Ausschreibungen, die Prüfung der Angebote und die Auftragsvergabe, jedoch griff die Militärregierung oft in das Verfahren ein und vergab ihrerseits Aufträge ohne Befragen der Feststellungsbehörden. Zahlungen für erfolgte Lieferungen durften erst nach Vorliegen der Belastungsermächtigung für den Haushalt, die der Beschaffungsoffizier in Gestalt eines Formblattes erteilte, von den Behörden vorgenommen werden.
Die übrigen alliierten Streitkräfte in der britischen Zone deckten ihren Bedarf über die Dienststellen der BAOR, die norwegischen, belgischen und dänischen Kontingente besaßen eigene Beschaffungsvollmachten.
Als Kontrollorgane der Besatzungsmacht griffen 1951-1953 die Rental Assessment Teams bei der Festsetzung von Nutzungsvergütungen in die Zuständigkeit der Feststellungsbehörden ein, Sie änderten bereits rechtskräftig gewordene Feststellungsbehörde und setzten Entschädigungen herab, wodurch die Behörden gezwungen wurden, nach deutschen Vorstellungen rechtswidrige Rückzahlungen von bereits Entschädigten zu verlangen, Haushaltsrechtlich nahm der sich auf die gesamte britische Zone erstreckende Notstandshaushalt alle mit der Besatzung zusammenhängenden Kosten auf. Bis zu seiner Auflösung 1948 bearbeitete das Zentralhaushaltsamt den Notstandshaushalt, ab 1.4.1949 führten ihn die Länder als Auftragshaushalt (Teil I: Besatzungslasten) weiter. Die Finance Division, Minden, erstellte die Haushaltsvoranschläge ohne Kenntnis der Länder, die sie nur über den Kontenplan des Auftragshaushalts ( Teil I) unterrichtete. Sie wies den haushaltsführenden Ländern die Verbuchungsstellen für die Ausgaben an und veranlagte sie, Vereinnahmen in Kapiteln des ordentlichen Haushalts vorzunehmen, um so die Ausgaben bei den Besatzungslasten scheinbar zu senken. Später stellte die britische Besatzungsbehörde Vierteljahrespläne auf, die der Bundesregierung zur überprüfung vorgelegt wurden, die aber die Briten nicht als verbindlich anerkannten und die daher keine Schlüsse über die tatsächliche Höhe der Besatzungslasten zuließen.
Die Feststellungsbehörden als Ausführungsbehörden für die Deckung des Besatzungsbedarfs entwickelten sich aus den Kriegsschädenfeststellungsbehörden, die durch Runderlass des Reichsministers des Innern vom 8.7.1943 (RGBI. I S. 383) nach der Kriegsschädenverordnung vom 30.11.1940 (RGBI. I S, 1547) auf Kreis- und Gemeindeebene eingerichtet worden waren. Die Militärregierung organisierte die Feststellungsbehörden auf Regierungsbezirks- und Kreisebene und ernannte sie durch FTA Nr. 39 vom 31.8.1945 zu Reichsbehörden. Ihre Aufgaben übernahmen die Länder als Auftragsverwaltung. Auf Grund des Art. 120 GG bestimmte ein Bundesgesetz mit Wirkung vom 1.4.1950
die Überleitung der Besatzungs- und sonstigen Kriegsfolgekosten auf den Bund. (Wirtschaftsministerium, ab 1951 Finanzministerium, Sonderabteilung Besatzungslastenverwaltung). Die Auftragsverwaltung blieb den Ländern, die dem Bundesminister der Finanzen ein Weisungs- und Aufsichtsrecht einräumten.
Durchführung und Bezahlung der Lieferungen und Leistungen regelte die Finance Division durch Finance Division Technical Instructions (FDTI, deutsch: Finanztechnische Anweisung FTA) und gab die für die Abrechnung notwendigen Beschaffungsformulare heraus. Nach den Anweisungen der Finance Division bearbeitete die Gruppe E des Finanzministeriums, Abt. 111, zusammen mit den Bezirks- und Kreisfeststellungsbehörden die
Grundstücks- und Inventarrequisitionen (FTA Nr. 53, 94, 100, 101, Formblatt 77 G)
Requisitionslieferungen und -leistungen (FTA Nr. 39, 1949 FTA Nr. 111, Formblatt SOG bzw. 283) Arbeitskräfte im Dienst der Militärregierung (FTA Nr. 107, Formblatt 1B9)
Lieferungen und Leistungen an die deutsche Wirtschaft aua Beständen der britischen Streitkräfte (FTA Nr. 112) Forderungen aus Personen- und Sachschäden (FTA Nr. 99). Im Verfahren nach FTA Nr. 99 entschied der CC6 Claims Panel, Herford, (Entschädigungsausschuss) über die Berechtigung der Forderungen und die Höhe der Entschädigungen und wies die Feststellungsbehörden zu Zahlungen an. Die Gruppe E befasse sich außerdem mit den Grundsatzfragen des Requisitionsrechts, mit Lieferungen und Leistungen an Displaced Persons, mit dem Verfahren nach Formblatt G 1033 (Lieferungen und Leistungen aus englischen Armeehilfsquellen sowie aus Beutebeständen und geborgenem Gut). Die Gruppe E übte die dem Finanzminister übertragene Fachaufsicht über 7 (1947) bzw. 6 (1948) Bezirksfeststellungsbehörden bei den Regierungspräsidenten, 94 Kreisfeststellungsbehörden, 90 Lohnstellen sowie 3 Baugruppen bei den Oberfinanzpräsidenten mit 10 Reichsbau- und 3 Reichsneubauämtern aus. 1051 übernahm sie die Geschäftsführung des Interministeriellen Ausschusses (Sondermaßnahmen auf dem Gebiet der Raumanforderungen für die Alliierten).
1946-1948 leitete der Oberregierungsrat von Gülich 1948-1953 der Oberregierungsrat (ab 1951 Ministerialrat) Rhode die Gruppe E.
Die vorstehenden Angaben sind entnommen ua: Akten des vorliegenden Bestandes NW 89,
Organisations- und Geschäftsverteilungsplänen NWG V, Haushalts- und Besoldungsblatt für das britische Besatzungsgebiet 1947-1948,
Einwirkungen dar Besatzungsmächte auf die westdeutsche Wirtschaft, hrsg. vom Institut für Besatzungsfragen, dargestellt im Auftrag des Deutschen Büros für Friedensfragen.

Bestandssignatur
NW 0089 340.03.00
Umfang
440 Einheiten; 101 Kartons
Sprache der Unterlagen
German

Kontext
Landesarchiv NRW Abteilung Rheinland (Archivtektonik) >> 4. Oberste und obere Landesbehörden NRW >> 4.2. Oberste Landesbehörden >> 4.2.2. Finanzministerium >> 4.2.2.10. Lastenausgleich

Bestandslaufzeit
1945-1956

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Letzte Aktualisierung
23.06.2025, 08:11 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1945-1956

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